Fliesen

Begonnen von DG0MG, 25. Oktober 2020, 09:30

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

DL3HRT

Zitat von: NoLi am 20. November 2024, 14:11Der CQ GMC-600plus hat einen großen Vorteil: er benutzt das Zählrohr LND-7317, mit dem (aber nur mit diesem!!!) man "mit guter Annäherung" (Zitat aus dem Handbuch vom Thermo Scientific Radeye B-20) ohne Filter die Betadosisleistung H*(0,07) im durchschnittlichen Energiebereich 100 keV bis 800 keV (= 300 keV bis 2400 keV maximale Betaenergie) bestimmen kann. Somit ist deine Angabe von 0,69 µSv/h für die Hautdosisleistung plausibel.
Gemäß StrlSchG und StrlSchV wird die Hautdosis durch Betastrahlung auf 1 cm² bezogen...dies würde in deinem Fall eine Jahresdosis von 6,7 mSv entsprechen (vorausgesetzt, du liegst das ganze Jahr auf deinen Fliesen rum... ;D ); zulässig wären 50 mSv im Jahr.
Wenn wir jetzt noch mit der Betadosisleistung H*(0,07) anfangen, dann bringen wir die Leute komplett durcheinander. Dann sind 0,69 µSv/h nämlich nicht unbedingt 0,69 µSv/h, sondern es kommt auf das Bezugssystem an.

Im konkreten Fall wäre es interessant, wenn man neben den CQ GMC-600plus ein Automess AD6150 legt und die beiden Messwerte vergleicht  ;) .

Floppyk

... und den Hintergrund abzieht.

NoLi

Zitat von: DL3HRT am 20. November 2024, 14:33Dann sind 0,69 µSv/h nämlich nicht unbedingt 0,69 µSv/h, sondern es kommt auf das Bezugssystem an.
...
Welches Bezugsystem meinst Du?

Zitat von: DL3HRT am 20. November 2024, 14:33...
Im konkreten Fall wäre es interessant, wenn man neben den CQ GMC-600plus ein Automess AD6150 legt und die beiden Messwerte vergleicht  ;) .
Das würde gar nichts bringen, weil das 6150 AD nicht betaempfindlich ist und daher keine Erhöhung des Background anzeigen würde.

Norbert

GZ-BW

Zitat von: DL3HRT am 20. November 2024, 13:55Ich würde für die Messung einen Betaabsorber (Aluplatte o.ä.) zwischen Fliese und Gerät legen und die Messung wiederholen. Man kann nicht pauschal annehmen, dass die Fliesen vorwiegend Gammastrahlung abgeben.
Wieviel mm sollte die Platte dick sein? Vmtl. brauche ich, um auch hochenerg. Betastrahlung ganz rauszukriegen, 5-6 mm? Wie viel (niedrigenerg.) Gamma verliere ich dann? Ich kenne das Energiespektrum der Gammastrahlung nicht. Wie hoch wird der Verlust sein? Wenn die Fliese nur hochenerget. strahlen würde, so um die 10%? Sonst viel weniger?

NoLi

Zitat von: Floppyk am 20. November 2024, 14:17...
Aber Uran gibt es nicht "allein", denn automatisch sind auch alle Zerfallsprodukte der Uranzerfallsreihe dabei, die für einen Beta- und Gammahintergrund sorgen.
...
Nicht alle Zerfallsprodukte. Da es sich um chemisch abgetrenntes, reines Uran als Farbpigment handelt, haben sich nur die zwei Folgeprodukte Th-234 und Pa-234/Pa-234m (beides Betastrahler) nachgebildet. Alle anderen Folgeprodukte sind erst in rund 900 000 Jahren wieder im Gleichgewicht.

Norbert

NoLi

Zitat von: GZ-BW am 20. November 2024, 16:20Wieviel mm sollte die Platte dick sein? Vmtl. brauche ich, um auch hochenerg. Betastrahlung ganz rauszukriegen, 5-6 mm?
...
3 bis 4 mm reichen aus.

Norbert

DL3HRT

Zitat von: NoLi am 20. November 2024, 16:12
Zitat von: DL3HRT am 20. November 2024, 14:33Dann sind 0,69 µSv/h nämlich nicht unbedingt 0,69 µSv/h, sondern es kommt auf das Bezugssystem an.
...
Welches Bezugsystem meinst Du?

Zitat von: DL3HRT am 20. November 2024, 14:33...
Im konkreten Fall wäre es interessant, wenn man neben den CQ GMC-600plus ein Automess AD6150 legt und die beiden Messwerte vergleicht  ;) .
Das würde gar nichts bringen, weil das 6150 AD nicht betaempfindlich ist und daher keine Erhöhung des Background anzeigen würde.

Norbert
Genau das ist es, was ich meine. Ein Gerät zeigt 0,69 µSv/h und das andere vielleicht 0,1 µSv/h. Es ist sicher nicht vielen Anwendern klar, was der Unterschied zwischen H*(0,07) und H*(10) ist. Daher finde ich es schwierig, wenn der GMC eine Dosisleistung anzeigt bei der man wissen muss, worauf sie sich bezieht...

Floppyk

Zitat von: NoLi am 20. November 2024, 16:21Nicht alle Zerfallsprodukte. Da es sich um chemisch abgetrenntes, reines Uran als Farbpigment handelt, haben sich nur die zwei Folgeprodukte Th-234 und Pa-234/Pa-234m (beides Betastrahler) nachgebildet. Alle anderen Folgeprodukte sind erst in rund 900 000 Jahren wieder im Gleichgewicht.
Sorry, aber das verstehe ich nicht.
Uran zerfällt kontinuierlich und kann deswegen niemals als reines Element vorliegen.
Für das Vorhandensein von Zerfallsprodukten braucht es kein Gleichgewicht. Das ist abhängig vom Nuklid und der Zeit.

Ich übe gerade mit meinem neuen KC761b. Ich habe eine kleine Vase mit Uranglasur. Da wird mir die ganze Palette von Zerfallsprodukten angezeigt, was auch logisch ist. Allerdings habe ich keinen Hinweis wie alt die Vase ist.
Aber wenn deine Aussage richtig wäre, dann müsste ja nur Alpha und Beta nachweisbar sein. Das ist definitiv nicht der Fall, denn Gamma ist auch messbar.

Kermit

Zitat von: Floppyk am 20. November 2024, 16:43Uran zerfällt kontinuierlich und kann deswegen niemals als reines Element vorliegen.

Das ist so nicht richtig. Dann würden nämlich chemische Abtrennverfahren über Ionentauscher bzw. Trennsäulen - wie bei der HPLC - nicht funktionieren ;) und das wäre sehr schlimm für die Nuklearmedizin ;)

Das sich dann später wieder die Zerfallsprodukte bilden, ist unstrittig, in Abhängigkeit vom Isotop dauert das aber entsprechend lange.

Nichts Anderes meint NoLi.

NoLi

Wenn Uran chemisch aufbereitet wird, ist es unmittelbar danach von allen Folgeprodukten befreit. Es beginnt aber sofort wieder mit die Produktion von Th-234 (Halbwertszeit 24,1 Tage) als erstes Tochternuklid, welches weiter zum zweiten Tochternuklid Pa-234/Pa-234m (Halbwertszeit 6,7 Stunden) zerfällt. Dieses Pa-234 zerfällt weiter zu U-234 (Halbwertszeit 245500 Jahre). Da das U-234 eine sehr lange Halbwertszeit besitzt, baut es sich nur gaaanz langsam auf (nach rund 900000 Jahren ist ca. 90 % Sättigung erreicht). Alle nachfolgenden Radionuklide sind in der Glasur noch nicht vorhanden.
Die Hauptmasse der Uranglasur besteht aus dem Uranisotop U-238 (Halbwertszeit 4,5 Mrd Jahre).

Nun zu den Zerfallsstrahlenarten und begleitenden Gamma-Emissionen (gerundete Zahlen; die %-Angaben beziehen sich auf die Anzahl am Gesamtzerfall des Nuklides):
U-238: Alpha.
Th-234: Beta (0,27 MeV) und in geringen Mengen (zusammen rund 8 %) Gamma mit 63 keV und 92 keV sowie Röntgen (7 %) mit 13 keV .
Pa-234/Pa-234m: Beta (2,1 MeV) und Gamma (ca. 0,7 %) mit 1001 keV.
Weiter tritt durch die Betazerfälle in geringerer Menge noch Bremsstrahlung in dem Scherben auf.

Es gab aber auch Fälle, wo besonders sehr hochprozentige Pechblende zermahlen und direkt als Farbpigment verwendet wurde...hier sind sämtliche Uran-Tochternuklide in der Farbe vorhanden. Man erkennt dies per Spektrometrie durch das Vorhandensein von Radium-226 und durch erhöhte Gammadosisleistung mit einigen µSv/h am Objekt.

Norbert

NoLi

#55
Zitat von: DL3HRT am 20. November 2024, 16:39Genau das ist es, was ich meine. Ein Gerät zeigt 0,69 µSv/h und das andere vielleicht 0,1 µSv/h. Es ist sicher nicht vielen Anwendern klar, was der Unterschied zwischen H*(0,07) und H*(10) ist. Daher finde ich es schwierig, wenn der GMC eine Dosisleistung anzeigt bei der man wissen muss, worauf sie sich bezieht...
Da stimme ich mit Dir überein. Solche Eigenschaften der Messmöglichkeiten gehören ins Handbuch (siehe Radeye B-20); das fällt aber bei GQ auch sehr spartanisch aus. Ein einfacher Hinweis "Tiefendosis: Modus µSv/h + 3 mm Alu-Filter ; Hautdosis Modus µSv/h ohne Alu-Filter" darin würde genügen.

Norbert

Edit: Ich habe mal den S.E.International Inspector und den S.E.International Ranger mit dem RadEye B-20 im Betadosisleistungsmodus miteinander mit guter Übereinstimmung verglichen, denn die drei Geräte besitzen das gleiche Zählrohr LND-7317 mit dem dazugehörigen Schutzgitter!!

Spalter

Zitat von: NoLi am 20. November 2024, 21:35Wenn Uran chemisch aufbereitet wird, ist es unmittelbar danach von allen Folgeprodukten befreit. Es beginnt aber sofort wieder mit die Produktion von Th-234 (Halbwertszeit 24,1 Tage) als erstes Tochternuklid, welches weiter zum zweiten Tochternuklid Pa-234/Pa-234m (Halbwertszeit 6,7 Stunden) zerfällt. Dieses Pa-234 zerfällt weiter zu U-234 (Halbwertszeit 245500 Jahre). Da das U-234 eine sehr lange Halbwertszeit besitzt, baut es sich nur gaaanz langsam auf (nach rund 900000 Jahren ist ca. 90 % Sättigung erreicht). Alle nachfolgenden Radionuklide sind in der Glasur noch nicht vorhanden.

Nach einer chemischen Trennung ist doch auch noch das U-234 enthalten?
Dann würde sich der nächste alpha-Strahler Th-230 langsam aufbauen.

Spalter

NoLi

Zitat von: NoLi am 20. November 2024, 14:11Der CQ GMC-600plus hat einen großen Vorteil: er benutzt das Zählrohr LND-7317, mit dem (aber nur mit diesem!!!) man "mit guter Annäherung" (Zitat aus dem Handbuch vom Thermo Scientific Radeye B-20) ohne Filter die Betadosisleistung H*(0,07) im durchschnittlichen Energiebereich 100 keV bis 800 keV (= 300 keV bis 2400 keV maximale Betaenergie) bestimmen kann. Somit ist deine Angabe von 0,69 µSv/h für die Hautdosisleistung plausibel.
Norbert
Leider muß ich diese Bewertung der Zählrohrempfindlichkeit und damit der Möglichkeit der Messung der Hautdosisleistung mit dem GMC-600plus revidieren. :(
Wie ich in dem Video bei 2:40 min
auf der Geräterückseite sehen konnte, hat der GMC-600plus über dem regulären Zählrohrschutzgitter noch ein Rautengitter aus Kunststoff, welches zusätzliche betaabschirmende Wirkung hat. Mit dem Lineal auf dem Bildschirm ausgemessen, beträgt diese abschirmende Wirkungsfläche ca. 28 % der Gesamtfläche...daraus folgt, dass die Betadosisleistung H*(0,07) vom GC-600plus um diesen %-Satz zu niedrig angezeigt wird!

Norbert

NoLi

Zitat von: Spalter am 21. November 2024, 07:18Nach einer chemischen Trennung ist doch auch noch das U-234 enthalten?
Dann würde sich der nächste alpha-Strahler Th-230 langsam aufbauen.
Spalter
Stimmt!
Thorium-230 hat eine Halbwertszeit von 75400 Jahren, bildet sich auch nur seeehr langsam wieder nach. Dies kann in unserer bescheidenen Lebensspanne oder bei Objekten mit einem Alter von 150 Jahren bis 200 Jahren (industrielle Anwendung von chemisch reinem Uran erfolgt in der Glas- und Porzellanindustrie seit dem Jahr 1820) völlig vernachlässigt werden.
Somit reduziert sich die Zeit bis zum 90 %-igen Wiederaufbau der Folgeprodukte auf "nur noch" rund 230000 Jahre... :)

Norbert

opengeiger.de

Für diejenigen, welche der genaue Aktivitätsaufbau aus metallischem U238 (DU) interessiert, ich hatte vor Kurzem aus ganz anderem Grund mal den Aufbau der relativen Aktivitätskonzentration der Töchter zum U238 gemäß der theoretischen Gleichungen (Bateman Equations) bis zum Radon durchgerechnet.

Was man sieht ist, dass bis zum Pa234 alles wie im Schulbuch läuft, also U238 praktisch konstant (blau), Aufbau des Th234 mit seiner Halbwertszeit von 24Tagen (rot) und das Pa234 folgt unmittelbar (grün), weil es die weitaus kürze Halbwertszeit von 6.7h hat. Ab dem U234 wird es dann etwas durchwachsen an einer Stelle. Das U234 (cyan) baut sich mit seiner HWZ von 245500Jahren auf, aber das Th230 (magenta) folgt aber nicht ganz unmittelbar, weil die HWZ mit 75400 Jahren schon in der Nähe des U234 liegt. Aber das Ra226 (gelb) mit seiner "relativ kleinen" HWZ von 1600Jahren folgt dem U234 dann wieder ganz unmittelbar. Naja und schaut man sich das Rn222 an, das folgt dann dem Ra226 Aufbau auch instantan, denn die HWZ des Rn222 mit 3.82Tagen ist ja auch wieder super kurz gegen die 1600Jahre des Ra226.

So gesehen, ist alles logisch und man kann im groben ganzen sagen, dass das U234 den Aufbau der meisten schnellebigen Töchter in der Kette dahinter mit seinen 245500Jahren maßgeblich bestimmt und das Th230 verzögert das nur noch etwa um 10000Jahre zusätzlich, weil seine HWZ nicht so viel kürzer ist als die des U234, was den Kohl aber nicht fett macht. Für mich klingt dieses Ergebnis logisch, aber trotzdem wie immer keine Gewähr für die Richtigkeit der Rechnung.  ;)