Messwerte Haus

Begonnen von salenos, 26. Juli 2024, 10:17

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salenos

Hallo,
ich habe mich hier ganz neu registriert, da ich ehrlich gesagt etwas überfragt bin und mich nicht wirklich in diesem Bereich auskenne.
Wir haben leihweise einen Gamma-Scout, was ich einfach mal ausprobieren wollte. Wir haben hier Werte zwischen 0,17-0,25 Mikrosievert/h. Im Freien ergaben sich Werte von ca. 0,1 Mikrosievert/h. Gibt es irgendwo eine Normtabelle welche Werte in Wohnbereichen als normal angesehen werden?

Ganz liebe Grüße

NoLi

Hallo SALENOS und willkommen.

Was dein mutmaßliches "Hausproblem" angeht: diese Werte sind innerhalb eines Hauses als ganz normal anzusehen. Baumaterial enthält, je nach Werkstoff und Herkunft, unterschiedliche Mengen natürlich radioaktive Stoffe und erzeugt somit unterschiedliche Dosisleistungen im Haus, welche i.d.R. aber immer erhöht sein werden gegenüber dem Außengelände.
Bei Betonwänden ist die Dosisleistung im Haus etwas niedriger als bei Ziegel- oder gar Natursteinwänden (Rotschlamm-Ziegel enthalten durch das Ausgangsmaterial und den Herstellungsprozess z.B. Radium).
Eine Tabelle Dosisleistung vs Baumaterial ist mir leider nicht bekannt, allen falls eine Tabelle über den Gehalt natürlich radioaktiver Stoff im Baumaterial.
https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/baustoffe/radionuklide/radionuklide_node.html
https://uol.de/physik/forschung/ehemalige/uwa/rad/daten/baustoffe

Norbert

DG0MG

Dazu kommt, dass Du bei so niedrigen Messwerten vorsichtig sein musst: Du darfst sie nicht unhinterfragt als "wahr auf die dritte Nachkommastelle" annehmen. Bei den wenigen Impulsen, die das Zählrohr liefert, musst Du wenigstens eine Mittelung über eine längere Zeit (z.B. 10 Minuten) vornehmen. Ich weiß nicht, wie das mit dem GammaScout genau geht, aber es geht. Ansonsten ist der mögliche Anzeigefehler viel zu groß.

Ansonsten würde ich mich aber @NoLi anschließen und meinen, bei den Messwerten, die Du genannt hast, ist alles im grünen Bereich.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Kermit

Hallo SALENOS,
und natürlich auch willkommen  :)

Ich habe eine Frage: Wolltest Du mit dem Messgerät die ODL (Ortsdosisleistung) im Haus und in Deiner Umgebung ermitteln oder ist eventuell das Thema Radon mit im "Spiel" gewesen?

Für Radon wäre der Gammascout nämlich nicht geeignet.

Die Ortsdosisleistung bei Dir in der Nähe kannst Du auch über das ODL-Messnetz des BfS ansehen. Damit kann man in einem groben Raster einen Messwert für sein eigenes Gebiet erfahren.

Hier ein link dazu:

https://odlinfo.bfs.de/ODL/DE/themen/wo-stehen-die-sonden/karte/karte_node.html

Für die Sonde bei Weimar ist da aktuell (27.72024) ein Messwert von 0,097 µSv/h aufgeführt.

Grüße Kermit


salenos

Hallo,

Zunächst einmal vielen Dank für die Antworten.
@Kermit nein es geht mir nicht um das Thema Radon. Ich weiß, dass es sich dabei um Alphastrahlung handelt.
Ich wollte wirklich wissen, wie es sich innerhalb des Hauses verhält, da wir in einem etwas älteren Haus leben (Thema Schlacke usw.)
Aber so richtig schlau bin ich jetzt auch nicht daraus geworden, da ich keine Vergleichswerte habe. Laut der Firma sind Hintergrundstrahlungen von 0,1-0,3 Mikrosievert/h normal, im Neubau meines Bruders sind es zum Beispiel nur 0,16Mikrosievert/h.

Liebe Grüße

Banev

Hallo Salenos,

ich bin hier zwar auch noch nicht lange dabei, habe aber seit ca. 4 Monaten ein vergleichsweise gutes Gerät (RadiaCode 102), mit dem ich mir die nähere Umgebung (Stichwort Meißner Massiv) einigermaßen gründlich angesehen und dabei Dosisleistungen zwischen 50 und 350 nSv/h gefunden habe, die den normalen in der Umwelt vorhandenen Quellen entstammen.

Die von Dir angesprochenen Differenzen

Zitat von: salenos am 26. Juli 2024, 10:17[...]Werte zwischen 0,17-0,25 Mikrosievert/h[...]

Zitat von: salenos am 28. Juli 2024, 09:29im Neubau meines Bruders sind es zum Beispiel nur 0,16Mikrosievert/h

sind – wie auch die absoluten Werte – vergleichsweise winzig und auch harmlos, solange sie von außen auf den Körper einwirken. Ich verwende im folgenden wegen der besseren Lesbarkeit mal Nanosievert anstelle von Mikrosievert pro Stunde.

Ein Beispiel: Im Haus eines Freundes (altes Haus) liegt die DL im Erdgeschoss bei ca. 110 nSv/h. Der Keller (alter Gewölbekeller, Grundmauern aus dem lokalem Gestein) bringt es dagegen schon auf 320 nSv/h (direkt an der Wand noch um einiges mehr), wobei die Werte jeweils über ca. 5 Minuten gemittelt sind. Mit anderen Worten: Obwohl die beiden Orte nur ca. 3 m voneinander entfernt sind, beträgt die Differenz der DL schon 210 nSv/h.
Selbst, wenn der Zähler am selben Ort liegt, habe ich über den Tag gelegentlich (auch wetterabhängig) Differenzen von 20 oder sogar 30 nSv/h. Halte ich das Gerät bei mir an die Wand (Ziegel, ca. 120 Jahre alt), gehen die DL auf bis zu 140 nSv/h hoch, während es in der Zimmermitte nur 80 nSv/h sind.

Wichtig ist, wie @DG0MG schon schrieb: Ausreichend lange messen, und zwar umso länger, umso unempfindlicher das Gerät ist. Macht man mehrere Messungen, sollte die Messdauer zumindest in etwa gleich lang sein, damit die Messungen vergleichbar bleiben. Allerdings bringt das auch nur etwas, wenn das Gerät eine vernünftige Mittelwertbildung macht bzw. kumulieren kann (Dosimeterfunktion). Beides sollte aber m.W. beim Gamma-Scout gegeben sein.

salenos

Also zumindest kann man sich den Mittelwert vom Vortag anzeigen lassen. Diese Differenzen an einem Messort sind mir auch schon aufgefallen, teilweise springt die Messanzeige wirklich deutlich umher.
Bei dem GS ist es auch möglich, die Anzahl der Impulse über einen definierten Zeitraum zu ermitteln. Jedoch kann ich diese Werte noch viel weniger interpretieren. Lassen diese sich auch in Mikrosievert/Stunde umrechnen?


opengeiger.de

Hallo Salenos,
Wenn es Dir drum geht ein Indiz zu bekommen, ob das Mauerwerk Radionuklide enthält, würde ich Dir empfehlen mit dem Gammascout nen anderen Ansatz zu wählen als die ODL zu messen. Die ODL ist ja typischerweise eine Gamma-ODL. Sie bezieht sich also auf die Gammastrahlung. Die Sonden des BfS messen diese Strahlung 1m über dem Boden auf einer Wiese. Bei Baustoffen welche die natürlichen Radionuklide Uran, Thorium und Kalium enthalten können, kann man zwar auch die Frage stellen, was erzeugen die als Gamma-ODL, aber um einen Indiz dafür zu bekommen, was sich unter der Tapete oder dem Putz verbirgt, würde ich mit dem Gammascout maximal nah ran gehen und alle Blenden wegschwenken (Position alpha+beta+gamma) so dass auch Alpha und Betastrahlung gemessen wird. Die LCD-Anzeige kann man bei solchen Messungen auch meist ignorieren, sie hüpft in einem zwei Sekunden Intervall einfach nur rum, weil eine Dosisleistung von weniger als 1uSv/h in zwei Sekunden nur ab und zu mal einen Zählpuls erzeugt, so dass es für das Gerät schwer ist, daraus eine stabile Zählrate und damit eine Dosisleistung zu bestimmen. Mit dem Gammascout kann man das nur über den Protokollmodus messen, wo man die Messwerte nach einer gewissen Zeit aus dem Messwertspeicher ausliest. Da steht dann sowohl die Zählimpulsrate in cps als auch die zugehörige Dosisleistung in uSv/h drin. Dazu muss man die Protokolltaste drücken (in der unteren Reihe die mittlere Taste) und dann die Messzeit auf sagen wir 30min oder ähnlich einstellen, so dass der Messwert aus genug Zählimpulsen berechnet werden kann. Das Auslesen des Messwertspeichers mit dem PC, wie auch der Protokollmodus ist in der Betriebsanleitung beschrieben. Dann würde ich den Gammascout auf einen Stuhl legen und die Stirnfläche direkt an die Wand schieben und so mal eine Nacht durchmessen lassen. Zum Vergleich kann man dann bei schönem Wetter den Stuhl mal in den Garten stellen und auch mal 6Stunden die Luft im Freien messen. Im Freien kommt so etwas zwischen 0.1 und 0.2uSv/h zustande, je nachdem wo man wohnt. In einem Haus dessen Wand aus Schlackesteinen besteht z.B. im Mansfelder Revier (Lutherstadt Eisleben, Helbra etc), sieht man dann etwa 1uSv/h und mehr. Wenn die Trittschalldämmung zwischen den Deckenbalken aus Schlacke besteht z.B. aus Eisenschlacke von der Eisenverhüttung etc. dann bekommt man da etwa 0.2-0.4uSv/h mehr als im Freien vom Gammascout angezeigt. Was an radionuklidhaltigem Mauerwerk aber eher poblematisch ist, ist die Exhalation von Radon, weniger die direkte Exposition, da diese ja mit dem Abstand deutlich abnimmt. Radon wird von Schlackegestein aber nur sehr wenig exhaliert, da das ein sehr dichtes glasartiges Material ist. Viel schlimmer sind da die Sandsteine, die mit Uran imprägniert sind oder solche die Tonmaterial, Bims oder Tuff enthalten, sofern da dann auch Uran oder Thorium enthalten ist. Dieses Baumaterial ist dann sehr porös und exhaliert das Radon beliebig gut. Das bekommt man dann in die Raumluft und atmet es ein. Das ist ne ganz andere Nummer, was die biologische Wirsamkeit anbelangt. Also wenn der Gammascout nach der obigen Methode was anzeigt, was > 0.2uSv/h über dem liegt, was man im Freien misst, würde ich Tapete und Putz an einer Stelle entfernen und mal schauen, wie porös das Material in der Tiefe ist. Wenn roter Ziegelstein zum Vorschein kommt, muss man auch bedenken, dass das Kalium im Gestein auch deutlich zur so messbaren Strahlung beitragen kann. Das ist harmloser, da das Kalium ja in was Stabiles zerfällt und kein gasförmiges, radioaktives Zerfallsprodukt wie beim Uran oder Thorium entstehen kann. Bei Mauerwerk aus Ziegeln bekommt man nach obiger Methode mit dem Gammascout etwa 0.1-0.2uSv/h mehr als im Freien zu sehen. Das stammt dann zu einem großen Teil aus dem Kalium. Das würde ich nicht als kritisch einstufen.

salenos

@opengeiger.de wir haben hier tatsächlich ein Radonmessgerät permanent stehen, was keine auffälligen Werte zeigt. Diese bewegen sich meist bei 20 Bequerel/Kubikmeter.
Du meinst also, wenn der Wert im Gebäude bis 0,2 Mikrosiervert/h größer ist, als außerhalb des Gebäudes, ist das als normal anzusehen?

opengeiger.de

Ja, ich denke das ist völlig normal, solange ein Radon Messgerät nichts größer 100Bq/m3 anzeigt.

Les auch mal hier nach, da steht auch einiges drin aber leider nur in Englisch:

Radiological Protection Principles
concerning the Natural Radioactivity
of Building Materials

http://www.sgpstandard.cz/editor/files/stav_vyr/dok_es/neb_latky/guid_112.pdf

Banev

Zitat von: salenos am 28. Juli 2024, 13:35[...]teilweise springt die Messanzeige wirklich deutlich umher.

Radioaktiver Zerfall ist halt eine stochastische Geschichte :)
Und der GS beherrscht wohl doch keine (sonderlich gute) Mittelwertbildung.


Zitat von: salenos am 28. Juli 2024, 13:35Bei dem GS ist es auch möglich, die Anzahl der Impulse über einen definierten Zeitraum zu ermitteln. Jedoch kann ich diese Werte noch viel weniger interpretieren. Lassen diese sich auch in Mikrosievert/Stunde umrechnen?

Ja, natürlich, sonst könnte der GS ja keine Dosisleistung anzeigen; das Zählrohr liefert ja nichts außer Impulsen.

Voraussetzung ist aber zuallererst, dass tatsächlich nur Gammastrahlung gemessen wird, d.h. die Blende vor dem Zählrohr muss geschlossen sein. Die Umrechnung »per Hand« würde ich mir aber sparen und das vom Gerät erledigen lassen, da sie doch etwas komplexer ist.

Aber auch die Umrechnung, die das Gerät selbst macht, stimmt nur in grober Näherung, denn Messgeräte mit GM-Zählrohr sind in der Regel nur für einen schmalen Bereich des Energiespektrums der Gammastrahlung kalibriert. Oft – auch beim GS ist das wohl so – ist das die 662-keV-Line von Cs-137, während man es bei natürlichen Quellen fast ausschließlich mit U-238 bzw. Th-232 und deren Zerfallsprodukten sowie K-40 zu tun hat, bei deren Zerfall Gammastrahlung mit teils deutlich abweichenden Energien entsteht. Wie gut die Umrechnung auch für die daraus resultierenden anderen Energiebereiche stimmt, hängt von der Energiekompensation des Zählrohrs ab. Wobei ... wenn ich mich recht entsinne, hat der GS wohl keine ...

Man könnte die Dosimeterfunktion (bei jeweils gleichen Messzeiten) benutzen, aber das Ergebnis wäre beim GS wohl nur für einen Vergleich tauglich; die absolute Werte sind wohl ... hm, sagen wir mal ... fehlerbehaftet  ;)

opengeiger.de

Doch, der Gammascout hat ein korrekte Mittelungsfunkton. Man muss nur wissen wo und man muss wissen, dass man diese Mittelwerte nur mit dem PC auslesen kann. Dafür ist die Mittelungszeit über einen großen Bereich wählbar, was wenige andere Geräte können.

Aber was klar sein muss, wenn ich das Gerät mit offener Blendenklappe gegen eine Mauer aus Schlackestein halte und das Gerät 1.0uSv/h anzeigt, dann kann einem die Zahl 1.0 zwar ein Gefühl im Vergleich zu anderen Baumaterialien geben, gemessen mit dem gleichen Gerät, aber mit uSv/h im Sinne einer Äquivalentdosisleistung hat das nichts zu tun. Man könnte sich genauso die cps im Vergleich anschauen. Diese Zahlen lassen sich dann auch nur mit einem anderen Gammascout vergleichen, den man genauso vor der Wand positioniert hat. Bei einem Gerät eines anderen Herstellers könnte da was ziemlich anderes rauskommen. Das muss klar sein.