radioaktive Röhren

Begonnen von DL3HRT, 24. Juni 2019, 17:08

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

DL3HRT

stoppi hat schon einmal eine TG-57 Funkenstrecke von Bendix vorgestellt, die Cs-137 enhält: https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?msg=3194

Hier ein anderes Exemplar ohne Kennzeichnung, dass sie radioaktiv ist. Die Röhre war schon in Betrieb. Man kann Abbrand an den Kugeln sehen sowie einen bräunlichen Niederschlag innen am Röhrenkolben. 

Laut Datumscode 6447 wurde die Röhre vermutlich 1964 hergestellt. Seitdem sind zwei Halbwertszeiten vergangen. Im dritten Foto kann man sehr schön sehen, wo die Lösung mit dem Cs-137 aufgetropft wurde. Es hat sich eine Art "Salzrand" gebildet. Direkt am Röhrenkolben kann man 1 µSv/h messen. Das Gammaspektrum eignet sich sehr gut zur Energiekalibrierung.

DG0MG

Da kannst Du mit dem RadiaCode-101 mal noch auf dem "Activity"-Tab die Aktivität einer Punktquelle bestimmen. Das geht ja für Cs-137. Wird ja erheblich weniger als 1 kBq sein.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Ich habe die Messung 3 Stunden laufen lassen. Es ist zwar streng genommen keine Punktquelle, da der "Salzrand" deutlich länger als 5 mm  ist. Außerdem kann es bei einer gebrauchten Röhre durchaus sein, dass sich das Cäsium durch thermische Effekte in der Röhre verteilt hat.

Für die Messung habe ich die Stelle mit dem "Salzrand" in 5 cm Abstand vom Detektor des RC-101 platziert.
Hier das Ergebnis:
- Aktivität: 4.28 kBq +/- 2.1%
- MDA: 77.8 Bq

Für einige dieser Röhren ist eine Aktivität "<5µCi" angegeben, wobei nicht definiert ist, wie hoch die Aktivität im Durchschnitt ist. "<5 µCi" kann auch bedeuten: 1 µCi. Bei 5 µCi könnte man nach zwei Halbwertszeiten mit 1,25 µCi rechnen. Das wären immerhin 46 kBq. Die ursprüngliche Aktivität scheint viel geringer gewesen zu sein oder die Röhre ist ältzer als gedacht.

DL3HRT

Heute möchte ich euch eine "große" Röhre vorstellen. Die Röhre ist ca. 20 cm hoch. Im zweiten Foto habe ich einen 1 cm Scale-Cube zum Größenvergleich aufgelegt.

Mir war bisher nicht bewusst, dass bei Röhren gelegentlich auch Uranglas zum Einsatz kam. So auch bei der Wasserstoff-Röhrendiode von ITT mit der Typenbezeichnung "8264 / KU-52". "KU-52" steht für die Firma Kuthe Laboratories, die auch diesen Röhrentyp hergestellt hat. Die Röhre ist für den Einsatz als Impulsdiode entwickelt worden. Sie arbeitet nicht mit reinem Vakuum sondern ist mit Wasserstoff bei einem Innendruck < 20 mbar gefüllt. Der Wasserstoff ermöglicht kurze Schaltzeiten im Mikrosekundenbereich. Um herausdiffundierten Wasserstoff zu ersetzen gibt es einen Zylinder, der als Wasserstoffreservoir dient. Vermutlich enthält er ein Metallhydrid.

Die technischen Daten sind beeindruckend:
Heizspannung: 5 V
Heizstrom: ca. 8 A ... 10 A
Heizstrom Reservoir: ca. 1 A

Impulsbetrieb:
Spannung: 18 kV
Spitzenstrom: 325 A
mittlerer Strom (RMS): 6,3 A

Gleichrichterbetrieb:
Spannung: 15 kV
Spitzenstrom: 2 A
mittlerer Strom (RMS): 0,6 A

Das macht im Impulsbetrieb eine maximale Leistung von > 100 kW und selbst im Gleichrichterbetrieb sind es maximal 9 kW im Dauerbetrieb.

Im ersten Foto habe ich die Röhre mit einer UV-Lampe angeleuchtet. Gleichzeitig lief die Röhrenheizung. Trotz einer Heizleistung von 40 W dauerte es ein paar Minuten, bis die Kathode glühte. Man sieht im Foto nur den oberen Teil der Kathode. Bei dem äußeren Metallzylinder handelt es sich um die Anode. Die Elektronen bewegen sich zwischen der Kathode und dem Anodenzylinder. Da man bei der zulässigen Anodenspannung bereits mit ordentlicher Röntgenstrahlung (Bremsstrahlung) rechnen muss, ist der Anodenzylinder zur Abschirmung der Bremsstrahlung massiv ausgeführt. Oben ist ein fein gelochter Ring aufgesetzt, welcher der besseren Wärmeabstrahlung dient.

Mit einem SBM-20 Zählrohr außen am Röhrenkolben komme ich auf ca. 400 Impulse pro Minute.

Es stellt sich die Frage, welchem Zweck das Uranglas dient. Das möchte ich nicht gleich verraten, sondern bin auf eure Tipps gespannt  ;) . Ich lag mit meiner ursprünglichen Vermutung total falsch.

DL8BCN

Mein Tip: Es soll cool aussehen :yahoo:
Ein selbstgebauter Röhrenverstärker mit Röhrengleichrichter und UV-Lampe im Plexiglasgehäuse 8)
Nee im Ernst: Ich habe überhaupt keine Idee, warum da Uranglas verwendet wurde...

NoLi

Zur besseren Abdichtung der Glas-/Metallverbindung  (wegen der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten).

Norbert

DL3HRT

Zitat von: NoLi am 12. April 2023, 10:00Zur besseren Abdichtung der Glas-/Metallverbindung  (wegen der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten).
Treffer, versenkt!  ;)

ZitatMein Tip: Es soll cool aussehen :yahoo:
Sehr beliebt für Eigenbau Tesla-Generatoren ist das 4C35 Thyratron. Sucht mal auf ebay.com nach genau dieser Zeichenkette: "4C35 Thyratron"

Sobald es sich um eine Ausführung mit Uranglas handelt, ist der aufgerufene Preis dreistellig  :)

DL3HRT

Ich habe die Röhre heute längere Zeit geheizt. Nach ca. 15 Minuten lag die Temperatur des Röhrenkolbens bei mehr als 110°C, wohlgemerkt nur durch die Heizung. Rechnet man noch "etwas" Verlustleistung im praktischen Betrieb mit angelegter Hochspannung dazu so ist klar, warum das Thema "Wärmeausdehnungskoeffizient" bei diesen Röhren ansteht.

DL8BCN

Tatsächlich habe ich früher viel mit Kurzwellen Senderöhren experimentiert.
4-400 und QB5-750 z.B.
Da war auch immer die Vorgabe, daß auch ohne Anodenverlustleistung, also nur mit Heizung an, die Kühlung laufen musste.
Eine Röhre hatte 10V Heizspannung und 10A Heizstrom ;D
Paar mehr davon und man hat keine Raumheizung mehr nötig gehabt :yahoo:


DL3HRT

Ich habe die KU-52 heute ausprobiert und sie funktioniert noch :). Man benötigt natürlich eine lange Vorheizzeit von ca. 10 Minuten. Ich habe dann an meinem HV-Netzteil (1200 V / 12 mA) getestet. Die Gasentladung beginnt bei 260 V. Sobald die Gasentladung läuft, sinkt die Brennspannung auf 150 V ab. 

Im ersten Foto sieht man unten die Kathode rot glühen und darüber den angeregten Wasserstoff.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Im zweiten Foto ist das angeregte Gast besser zu sehen - ein schönes Wasserstoffspektrum.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Die Röhre wurde vermutlich als Gleichrichterdiode in der Ladeschaltung für das Magnetron verwendet oder aber als "Clipping-Diode" am Magnetron um reverse Spannung abzufangen (entspricht der Freilaufdiode beim Relais).

Diese Röhrendioden sowie auch die verwendeten Thyratrons (5C22, JAN 5949) sind die hauptsächliche Quelle der Strahlenbelastung in Radaranlagen. Bedingt durch die hohen Spannungen und Strönme entsteht reichlich Röntgenstrahlung. Ich kenne es aus meiner Dienstzeit, dass an den Radaranlagen bei Reparatur- und Wartungsarbeiten öfter die Abdeckungen der Elektronikschränke entfernt/geöffnet wurden. Das Personal war dann der Röntgenstrahlung direkt ausgesetzt.

Eine schöne Abhandlung zum Thema findet sich im "Abschlussbericht der Radarkomission". Dort werden auch Dosisleistungs-Messwerte  präsentiert.

Zum Glück hatte ich nicht direkt auf den Stationen zu tun sondern befand mich in mindestens 100 m Entfernung von der stärksten Rundblickstation (1-2 MW Impulsleistung auf ca. 2.5 GHz!).



DL8BCN

Hallo, das Thema kenne ich von den Hawk-Raketenstationen.
Vom Beleuchtungsradar.
So eine gab es in meinem Heimatort.
Gibt es eigentlich eine Spannungsgrenze, ab der man ,,safe" ist.
Ich hatte mal gehört, daß unter 6 kV keine Bremsstrahlung entsteht.

DL3HRT

Zitat von: DL8BCN am 16. April 2023, 11:31Gibt es eigentlich eine Spannungsgrenze, ab der man ,,safe" ist.
Ich hatte mal gehört, daß unter 6 kV keine Bremsstrahlung entsteht.

Das kann ich nicht sagen. Allerdings ist bei 6 kV die enstehende Bremsstrahlung schon so niederenergetisch, dass vermutlich der größte Teil in der Röhre selbst und im Glaskolben absorbiert wird. Vielleicht weiß ja jemand etwas Genaueres?

DL8BCN

Ist ja interessant, wenn man als Funkamateur eine Röhren PA betreibt.
Da ist ja aber fast immer bei 3 kV Schluss.

DL8BCN

Hat mal jemand einen URDOX Widerstand spektroskopiert oder auf Strahlung gemessen?

DL3HRT

Mehrere aber bisher keine aktiven gefunden. Die URDOX-Widerstände waren wohl nur in der Anfangszeit schwach radioaktiv.