Erzeugung und Detektion schneller Neutronen

Begonnen von stoppi, 20. November 2019, 12:58

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stoppi

Hallo!

Aktuell versuche ich mich gerade bei der Erzeugung und Detektion schneller Neutronen (für eine spätere vorwissenschaftliche Arbeit zur Matura/Abitur).

Als Neutronenquelle kommt ein Alphastrahler + Beryllium zum Einsatz. Ich habe gelesen, dass dabei die Neutronenausbeute sehr bescheiden ist. Nur etwa 1 Neutron auf 12500 Alphateilchen.

Ein erster Versuch mit 4 Americium-241 Quellen (jede < 0.8 µCi) scheiterte. In anbetracht der Ausbeute auch nicht verwunderlich. Denn dies sollte eine Rate von nur ca. 1 Neutron/sek ergeben.

Als Detektor kommt ein Photomultiplier + Plastikszintillator zum Einsatz. Beim Plastikszintillator dürfte es sich laut Angabe des Verkäufers (https://www.ebay.com/itm/Plastic-Scintillation-Material-Radiation-Scintillator-Crystal/200664890714?hash=item2eb88f3d5a:g:Mu4AAOSwu1VW3nMq) um Bicron BC-408 handeln. Dieser ist laut Datenblatt zwar nicht geeignet für schnelle Neutronen (https://www.crystals.saint-gobain.com/sites/imdf.crystals.com/files/documents/bc400-404-408-412-416-data-sheet.pdf), andererseits hat Bicron mir geantwortet, dass der Typ 408 sowie 412 sehr wohl auf schnelle Neutronen (per Protonenstoß) reagieren sollte (siehe auch https://www.crystals.saint-gobain.com/products/bc-408-bc-412-bc-416).

Die Elektronik besteht einerseits aus einem Selbstbau-HV-Netzteil auf Basis eines CCFL-Inverters und andererseits aus einem invertierenden Verstärker mit nachgeschalteten Komparator + Monoflop. Diese funktioniert soweit ganz gut und wenn ich einen Alphastrahler direkt ins Gehäuse zum Plastikszintillator gebe, dann erhalte ich auch Pulse am Ausgang.

Momentan ist noch ein Zylinder aus Beryllium auf den Weg zu mir, da sich dieser besser vor dem Alphastrahler positionieren lässt als die bereits vorhandenen Beryllium-Splitter (siehe Abbildung).

Hat jemand von euch bereits Erfahrungen mit Neutronen (z.B. erzeugt mit einem Fusor)?

Fusor

Moin!

Mein Fusor ist inzwischen an eine Universität verkauft- hat aber gut funktioniert!

Gemessen habe ich die Neutronen mit einem Snoopy und
Einem russischen BF3 Zahlrohr an einem Nin Bin (beides jetzt bei der Uni und leider nicht mehr zu "vertretbaren" Preisen zu bekommen)

Jetzt habe ich noch mehrere BF3 Röhren hier, welche ich in einer Metall Farbdose gefüllt mit Paraffin moderiere. Als Messgerät habe ich ein Eberline E600 sowie ein Bicron Surveyor M- funktioniert beides toll!
Wollte als ich den Fusor noch hatte Mal etwas mit Plastik Szintillator bauen- hab es aber dann gelassen weil meine Messgeräte gut funktionieren...
Derzeit keine Neutronen Quelle mehr, will aber eventuell wieder einen Fusor bauen...
Kann Dir nur zu einem geeigneten Zahlrohr (BF3 oder besser noch Helium 3) mit passendem Messinstrument raten....
Hätte noch ein E600 (mein Ersatz Gerät) eventuell zu verkaufen...

Ansonsten jede Menge Info hier:
https://fusor.net/board/viewtopic.php?t=6286

Greets Roman


stoppi

Danke Fusor für den Link  ;)

Auch hier geht es (langsam) weiter. Habe mir ja einen weiteren Plastikszintillator (Bicron BC412) gekauft, denn dieser sollte laut Datenblatt im Gegensatz zum BC408 auch auf schnelle Neutronen (und Gammastrahlen) reagieren.

Als Photomultiplier kommt ein kürzlich erworbener Valvo XP2011 zum Einsatz. Gestern konnte ich die Sonde zusammenbauen und heute testen. Sie spricht wie erhofft auf Gammastrahlen (Cäsium-137) an.

Pulslängen sind wieder so um die 3 µs, was eigentlich für Plastikszintillatoren eigentlich sehr lange ist.  :unknw:

Die Energieauflösung ist wie zu erwarten war nicht gut (siehe Theremino-Spektrum). Aber dafür habe ich mir den Plastikszintillator auch nicht besorgt. Ich will ja nur schnelle Neutronen mit ihm detektieren ohne Pulshöhenauswertung. Da stört es (hoffentlich) auch nicht, dass die Pulse zu Beginn ein ringing zeigen.

NoLi

#4
Zitat von: stoppi am 20. November 2019, 12:58
Als Neutronenquelle kommt ein Alphastrahler + Beryllium zum Einsatz. Ich habe gelesen, dass dabei die Neutronenausbeute sehr bescheiden ist. Nur etwa 1 Neutron auf 12500 Alphateilchen.
...
Ein erster Versuch mit 4 Americium-241 Quellen (jede < 0.8 µCi) scheiterte. In anbetracht der Ausbeute auch nicht verwunderlich. Denn dies sollte eine Rate von nur ca. 1 Neutron/sek ergeben.
...
Hat jemand von euch bereits Erfahrungen mit Neutronen (z.B. erzeugt mit einem Fusor)?

Ich habe es vor vielen, vielen Jahren (also in meiner Jugend als "Strahlenschützer") mal mit einer aus einem US-Militär-Jeep stammenden Leuchtfarben-Tacho-Scheibe mit ca. 2 µg (= 74 kBq) Ra-226 ausprobiert. Den Tacho hatte ich vom Flohmarkt (die kamen gerade auf), die Frontscheibe aus Plexi war beschädigt und rissig.

Auf die im Kontrollbereich(!) ausgebaute Tacho-Scheibe legte ich auf die Oberseite ein dünnes Beryllium-Blech, nahm einen AEG-Neutronenmonitor mit zwei Bortrifluorid (BF3)-Zählrohren (eines für schnelle, eines für langsame Neutronen) und siehe da, die Zählrate der schnellen Neutronen erhöhte sich deutlich (so etwa alle 5 bis 10 Sekunden ein Impuls, bei aufgelegter Sonde. Nullrate war so um die 1 Impuls pro Minute).

Leider (oder besser Gott sei Dank?) befindet sich heute das Strahler-Ensemble in irgendeinem gelben Abfallfass in der ASSE... :( :)

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: NoLi am 21. November 2020, 15:28

Ich habe es vor vielen, vielen Jahren (also in meiner Jugend als "Strahlenschützer") mal mit einer aus einem US-Militär-Jeep stammenden Leuchtfarben-Tacho-Scheibe mit ca. 2 µg (= 74 kBq) Ra-226 ausprobiert. Den Tacho hatte ich vom Flohmarkt (die kamen gerade auf), die Frontscheibe aus Plexi war beschädigt und rissig.
(...)
Auf die im Kontrollbereich(!) ausgebaute Tacho-Scheibe legte ich auf die Oberseite ein dünnes Beryllium-Blech (...)

Wilde Zeiten!  :D  >:(  :D

stoppi


Henri

Wie willst Du eigentlich die Neutronen von den Gammas unterscheiden? Da muss man doch die Impulsform für auswerten, oder?

stoppi

@Henri: Das stimmt, Gamma und Neutronen unterscheiden sich etwas in der Pulsform...

Aber mit Polonium-210 müsste das eigentlich auch so funktionieren, da es im Gegensatz zu Am-241 keine Gammastrahlen emittiert. Ich lege einfach die Poloniumquelle zuerst ohne Beryllium neben die Sonde und dann eben mit Beryllium in der Hoffnung, dass die Zählrate steigt...

Henri

Zitat von: stoppi am 21. November 2020, 19:49

Aber mit Polonium-210 müsste das eigentlich auch so funktionieren

Mir ist immer noch nicht klar, wie Du das ohne nennenswerte Turbulenzen zuerst mit dem Zoll und danach mit der Staatsanwaltschaft importieren willst  :unknw:

Zur Zeit gibt es ja sehr günstig BF3 und HE3 Zählrohre. Warum nimmst Du nicht so was? Da reicht dann ein einfacher Diskriminator aus. Mit dem Plastik hast Du ohne Pulsformanalyse immer das Problem, nur Neutronen nachweisen zu können, von denen Du weißt, dass sie da sind, bzw. die Du "an- und abschalten" kannst. Aber Du kannst z.B. nicht mit dem Gerät mal eine alte Uranmine besuchen und schauen, ob da mehr Neutronen rumschwirren als außen, weil Du nie Deinen reinen Gamma-Hintergrund kennst.

Eine einfache Pulsformanalyse macht man, indem man eine Schwelle setzt und dann die Zeit misst, während der der Impuls die Schwelle überschritten  hat. Dafür haben aktuelle Mikrocontroller tolle Hardware-Funktionen (Timer). Zusammen mit der Höhe des Impulses kann man dann auf die Form schließen.
Damit bräuchtest Du dann auch keine Quelle mehr, die so stark ist, dass sie sich statistisch signifikant vom Gamma-Hintergrund absetzt.

stoppi

Hallo!

Heute konnte ich mich kurz mit dem Setup beschäftigen, welches ich für die Detektion der Neutronen vorgesehen habe. Das ist der Valvo XP2011 Photomultiplier in Kombination mit dem BC412 Plastikszintillator.

Die Signale direkt vom Photomultiplier zeigen ja relativ starke Schwingungen zu Beginn der Pulse. Deshalb habe ich es heute mit einem mittelschnellen OPV, dem LF357 (gain-bandwidth = 20 MHz) probiert in der Hoffnung, eben diese Schwingungen nicht mehr zu verstärken. Nachgeschaltet ist im Moment der Komparator LM311. Nun, die Schwingungen sind zwar weg, aber das Paket Verstärker-Komparator spricht nur auf die hohen Pulse zuverlässig an und erzeugt am Ausgang ein Ticken. Doch viele der durch Gammastrahlen verursachten kleineren Pulse bleiben so leider unbemerkt.

Deshalb werde ich in den nächsten Tagen mehrere Kombinationen probieren etwa unter Verwendung des LM7171 (gain-bandwidth 200 MHz). Zuerst den LF357 durch den LM7171 ersetzen und schauen ob die Schwingungen wieder mitverstärkt werden bzw. ob nun der LM311 der bremsende Faktor ist. Falls ja, ersetze ich eben auch den LM311-Komparator durch den LM7171...

Henri

Zitat von: Henri am 21. November 2020, 18:48
Wie willst Du eigentlich die Neutronen von den Gammas unterscheiden? Da muss man doch die Impulsform für auswerten, oder?

Sorry, ich fürchte ich muss mich korrigieren. Ich habe da was verwechselt.  :blush: Neutronen kann man nur in Flüssigszintillatoren  durch Pulsformanalyse, oder in mit Bor oder Li-6 oder ZnS(Ag) angereicherten Plastikzintillatoren durch ihre Pulshöhe, von anderer Strahlung unterscheiden.

In "normalen" Plastikszintillatoren wie BC-412 geben die schnellen Neutronen ihre Energie in Form elastischer Stöße ab. Das bedeutet, man bekommt auch keine Peaks, sondern ein Kontinuum, dessen maximale Energie sich an den im Szintillator enthaltenen Elementen, bzw. deren Atomgewichten, hauptsächlich dem Wasserstoff, ausrichtet. Somit ist es zwar möglich, Neutronen mit diesem Material nachzuweisen, nicht aber, Neutronen von anderen Strahlungsarten zu unterscheiden.

Viele Grüße,

Henri

NoLi

Zitat von: Henri am 10. Dezember 2020, 21:29
Sorry, ich fürchte ich muss mich korrigieren. Ich habe da was verwechselt.  :blush: Neutronen kann man nur in Flüssigszintillatoren  durch Pulsformanalyse, oder in mit Bor oder Li-6 oder ZnS(Ag) angereicherten Plastikzintillatoren durch ihre Pulshöhe, von anderer Strahlung unterscheiden.

Morgen Henri.

" ...Li-6 oder ZnS(Ag) angereicherten Plastikzintillatoren... "
Nicht ODER, sondern UND , also Li-6 und ZnS(Ag), beides gemischt. Li-6 macht eine n-alpha-Reaktion: das Li-6 fängt ein thermisches Neutron ein und emittiert dafür ein Alpha-Partikel, welches jetzt mit dem ZnS(Ag) reagiert und den Impuls erzeugt (gleiches gilt auch für das Bor).

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: NoLi am 11. Dezember 2020, 08:24
Zitat von: Henri am 10. Dezember 2020, 21:29
Sorry, ich fürchte ich muss mich korrigieren. Ich habe da was verwechselt.  :blush: Neutronen kann man nur in Flüssigszintillatoren  durch Pulsformanalyse, oder in mit Bor oder Li-6 oder ZnS(Ag) angereicherten Plastikzintillatoren durch ihre Pulshöhe, von anderer Strahlung unterscheiden.

Morgen Henri.

" ...Li-6 oder ZnS(Ag) angereicherten Plastikzintillatoren... "
Nicht ODER, sondern UND , also Li-6 und ZnS(Ag), beides gemischt. Li-6 macht eine n-alpha-Reaktion: das Li-6 fängt ein thermisches Neutron ein und emittiert dafür ein Alpha-Partikel, welches jetzt mit dem ZnS(Ag) reagiert und den Impuls erzeugt (gleiches gilt auch für das Bor).

Gruß
Norbert

Hallo Norbert,

ja stimmt, da muss tatsächlich ein "und" hin. Hast mich erwischt  8)

Viele Grüße,

Henri

stoppi

So, habe die Schaltung mit dem Komparator LM311 noch ein wenig abgeändert; kann jetzt Pulse ab ca. 500mV detektieren. Die vom Cäsium-137 erzeugten Pulshöhen liegen zur Gänze im unteren Spannungsbereich, so zwischen 500-1000mV. Die Zählrate wächst von ca. 1800 cpm (ohne Quelle) auf ca. 5100 cpm (mit Cs-137). Dies entspricht in etwa auch der relativen Steigerung der Zählraten mit dem Programm Theremino (von 140 cps auf 420 cps).

Jetzt werde ich es nochmals mit meiner Americium-Berrylium-Neutronenquelle probieren. Große Hoffnung habe ich aber nicht, da auch nur eine minimale Steigerung feststellen zu können. Wenn alles klappt, bekomme ich aber in ca. 1 Monat eine 100-mal stärkere Poloniumquelle. Mit der stehen dann die Chancen wesentlich besser...