Mansfelder Kupferschlacke

Begonnen von Peter-1, 18. Juli 2024, 17:37

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Peter-1

Liebe Sammler,

wer hat schon einmal ein Spektrum der berühmten Mansfelder Kupferschlackensteine aufgenommen ? Mehr Uran, mehr Thorium ?
Oder die Frage, wo kann ich nicht 1 Tonne, 100 kg, oder solche größenordnungen von einem Stein bekommen? Alle Angebote sind immer für LKW Größen.
Mir würden 5 x 5 x 5 cm reichen denn mein Kammervolumen ist begrenzt.  ;D

Freue mich auf Anregungen
Peter
Gruß  Peter

NoLi

Bau doch aus der LKW-Größe einen kleinen Bunker für dein Spektrometer...dann brauchst du auch keine Abschirmung. ;D

Oder biete die restlichen Steine hier an... :)

Norbert

DL3HRT

Natürlich kann ich damit dienen, bei uns liegt das Zeug ja auf der Straße  :D.

Als die Straße vor dem Zeitzer Bahnhof erneuert wurde, wurden die Steine rausgerissen. Da habe ich mir ein kleines Bruchstück gesichert.
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Ich habe auch noch einen kompletten Stein in der Garage, aber der ist riesig. Im Vergleich zu anderen Pflastersteinen handelt es sich bei den Kupferschlackesteinen um Würfel. Mein Exemplar misst 16 cm x 16 cm x 16 cm und ist entsprechend schwer. Werfen kann man damit nicht.  ;)

Hier ist das Spektrum des Bruchstücks. Ich würde sagen, nur Radium und Töchter. Die Zählrate ist aufgrund der Selbstabsorption im Stein nicht sehr hoch. Der Hintergrund lag bei ca. 14 cps und ist abgezogen.
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Radiohörer

#3
...beim Stadtbauhof Deines Vertrauens!
Er, Nbg, R und wenn ich dran denke, wo wir in Gera überall welche entdeckt haben, dürfte es in den "neuen Bundesländern" in jeder Stadt event. Gemeinde hunderte von qm geben.
Am Naturkundemuseum in Gera gabs glattere, helle mit hoher Aktivität mit kleineren und grobporige, dunkle mit ~ 1/3 der Aktivität. Vielleicht hat Rainer ein Foto des Straßenbelags gemacht?
N der BAB in Ost-Ronneburg ist ein "Entsorgungsbetrieb?" der einen >200 m^2 großen Haufen mit Schlackesteinen hat: leider eingezäunt. Sollte man im Luftbild erkennen...
Edit meint: SUC Sächsische Umweltschutz-Consulting GmbH Bauschuttrecyclinganlage Beerwalde;
Großensteiner Str.; 04626 Löbichau 50.883427, 12.223267
Naturkunde Museum Gera 50.877372, 12.086228

DL8BCN

Leider habe ich auch kein Foto gemacht.
Ich konnte mich auch gerade noch beherrschen einen Stein auszugraben :D
War schon interessant in Gera.
Und auch das Naturkundemuseum ist einen Besuch wert!

Elektroniknerd

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Hier bei uns (Hannover) sind sie hin und wieder ordentlich in die Straße eingebaut (statt "echtes" Kopfsteinpflaster). Etwas häufiger auch mal als Rinn- oder Randstein.
Das Spektrum gibt allerdings nicht so viel her - außer halt zu bestätigen, dass es sich um Kupferschlackesteine handelt. Das Hannover davon einige "abbekommen" haben soll, steht ja schon bei Wikipedia.

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Peter-1

Danke für die vielen Infos und Ratschläge. Bunker bauen finde ich gut, aber meine Frau macht nicht mit  :(
Straßen aufgraben will ich nicht und eine Deutschlandtournee plane ich nicht.
Aber ich werde sicher ein Stückchen bekommen.  ;D

Peter
Gruß  Peter

miles_teg

Ich glaube ich könnte noch was aus Helbra haben, müsste heute Abend mal nachsehen was genau das war.

Peter-1

Nun kann ich endlich etwas zur Mansfelder Kupferschlacke beitragen.
Danke an die hilfsbereiten Zulieferer  :yahoo:
Mit 3 unterschiedlichen Proben gibt es einen guten Einblick. Erstes Ergebnis: es war nur aus der Uran Radium Reihe etwas nachzuweisen, kein Anzeichen auf Thorium, aber natürlich K40.

5 kleine Steinchen mit ges. 38,5 Gramm
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2 größere Steine mit 58 Gramm
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1 großer Glasklotz in schönem Blau.
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Eine Abschätzung der Aktivität fällt schwer, könnte aber mit den Angaben aus der Lit. sehr gut passen. ~ 1500 - 2000 Bq/kg

Viele Grüße
Peter
Gruß  Peter

opengeiger.de

Heißes Pflaster Eisleben

Es wurde ja schon Einiges über die berühmten Schlackesteine aus der ehemaligen DDR geschrieben. Spätestens seit dem reißerischen Artikel im Spiegel Heft mit der Nummer 50 im Jahre 1991 /1/, verbreitete sich auch im Westen die Nachricht, dass von den unkaputtbaren Pflastersteinen aus der ehemaligen DDR, die auch eifrig in der BRD verlegt wurden eine mögliche Gefahr ausgehen könnte, weil die Kupferschlacke doch einiges an Uran bzw. das Zerfallsprodukt Radium enthält.  Es hat dann aber doch noch einige Monate gedauert, bis die Strahlenschutzkommission  (SSK) der Bundesregierung im Januar 92 etwas ,,nachsteuerte". Man stellte von der SSK zwar fest: ,,Auf Plätzen und Straßen, die mit Kupferschlackesteinen befestigt sind, werden (jeweils in 1 m Höhe) Ortsdosisleistungen bis zu 0,7 μSv/h bei einem Mittelwert von ca. 0,4 μSv/h gemessen." Aber man sah keinen weiteren Handlungsbedarf. Das führte wohl dazu, dass man auch heute noch selbst in Westdeutschland in alten Innenstädten immer mal wieder noch eine Straße mit Schlackepflaster findet, die dann auch einen Geigerzähler ganz gut ,,ticken" lässt. Im Ostdeutschland, wo man von der Wismut her schon einiges an Strahlung in der Umwelt gewohnt war, und insbesondere dort wo die Schlacke auch eine Tradition bzw. eine gewisse Kultur darstellt, hat man es wohl bis heute nicht so eilig, die bläulich schimmernden Pflastersteinen mit den typischen Gusslunkern gegen etwas strahlungsärmere Steine auszuwechseln. Es gibt allerdings im Osten Deutschlands Städte und Regionen, wo so viele Quadratmeter Fläche belegt sind, dass der Austausch Jahrzehnte dauern und viele Millionen verschlingen würde. Das gilt insbesondere für das Mansfelder Land, der Region also, in der die Schlackesteine erfunden und Jahrhunderte lang hergestellt wurden, allen voran der Lutherstadt-Eisleben und den umliegenden kleineren Städten. Ein Zwang zum Austausch wäre vermutlich für die Bevölkerung auch nicht ganz einzusehen, weil nämlich riesige Schlacke- und Abraumhalden aus dem ehemaligen Kupferschiefer-Bergbau und seiner Verhüttung als Flächendenkmale mittlerweile unter Denkmalschutz gestellt wurden.

Wer also die neueste Generation an Strahlungsmessgeräten, welche für den Citizen Science-Bereich nun auch kostengünstig erhältlich sind, austesten möchte, für den ist Lutherstadt Eisleben das ideale Testgebiet. Diese moderneren Strahlungsmessgeräte arbeiten mit einer App auf einem Mobiltelefon zusammen, das einerseits mit einem GPS-Empfänger ausgestattet ist und andererseits die gemessene Gamma-Ortsdosisleistung auf OpenstreetMap- oder GoogleMaps-Karten farblich codiert darstellen kann. Eine Tour auf dem heißen Pflaster Lutherstadt-Eisleben mit einem Radiacode RC101 beispielsweise kommt auf einer OpenstreetMap-Karte des Mobiltelefons dann folgendermaßen raus:

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Beispielhafte Tour durch Lutherstadt-Eisleben, Straßen die rot, gelb oder grün gefärbt sind, sind mit Schlackesteinen mit mehr oder weniger Urangehalt gepflastert, türkis, blau oder lila gefärbte Straßen sind meist nicht mit Schlackesteinen gepflastert
 
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Auf den jeweiligen mit Schlackepflaster gepflasterten Straßen kann man unterschiedliche Pflastersteine erkennen, von der Größe her und von der Oberflächenbeschaffenheit. Am stärksten ticken die sehr glatten, leicht gewölbten Steine mit den Gusslunkern. Etwas weniger, die, deren Oberfläche rauh und deren Form exakt rechteckig ist. Die Gamma-Ortsdosisleistung in 1m Höhe über demBoden schwankt zwischen 300nSv/h und 600nSv/h. Legt man ein Messgerät mit einem Pancake Zählrohr direkt auf einen Schlackestein, geht die Anzeige typischerweise auf Werte über 1uSv/h, was aber daran liegt, dass dann im Zählrohr zusätzliche Zählpulse durch die Betastrahlung mit ihrer geringeren Reichtweite erzeugt werden und der Messwert so keine reine Gamma-Ortsdosisleistung mehr darstellt. 

Aber zunächst zur Entstehung der Schlackesteine. Bereits vor 1800 wurde in der Mansfelder Mulde der sogenannte Kupferschiefer abgebaut, der ein Sedimentgestein des unteren Zechsteins darstellt. Seine schwarze Farbe verdankt er dem hohen organischen Bitumenanteil, der durch seine speziellen chemischen Eigenschaften für das Ausfällen der Schwermetalle aus den ehemals maritimen Gewässern verantwortlich war. So sind in diesem Gestein nicht nur Uran sondern auch andere Metalle wie Blei, Zink und Silber zu finden, die ebenfalls im Interesse des Bergbaus in der Region standen. So wurden in den bis zum Jahr 1990 etwa 2,6 Mio. Tonnen Kupfer und 14.200 Tonnen Silber gefördert, ein Drittel davon zu Zeiten der ehemaligen DDR /3/.

Zum Trennen der Metalle vom Gestein musste von Beginn der Verhüttung an das Gestein geschmolzen werden und dabei blieb etwa 70% der Masse schon mal als Rohschlacke übrig. Das waren zu Zeiten der groß-industriellen Produktion riesige Mengen, so dass man sich schnell Gedanken machte, wie man die Schlacke sonst noch nutzen kann außer sie einfach auf Halden zu kippen. Schon 1795 machte der Bergmann Müller seinem Arbeitgeber, der Friedeburger Hütte bei Gerbstadt, den Vorschlag die Schlacke in Formen zu gießen um daraus leicht handzuhabendes und stabiles Baumaterial zu gewinnen. Der Arbeitgeber lehnte diesen Vorschlag jedoch ab. Allerdings erlaubte er den Bergleuten daraus Steine für private Zwecke zu gießen und gegen einen Nebenverdienst zu verkaufen. So entstanden die Wickelschlacken. Man wickelte die zäh werdende Schlacke dabei um Harken und drückte sie in Formen.

Solche Wickelschlackensteine wurden z.B. in einer mechanisierten Anlage auf der August-Bebel-Hütte in Helbra hergestellt und auf unterschiedlichste Weise im Wohnungs- und Garagenbau oder für den Bau von Mauern verwendet. Bei Untersuchungen zur Qualitätsverbesserung dieser Wickelschlackensteine entdeckte man 1863, dass eine deutlich höhere und deutlich homogenere Festigkeit erreicht werden kann, wenn man die Steine nach dem Form-Guss tempert, also sehr langsam erkalten lässt. Dieses Verfahren wurde am 31. Oktober 1863 festgeschrieben und wurde somit zum eigentlichen ,,Geburtstag der Mansfelder Pflastersteine aus Temperschlacke". Von dieser Art Schlackesteinen wurden bis 1990 etwa 1,4 Milliarden Steine der unterschiedlichsten Formate für den Straßenbau, für Deichbefestigungen und für Bauwerke und Wandverkleidungen hergestellt /6/.

Aber auch in den letzten Jahren des Bestehens der DDR erkannte man das Problem des Uran bzw. des Radiumgehalts von Baustoffen und verschärfte die Bestimmungen zur Nutzung der Schlackesteine im Wesentlichen auf Mauern im Kellerbereich, Fundamente und Nebengebäude, wie Garagen. Zudem schrieb man im Wohnungsbau eine Putzschicht von 5 cm vor. Diese ,,natürliche Strahlung" führte aber immer wieder zu Diskussionen auch in der DDR. Aber selbst in der Bewertung durch die Strahlenschutzkommission nach der Wiedervereinigung hieß 1992 es zu diesem Thema nur: ,,Es wird empfohlen, auf die Verwendung von Schlackesteinen sowie von Schlacken als Zuschlagstoff beim Neubau von Häusern zu verzichten. Bei den bestehenden Häusern, bei denen Kupferschlacken verwendet wurden, ist kurzfristig kein Handlungsbedarf erkennbar; die Gesamtsituation wird durch Messungen weiter erfaßt und nach Vorliegen der Ergebnisse wird über angemessene Maßnahmen entschieden werden."

Erst mit der Umsetzung der Richtlinie 2013/59/Euratom in nationales Recht 2017 wurde die Verwendung von Schlacken in Baumaterialien so geregelt, dass daraus keine Exposition von > 1mSv/h für Einzelpersonen der Bevölkerung entstehen darf. Allerdings, wenn man sich in den kleineren Städten und Dörfern um Lutherstadt-Eisleben herum umsieht, so kann man durchaus noch frisch sanierte Gebäude finden, deren Mauern immer noch reichlich Wickelschlacke-Steine enthalten.

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Man kann die Gelassenheit der Leute gegenüber den zusätzlichen Strahlungsexpositionen aus der Schlacke allerdings gut verstehen, wenn man sich die gigantischen Schlacke-Halden anschaut, welche die Gegend über viele Jahrzehnte geprägt haben. Eine der eindrucksvollsten Halden ist wohl die Schlacke-Halde der August-Bebel-Hütte (früher Koch-Hütte) entlang der Straße von Helbra nach Hergisdorf-Kreisfeld (N51.53739, E11.48895), die heute in ihrer Eigenschaft als ,,Haldenlandschaft" ein geschütztes Kulturdenkmal ist. Aber auch die Kupferschieferhalden aus ,,taubem" Gestein sind ziemlich eindrucksvoll und dürfen teilweise sogar auf Wanderwegen bestiegen werden. So führt beispielsweise ein Wanderweg vom Festplatz in Wimmelburg auf die Halde der Otto-Schächte gibt (bei N51.52101 E11.51606), wo man eindrucksvolle Aussichtpunkte über die Haldenlandschaft findet.

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Weitere Fotos siehe Anhang


/1/ Spur der Steine
08.12.1991, 13.00; DER SPIEGEL 50/1991
https://www.spiegel.de/politik/spur-der-steine-a-4f233c62-0002-0001-0000-000013491475?context=issue

/2/ Bewertung der Verwendung von Kupferschlacke aus dem Mansfelder Raum; Empfehlung der Strahlenschutzkommission; 27. Januar 1992
https://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse/DE/1992/Kupferschlacke_Mansfeld.pdf?__blob=publicationFile&v=2

/3/ Franz Wilhelm Wege; Toxikologisch wirksame Belastungen der Mansfelder Region im Ergebnis einer 800-jährigen Bergbau– und Hüttenindustrie; Postgradualstudium Toxikologie Universität Leipzig; 6. April 2008

/4/ Andreas Artmann; Untersuchungen zur Strahlenexposition der Bevölkerung an den Standorten der ehemaligen Blei-Zink- und Seigerhütte in Hettstedt; Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit (GRS) mbH; GRS – 174; August 2001

/5/ Dr. Rudolf Mirsch; Von der glühenden Schlacke zum geformten Stein; Verein der Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V.; Mansfeld Echo Nr. 4/2013 Seite 40ff

/6/ J. Spitzner; Die Entwicklung der technischen Verwertung von Kupferhüttenschlacken;