Flohmarkt-Geigerzähler mit Pancake-Zählrohr

Begonnen von DL3HRT, 03. September 2024, 17:06

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DL3HRT

Viele von euch werden das Problem kennen: Man hat mehrere Geigerzähler bzw. hatte schon viele in der Hand und ist doch mit keinem 100%ig zufrieden.

Mir geht es so, wenn ich über einen Flohmarkt laufe. Man benötigt einen Geigerzähler der empfindlich genug ist, um gut auf Uranglas anzusprechen. Gleichzeitig soll er aber auch möglichst klein und unauffällig sein. Er soll sich problemlos in die Hosentasche stecken lassen, auch wenn dort schon die Autoschlüssel verstaut sind und die Batterielaufzeit soll so groß sein, dass man keine Gedanken daran verschwenden muss. Eine optische und akustische Anzeige der Zählimpulse sind völlig ausreichend, ein Display ist entbehrlich. Die akustische Ausgabe muss natürlich abschaltbar sein.

Da bisher kein mir bekannter Geigerzähler alle Anforderungen erfüllt, kam nur Selbstbau infrage. Ich habe daher in der Bastelkiste gekramt und ein paar Module kombiniert. Im Vorfeld gab es zwei wichtige Fragen:
1. Welches Zählrohr?
2. Welches Gehäuse?

zu 1.:
Als Zählrohr habe ich mich für das russische Pancake-Zählrohr Beta-1-1 entschieden. Das kommt sowohl im RadiaScan-701A, als auch im MKC-01CA1M zum Einsatz. Das Zählrohr kann sogar Alphastrahlung messen, was auf dem Flohmarkt jedoch nicht erforderlich ist. Das Beta-1-1 kann man neu für ca. 100 Euro bei Ebay bekommen. Ich habe für meinen Versuchsaufbau das Zählrohr aus meinem MKC-01CA1M ausgebaut.

zu 2.:
Die Maße des Zählrohrs bestimmen die Minimalgröße des Gehäuses. @DG0MG hat mir das Strapubox 2027 vorgeschlagen. Er hat schon einmal etwas mit diesem Gehäuse gebaut und meinte, es liegt perfekt in der Hand. Laut technischen Daten sollte ein Beta-1-1 Zählrohr gerade so hineinpassen. Viel Platz für andere Baugruppen bleibt jedoch nicht übrig.

Hier seht ihr das Zählrohrfenster des fertigen Geigerzählers. Ich habe 150 µm starke Folie verwendet. Dadurch ist das Glimmerfenster ausreichend geschützt. Alphastrahlung kann natürlich nicht mehr registriert werde, aber das ist auf dem Flohmarkt nicht erforderlich.
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Es gibt zwei Schiebeschalter. Mit dem linken Schiebschalter schaltet man das Gerät ein und aus und mit dem rechten Schiebeschalter kann man die Klicks abschalten.
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Der Größenvergleich mit der Pottasche-Tüte zeigt die kompakte Abmessungen des Geigerzählers.
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So sieht er von innen aus.
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Der Geigerzähler sollte aus einer einzelnen Batteriezelle gespeist werden. Leider passt eine AA-Batterie nicht in das Gehäuse, aber mit einer AAA-Batterie klappt es.

Von der Batterie geht es über einen Schiebeschalter auf einen Stepup-Wandler mit dem MCP1640. Ich habe das AS911-Modul verwendet, das auch beim AATiS-Geigerzähler AS622 zum Einsatz kommt. Links daneben sieht man das HV-Modul. Das habe ich bei Ebay gekauft. Es liefert 400 V und man muss noch die Anodenwiderstände hinzufügen. Das Modul ist extrem klein und sehr stromsparend.
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Bei der Impulsauswertung und -signalisierung bin ich sehr praggmatisch vorgegangen. Ich habe einfach den entsprechenden Bereich aus einer AS622-Platine herausgesägt. ;D Zufällig passten die Maße.
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Für die grüne LED und den Piezo habe ich an der passenden Stelle kleine Löcher gebohrt. Die LED ist sehr gut zu sehen und die Klicks des Piezo sind laut genug.

Die Stromaufnahme des Geigerzählers beträgt ca. 1 mA .. 1,5 mA aus der 1,5 V Batterie bei normaler Hintergrundstrahlung. Das erlaubt mehrere Hundert Stunden Dauerbetrieb. Bei der Messung von aktiven Quellen steigt der Strom auf ein paar Milliampere an.  Der Geigerzähler wiegt mit Batterie ca. 75 g und ist damit angenehm leicht.

Jetzt muss er sich noch in der Praxis auf Flohmärkten bewähren, aber ich bin da sehr optimistisch.

Das Projekt soll eine Studie sein. Es ging darum zu testen, ob man alles in diesem kleinen Gehäuse unterbekommt. Im nächsten Schritt soll eine Platine mit einem Mikrocontroller entstehen, der sowohl die HV-Aufbereitung als auch die Impulsauswertung erledigt. Natürlich darf die Stromaufnahme gegenüber der jetzigen Ausführung nicht ansteigen.




opengeiger.de

Schöne Sache! :good2!

Ja, bei nem Flohmarkt ist das "Unauffällig" sehr wichtig. Wenn der Verkäufer merkt, an seinem Objekt ist was besonders, und er wusste es vorher nicht, geht gleich der Preis hoch. :-\

Deswegen noch ein kleiner Vorschlag: Man kann die Clicks, die an den Piezo gehen auch auf einen 1:10 Transformator geben, so dass sie nur etwas kribbeln wenn man außen 2 Elektroden für die Hand anbringt. Das ist dann noch etwas mehr inkognito als die LED, die man im Sonnenlicht oder abhängig vom Winkel manchmal schwer erkennen kann. ;D

DL3HRT

Zitat von: opengeiger.de am 03. September 2024, 18:15Deswegen noch ein kleiner Vorschlag: Man kann die Clicks, die an den Piezo gehen auch auf einen 1:10 Transformator geben, so dass sie nur etwas kribbeln wenn man außen 2 Elektroden für die Hand anbringt.
Oh, Elektroschocks als Impulsanzeige - eine sehr innovative Idee  ;). Wenn man dann an einem Wecker mit Radiumleuchtfarbe vorbeikommt, durchzuckt es einen richtig.  :))

Es gäbe auch die Möglichkeit, mit einem Vibrationsmotor zu arbeiten. Das ist dann allerdings nicht mehr stromsparend.

DL3HRT

Hier noch ein Foto vom Gehäuse im Vergleich mit dem RadiaScan-701A.
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Kleiner geht mit dem Beta-1-1 Zählrohr nicht. Das Strapubox 2027 hat innen eine lichte Weite von 45 mm und das Zählrohr hat einen Durchmesser von 44 mm.

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 03. September 2024, 18:15...
Ja, bei nem Flohmarkt ist das "Unauffällig" sehr wichtig. Wenn der Verkäufer merkt, an seinem Objekt ist was besonders, und er wusste es vorher nicht, geht gleich der Preis hoch. :-\
...
Ich habe aber auch schon das Gegenteil erlebt:  "Umpf, nichts wie weg damit". Egal zu welchem Preis.

Norbert

ALARA

Das Konzept gefällt mir so gut, dass ich nun sowas auch haben will.
Wenn Du statt der Kabelbinder klassischen gewachsten Faden oder einfach Zahnseide verwendest, kannst Du noch Platz sparen und läuft weniger in die Gefahr, dass die Biester dir Bauteile zerquetschen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kabel_binden

Radiohörer

@DL3HRT --> TOLL!
> Links daneben sieht man das HV-Modul. Das habe ich bei Ebay gekauft. Es liefert 400 V... Das Modul ist extrem klein und sehr stromsparend.
...bitte um Typ und/oder Anbieter

DL3HRT

Zitat von: Radiohörer am 03. September 2024, 22:42> Links daneben sieht man das HV-Modul. Das habe ich bei Ebay gekauft. Es liefert 400 V... Das Modul ist extrem klein und sehr stromsparend.
...bitte um Typ und/oder Anbieter
Wer sich mit Selbstbau beschäftigt hat, dem sind sicher schon die Module des Verkäufers "imperexis" aus Litauen untergekommen. Die meisten von euch werden dieses einstellbare Modul kennen: https://www.ebay.de/itm/165527905443

Speziell für die russischen 400 V Zählrohre bietet er aber auch ein miniaturisiertes Modul an, welches ich verwendet habe: https://www.ebay.de/itm/165423945839

Die Spannung ist bei diesem Modul fest auf 400 V eingestellt. Es ist "hart" genug, dass man die 400 V auch mit einem Digitalmultimeter mit 10 MOhm Eingangswiderstand messen kann (natürlich am Modulausgang vor dem Anodenwiderstand).

Wichtig ist, dass kein Anodenwiderstand verbaut ist. Den muss man selbst hinzufügen. Ich finde das sehr gut, denn so kann man den optimalen Wert für das verwendete Zählrohr auswählen.

DL3HRT

#8
Ich hatte geschrieben, dass das Beta-1-1 bei Ebay angeboten wird. Aktuell habe ich zwei Angebote desselben Verkäufers gefunden:

Ebay.de: https://www.ebay.de/itm/276152121932
Ebay.com: https://www.ebay.com/itm/276152121932

Man beachte die Preisunterschiede. Wir Deutschen haben anscheinend immer noch den Ruf, besonders viel Geld auszugeben  :D.

Ich habe schon viele Sachen von Roman aus Lwiw (any-devices) gekauft und war bisher immer zufrieden. Die Preise sind stets Verhandlungssache.

Radioquant98

Hallo DL3HRT,

ein schönes Projekt. Für den rauhen Außenbetrieb wollte , ja wollte ...., ich auch schon mal einen kleiner Geigerzähler bauen. Allerdings mir 2x SBM20 - die sind wesentlich billiger.
Ooohhhhh ich habe jetzt auf ebay gesehen, daß die Preise gen Apothekerpreis gehen :o
Dein Zählrohr ist dafür schon fast zu schade, wenn man kein Alpha braucht.

Aber trotzdeem ein schönes Projekt. Soll das ein Bausatz werden?

"Ja, bei nem Flohmarkt ist das "Unauffällig" sehr wichtig. Wenn der Verkäufer merkt, an seinem Objekt ist was besonders, und er wusste es vorher nicht, geht gleich der Preis hoch. :-\"
"Ich habe aber auch schon das Gegenteil erlebt:  "Umpf, nichts wie weg damit". Egal zu welchem Preis."

Na ja Norbert, wenn man den Händler richtig einschüchtert :yahoo:

Viele Grüße
Bernd


DL3HRT

Zitatein schönes Projekt. Für den rauhen Außenbetrieb wollte , ja wollte ...., ich auch schon mal einen kleiner Geigerzähler bauen. Allerdings mir 2x SBM20 - die sind wesentlich billiger.
Ooohhhhh ich habe jetzt auf ebay gesehen, daß die Preise gen Apothekerpreis gehen :o
Willkommen im Jahr 2024. ;D

Wenn du jetzt zwei alte SBM-20 kaufst, dann bezahlst du genausoviel wie für ein neues Beta-1-1. Mit 2x SBM-20 wäre das Gehäuse viel größer geworden und die Beta-Empfindlichkeit würde dennoch nicht an das Pancake-Zählrohr heranreichen. Beim Thema Flohmarkt gehe ich immer von Uranglas als schwächsten Strahler aus. Ich habe Likörgläser zu Hause, da muss ich mit dem SBM-20 schon eine Minute lang Impulse zählen, um eine Erhöhung der Zählrate festzustellen. Auf dem Flohmarkt muss es so sein, dass man die Erhöhung der Zählrate sofort erkennt.

Ein guter Test sind die Tütchen mit Pottasche von Müller. Mit dem Beta-1-1 und der 150 µm Folie davor steigt die Zählrate von 0,4 cps (Hintergrund) auf 5-6 cps an, wenn die Pottasche vor dem Zählrohrfenster liegt.

Ich habe gestern mit Roman aus Lwiw Mails ausgetauscht. Er hat noch einige Beta-1-1. So wie es aussieht ist das momentan die einzige Quelle.

ZitatAber trotzdeem ein schönes Projekt. Soll das ein Bausatz werden?
Kein Bausatz aber nachbaufähig. Hier ist der Stromlaufplan meines Versuchsaufbaus. Die Impulsauswertung ist die Originalschaltung des AATiS-Geigerzählers AS622.
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Wie ich bereits weiter oben geschrieben habe, war das nur eine Machbarkeitsstudie. Ich möchte alle Komponenten auf eine Platine packen. Ein Mikrocontroller so alle Funktionen steuern und mir schwebt eine Eintastenbedienung vor:
- kurzer Tastendruck bei ausgeschaltetem GZ -> GZ einschalten
- kurzer Tastendruck bei eingeschaltetem GZ -> Klicks ein- bzw. ausschalten
- langer Tastendruck bei eingeschaltetem GZ -> GZ ausschalten

DL3HRT

Heute durfte ich mir die beiden bestellten Beta-1-1 Zählrohre in unserer Poststelle abholen. Ich habe dann sofort das MKC-01CA1M wieder komplettiert und eines der beiden neuen Zählrohre in meinen Flohmarkt-Geigerzähler eingebaut. Die Zählrohre sind unbenutzt und alles funktioniert zu meiner vollsten Zufriedenheit. :)
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Nebenbei mache ich auch einen Laufzeittest der AAA-Batterie. Das Gerät ist seit voriger Woche Montag ständig eingeschaltet geblieben. Damit das Zählrohr wenigstens etwas zu tun hat, liegt es auf einer Tüte mit Pottasche. Damit "sieht" der Geigerzähler ein Mehrfaches der üblichen Hintergrundstrahlung. Ab und zu halte ich den Geigerzähler auch an aktivere Strahler (Uranglasur). 

Die Batterie hat aktuell eine Laufzeit von etwas mehr als einer Woche hinter sich. Die Batteriespannung betrug heute 1,43 V.

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 11. September 2024, 08:59Die Batterie hat aktuell eine Laufzeit von etwas mehr als einer Woche hinter sich. Die Batteriespannung betrug heute 1,43 V.

Das ist ja prima! Da wird sie die 300 Stunden sicher noch problemlos vollmachen. Vielleicht auch noch ein ganzes STück mehr, bin gespannt, welche Laufzeit am Ende rauskommt.
Auf jeden Fall geeignet, auch mal übers Wochenende das Ausschalten des Gerätes zu vergessen.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Ich tippe auf 1 Monat. Der Stepup-Regler arbeitet bis runter zu 0,6 V, wobei dann das Startverhalten kritisch wird. Andererseits zieht die Schaltung wenig Strom. Ich denke, dass man die Batterie bis ca. 0,8 V "auslutschen" kann. Der Spannungsverlauf wird jedoch nicht linear sein. Mit sinkender Batteriespannung steigt natürlich die Stromaufnahme, wodurch die Batteriespannung schneller absinkt usw.

DL3HRT

Das Gerät läuft jetzt seit 2 Wochen am Stück und liegt auf einer Tüte Müllers Pottasche. Ab und zu halte ich Uranglasur vor das Zählrohr. Die Batteriespannung beträgt immer noch 1,4 V :). Daher bin ich optimistisch, dass 4 Wochen Dauerbetrieb möglich sind, vielleicht sogar noch mehr.

Hier wirkt sich die geringe Stromaufnahme sehr positiv auf die Entladekurve der Alkalibatterie aus. Bei den meisten Kapazitätsmessungen werden die Batterien mit höherem Strom (100 mA oder 500 mA) entladen, während es im Geigerzähler nur 1 - 2 mA sind.

Ein Bekannter fand übrigens die Bezeichnung "Flohmarkt-Geigerzähler" nicht ganz passend. So wie das Gerät aus verschiedenen Komponenten zusammengestückelt ist, sei "Frankenstein-Geigerzähler" passender.  :D