Röntgenstrahlung Bildröhren

Begonnen von DL8BCN, 15. April 2023, 18:16

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opengeiger.de

Hallo Funkamateure aus dem Osten der Republik!

Gerade reicht mir Tante Google dieses Dokument zu:
NVA-Rundblickstation (RBS) P-15, Kapitel 3 (Übersetzung aus dem Russischen)  Röntgenstrahlung von Elektrovakuumgeräten

http://www.nva-radar.de/infos/030512-Kenntnis%20der%20Strahlenexposition%20an%20P-15%20mindestens%20ab%202002.pdf

Kennt ihr das? Da schießen sogar mir die Tränen in die Augen.  :'( 

Schaut Euch mal diese Sende-Anlage an:
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Und dann im Text:
>> Zitat
Ergebnis:
Ohne Berücksichtigung des Röntgenstörstrahlers — Magnetron -, wurde durch die sowjetische Herstellerseite den Nutzern des Radargerätes P-15 eine Expositionsleistung gegenüber Röntgenstrahlung für eine 36-stündige Arbeitswoche von

204 mSv/h

angezeigt.
<<

Schnapp, mir bleibt die Luft weg. :o

Hier ein paar Einzeldaten:
Schaltröhre GMI-90 in der Baugruppe Sender/Modulator 27kV
vor beiden Schaltröhren 5 cm 8,0 mSv/h Gerätegehäuse offen

Gleichrichterröhren, 4 fach vorhanden Baugruppe Modulator/Sender, 14kV
seitlich im Geräteschrank 10 cm zu RöStörstrahler 400 uSv/h Gerätegehäuse offen

Senderöhre GI 19B, Baugruppe Sender, 14kV
HF-Röhre (Einbauort der Senderöhre) 5 cm 150 uSv/h Gerätegehäuse offen

Messungen durchgeführt von:
>>
Strahlenmessstelle Nord der Bundeswehr 29623 Munster. 26.03.02
bei der Wehrbereichsverwaltung Nord Postfach 1142
Strahlenschutzprüfung an Röntgenstörstrahlern
...

Verwendete Messgeräte:
Röntgenstörstrahlung
TOL/E TOL/F  Sonde LB 1321 SN 162303-2436, Gerät LB 1320, SN 161217-2413 Hersteller: Fa. Berhold
<<

Ich nehme mal an, hier wurde H*(10)/dt gemessen und nicht H'(0.07)/dt!  :scare: 


etalon

Zitat von: opengeiger.de am 01. Mai 2023, 07:42...
Hier das Ergebnis gemittelt über dem Granit   
Zählrate            0.543   
Dosisrate            0.306           
cps/(uSv/h)        1.775
...

Das wären dann rund 0,6 uSv/(h*ips). Das ist doch zu 44 uSv/(h*ips) schon ein deutlich(!) besserer Wirkungsgrad...  ;D
...und nicht nur im besten Fall Faktor 2, wie uns der Graph der Detektoreffizinz glauben machen wollte...  ;D


Zitat von: DG0MG am 01. Mai 2023, 08:28Der Hersteller des Zählrohres LND712 hatte dazu mal den Wert "18 cps/mR/h" in seinen technischen Daten stehen, allerdings für Co-60. Wenn man annimmt: 1mR/h=10µSv/h, dann wären das 1.8 cps/µSv/h oder eben 0.55 µSv/h/ips. Für Cs-137 hab ich soeinen Wert nicht aus verlässlicher Quelle gefunden.

Ok, das korreliert ja recht gut mit der Angabe von @opengeiger.de . Da die natürlichen Zerfallsreihen auch einige hochenergetische Linien haben, ist das vllt ganz gut mit Co-60 vergleichbar. Interessant wäre jetzt noch die äquivalente Angabe für Cs-137.

Zitat von: opengeiger.de am 01. Mai 2023, 07:42...
Aber für das Tritium Gaslichtchen ist diese Anzeige natürlich Quatsch, weil ich mit dieser Rechnung ja gar kein H*(10)/dt bekomme. Da müsste jetzt nämlich die Dosisleistungskonversion bei der niederenergetische Bremsstrahlung für H*(10) zuschlagen und das quasi zu Null machen. Das hab ich doch richtig gelernt, oder?  ;) 
...

Sofern die mit Konversionsfaktoren arbeiten schon, aber das setzt voraus, dass sie die Ionendosis messen, was ich nicht glaube. Ich denke eher, dass die mit Dosisleistungskonstanten arbeiten (Aktivität x bei Abstand y und DlK s ergibt bei Zählrate z zu einer errechneten Dl von d einen Kalibrierfaktor k in [uSv/(h*ips)] für das jeweilig betrachtete Nuklid. Da kann man dann mehrere Kalibrierfaktoren zur Auswahl hinterlegen, oder man nimmt halt einen fest).

etalon

Zitat von: opengeiger.de am 01. Mai 2023, 11:30...
Strahlenmessstelle Nord der Bundeswehr 29623 Munster. 26.03.02
bei der Wehrbereichsverwaltung Nord Postfach 1142
Strahlenschutzprüfung an Röntgenstörstrahlern
...

Verwendete Messgeräte:
Röntgenstörstrahlung
TOL/E TOL/F  Sonde LB 1321 SN 162303-2436, Gerät LB 1320, SN 161217-2413 Hersteller: Fa. Berhold
<<

Ich nehme mal an, hier wurde H*(10)/dt gemessen und nicht H'(0.07)/dt!  :scare: 

Jo, das sind mal nette Werte. Die Frage von Spätfolgen stellte sich im Kriegseinsatz wohl für viele dann leider eher nicht...  :(

Gab es H*10 2002 schon? Ich weiß es nicht, glaube aber eher nicht, oder? Das weiß bestimmt Norbert...  ;)

DL3HRT

ZitatIch hab mir nun mal das Datenblatt des LMC6482 Amplifiers angeschaut. Ich muss zugeben, dass die 20fA Input Leckstrom schon beeindruckend sind  :yes3: .  Allerdings wundert es mich, dass er keine Guardanschlüsse am Gehäuse hat um die Femto-Amperes zu messen.

Ich habe vor ein paar Jahren einen pA-Messverstärker für den AATiS entwickelt: AS608

Der basiert auf dem LMC662. Das Beinchen vom Eingang wird nicht auf der Platine verlötet sondern nach oben gebogen. Man kann bis ca. 50 fA verhältnismäßig gut messen.

Später habe ich mir einen Messverstärker mit dem ADA4530-1 aufgebaut. Der hat nochmals einen deutlich geringeren Leckstrom. Beide Messverstärker nutze ich regelmäßig an meiner Ionisationskammer.


DL3HRT

ZitatUnd dann im Text:
>> Zitat
Ergebnis:
Ohne Berücksichtigung des Röntgenstörstrahlers — Magnetron -, wurde durch die sowjetische Herstellerseite den Nutzern des Radargerätes P-15 eine Expositionsleistung gegenüber Röntgenstrahlung für eine 36-stündige Arbeitswoche von

204 mSv/h

angezeigt.
<<

Schnapp, mir bleibt die Luft weg. :o
Wir hatte in unserem Regiment die P19 (Nachfolger der P15), die P18 und die P40 (https://de.wikipedia.org/wiki/P-40_(Long_Track)). Letztere war krass bezüglich der Impulsleistung von bis zu 1,75 MW! Eine 36stündige Arbeitswoche war glücklicherweise hypothetisch. Die Funkorter saßen 1-2 Mal im Monat auf der Station und die lief dann auch nicht durch.

Normalerweise wurde die Röntgenstrahlung zum großen Teil durch die Abdeckung der Elektronikschränke abgeschirmt. Während Service- und Reparaturarbeiten waren die Schränke manchmal aber auch offen, so wie im PDF gezeigt.

Zum Glück hatte ich nicht auf diesen Stationen zu tun und war immer mindestens 100 m davon entfernt.  :)


Peter-1

Da immer wieder von der kleinen DY802 die Rede ist, habe ich mich überwunden einen Aufbau zu machen. Vorweg, die Abschirmung waren mehrere Wolframblöcke mit 2cm Wandstärke.  ;D
Bei 34 kV und einem Strom von 1 µA konnte ich mit meiner 120ccm Ionisationskammer in 5cm Entfernung 1µR/s entspricht 40 fA nachweisen. Messung mehrfach wiederholt und immer zu gleichen Werten gekommen. RC101 in 10cm Entfernung zur DY802 zeigte 50µSv/h an.
Die 1 µR/s umgerechnet sind 36 µSv/h.
Betreibt man das Spielchen bei max. Spannung zu lang, so beginnt die Kathode zu glühen, der Strom steigt rapide an und die Strahlung geht kurzzeitig über 30µR/s.
Soviel zum 1. Mai, wer will darf nun rechnen.  ;D
Peter

P.S. mein Verstärker zur Ionisationskammer ist ein ICH8500A mit max. 10 fA Bias Current.
Gruß  Peter

Henri

Zitat von: DL3HRT am 01. Mai 2023, 12:04Wir hatte in unserem Regiment die P19 (Nachfolger der P15), die P18 und die P40 (https://de.wikipedia.org/wiki/P-40_(Long_Track)). Letztere war krass bezüglich der Impulsleistung von bis zu 1,75 MW! Eine 36stündige Arbeitswoche war glücklicherweise hypothetisch. Die Funkorter saßen 1-2 Mal im Monat auf der Station und die lief dann auch nicht durch.

Normalerweise wurde die Röntgenstrahlung zum großen Teil durch die Abdeckung der Elektronikschränke abgeschirmt. Während Service- und Reparaturarbeiten waren die Schränke manchmal aber auch offen, so wie im PDF gezeigt.

Zum Glück hatte ich nicht auf diesen Stationen zu tun und war immer mindestens 100 m davon entfernt.  :)

Zum Glück! Hierzu gibt es u.a. einen Wikipedia-Artikel. Es sind damals viele krank geworden, bei NVA und Bundeswehr.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheitssch%C3%A4den_durch_milit%C3%A4rische_Radaranlagen


"Bei dem Radargerät SGR-103 der Marine lag die Strahlenbelastung bei bis zu ca. 400 mSv/h. Diese Strahlung war so hoch, dass der zulässige Jahresgrenzwert für eine beruflich exponierte Person (gemäß Röntgenverordnung) bereits nach 3 Minuten überschritten sein konnte.[10]
"

"Laut der Radarkommission war der Bundeswehr ab etwa 1958 das Problem der Röntgenstrahlung aus Radargeräten bekannt.[17] Nach Aussagen von Soldaten und Dokumenten wurden jedoch erst ab 1976 bei der Bundesmarine, dann ab den frühen 1980er Jahren generell Warnungen ausgesprochen, Warnhinweise angebracht und Schutzmaßnahmen ergriffen."

opengeiger.de

Ich seh, wir kommen gerade richtig voran!  :yahoo:

Ich bin jetzt was die Gleichrichterröhre 8020 anbelangt weitergekommen. Die gabs von mehreren Herstellern. Eine von Amperex bekommt man gerade bei Ebay. Die entscheidenden Daten hab ich beim Fachverband gefunden:
https://www.qm-aktuell.de/wp-content/uploads/2022/09/9783740607593_ebook.pdf
Seite 193ff. Die haben jetzt dH'(0.07)/dt bei etlichen Exemplaren bei 30kV gemessen: Medianwert war 760uSv/h !!!

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Und das Spektrum wird gleich mitgeliefert :yahoo: . Also da hätten wir doch ne Chance auf ein paar fA  :D !!!

opengeiger.de

Den Thomas Rapp hab ich ja auch mal kennengelernt und in München in seinem Labor besucht. Da er kurz vor der Pension war, hat er auch etliches Geraffel verschenkt und natürlich sein spannendes Buch dazu: "Experimente mit selbstgebauten Geigerzählern, Funken- & Nebelkammern, Grundlagen und Praxis der radioaktiven Messtechnik", aus dem Franzis Verlag.

Er hat auch eine Ionisationskammer zum Selberbauen im Repertoire. Für die, die es angehen wollen, hänge ich den Schaltplan mal an, er wird mir nicht böse sein!  :)

Erkommt mit nem Thorium Prüfstrahler immerhin auf etwa 100fA.

Edited: Das Buch ist noch erhältlich, ISBN 978-3772353772

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Zitat von: Peter-1 am 01. Mai 2023, 12:22Bei 34 kV und einem Strom von 1 µA konnte ich mit meiner 120ccm Ionisationskammer in 5cm Entfernung 1µR/s entspricht 40 fA nachweisen. Messung mehrfach wiederholt und immer zu gleichen Werten gekommen. RC101 in 10cm Entfernung zur DY802 zeigte 50µSv/h an.
Die 1 µR/s umgerechnet sind 36 µSv/h.

Super!  :good2: Jetzt haben wir doch Werte!  :yahoo:

Schade, dass Du nicht auch gleich ein Endfenster-Zählrohr drangehalten hast.  :to_take_umbrage:
Aber Thomas Rapp berichtet in seinem Buch, dass er mit einem ZP1410 bei Messungen an der PD500 Röhre bei 35kV eine sehr hohe Empfindlichkeit festgetellt hat. 

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Zitat von: DL3HRT am 01. Mai 2023, 11:55Später habe ich mir einen Messverstärker mit dem ADA4530-1 aufgebaut. Der hat nochmals einen deutlich geringeren Leckstrom. Beide Messverstärker nutze ich regelmäßig an meiner Ionisationskammer.


Hast Du mal paar Foto's von der Kammer und dem Verstärker und vllt nen Schaltplan?

Peter-1

Hallo Bernd,

hast Glück ich konnte noch mit einem Endfensterrohr messen.
Abstand ~7cm Anzeige 2mR/h mit einem LB1200 mit externer Sonde LB6511.
Paßt doch ins Bild.
Ein uralt >20 Jahre Schaltbild habe ich noch gefunden. Immerhin läuft das Kästchen noch gut.  :)


Gruß  Peter

DL8BCN

Das Buch von Thomas Rapp kostet bei Amazon 115 Euros 🙈

DL3HRT

ZitatHast Du mal paar Foto's von der Kammer und dem Verstärker und vllt nen Schaltplan?
Ich glaube es ist besser, wenn ich dazu einen eigenen Thread aufmache und sowohl die Kammer als auch den Messverstärker detailliert beschreibe. Wenn sich das mehrere Leute nachbauen, so hätten wir Geräte für Vergleichstests. Ich bereite das ein wenig auf und schreibe in den nächsten Tagen etwas dazu.

Basis der Kammer ist ein Puderzuckerstreuer von Fackelmann. Der Messverstärker ist der AS608.
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Das zweite Foto zeigt meine Villeroy&Boch-Vase mit kräftig strahlender Uranglasur vor der Kammer mit abgenommener Kappe. Es fließt ein Strom von 0.36 pA.
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Mit aufgesteckter Kappe ist der Strom entsprechend niedriger.
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Ich werde auch die Schaltung mit dem ADA4531-1 vorstellen. Der ist allerdings recht teuer. :( 

Ich will den Messverstärker nicht zu sehr loben, da ich den Bausatz mit entwickelt habe. Irgendjemand im Forum hat schon einmal etwas damit gemacht. Vielleicht kann der sich dazu äußern?

DL3HRT

ZitatDas Buch von Thomas Rapp kostet bei Amazon 115 Euros 🙈
Für 19,99 Euro bekommt man es in digitaler Form als PDF: https://www.buecher.de/shop/berufliche-fort-und-weiterbildung/experimente-mit-selbst-gebauten-geigerzaehlern-funken-und-nebelkammern-ebook-pdf/rapp-thomas/products_products/detail/prod_id/37077610/

Ich habe es mir vor einigen Jahren auch als PDF gekauft. Das Buch ist empfehlenswert.