Thorium Unboxed

Begonnen von opengeiger.de, 19. August 2024, 10:17

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Elektroniknerd

Zitat von: Peter-1 am 21. August 2024, 11:59Aus Wikipedia entnommen:
Wie muß ich das nun verstehen?


Der Rechenweg ist klar:

Atomgewichte Th=232, N=14, O=16
Thoriumnitrat: Th(NO3)4=480

Aktivität von frisch abgetrenntem Thorium ist die von Th232 (4,1kBq/g) mal zwei, für die immer noch im sakulären Gleichgewicht vorhandene Tochter Th228.

Damit also 232/480*8100=3.96kBq/g
... also der genannte Wert. (wenn man weniger rundet...)

Wenn man sein Thorium frisch herstellt, es dann nitriert und als wässrige Lösung so lagert, das die Radon-Töchter ausgasen können, dann ist die Aktivität nach ein paar Jahren aber nur noch die Hälfte und man hat Isotopenreines Th232 ....
das ist also ohne Geschichtskenntnisse seines Thoriumnitrates auch nicht wirklich festlegbar...

 Edit: vermutlich löst sich Radon in Wasser und das geht so nicht wirklich ... aber vom Prinzip her sollte klar werden, das da durchaus verschiedene Pfade möglich sind, die zu schlecht berechenbare  Aktivitäten führen.

opengeiger.de

Zitat von: Elektroniknerd am 21. August 2024, 13:28Wenn man sein Thorium frisch herstellt, es dann nitriert und als wässrige Lösung so lagert, das die Radon-Töchter ausgasen können, dann ist die Aktivität nach ein paar Jahren aber nur noch die Hälfte und man hat Isotopenreines Th232 ....
das ist also ohne Geschichtskenntnisse seines Thoriumnitrates auch nicht wirklich festlegbar...

Isotopenrein? Hmmmm, wie bekommst Du das Th228 raus aus dem Gemisch, ausschliesslich mit chemischen Mitteln? Das Radon-220 (Thoron) kannst Du sicher dazu bringen, dass es zu einem großen Teil entweicht. Das Th228 kommt aber doch eigentlich vorher in der Zerfallskette. Mit dem Entweichen des Rn220 unterbrichst doch erst danach. Oder hab ich Dich nicht richtig verstanden?

Was ich weiss, ist dass man ohne spezielle (physikalische) Isotopentrennung das Verhältnis von Th232/Th228 nur noch etwas zu Gunsten des Th232 verändern kann, wenn man mehrfach reinigt und dabei zwischen den Reinigungsschritten etwa 5 Jahre wartet bis man maximales Ungleichgewicht hat. Also das Ausgasenlassen des Rn220 und damit das Verhindern des Nachwachsens der Rn-220 Töchter hilft meiner Meinung nach nicht gegen die Bildung des Th228 Isotops, oder was meinst Du?

opengeiger.de

Ich habe nun in einer älteren Schrift der Strahlenschutzkommision eine klare Definition für U-nat gefunden. Die Schrift heisst ,,Abgeleitete Richtwerte für Maßnahmen zum Schutz von Personen bei Kontaminationen der Umwelt mit Alpha und Betastrahlern" und stammt von 2015.

Da heisst es in der Fussnote 4) :
"Natürliches Uran (U-nat) ist chemisch abgetrenntes Uran in der natürlichen Isotopenzusammensetzung. Ein Becquerel natürliches Uran entspricht 0,489 Alpha-Zerfällen pro Sekunde von U-238, 0,489 Alpha-Zerfällen pro Sekunde von U-234 und 0,022 Alpha-Zerfällen pro Sekunde von U-235. Dies entspricht Massenanteilen von 99,275 % U-238, 0,72 % U-235 und 0,005 % U-234. U-238 ist mit den Tochternukliden Th-234 sowie Pa-234m nach ca. 100 Tagen im radioaktiven Gleichgewicht. Bei U-235 liegt das radioaktive Gleichgewicht mit dem Tochternuklid Th-231 nach gut 10 Tagen vor. Die weiteren Radionuklide in den beiden Zerfallsketten brauchen aus dosimetrischer Sicht nicht weiter betrachtet werden. Das Gleiche gilt für alle Tochternuklide in der Zerfallskette von U-234. Durch das angehängte #-Zeichen wird darauf verwiesen, dass die jeweiligen Tochternuklide der Uranisotope berücksichtigt werden."

Also kann man verallgemeinernd sagen:
Th-nat und U-nat sind vom Uranerz bzw. Thoriumerz chemisch abgetrenntes Uran bzw. Thorium
in der natürlichen Zusammensetzung. Bei Thorium bedeutet das in aller Regel, wenn auch nicht immer, ein Verhältnis von 1:1 für Th232 zu Th228. Ein anderes Th-Isotop neben Th232 und Th228 befindet sich nicht in der Thorium Zerfallsreihe und ist daher auch nicht mit Th-nat gemeint. Außerdem sind alle anderen Töchter auch nicht in Th-nat enthalten. Damit ist die massenspezifische Aktivität von Th-nat. Unmittelbar nach der Reinigung beträgt am = 8140Bq/g genau wie nach langer Zeit (>60 Jahre). Zeitlich dazwischen weicht sie ab von diesem Wert.

Mit Th232sec (eine klare Definition dieser Abkürzung habe ich nicht gefunden, sondern kann sie nur ahnen), also Th232 im säkularen Gleichgewicht mit allen seinen Töchtern nach langer Zeit (> 60Jahren) haben wir dann am=40700Bq/g

Ich frag jetzt nochmal, stimmt doch, oder?  ;)

Elektroniknerd

Zitat von: opengeiger.de am 21. August 2024, 15:12Hmmmm, wie bekommst Du das Th228 raus aus dem Gemisch, ausschliesslich mit chemischen Mitteln?
:umnik2: ... gar nicht - war ein Denkfehler, hatte das 228Ra aus dem Th232 kurz mal für Rn gehalten.

Die Idee wäre, das Thorium in einer chemischen Form zu haben, in der die Tochter (Radium) nicht mehr genau so gebunden werden kann und daher ausfällt. Dann muss es natürlich entfernt werden, bevor es zu Th228 wird und sich nicht mehr trennen lässt - letztlich also nix anders als was du mit der mehrfachen Reinigung/Abtrennung beschrieben hast.


NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 21. August 2024, 15:50...
Ich frag jetzt nochmal, stimmt doch, oder?  ;)
Kurz und bündig: Ja, so stimmt dies! :good2:

Zitat von: Elektroniknerd am 21. August 2024, 16:45...
Die Idee wäre, das Thorium in einer chemischen Form zu haben, in der die Tochter (Radium) nicht mehr genau so gebunden werden kann und daher ausfällt. Dann muss es natürlich entfernt werden, bevor es zu Th228 wird und sich nicht mehr trennen lässt - letztlich also nix anders als was du mit der mehrfachen Reinigung/Abtrennung beschrieben hast.
Du müsstest mindestens einmal im Monat eine chemische Radiumfällung durchführen und dies über mindestens 30 Jahre lang, bis Du so gut wie Th-228 freies Th-232 erhalten würdest.

Norbert

opengeiger.de

Ok, nun wollen wir uns doch nochmal dem Thoriumnitrat zuwenden. Das ist ja auch eine interessante Anwendung der Rechnung zum Th-nat :mail1:. Man hat die Glühstrümpfe früher mit Thoriumnitrat getränkt. Kann man jetzt heute noch alte Exemplare auf einem Flohmarkt oder sonst wo ergattern, so wissen wir von Frau Mastwick, dann muss man vorsichtig sein, man ist schnell über der Freigrenze.

Also wir wissen nun, dass im Th-nat, sofern es aus frisch gereinigtem Thorium natürlicher Herkunft hergestellt wurde, zu Beginn nicht nur das Th232 zur Aktivität beiträgt, sondern auch in gleichem Umfang auch das Th228, das Th228 leistet aber nur einen vernachlässigbarem Massenbeitrag zum Gemisch. Daher bekommen wir die doppelte massenspezifische Aktivität am(Th-nat) gegenüber dem rechnerischen Wert von am(Th232) des reinen Isotops Th232. Das heißt, wir haben massenspezifische Aktivität von:

am(Th-nat)  = 2*4070Bq/g = 8140Bq/g

mit der wir in die Nitratherstellung gehen.

Thoriumnitrat ist Th(NO3)4 oder anders geschrieben Th N4 O12. Diese stöchiometrische Zusammensetzung verdünnt daher das Th-nat, das zur Herstellung benutzt wurde, entsprechend der stöchiometrischen Zusammensetzung um den Faktor 0.483, so dass sich die Anfangsaktivität auf 0.483*8140Bq/g =3934.3Bq/g reduziert.

Lagert man nun das Thoriumnitrat z.B. in einer luftdicht verschlossenen Glasampulle, zerfällt zunächst das ursprüngliche Th228, aber es bilden sich gleichzeitig alle 9(10) Töchter nach (ohne dass sich die Masse merklich ändert), und eben auch auch das Th228. Das bedeutet man hat am Ende (nach > 60 Jahren) die zehnfache Aktivität im gleichen Gramm, weil sich alle Töchter wieder im Gleichgewicht tummeln. Damit bekommt man nun also eine massenspezifische Aktivität des ausreichend gealterten Thorium-Nitrats von am(Th N4 O12 alt) = 39343.3Bq/g . Laut StrSchV ist das jetzt eigentlich zu schreiben als:

am(Th232+ N4 O12) = 39343.3Bq/g

Das + drückt nun aus, dass alle Töchter anwesend sind. Schaut man nun in die StrlSchV findet man eine Freigrenze von 1000 für das Th232+ (aber 10000 fürs Th232 ohne plus).

Daher kann man nun feststellen, man darf maximal 25.42mg dieser Substanz in irgendeiner Lösung besitzen, wenn diese immer so gelagert war, dass das Rn220 nicht entweichen konnte.

So, nun wird's spannend. Was passiert jetzt, wenn man die Lösung 60 Jahre offen rumstehen lassen hat und ,,bestenfalls" (theoretisch) alles Rn220 entwichen ist? Tja, um zur Lösung zu kommen kann man sich anschauen, wie stark sich die Zerfallsreiche dadurch verkürzt hat. Ohne das Rn220 und was ihm folgt haben wir nur noch 4 Töchter, die im Thoriumnitrat verbleiben. Zusammen mit dem Th232 haben wir also 5 Aktivitätsbeiträger im Gleichgewicht oder anders gesagt nur die Hälfte der Aktivität im Gramm, gegenüber dem Fall wo das Rn220 in der Ampulle gefangen war. Das heißt, wir bekommen am Ende nur 

am(Th232+(aber ohne Thoron und was folgt) + N4 O12) = 19761.7Bq/g

und dürfen jetzt doppelt so viel besitzen, also grob 50mg.  :yahoo:

Jetzt die große Frage, sind alle Überlegungen richtig? Habe ich richtig gerechnet? @Peter-1 stillt das Deinen Wissendurst? Irgendwelche Einwände?

NoLi

Ganz "verrückt" wird es, wenn man die Erläuterung zur Spalte 1 (Freigrenzen) der Tabelle 1 und die Tabelle 2 der Strahlenschutzverordnung berücksichtigt:

Zitat
"Erläuterung
zu Spalte 1:   

Kennzeichnung von Radionukliden:
"+" kennzeichnet Mutternuklide, für die die in Tabelle 2 gelisteten Tochternuklide vollständig durch das Mutternuklid abgedeckt sind; die Expositionen durch diese Tochternuklide sind bei den Freigrenzen, Freigabewerten oder Werten der Oberflächenkontamination bereits berücksichtigt,
"

Ein Service des Bundesministeriums der Justiz sowie des Bundesamts für
Justiz ‒ www.gesetze-im-internet.de

Zitat
"Tabelle 2
Liste der Radionuklide und der bei der Berechnung berücksichtigten Tochternuklide:
...
Th-232+:  Tl-208, Pb-212, Bi-212, Po-212, Po-216, Rn-220, Ra-224, Ra-228, Ac-228, Th-228
"
...

Dies bedeutet, dass bis zu rund 60 Jahren Alter des thoriumhaltigen Gegenstandes eine Thorium232-Aktivität von 10.000 Bq Th232 ohne Umgangsgenehmigung in Anspruch genommen werden darf, ab einem Gegenstandsalter von rund 61 Jahren jetzt aber nur noch eine Thorium232-Aktivität von 1.000 Bq, eben Th232+ (aber wohl nur, wenn die Tochternuklide vollständig vorhanden sind).
:wacko2:

Norbert

opengeiger.de

#37
Zitat von: NoLi am 22. August 2024, 10:39Ganz "verrückt" wird es, wenn man die Erläuterung zur Spalte 1 (Freigrenzen) der Tabelle 1 und die Tabelle 2 der Strahlenschutzverordnung berücksichtigt:

Gute Beobachtung! :good2:

Übrigens ich habe herausgefunden, das U-nat und Th-nat gabs noch in der StrlSchV 1989. In der Neuen wurde dann das "+" eingeführt. Das "#" der SSK war damit wohl aus dem Rennen.


So, nun hab ich aber noch ein interessantes Thema, was sich aus obigen Rechnereien ergibt. Das ist die Altersdatierung über das Th232/Th228 Verhältnis im Th232+ also mit allen Töchtern und zwar wirklich allen (Th232++) oder in anderen Worten, das Rn220 muss zumindest im umschließenden Behältnis erhalten bleiben. Es gibt unzählige Datierungsmethoden und genauso viele Anwendungen dafür. Aber im Hobby-Bereich fragt man sich ja schon mal, wie alt sind denn nun die thorierten Schweißelektroden oder so ähnlich. Die Frage ist, kann man das mit einer Datierungsmethode bestimmen? Gut, das setzt voraus, dass das Verhältnis von gut messbaren Aktivitäten der im Gemisch enthaltenen Nuklid-Mutter mit ihren Töchtern sich in einer eindeutigen Weise altersabhängig ändert. Eine Altersabhängigkeit haben wir beim Thorium, aber ob die Änderung auch eindeutig ist, dass muss man nachprüfen. Gut messbar und das im Hobbybereich, nun ja das ist so eine Sache. Aber eins ist klar, es muss eine Gamma-Aktivität sein, die vom möglichst dünnen Metall nicht allzu stark durch Eigenabsorption beeinflusst wird.

Nun wissen wir ja, ausgehend vom jungen Th-nat, startet das Nachwachsen von Töchtern mit dem Ra228 während das alte Th228 aus dem Th-Erz zerfällt. Aus dem anfänglich gar nicht vorhandenen Ra228 bildet sich erst langsam über das Ac228 wieder neues Th228 nach, was die typische Dalle im Th228 Aktivitäts-Verlauf ausmacht. Das Ac228 aber folgt dem Ra228 im Gleichgewicht, weil es eine viel kürzere HWZ hat. Und Ac228 hat bekanntlich schöne Gamma-Linien.

In dem schon genannten Dokument von Union Carbide
https://www.osti.gov/servlets/purl/4199670
hat es auch ein schönes Gamma Spektrum:

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Da sieht man die schöne 330(338) keV Linie. Die beiden Peaks der Linien bei 911 und 968keV überlappen sich normalerweise stark und sind weniger gut zum Messen der Peakflächen geeignet. Die Töchter des Th228 folgen dann schön wieder im Gleichgewicht und unterscheiden sich im Verlauf recht wenig von der Mutter Th228. Und da gibt es wieder eine sehr gute Gamma-Linie einer hübschen Tochter, die vom Pb212 bei 240(238)keV nämlich. Aber, und das ist das große Problem, dazwischen liegt das gasförmige Ra220 (Thoron) das gern zum ,,Emanieren" neigt (also quasi die Schwiegermutter  :D ).

Wir wissen aber auch von unzähligen Messungen an Gasglühstrümpfen, so ganz leicht verflüchtigt sich das Rn220 gar nicht. Meist kann man das Pb212 noch sehr gut sehen und das Tl208 bei 2614keV kennen wir auch ganz gut, wenn man lange genug misst. Wenn es dann aber so ist, wie bei DL3HRT's Magnetron, dass das Thoron im Glaskörper eingeschlossen bleibt, dann verteilen sich die Töchter zwar im Glaskolben, aber können nicht verschwinden.

Schaut man also an, was aus 1g Th-nat an Ra228 und Th228 Tochter-Aktivität (Alpha) entsteht und das mit der Tochter-Aktivität von Ac228 und Pb212 (mit Gamma) vergleicht, dann sieht man, man hat mit einer Gammaspektroskopie zumindest eine gewisse Chance die Altersabhängigkeit zu beobachten, wenn das Thoron nicht ganz entweicht. Das wäre zumindest bei Schweiß-elektroden anzunehmen.
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Nun kann man den spannenden Schritt machen und sich das Verhältnis Ac228/Pb212 der über die Gamma-Peaks messbaren Aktivitäten anschauen:
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Was man sieht, ist, dass das Verhältnis von 0 bis 1 läuft (ganz theoretisch jetzt) und die 1 nach etwa 4.5 Jahren erreicht. Dann schießt es auf etwa 1.2 über und kommt zur 1 zurück und kommt an die 1 richtig nahe ran nach etwa 50 Jahren. Will man also von diesem Verhältnis auf das Alter zurückschließen, dann ist man zunächst auf die ersten 4.5 Jahre limitiert, solange das Verhältnis unter 1 ist. Darüber wird es zweideutig. Ausnahme: Man weiß sicher, oder unterstellt es, dass die Schweißnadeln sicher älter als 8.5Jahre sind oder dass sie sicher jünger als 8.5Jahre sind. Allerdings ist die Altersbestimmung im Bereich > 8.5Jahre dann sehr unsicher, weil die Kurve recht flach läuft. Nach 20 Jahren tut sich eigentlich kaum mehr was, das könnte die Grenze sein.

Also, zumindest der Theorie nach könnte es gehen, das Alter zwischen 0 und 4.5Jahren relativ genau zu bestimmen, darüber braucht man Zusatzinformationen und sofern man sicher weiß, dass die Schweißnadeln jünger als 8.5Jahre sind oder dass sie älter als 8.5Jahre sind, kann man vielleicht noch bis 20Jahre auch noch eine Aussage machen. Messtechnisch wird es aber schon sportlich sein im Hobbybereich aus den Peakflächen richtig rauszumessen, sie über die Detektoreffizienz auf die Quelle zurückzurechnen und dann mit der Linienintensität das Aktivitätsverhältnis zu bestimmen. Aber vielleicht will es noch mal jemand versuchen. Ein paar Foristen hatten dazu ja schon Ansätze gemacht. Das hier wäre die Theorie dazu. Und wenn es nicht klappt, hat man doch was gelernt über das interessante Nuklid Thorium. Ist doch alles richtig so weit, was ich hier erzähle, oder?  :unknw:

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 22. August 2024, 11:17...
Und da gibt es wieder eine sehr gute Gamma-Linie einer hübschen Tochter, die vom Pb212 bei 240(238)keV nämlich. Aber, und das ist das große Problem, dazwischen liegt das gasförmige Ra220 (Thoron) das gern zum ,,Emanieren" neigt (also quasi die Schwiegermutter  :D ).
...
Na ja, im richtigen Leben wäre mancher froh, wenn seine Schwiegermutter aus dem Raum emanieren würde... ;D

Norbert

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 22. August 2024, 11:17...
Wir wissen aber auch von unzähligen Messungen an Gasglühstrümpfen, so ganz leicht verflüchtigt sich das Rn220 gar nicht. Meist kann man das Pb212 noch sehr gut sehen und das Tl208 bei 2614keV kennen wir auch ganz gut, wenn man lange genug misst. Wenn es dann aber so ist, wie bei DL3HRT's Magnetron, dass das Thoron im Glaskörper eingeschlossen bleibt, dann verteilen sich die Töchter zwar im Glaskolben, aber können nicht verschwinden.
...
Das die Emanation von Radon-220 aus Glühstrümpfen nicht so hoch oder gar vollständig ist, liegt überwiegend an zwei Ursachen:

a) das Thorium liegt im Nitrat als Salz vor, die Radon220-Ionen haben Probleme, sich aus den Salzkristallgitterschichten zu befreien; sind halt dicke massereiche Atome.
b) die kurze Halbwertszeit des Rn-220 (56 Sek); kaum entstanden, zerfallen die edelgasförmigen Radon220-Ionen weiter zum Schwermetall Polonium-216.

Daher auch die relativ hohe Anzahl der Radon-Folgenuklide in den Glühstrümpfen.

Norbert

opengeiger.de

Zitat von: NoLi am 22. August 2024, 21:09a) das Thorium liegt im Nitrat als Salz vor, die Radon220-Ionen haben Probleme, sich aus den Salzkristallgitterschichten zu befreien; sind halt dicke massereiche Atome.
b) die kurze Halbwertszeit des Rn-220 (56 Sek); kaum entstanden, zerfallen die edelgasförmigen Radon220-Ionen weiter zum Schwermetall Polonium-216.

Daher auch die relativ hohe Anzahl der Radon-Folgenuklide in den Glühstrümpfen.

Auch eine gute Info! Da hat das Helmholtz-Zentrum bei der Untersuchung von Thoron-Exhalationen aus Lehmputz in Bauernhäuser damals, wohl auch etwas viel Wirbel gemacht.

Ich habe mir nun mal das Radiacode Thorium-Referenz-Spektrum nochmals angeschaut https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,2423.msg31655.html#msg31655. Das ist ja aus @DL3HRT 's Magnetron-Röhre gewonnen. Dieses Thorium ist sicher sehr alt und das Thorium ist im Vakuum Glaskolben eingeschlossen. Dieses Spektrum habe ich hier nun mit der inversen Detektoreffizienz des Radiacode 1cm^3 CsI Kristalls entzerrt und in schwarz die deutliche Pb212 und die Tl208 Linie markiert, die beim jungen Thorium relativ schnell da sind und die beiden Ac228 Linien bei 385keV und 1588keV, die erst langsam auftreten wenn sich das Ac228 langsam aus dem Ra228 entwickelt. Man kann also zur Th-Altersbestimmung mit dem Radiacode vor allem die rote Linie bei 1588keV, die gut rauskommen muss, gegen die schwarze Linie bei 238keV (Pb212) oder die bei 583keV (Tl208) vergleichen. Bei jungem Thorium müsste vor allem diese rote Linie bei 1588keV sichtbar klein im Verhältnis zu den beiden schwarzen Linien des Pb212 bei 238keV und Tl208 bei 583keV sein. Die rote Linie des Ac228 bei 385keV ist dagegen von der Gamma-Intensität her nicht so hoch und daher für den Vergleich schwerer klar auszumachen. Leider habe ich kein junges Thorium zum Testen. Vielleicht hat jemand erst vor kurzem WT-20 oder WT-40 Schweißnadeln gekauft und hat auch einen Radiacode? Der kann dann diesen Test machen. 

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Elektroniknerd

RC103G, 8 Stunden Thorium aus WT-20 Schweißelektroden, 10 Stück 3.2mm (257g), gekauft im April diesen Jahres.
Gemessen mit Kunststoffschneidbrett (8.5mm LD+PE) dazwischen als Betafilter.

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Ac228 ist gut erkennbar.

P.S. der Versuch das Thoron zu messen (RadonEye zusammen mit den Elektroden in einem kleinen Eimer) ist wie erwartet (wie soll das Zeugs da raus kommen?) ausgegangen: nix. (Bei einem angezeigten Grundlevel von 7Bq/m³, daran sollte es also nicht gescheitert sein.)

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Ich glaube halt, dass das Th-Metall bis es zu Schweisselektroden verarbeitet wird, schon mal paar Jährchen auf dem Buckel hat, und die Schweisselektroden vom Typ WT gehen heut ja auch nicht mehr so über die Theke wie die warmen Semmeln. Also junges Thorium zu bekommen wird offensichtlich sehr schwer sein. Aber vielen Dank für den Test :good2:

Elektroniknerd

Denke auch, dass da inzwischen (seit ein paar Jahrzehnten) selbst die Chinesen new old stock verkaufen.
Insofern wird das auch irgendwann aussterben, fehlende Nachfrage und fehlendes Angebot...

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Der gleiche Aufbau mit Raysid.
0.88 statt 1.02uSv/h, das finde ich im Rahmen der erwartbaren Messgenauigkeit identisch.

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Nochmal zur Freigrenze

So wie ich das verstehe, ist die Freigrenze:

10kBq Isotopenreines Th232.(Nagelneu und frisch separiert, praktisch also irrelevant)

20kBq frisch (chemisch) hergestelltes  Th232 mit seinem Th228 im säkularen Gleichgewicht.

200kBq chemisch hergestelltes altes Thorium, 1 Sekunde bevor es den + Zustand erreicht.

10kBq altes Thorium, nachdem es den +Zustand erreicht hat, da sind dann nämlich die 1000Bq reines Th232 aus der Verordnung drin.

Meine Bq sind echte Bq, die zählen alle Zerfälle, die physikalisch da sind.
(Die Zerfallskette hat komplett 10 Zerfälle, es gibt nur zwei Wege(65 zu 35%), daher ein Isotop mehr)


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Zitat von: Elektroniknerd am 23. August 2024, 08:14Nochmal zur Freigrenze

So wie ich das verstehe, ist die Freigrenze:

10kBq Isotopenreines Th232.(Nagelneu und frisch separiert, praktisch also irrelevant)

20kBq frisch (chemisch) hergestelltes  Th232 mit seinem Th228 im säkularen Gleichgewicht.

200kBq chemisch hergestelltes altes Thorium, 1 Sekunde bevor es den + Zustand erreicht.

10kBq altes Thorium, nachdem es den +Zustand erreicht hat, da sind dann nämlich die 1000Bq reines Th232 aus der Verordnung drin.

Erklär mal ein wenig genauer, wie Du bei 2) und 3) gerechnet hast und warum!

PS: Können denn in frisch hergestelltem, chemisch abgetrennten Thorium, das Th228  mit dem Th232, und beide im "natürlichen Isotopenverhältnis", auch in einem säkularem Gleichgewicht sein? Das Ra228  und Ac228  fehlen nach der chem. Abtrennung ganz. Das Th228  zerfällt mit 1.9Jahren HWZ und das Th232 so gut wie nicht. Das ist doch eigentlich kein Gleichgewicht, oder?