Plessey PDRM82 - Portable Dose Rate Meter

Begonnen von DL3HRT, 04. April 2019, 17:44

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Das Plessey PDRM82 (Portable Dose Rate Meter 82) ist ein Dosisleistungsmessgerät aus der Zeit des kalten Krieges. Es wurde 1982 von der britischen Firma Plessey vorgestellt und in großen Stückzahlen produziert. Wie alle derartigen Geräte wurde es nicht für die Messung der natürlichen Umweltradioaktivität entworfen, sondern sollte vielmehr nach einem nuklearen Konfliktfall zum Einsatz kommen. Dementsprechend ist es für den heutigen Anwender als Messgerät kaum zu gebrauchen. Dennoch ist das PDRM82 ein bemerkenswertes Gerät und soll daher näher vorgestellt werden, zumal es häufig bei Ebay-UK zu vernünftigen Preisen (15-20 GBP) auftaucht.


Das PDRM82 fällt sofort durch das leuchtende Orange seines Gehäuses auf. Bemerkenswert ist, dass ein 1982 produziertes Gerät bereits einen Mikrocontroller und ein großes 4stelliges LC-Display enthält. Das war zum damaligen Zeitpunkt State-of-the-Art woraus man schließen kann, dass bei der Geräteentwicklung keine Kosten gescheut wurden. Alle Gehäusteile sind durch massive Gummidichtungen gegen eindringende Feuchtigkeit geschützt. Auch wenn in den Unterlagen nichts in diese Richtung steht, würde das Gerät heute mit Sicherheit die Anforderungen an die IP-Schutzart IP67 erfüllen.

Das Gerät wird mit 3 Stück 1.5V-Babyzellen (LR14) betrieben. Mit einem Batteriesatz moderner Alkalibatterien soll ein Dauerbetrieb von mehr als 400 Stunden möglich sein. Der Batteriefachdeckel ist zugleich Einschalter. Im Deckel ist ein Metallstreifen montiert, welcher in der "ON"-Position die Batteriespannung zur Elektronikplatine leitet.

Nach dem Einschalten werden kurzzeitig alle Segmente des Displays angesteuert. Danach beginnt der Mikrocontroller mit einem Selbsttest, der ca. 10 Sekunden dauert. Wenn keine Fehler detektiert wurden, beginnt das Gerät mit dem normalen Messbetrieb.


Die Anzeige erfolgt in cGy/h (Zenti-Gray pro Stunde). Der Dezimalpunkt blinkt im Intervall von 1.5 Sekunden und zeigt damit den laufenden Messbetrieb an. Der maximale Anzeigewert von 999.9 würde daher 9.99 Gy/h entsprechen. Der Messbereich ist dallerdings auf 3 Gy/h begrenzt. Da das verwendete Zählrohr nur Gammastrahlung registriert, entspricht das einer Dosisleistung von 3 Sv/h. Die Messwertanzeige erfolgt mit einer Nachkommastelle. Diese entspricht einer Dosisleistung von 1 mSv/h. Selbst mit einer großen Pechblendestufe wird man den Messwert kaum höher als 0.1 .. 0.2 treiben können.

Im nächsten Beitrag werden ich das Innenleben des Geräts vorstellen.

Vorab aber schon einmal die Frage, was man mit einem PDRM82 heute anfangen kann? Im Originalzustand ist es für normale Messanwendungen ungeignet. Es gibt im Netz Berichte, dass das verbaute Zählrohr durch ein empfindlicheres Zählrohr ersetzt wurde. Aber selbst dann wird man immer noch kein sehr empfindliches Gerät haben.

Ich habe aber schon eine Idee, was ich mit dem Gerät mache: Das Gehäuse ist optimal für den Einbau des AATiS-Geigerzählers AS622 inklusive dem Zählermodul AS602 geeignet. Ich werde daher die originale Elektronik ausbauen und durch AS602/AS622 ersetzen. Da das Gehäuse aus Kunststoff besteht, bietet sich auch der Einbau eines GPS-Moduls und eines Datenloggers an. Das Ganze ergibt dann ein stabiles und vor allem wetterfestes Gehäuse mit einer Buchse für das externe VacuTec 70031A-Zählrohr.




DG0MG

Ei, so eins hatte ich mal.

Da war - glaub ich - ein TTL oder CMOS-Teiler-IC drin, an dem lagen die Impulse an. Ich hab dann eine in die IC-Fassung steckbare Subplatine gebaut, auf der auch ein Piepser für die Ticks war. Muss nachher mal die Bilder raussuchen.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

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Hier nun einige Fotos des Innenaufbaus. Als Zählrohr kommt ein ZP1302 Hochdosis-Zählrohr zum Einsatz. Es wird mit gemessenen 540 V betrieben.


Der Mikrocontroller vom Typ HD44790 wurde von Hitachi hergestellt, auch wenn er mit Plessey gelabelt ist. Es handelt sich um eine 4-Bit-Controller mit 2048 Worten ROM, 128 Worten RAM und einem Displaytreiber für LC-Displays.

Das im vorliegenden Gerät verbaute Zählrohr ist mit Kalenderwoche 17 im Jahr 1984 datiert, was man sicher auch als Produktionsjahr des Geräts annehmen kann.


In der Literatur zum PDRM82 findet man immer wieder die Bemerkung, dass die Elektronik gegen einen elektromagnetischen Impuls (EMP) gehärtet sein soll. Das kann ich mir bei den verwendeten Bauteilen aber nur sehr schwer vorstellen.

DL3HRT

Zitat von: DG0MG am 04. April 2019, 17:52
Ei, so eins hatte ich mal.

Da war - glaub ich - ein TTL oder CMOS-Teiler-IC drin, an dem lagen die Impulse an. Ich hab dann eine in die IC-Fassung steckbare Subplatine gebaut, auf der auch ein Piepser für die Ticks war. Muss nachher mal die Bilder raussuchen.

Ja, da ist ein HEF4520 drauf. Das ist ein doppelter Binärzähler. Man müsste mal messen, wie groß der Teilerfaktor ist. Vielleicht ist das Ganze mit einem empfindlicheren Zählrohr dann doch verwendbar.

Das AS602-Display passt aber ausgezeichnet hinter die Displayabdeckung, so dass der Umbau praktisch schon beschlossen ist.

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Nachfolgende Bilder sind schon "etwas" älter, sie stammen vom Januar 2006.

Ich hatte den Binärteiler ausgelötet, einen Sockel eingelötet und dann eine steckbare Subplatine auf Lochrasterplatte gebastelt. Den Teilerfaktor kannte ich damals und ich habe ihn erheblich heruntergesetzt. Die Ticks vom Zählrohr gehen ja auf den Impulseingang des Teilers, dort hab ich dann das Signal für den Ticker abgegriffen. Da das ZP1302 schwer unempfindlich war, wurde es durch ein VALVO 18550 ersetzt. Dann hat das Dosimeter mit etwas Pechblende recht schnell "irgendetwas" angezeigt. Es ist dann den Weg zu ebay gegangen, aber man hätte die 2 Modifikationen problemlos rückgängig machen können.

Den Batteriedeckel als Einschalter zu benutzen, fand ich damals auch eine besonders clevere Lösung.

Manchmal wird das Gerät noch "originaler" verkauft, da gehört mindestens noch der Pappkarton und ein weißes Umhängeband dazu.
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ZitatManchmal wird das Gerät noch "originaler" verkauft, da gehört mindestens noch der Pappkarton und ein weißes Umhängeband dazu.

So habe ich es auch bekommen. Foto vom Karton und Scan der Bedienungsanleitung kommen in den nächsten Tagen auch noch.

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Im PDRM wird ein ZP1302 von Centronic verwendet. Dieses Zählrohr ist baugleich mit dem verbreiteten ZP1301, hat jedoch eine interessante Besonderheit: Es ist eine schwach radioaktive Quelle eingebaut! Ich musste lange im Netz suchen, bis ich ein paar belastbare Informationen gefunden habe. Leider gibt es kein Datenblatt vom Hersteller, so dass man auf Sekundärquellen angewiesen ist.

Beim ZP1301 und ZP1302 handelt es sich um energiekompensierte Zählrohre. Das heißt, dass ihre Empfindlichkeit über einen großen Energiebereich weitestgehend konstant ist. Der einzige Unterschied zwischen beiden Typen besteht in der Nullrate. In einer Übersicht von Centronic findet man folgende Angaben zur Nullrate hinter einer Bleiabschirmung:

ZP1301: 1 Impuls pro Minute
ZP1302: 12 .. 120 Impulse pro Minute

Jetzt ist auch klar, was beim Funktionstest nach dem Einschalten des PDRM82 passiert. Es wird auf Impulse vom Zählrohr gewartet. Bleiben diese aus, so wird ein Fehler angezeigt.

Um einen besseren Überblick zu bekommen, habe ich eine LED am Impulseingang des HEF4520 angelötet. Diese blitzt bei jedem Zählrohrimpuls kurz auf. Eine Beobachtung der LED bei normaler Umgebungsstrahlung, also nicht hinter einer Bleiabschirmung, ergab 50 Impulse in 5 Minuten. Das ergibt 10 Impulse pro Minute und liegt unterhalb der spezifizierten Nullrate. Die Erklärung dafür ist einfach. In einem britischen Forum kann man nachlesen, dass im ZP1302 ein Strahler mit einer Halbwertszeit von 27 Jahren verwendet wurde. Diese Angabe würde zu Strontium-90 passen. Das im untersuchten Gerät verbaute Zählrohr wurde 1984 produziert, ist also schon 35 Jahre alt. Daher ist die Aktivität der eingebauten Quelle bereits auf weniger als die Hälfte zurückgegangen. Das ist übrigens der Grund, warum bei einigen PDRM82 der initale Test nicht bestanden wird. Die Aktivität der eingebauten Quelle ist dann bereits zu stark gesunken.

Strontium-90 ist übrigens ein ziemlich reiner Betastrahler. Daraus ergeben sich zwei Varianten zur konstruktiven Ausführung. Entweder wurde die Quelle im Inneren des Zählrohrs platziert oder sie befindet sich außerhalb und das Zählrohr registriert die entstehende Bremsstrahlung. Es soll auch ein ZP1303 gegeben haben, welches Chlor-36 als Strahler nutzte. Chlor-36 hat eine Halbwertszeit von 300000 Jahren. Probleme mit nachlassender Aktivität gibt es dann natürlich keine mehr.

Für mich eine neue Erkenntnis - Zählrohre mit eingebauter Strahlungsquelle. Aber sie macht bei Hochdosiszählrohren Sinn, da man die Funktion testen kann. Natürlich muss bei allen Messungen die Aktivität der eingebauten Quelle berücksichtigt werden.


DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 04. April 2019, 17:59
Das AS602-Display passt aber ausgezeichnet hinter die Displayabdeckung, so dass der Umbau praktisch schon beschlossen ist.

Hier steht,
dass das Royal Observer Corps (sowas wie die Zivilverteidigung) das Gerät testete, indem sie mit einem Geländewagen über das orange Gehäuse aus Polycarbonat fuhren, ohne dass es zerbrach.

Das robuste Gehäuse ist also für einen Umbau ein schicker Ausgangspunkt.
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In diesem Video sieht man, dass der Dezimalpunkt der LCD-Anzeige blinkt und es sogar eine Tendenzanzeige gibt:

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DL3HRT

Zitat von: DG0MG am 09. April 2019, 15:00
Zitat von: DL3HRT am 04. April 2019, 17:59
Das AS602-Display passt aber ausgezeichnet hinter die Displayabdeckung, so dass der Umbau praktisch schon beschlossen ist.

Hier steht,
dass das Royal Observer Corps (sowas wie die Zivilverteidigung) das Gerät testete, indem sie mit einem Geländewagen über das orange Gehäuse aus Polycarbonat fuhren, ohne dass es zerbrach.

Das robuste Gehäuse ist also für einen Umbau ein schicker Ausgangspunkt.
Respekt, das Gerät wird mir immer sympatischer  :) . Ich vermute allerdings, dass das Gehäuse bei dem Test nicht auf Beton lag sondern eher auf Erde oder Sand. Ansonsten spricht das für eine gute Lastverteilung des Geländewagens...


Ich habe vorhin ein SBM-20 parallel zum ZP1302 geklemmt, natürlich mit separatem Vorwiderstand. Damit bekommt man sogar eine vernünftige Anzeige (siehe Foto). Strahlungsquelle war "der Schalter". Die kleine Glasperle mit Radiumleuchtfarbe strahlt recht kräftig und bringt auch jede Menge Betastrahlung mit. Damit bringt man das SBM-20 an seine Grenze. Jetzt wäre es noch schön, wenn man die Empfindlichkeit um den Faktor 10 steigern könnte. Dann wäre das PDRM82 mit eingebautem SBM-20 durchaus ein brauchbares Gerät. Also muss ich wohl doch die Binärzähler "manipulieren" und dann natürlich noch einen Piezogeber einbauen.


Die Spannung am SBM-20 ist mit 540 V ein wenig hoch. Es scheint aber noch keine negativen Effekte zu geben. Wenn das SBM-20 viele Impulse pro Zeiteinheit liefert, dann bricht die Spannung auf ca. 400 V zusammen und liegt damit im angestrebten Bereich.


DL3HRT

Das PDRM82 hat mir keine Ruhe gelassen. Irgendwie sollte es doch möglich sein, die Messwertanzeige zu erhöhen.

Alle Versuche, den Binärzähler zu manipulieren, schlugen fehl. Die Software wurde von Plessey so gestaltet, dass so ziemlich jede Baugruppe beim Einschalten des Geräts getestet wird. Jegliche Modifikation am Binärzähler führte zu einem "fail" in der Anzeige. Dieser Weg führte also in eine Sackgasse.

Irgendwann hatte ich dann die Idee, dass man einfach nur die Anzahl der Zählrohrimpulse vervielfachen muss. Diese Idee führte letztendlich zum Erfolg. Zwischen den Impulsausgang der Signalaufbereitung und dem Impulseingang des HEF4520 wurde ein PIC-Mikrocontroller (PIC16F628A) eingefügt. Dieser erledigt mehrere Aufgaben:

       
  • Vervielfachung der Zählrohrimpulse (Faktor 10)
  • Ansteuerung eines Piezogebers zur akustischen Ausgabe der Zählrohrimpulse
  • Ansteuerung einer LED zur optischen Anzeige  der Zählrohrimpulse
Zur Erhöhung der Empfindlichkeit wurde ein russisches Zählrohr vom Typ SBM-20 über einen 4.7 MOhm Anodenwiderstand parallel zum internen ZP1302 eingebaut.

Das folgende Video zeigt das umgebaute PDRM82 ohne Gehäuse. Mit den aktuellen Parametern bekommt man mit dem SBM-20 eine Anzeige von >170.0 bei maximaler Zählrate.

Hier das umgebaute PDRM82 im Gehäuse

Ich habe die Stromaufnahme des Geräts nach der Modifikation gemessen. Sie beträgt ca. 8 mA bei normaler Umgebungsstrahlung und ca. 45 mA bei maximaler Zählrate.

Wenn mit dem SBM-20 auch Betastrahlung registriert werden soll, so muss man über dem Zählrohr einen Ausschnitt in das Gehäuse sägen oder fräsen und diesen mit dünner Folie abdecken.

Die Messwertanzeige ist nach der Modifikation natürlich nur qualitativer Art. Eine quantitative Bestimmung der Dosisleistung ist damit nicht möglich. Dennoch wird so aus dem PDRM82 ein brauchbares Gerät.

DG0MG

Was zeigt denn gleich die rote LED an, die original auf der Platine ist?
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DL3HRT

Zitat von: DG0MG am 12. April 2019, 12:53
Was zeigt denn gleich die rote LED an, die original auf der Platine ist?
Gar nichts. Zumindest habe ich sie noch nie leuchten sehen. Sie befindet sich im Bereich der Hochspannungserzeugung. Vielleicht leuchtet sie im Fehlerfall bei einem Defekt in dieser Baugruppe?

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 04. April 2019, 20:08
Scan der Bedienungsanleitung kommen in den nächsten Tagen auch noch.

Steht da was zur LED drin?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Hier sind die Scans der Bedienungsanleitung. Sie ist sehr kurz gehalten. Es ist auch erwähnt, dass eine Beta-Quelle enthalten ist. Bei der geringen Aktivität befindet sich die Quelle offensichtlich im Inneren des Zählrohrs. Die rote LED auf der Platine wird nicht erwähnt.