Kernkraftwerke Ukraine

Begonnen von opengeiger.de, 26. Februar 2022, 11:56

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Henri

Ich habe heute Morgen schon das Video von dem Beschuss gesehen. Wenn man da genau hinschaut, sieht man eigentlich nur eine niedergehende Fallschirmrakete und etwas Leuchtspur-Munition. Genauer gesagt, sieht man nichts. Die Info des Pressesprechers hat sich ja auch als falsch herausgestellt.

Ich könnte mir denken, dass das ein Versuch war, zusätzliche Unterstützung zu bekommen, indem man sich der Angst vor einem zweiten Tschernobyl bedient. Im Krieg kann man niemandem irgend was glauben. Aber ich würde mich sdoch sehr wundern, wenn die Russen oder Ukrainer sich die Region fahrlässig großräumig kontaminieren würden. Es mag zwar so erscheinen, aber ich denke nicht, dass die wahnsinnig sind.

Viele Grüße!

Henri

Radiator

Menschen mit Augen sehen auf dem Video russische Panzer, die mit schweren Maschinenwaffen wild in alle möglichen Richtungen auf ein Atomkraftwerk schießen. Das ist ein Vorgehen, das grundsätzlich nicht geeignet ist, die Betriebssicherheit einer solchen Anlage zu erhöhen.

Dinge, die man nicht auf Video sieht, können trotzdem geschehen sein. Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, daß sich die Kampfhandlungen genau auf den Blickwinkel der Kamera beschränkt haben, oder daß nur Geschosse geflogen sind, die die Kamera darstellen kann.

Es kursiert aktuell ein Video aus einer Verbindungsbrücke in der Nähe der Reaktoren, Handkamera bei Tageslicht. Dort sind Geschosse durch die Steindecke geschlagen und haben Stahlträger zerfetzt. Ein herumliegender Geschoßmantel hat geschätzt eher 10 als 5 cm Durchmesser. Ich kann es nicht überprüfen, wo das Video wirklich aufgenommen wurde, halte es aber für unwahrscheinlich, daß jemand seit gestern Abend schnell in einem anderen Atomkraftwerk mit Kanonen herumgeschossen hat.

Ich versuche mir gerade nochmal anzulesen, was genau in Forsmark passiert war. Das Problem ist doch, daß geringe militärische Zerstörungen außerhalb der Reaktorbehälter ausreichend sein können, die Kühlung oder Steuerbarkeit dauerhaft zu beschädigen.

Henri

Zitat von: Radiator am 04. März 2022, 20:01
Menschen mit Augen sehen auf dem Video russische Panzer, die mit schweren Maschinenwaffen wild in alle möglichen Richtungen auf ein Atomkraftwerk schießen. Das ist ein Vorgehen, das grundsätzlich nicht geeignet ist, die Betriebssicherheit einer solchen Anlage zu erhöhen.

Dinge, die man nicht auf Video sieht, können trotzdem geschehen sein. Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, daß sich die Kampfhandlungen genau auf den Blickwinkel der Kamera beschränkt haben, oder daß nur Geschosse geflogen sind, die die Kamera darstellen kann.

Es kursiert aktuell ein Video aus einer Verbindungsbrücke in der Nähe der Reaktoren, Handkamera bei Tageslicht. Dort sind Geschosse durch die Steindecke geschlagen und haben Stahlträger zerfetzt. Ein herumliegender Geschoßmantel hat geschätzt eher 10 als 5 cm Durchmesser. Ich kann es nicht überprüfen, wo das Video wirklich aufgenommen wurde, halte es aber für unwahrscheinlich, daß jemand seit gestern Abend schnell in einem anderen Atomkraftwerk mit Kanonen herumgeschossen hat.

Ich versuche mir gerade nochmal anzulesen, was genau in Forsmark passiert war. Das Problem ist doch, daß geringe militärische Zerstörungen außerhalb der Reaktorbehälter ausreichend sein können, die Kühlung oder Steuerbarkeit dauerhaft zu beschädigen.

Hast Du einen Link zu dem Video mit der Brücke? In der Tagesschau um 20:00 kam nur das Video von heute früh, und das ist so dunkel und so kontrastreich, dass man wirklich nicht erkennen kann, was da abgeht. Ich kann es jedenfalls nicht. Die von dem vermeindlichen Presseprecher des Kraftwerks vor Ort abgegebenen Beschreibungen des Geschehnisses haben sich ja schon Stunden später als unwahr herausgestellt. Es hat halt nicht der Reaktor gebrannt, sondern ein Verwaltungsgebäude. Ich würde denken, wenn man vor Ort ist und die Werksfeuerwehr irgendwo hin möchte und es nicht könne wegen des Beschusses, wird man doch wissen, wo die Feuerwehr überhaupt hin will?

Ich möchte nicht sagen, dass die Situation nicht brenzlich ist. Ich habe nur dem Eindruck, dass man gerade nichts und niemandem trauen kann.

Aber vielleicht sollten wir tatsächlich nicht so viel spekulieren und lieber beim Thema dieses Forums bleiben. Nicht, dass hier auch noch Krieg ausbricht...

Viele Grüße!

Henri

Radiator

Den Film gibt es da:

https://twitter.com/DesiPepe/status/1499801143110934529

Woanders habe ich gelesen, daß die Russen auch mit Artillerie geschossen haben. Das paßt perfekt zum Schadensbild, denn mit Direktfeuer bekommt man keine Einschläge von oben in eine Decke. Und daß Artillerie mal ein paar Meter danebengehen kann ist kein militärisches Geheimnis.

Im Prinzip sind die Russen da mit einer brennenden Fackel durch die Feuerwerksfabrik gelaufen. Warum sie das getan haben, ist eine andere, nichttechnische Frage. Mir fällt gerade der Begriff russisches Roulette ein, muß ja einen Grund geben, warum das Land dafür namensgebend ist. Auch wenn man völlig unverletzt aus einer solchen Spielrunde herausgeht, war es trotzdem gefährlich.

opengeiger.de

Hier mal eine eindrückliche Meinung aus der Ukraine zu den Eindrücken von gestern. Wie immer der Wahrheitsgehalt kann schlecht geprüft werden, aber den Gedanken sollte man mal versuchen zu folgen:

https://www.pravda.com.ua/eng/news/2022/03/5/7328334/
How Russia is threatening the world with a nuclear catastrophe
Saturday, 5 March 2022, 00:21
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For the first time in world history, a large-scale war is being waged in a country with more than a dozen nuclear reactors and thousands of tons of highly radioactive spent nuclear fuel.

Ukraine has 15 nuclear power units, including six at the 6,000 MW Zaporizhzhia NPP, Europe's largest, which also has a spent nuclear fuel repository.
On March 4, the Russian army captured the territory of the Zaporizhzhia nuclear power plant. The occupiers are holding the administrative buildings and the approach roads to the station.

The technical personnel of the power plant is at work and following the relevant protocols to prevent an accident.
As you already know, the occupation forces captured the Chornobyl NPP, and now Zaporizhzhia NPP. These are acts of nuclear terrorism.
It is evidenced by the fact that the Russian military is using the Chornobyl Exclusion Zone to deploy their weapons so that Ukraine couldn't strike back. It is likely that such a scenario will be repeated at the Zaporizhzhia NPP.

We are very worried by active hostilities in Voznesensk, near the Yuzhnoukrainsk nuclear power plant.

The very presence of weapons on the territory of the power plants is already a great risk for the radioactive environment.

It is clear that the enemy wants to capture all major energy assets and to unbalance the power system, which now, despite active hostilities and significant damage, is fully functioning and providing Ukrainians with electricity.

Ukraine has already turned to the International Atomic Energy Agency (IAEA) to immediately request NATO to impose a no-fly zone over Ukraine's nuclear facilities (the so-called A2/AD zone) and intensify efforts on preventing the acts of nuclear terrorism by Russia.

On March 4, after the capture of the Zaporizhzhya NPP, we heard the statement of the IAEA Director General. Regretfully, we have not heard any real proposals that could eliminate the threat of the Russian terrorist aggression on Ukraine's territory.

I would suggest that the IAEA leadership personally visit Ukrainian nuclear power plants, take a good look at Ukraine's destroyed cities, and assess the real extent of the threat while being there on the ground, or, at the very least, realise that there is an actual war going on, not a special "military operation of the Russian Federation', as the IAEA Director General called it.

I hope that the IAEA understands that the nuclear power plant is threatened not only by the shelling and the possibility of reactor's power system being disconnected and/or destroyed, but also by any interference in the normal operation of the nuclear power plant.

In general, nuclear power plants can be a target for the occupation forces to achieve the following:
•   broad release of radioactive materials;
•   disrupting power supply;
•   creating an additional base for launching Russian missiles, knowing that the Ukrainian military will not retaliate;
•   using the captured nuclear power plants as a bargaining chip during the so-called peace talks;
•   their destruction upon retreat to cause significant damage and additional chaos.

1. None of Ukraine's nuclear power plants (like any other nuclear power plant in the world) is designed to be at the epicentre of hostilities, and radioactive releases from missiles hitting an active nuclear power plant could well exceed emissions from both Chernobyl and Fukushima.
In the worst-case scenario, the reactor and the cooling system may be destroyed. Under such a scenario, radioactive releases could render much of the European continent uninhabitable for many decades into the future and across hundreds and hundreds of kilometres.
A potential nuclear accident at the Zaporizhzhya NPP will be 6-10 times stronger in consequences compared to Chernobyl. This is a threat not only to Ukraine, Russia and Belarus, but to European countries as well.

2. Loss of power outside the site could be a major concern.
NPPs require an uninterrupted supply of electricity for cooling even when switched off. When the electricity network fails and the station is disconnected, spare diesel generators and batteries must be switched on, but the reliability of their operation for a sustained period of time cannot be guaranteed.
Hostilities could damage power plants or power lines that serve the reactor, and prevent diesel fuel from entering the station to replenish backup generators.

3. NPPs need a sophisticated support system to ensure their smooth operation, including the constant presence of qualified personnel, electricity, access to cooling water, spare parts and equipment. War can affect all of the above.

That is why the EU and the world need to mount a swift and powerful response to stop the war started by Russia and to make sure that military activity around the nuclear power plant does not lead to a new planetary catastrophe and that the existing nuclear power units are adequately protected.
We call upon NATO, Europe and the United States to close the skies and impose a safe no-fly zone over Ukraine, which will not only save the lives of our citizens, but also significantly reduce the risk of enemy missiles hitting Ukrainian nuclear power plants.
Importantly, even at a time of war, Energoatom and The Ministry of Energy of Ukraine are working to ensure that nuclear power plants are operating in safe conditions and that Ukrainians have a stable supply of electricity.

I call upon the conscious community in the whole world, the media – to fan the flames, because Putin's favourite pastime playing terrorist this time could cost the European continent its very existence.

DG0MG

Zitat von: opengeiger.de am 05. März 2022, 08:51
Hier mal eine eindrückliche Meinung aus der Ukraine zu den Eindrücken von gestern. Wie immer der Wahrheitsgehalt kann schlecht geprüft werden, aber den Gedanken sollte man mal versuchen zu folgen:

https://www.pravda.com.ua/eng/news/2022/03/5/7328334/
How Russia is threatening the world with a nuclear catastrophe
Saturday, 5 March 2022, 00:21

Vielleicht solche langen Texte dann doch mal übersetzen - die Quote der Lesenden könnte höher sein  :D


Wie Russland der Welt mit einer Atomkatastrophe droht
Zum ersten Mal in der Weltgeschichte wird ein großangelegter Krieg in einem Land mit mehr als einem Dutzend Kernreaktoren und Tausenden Tonnen hochradioaktivem abgebranntem Kernbrennstoff geführt.

Die Ukraine verfügt über 15 Atomkraftwerke, darunter sechs im 6.000-MW-KKW Zaporizhzhia, dem größten Europas, das auch über ein Endlager für abgebrannte Kernbrennstoffe verfügt.
Am 4. März eroberte die russische Armee das Gebiet des Kernkraftwerks Saporischschja. Die Besatzer halten die Verwaltungsgebäude und die Zufahrten zum Bahnhof.

Das technische Personal des Kraftwerks ist bei der Arbeit und befolgt die entsprechenden Protokolle, um einen Unfall zu verhindern.
Wie Sie bereits wissen, eroberten die Besatzungstruppen das KKW Tschernobyl und jetzt das KKW Saporischschja. Das sind Akte des Nuklearterrorismus.
Dies wird durch die Tatsache belegt, dass das russische Militär die Sperrzone von Tschernobyl nutzt, um seine Waffen einzusetzen, damit die Ukraine nicht zurückschlagen kann. Es ist wahrscheinlich, dass sich ein solches Szenario im KKW Zaporizhzhia wiederholen wird.

Wir sind sehr besorgt über aktive Feindseligkeiten in Wosnessensk, in der Nähe des Kernkraftwerks Juschnoukrainsk.

Allein das Vorhandensein von Waffen auf dem Territorium der Kraftwerke ist bereits ein großes Risiko für die radioaktive Umgebung.

Es ist klar, dass der Feind alle wichtigen Energieressourcen erobern und das Energiesystem aus dem Gleichgewicht bringen will, das jetzt trotz aktiver Feindseligkeiten und erheblicher Schäden voll funktionsfähig ist und die Ukrainer mit Strom versorgt.

Die Ukraine hat sich bereits an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) gewandt, um die NATO unverzüglich aufzufordern, eine Flugverbotszone über den Atomanlagen der Ukraine (die sogenannte A2/AD-Zone) zu verhängen und die Bemühungen zur Verhinderung der nuklearen Terrorakte Russlands zu intensivieren .

Am 4. März, nach der Eroberung des Kernkraftwerks Zaporizhzhya, hörten wir die Erklärung des Generaldirektors der IAEA. Bedauerlicherweise haben wir keine wirklichen Vorschläge gehört, die die Bedrohung durch die russische terroristische Aggression auf dem Territorium der Ukraine beseitigen könnten.

Ich würde vorschlagen, dass die IAEA-Führung persönlich die ukrainischen Kernkraftwerke besucht, sich die zerstörten Städte der Ukraine genau ansieht und das wahre Ausmaß der Bedrohung einschätzt, während sie vor Ort ist, oder zumindest erkennt, dass es eine gibt tatsächlicher Krieg statt, keine spezielle "Militäroperation der Russischen Föderation", wie der Generaldirektor der IAEO es nannte.

Ich hoffe, dass die IAEA versteht, dass das Kernkraftwerk nicht nur durch den Beschuss und die Möglichkeit, dass das Energiesystem des Reaktors abgeschaltet und/oder zerstört wird, bedroht ist, sondern auch durch jegliche Störung des normalen Betriebs des Kernkraftwerks.

Im Allgemeinen können Kernkraftwerke ein Ziel für die Besatzungstruppen sein, um Folgendes zu erreichen:
• breite Freisetzung radioaktiver Stoffe;
• Unterbrechung der Stromversorgung;
• Schaffung einer zusätzlichen Basis für den Abschuss russischer Raketen in dem Wissen, dass das ukrainische Militär nicht zurückschlagen wird;
• Nutzung der gekaperten Kernkraftwerke als Faustpfand bei den sogenannten Friedensgesprächen;
• ihre Zerstörung beim Rückzug, um erheblichen Schaden und zusätzliches Chaos zu verursachen.

1. Keines der Kernkraftwerke der Ukraine (wie jedes andere Kernkraftwerk der Welt) ist darauf ausgelegt, im Epizentrum der Feindseligkeiten zu stehen, und radioaktive Freisetzungen von Raketen, die ein aktives Kernkraftwerk treffen, könnten die Emissionen von Tschernobyl und Fukushima bei weitem übersteigen.
Im schlimmsten Fall können der Reaktor und das Kühlsystem zerstört werden. In einem solchen Szenario könnten radioaktive Freisetzungen einen Großteil des europäischen Kontinents für viele Jahrzehnte in der Zukunft und über Hunderte von Kilometern unbewohnbar machen.
Ein möglicher nuklearer Unfall im KKW Zaporizhzhya wird 6-10 Mal stärkere Folgen haben als Tschernobyl. Dies ist eine Bedrohung nicht nur für die Ukraine, Russland und Weißrussland, sondern auch für die europäischen Länder.

2. Stromausfall außerhalb des Standorts könnte ein großes Problem darstellen.
Kernkraftwerke benötigen auch im abgeschalteten Zustand eine unterbrechungsfreie Stromversorgung zur Kühlung. Wenn das Stromnetz ausfällt und die Station getrennt wird, müssen Ersatzdieselgeneratoren und -batterien eingeschaltet werden, aber die Zuverlässigkeit ihres Betriebs über einen längeren Zeitraum kann nicht garantiert werden.
Feindseligkeiten könnten Kraftwerke oder Stromleitungen beschädigen, die den Reaktor versorgen, und verhindern, dass Dieselkraftstoff in die Station gelangt, um Notstromgeneratoren aufzufüllen.

3. Kernkraftwerke benötigen ein ausgeklügeltes Unterstützungssystem, um ihren reibungslosen Betrieb zu gewährleisten, einschließlich der ständigen Anwesenheit von qualifiziertem Personal, Strom, Zugang zu Kühlwasser, Ersatzteilen und Ausrüstung. Krieg kann all das beeinflussen.

Aus diesem Grund müssen die EU und die Welt schnell und kraftvoll reagieren, um den von Russland begonnenen Krieg zu stoppen und sicherzustellen, dass militärische Aktivitäten rund um das Kernkraftwerk nicht zu einer neuen planetarischen Katastrophe führen und die bestehenden Kernkraftwerke in Mitleidenschaft ziehen ausreichend geschützt sind.
Wir fordern die NATO, Europa und die Vereinigten Staaten auf, den Luftraum zu schließen und eine sichere Flugverbotszone über der Ukraine zu schaffen, die nicht nur das Leben unserer Bürger retten, sondern auch das Risiko, dass feindliche Raketen ukrainische Atomkraftwerke treffen, erheblich verringert.
Wichtig ist, dass Energoatom und das Energieministerium der Ukraine selbst in Kriegszeiten daran arbeiten, sicherzustellen, dass Kernkraftwerke unter sicheren Bedingungen betrieben werden und die Ukrainer eine stabile Stromversorgung haben.

Ich rufe die bewusste Gemeinschaft auf der ganzen Welt, die Medien, auf, die Flammen anzufachen, denn Putins Lieblingsbeschäftigung, Terroristen zu spielen, könnte diesmal den europäischen Kontinent seine Existenz kosten.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Henri

Die Kernforderung des Artikels ist ja die Einrichtung der Flugverbotszone. Da hat sich die NATO schon eindeutig zu geäußert, dass das nicht geschehen wird, weil man damit die völlige Eskalation riskieren würde. In der Ukraine kommt gerade wohl emotional an, dass man realistsicherweise diese Schlacht nicht ohne äußere Hilfe gewinnen kann.  (auch wenn in dem Artikel noch der Rückzug Russlands aus der Ukraine genannt wird). Und dass es in der äußersten Verzweiflung dann sogar egal wird, ob man für die Sicherung der eigenen territorialen Integrität die ganze Welt mit sich in den Abgrund zu reißen bereit ist. Jedenfalls werden dort die Argumente der NATO ja nicht gehört.

Letztendlich liegt der Schwarze Peter nun auch bei der Ukraine. Russland wird wohl kaum Interesse daran haben, das Land, das sie gerade erobern, und noch einen Teil ihres eigenen dazu, nuklear zu verseuchen. Aber sie sind anscheinend bereit, ein Stück weit das Risiko einzugehen. Die Ukraine muss nun entscheiden, ob sie militärische Stellungen Russlands in Kraftwerksnähe angreifen mögen oder den strategischen Nachteil in Kauf nehmen. Wenn es zur Katastrophe kommt, werden es also wahrscheinlich ukrainische Raketen sein, die das Kraftwerk zerstört haben. Nicht die im Artikel genannten "feindlichen Raketen". Denn die Russen können so ein Kraftwerk sicher auch mit Waffen unter Kontrolle bringen, die die das Risiko für das Kraftwerk eher gering halten.
Etwas zynisch gesagt, der Artikel verdient eine zweite Überschrift: "Und wie die Ukraine der Welt mit einer Atomkatastrophe droht, wenn die NATO ihr nicht zur Hilfe kommt".


Wie der Artikel ja sehr gut darlegt, vertragen sich Kernkraftwerke und Krieg nicht besonders gut. Noch ein weiterer gewichtiger Grund, sich von dieser Technologie möglichst rasch und nachhaltig zu verabschieden.


Viele Grüße!

Henri

etalon

Zitat von: Henri am 05. März 2022, 12:48
Die Kernforderung des Artikels ist ja die Einrichtung der Flugverbotszone. Da hat sich die NATO schon eindeutig zu geäußert, dass das nicht geschehen wird, weil man damit die völlige Eskalation riskieren würde. In der Ukraine kommt gerade wohl emotional an, dass man realistsicherweise diese Schlacht nicht ohne äußere Hilfe gewinnen kann.  (auch wenn in dem Artikel noch der Rückzug Russlands aus der Ukraine genannt wird). Und dass es in der äußersten Verzweiflung dann sogar egal wird, ob man für die Sicherung der eigenen territorialen Integrität die ganze Welt mit sich in den Abgrund zu reißen bereit ist. Jedenfalls werden dort die Argumente der NATO ja nicht gehört.

Letztendlich liegt der Schwarze Peter nun auch bei der Ukraine. Russland wird wohl kaum Interesse daran haben, das Land, das sie gerade erobern, und noch einen Teil ihres eigenen dazu, nuklear zu verseuchen. Aber sie sind anscheinend bereit, ein Stück weit das Risiko einzugehen. Die Ukraine muss nun entscheiden, ob sie militärische Stellungen Russlands in Kraftwerksnähe angreifen mögen oder den strategischen Nachteil in Kauf nehmen. Wenn es zur Katastrophe kommt, werden es also wahrscheinlich ukrainische Raketen sein, die das Kraftwerk zerstört haben. Nicht die im Artikel genannten "feindlichen Raketen". Denn die Russen können so ein Kraftwerk sicher auch mit Waffen unter Kontrolle bringen, die die das Risiko für das Kraftwerk eher gering halten.
Etwas zynisch gesagt, der Artikel verdient eine zweite Überschrift: "Und wie die Ukraine der Welt mit einer Atomkatastrophe droht, wenn die NATO ihr nicht zur Hilfe kommt".


Wie der Artikel ja sehr gut darlegt, vertragen sich Kernkraftwerke und Krieg nicht besonders gut. Noch ein weiterer gewichtiger Grund, sich von dieser Technologie möglichst rasch und nachhaltig zu verabschieden.


Viele Grüße!

Henri

Mit deiner Einschätzung gehe ich weitestgehend konform. Nur der letzte Satz scheint mir doch deutlich weltfremd. So sehr man das auch unter dem Gesichtspunkt der Gewalteinwirkung anstreben mag, so unwahrscheinlich ist das langfristig gesehen. Man sieht ja auch schön, wie effektiv es ist, wenn ein Land aus verschiedensten Gründen meint, alleine besser sein zu wollen wie alle anderen, und aus der Kerntechnik aussteigt. So lange die meisten anderen rings herum in dieser Technik aufrüsten, ist man doch trotzdem betroffen, wenn etwas passiert. Und so wünschenswert es ist, dass man die ganze Welt aus erneuerbaren Energiequellen versorgt, so unwahrscheinlich ist das Szenario langfristig. In dichtbesiedelten Ländern wie DE ist bei weitem nicht genug Fläche vorhanden, um alle Energie aus Windrädchen und Solarzellen zu bestreiten, vor allem nicht unter dem Anstieg des Energiebedarfs in Zukunft. Jetzt gibt es natürlich Länder mit deutlich mehr Fläche. Aber wie viel von meiner eingespeisten Solar- oder Windenergie kommt denn nach 2000km oder 3000km Leitungsweg noch an, dort wo man selbige braucht? Oder andersherum: Wieviel Leistung muss denn mehr installiert werden, um das zu kompensieren? Und wie verhält es sich mit dem künftigen Energiebedarf einer steigenden Weltpopulation und fortschreitender Industrialisierung der dritten Welt? Das über ausschließlich erneuerbare Energien abzufahren halte ich für ausgeschlossen (auch aus Ressourcensicht). Machen wir weiter wie bisher und verheizen Kohlenwasserstoffe, so wird der Klimawandel deutlich schneller und deutlich mehr Opfer fordern wie alle Nuklearkatastrophen, auch die zukünftig denkbaren, zusammen. Ergo: Global gesehen und bei rasant steigendem Energiebedarf und Weltbevölkerung ist die verfügbare Energiedichte von erneuerbaren Energiequellen viel zu klein, als dass das auch nur in Ansätzen langfristig für alle funktionieren könnte. Unter Klimagesichtspunkten bleiben also nur Kernkraftwerke mit ausreichend hoher Energiedichte, um den Weltenergiebedarf zu decken. Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich finde, dass man trotzdem den Ausbau erneuerbaren Energien so gut als möglich fortführen sollte, allerdings insgesamt mal aus der Ecke der Ideologie herauskommen muss und etwas realistischer und in größeren Maßstäben denken muss, als das hierzulande seit Jahren politisch motiviert passiert. Und nur, weil DE es vielleicht in vielen Jahren und mit Hilfe ausländischem Atomstrom mal schafft, klimaneutral zu werden, ist das ein Modell, welches nur als Inselvorhaben funktionieren wird...

Das sind nur ein paar Gedanken meinerseits. Ich möchte damit keine Diskussion pro/contra Kernkraft entfachen, sondern nur ein paar Denkanstöße geben. Es darf jeder seine eigenen Ansichten zu diesem Thema haben, welche ich natürlich respektiere.

Grüße Markus

NuclearPhoenix

Zitat von: Henri am 05. März 2022, 12:48
Wie der Artikel ja sehr gut darlegt, vertragen sich Kernkraftwerke und Krieg nicht besonders gut. Noch ein weiterer gewichtiger Grund, sich von dieser Technologie möglichst rasch und nachhaltig zu verabschieden.

Chemiefabriken und Erdölraffinerien zB. vertragen sich mit Krieg auch nicht besonders gut, deswegen gibt es sie trotzdem. Würde man nur Sachen bauen, die "im Krieg" keine Gefahr darstellen, dann müssten wir nicht nur AKWs abbauen...

Henri

Zitat von: etalon am 05. März 2022, 15:27
Mit deiner Einschätzung gehe ich weitestgehend konform. Nur der letzte Satz scheint mir doch deutlich weltfremd.

Ein paar Menschen hatten die Utopie, ein Raumschiff zum Mars zu schicken und dort einen kleinen Roboter umherfahren zu lassen, der Bilder zur Erde funkt. Ein paar Jahre später ist es Realität. Der Mensch begradigt ganze Flüsse, taucht in die tiefsten Bereiche des Meeres, baut Golfplätze in der Wüste.

Die Sonne schickt uns zuverlässig jeden Tag 1000 W/m2 oder mehr Energie in Form von Wärmestrahlung "frei Haus", und Du willst allen Ernstes behaupten, dass die Menschheit es nicht hinbekommen kann, diese sinnvoll zu nutzen und damit ihren Energiebedarf zu decken? OK, weltfremd ist das nicht, das ist Tatsache. Aber man sollte mal der Frage nachgehen, warum das so ist.

In der Ukraine auf den Dörfern haben viele Häuser ein schwarzlackiertes Wasserrohr an der Südseite des Hauses, um warmes Wasser zuzubereiten. Da Heizmaterial teuer ist.
Wer hat denn so was in Deutschland auf dem Dach? Solartechnologie ist ja erst in den letzten Jahren effizienter und bezahlbarer geworden. Aber mit Heißwasserkollektoren hätte man schon vor Jahrzehnten anfangen können. Hat man nicht. Weil die Energie billig aus der Steckdose kommt und Gas einem lange Jahre als "Abfallprodukt" entgegengeschmissen wurde. Oft hat sich das Sammeln und der Verkauf nicht mal gelohnt, sondern man hat es auf den Ölfeldern einfach abgefackelt.

Ich habe gerade ein paar alte Zeitschriften aus den 80ern beim Aufräumen wiedergefunden. Die Schlagzeilen waren die gleichen wie heute: Klimakrise, abschmelzende Pole, und Airbus forscht an Flugzeugen, die mit Wasserstoff fliegen. So viel verlorene Zeit. Glaubt man gar nicht.

Na ja, und zu den Chemiefabriken:

"Wie Russland der Welt mit der Bombardierung einer Chemiefabrik droht"  ??  :unknw:

"Chipfabrik", das würde wahrscheinlich funktionieren, aber aus anderen Gründen  :D

Viele Grüße!

Henri

etalon

Zitat von: Henri am 07. März 2022, 15:45
Zitat von: etalon am 05. März 2022, 15:27
Mit deiner Einschätzung gehe ich weitestgehend konform. Nur der letzte Satz scheint mir doch deutlich weltfremd.
Die Sonne schickt uns zuverlässig jeden Tag 1000 W/m2 oder mehr Energie in Form von Wärmestrahlung "frei Haus", und Du willst allen Ernstes behaupten, dass die Menschheit es nicht hinbekommen kann, diese sinnvoll zu nutzen und damit ihren Energiebedarf zu decken? OK, weltfremd ist das nicht, das ist Tatsache. Aber man sollte mal der Frage nachgehen, warum das so ist.

Ja, leider zeigt uns die (auch von dir zitierte) Vergangenheit genau das, dass die Menschheit das noch nicht mal zum Status quo hin bekommt. Und noch viel weniger werden wir es für die Zukunft hin bekommen. Leider gehen Effizienzsteigerung von Technologien und Energiebedarfswachstum nicht mit der gleichen Geschwindigkeit von statten. Dabei möchte ich Dinge wie Grundlastversorgung, Netzstabilität, Speichermöglichkeit, Ausfallsicherheit, Verfügbarkeit, etc. noch gar nicht mit in die Rechnung aufnehmen. Das ganz große Problem ist die Energiedichte, sprich die erzeugte Leistung/(Fläche*Zeit). Denn genau die dafür aufzuwendende Fläche wird mit zunehmender Bevölkerung und Energiebedarf selbiger mit Urbanflächen und Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung, also zur Ernährung der Bevölkerung, konkurrieren. Wie gesagt, wir als Hochtechnologie-Industrieland bekommen es ja seit Jahren noch nicht mal im Status quo gebacken. Da sehe ich nicht den geringsten Anlass an eine Änderung der Situation in Zukunft zu glauben. Daher bin ich der festen Meinung, dass es die Welt unter Klimagesichtspunkten mittel- und langfristig nicht ohne zusätzliche Kernenergie schaffen wird.

Grüße Markus

Henri

Ich glaube, wir bekommen es nicht gebacken, weil es kein Interesse daran gibt. Wie soll man dann noch Öl verkaufen? Milliarden mit Kraftwerken einnehmen? Der Strom ist so billig, dass die Welt es sich leisten kann, 120 Tera-Wattstunden im Jahr in Bitcoin-Mining zu stecken... Und das ist ja nicht die einzige Crypto-"Währung".

Wenn jedes Hausdach aus Solarzellen und Warmwasser-Kollektoren bestehen würde, sieht es düster aus für einige Länder, die praktisch nur von ihren fossilen Rohstoffen leben.
Die Grundlast kann man hervorragend decken. Es gibt Pumpspeicherwerke, Eisspeicher, Wasserstoff... Und wenn man die Energie dezentral produziert, fällt auch ein Großteil der Leitungsverluste weg. Und natürlich führt auch kein Weg dran vorbei, Energie einzusparen.

Auch bei den mit vertretbarem ökonomischen Aufwand ausbeutbaren Uranvorkommen sind wir mittlerweile über den Peak (ich glaube, in 15 oder 20 Jahren ist Schluss, wenn ich mich recht erinnere), und der Müll wird immer mehr und mehr und eigentlich weiß es jeder, aber niemand traut sich auszusprechen, dass es nie ein Endlager dafür geben wird, das ihn sicher verwahren kann.

An Sonnenenergie führt kein Weg vorbei, wenn die Menschheit nicht untergehen will - es ist geradezu absurd, sie nicht zu nutzen. Statt den wartungsfreien immer verlässlich arbeitenden Fusionsreaktor in sicherer Entfernung oben am Himmel zu nutzen, den die Natur uns geschenkt hat, will man sich einen eigenen auf der Erde bauen. Klar, da stecken Arbeitsplätze dran, nicht nur für den Aufbau und Betrieb, sondern auch für diejenigen, die in Forschung und Entwicklung beschäftigt sind, und einige wenige Betreiber können später eine Menge daran verdienen. Wenn man auch nur einen Bruchteil der Forschungsbemühungen, die in Kernkraft oder Fusionsreaktoren oder Weltraumtechnik geflossen ist, in die Nutzbarmachung der Sonnenenergie investiert hätte, wäre das Versprechen aus den Anfängen der Kernkraft jetzt Wahrheit: dass niemand mehr was für Strom bezahlen müsste. Und Klimawandel wäre kein Thema. Aber Forschungsgelder wachsen ja nicht auf Bäumen...

Ich gebe zu, es ist ein wenig weltfremd, anzunehmen, dass die Menschheit nicht untergehen wird. Wenn ich mir die Fortschritte in den letzten 40 Jahren und die Geschichte mit dem Bitcoin-Mining so anschaue.

Viele Grüße!

Henri

etalon

Ich gebe dir ja mit allem was du sagst recht, aber das ist eben die ureigene Sicht durch die deutschen Wohlstandsbrille.

Zitat von: Henri am 07. März 2022, 16:41
Ich glaube, wir bekommen es nicht gebacken, weil es kein Interesse daran gibt. Wie soll man dann noch Öl verkaufen? Milliarden mit Kraftwerken einnehmen? Der Strom ist so billig, dass die Welt es sich leisten kann, 120 Tera-Wattstunden im Jahr in Bitcoin-Mining zu stecken... Und das ist ja nicht die einzige Crypto-"Währung".

Wenn jedes Hausdach aus Solarzellen und Warmwasser-Kollektoren bestehen würde, sieht es düster aus für einige Länder, die praktisch nur von ihren fossilen Rohstoffen leben.
Die Grundlast kann man hervorragend decken. Es gibt Pumpspeicherwerke, Eisspeicher, Wasserstoff... Und wenn man die Energie dezentral produziert, fällt auch ein Großteil der Leitungsverluste weg. Und natürlich führt auch kein Weg dran vorbei, Energie einzusparen.

Glaubst du wirklich, dass das mit Solarzellen und Windrädchen anders ist? Diese Technologien gibt es ausschließlich nur in den Ländern, welche es sich leisten können, gebaut von Unternehmen, welche damit, auch subventionsgetragen, krachende Gewinne einfahren. Wo sind denn die Solarzellen in Zentralafrika? Die Windparks samt Infrastruktur in Kambodscha? Wie bestreitet denn China und Indien ihren wirtschaftlichen Aufstieg zum Industrieland? Nur mit Solarzellen und Windrädchen? Wie viele Haushalte in Nepal werden mit Solarstrom und Windkraft versorgt, und das nicht nur für eine Stunde pro Tag?

Wo sind denn die Pumpspeicherkraftwerke in DE? Und die Eisspeicher? Und der Wasserstoff? Das sind alles Technologien, für die entweder die geologischen Gegebenheiten und der Wille der Bevölkerung vorhanden sein müssen, oder aber noch so am Anfang der Forschung stecken, dass es noch Jahre bis zur Marktreife in großen Maßstäben dauern wird - natürlich ergebnisoffen. Und auch diese Forschung wird nur in wenigen Ländern gestützt von Unternehmen stattfinden, welche sich davon versprechen, hinterher den großen Reibach damit zu machen. Das können wir drehen und wenden wie wir wollen es wird keiner aus Gründen der Wohlfahrt einen Finger krumm machen.

Und was den Bitcoin betrifft, so sind es auch nur sehr wenige Länder, in denen das geschürft wird, und das auch nur von wenigen Leuten und niemals Bevölkerungsdeckend. Ich glaube nicht, dass in Mali viele Leute sitzen und Bitcoins schürfen. Und wenn doch, dann haben sie jeden einzelnen auch wirklich verdient... :))

Zitat von: Henri am 07. März 2022, 16:41
Auch bei den mit vertretbarem ökonomischen Aufwand ausbeutbaren Uranvorkommen sind wir mittlerweile über den Peak (ich glaube, in 15 oder 20 Jahren ist Schluss, wenn ich mich recht erinnere), und der Müll wird immer mehr und mehr und eigentlich weiß es jeder, aber niemand traut sich auszusprechen, dass es nie ein Endlager dafür geben wird, das ihn sicher verwahren kann.

An Sonnenenergie führt kein Weg vorbei, wenn die Menschheit nicht untergehen will - es ist geradezu absurd, sie nicht zu nutzen. Statt den wartungsfreien immer verlässlich arbeitenden Fusionsreaktor in sicherer Entfernung oben am Himmel zu nutzen, den die Natur uns geschenkt hat, will man sich einen eigenen auf der Erde bauen. Klar, da stecken Arbeitsplätze dran, nicht nur für den Aufbau und Betrieb, sondern auch für diejenigen, die in Forschung und Entwicklung beschäftigt sind, und einige wenige Betreiber können später eine Menge daran verdienen. Wenn man auch nur einen Bruchteil der Forschungsbemühungen, die in Kernkraft oder Fusionsreaktoren oder Weltraumtechnik geflossen ist, in die Nutzbarmachung der Sonnenenergie investiert hätte, wäre das Versprechen aus den Anfängen der Kernkraft jetzt Wahrheit: dass niemand mehr was für Strom bezahlen müsste. Und Klimawandel wäre kein Thema. Aber Forschungsgelder wachsen ja nicht auf Bäumen...

Das glaube ich nicht, dass wir einen wie auch immer gearteten Peak erreicht haben. Das wurde von Öl auch schon vor Jahren behauptet. Letztlich ist es nur eine Frage des Marktpreises, ab wann welches Vorkommen wieder rentabel abbaubar wird. Alleine im Meerwasser ist so viel Uran gelöst, dass es für mehrere Menschheiten reichen würde. Da sehe ich keine Versorgungsengpässe.

Auch die Geschichte mit den Endlagern ist eine rein politische, wo wir wieder beim Wohlstandsproblem wären. Es ist überhaupt kein Problem, das Zeug in geologisch stabilen Regionen entsprechend tief zu vergraben. Das ist doch alles nur eine Frage der Risikoabschätzung, und da sind wir in Deutschland leider in so absurden Bereichen angekommen, welche wir uns auch nur aufgrund unseres Wohlstands leisten können. Wir haben Angst davor, was passiert, wenn die Behälter nach 10000 Jahren zum Lecken anfangen und dann das Zeug langsam nach weiteren 100000 Jahren über das Grundwasser ins Trinkwasser gelangt. Mal davon abgesehen, dass es durch den radioaktiven Zerfall über diese Zeitspannen immer weniger wird. Glaubst du nicht, dass die Menschen in Zentralafrika schon heute liebend gerne eine verlässliche Trinkwasserversorgung akzeptieren würden, auch wenn im Wasser ein paar ppm Quecksilber, Blei, Americium und Plutonium wären? Selbst wenn es so viel ist, dass es die Menschen im Mittel zehn Lebensjahre ihrer Lebenserwartung kostet, im Moment sind sie nach ein paar Tagen bis Wochen tot, weil sie gar kein Wasser haben. Was glaubst du, für was sich diese Menschen entscheiden würden, wenn sie die Wahl hätten? Du sagst jetzt wahrscheinlich: ja, das ist ja in Afrika und weit weg! Richtig. Aber nicht mehr lange. Und auch heute schon auf beliebig viele Gebiete in verschiedenen Stadien erweiterbar. Es wird auch bei uns so kommen, dass Trinkwasser zum Luxusgut wird, nur dauert es halt aufgrund klimatischer Umstände noch ein wenig. Das Müllproblem ist technisch lösbar. Ob es politisch gewollt ist, hängt davon ab, welche Risikoabwägung sich eine Gesellschaft leisten kann oder will.

Die Solartechnik ist soweit ich weiß für den Weltraum entwickelt worden. Wir ziehen also aus der Entwicklung der Raumfahrt in diesem Bereich schon einen großen Nutzen. Wenn es so einfach wäre, dann hätten wir das von dir gewünschte Szenario in Deutschland schon lange. Aber auch das hinkt wieder an der Stelle, dass nur jemand darin investiert, der sich daraus einen entsprechenden Gewinn erhofft, und damit auch nur der Teil der Bevölkerung, der es sich leisten kann. Sag mal der alleinerziehenden Mutter mit zwei 450 Euro Jobs, sie soll sich Solarzellen auf ihr Eigenheimdach bauen, welches sie natürlich nicht hat, am besten in einem Wohnblock, Plattenbau, 6. Stock, sonst geht bei ihr Licht, Kühlschrank und Herd nicht mehr. Ich glaube, da wirst du nicht auf großes Verständnis stoßen. Sag mal BMW, Daimler, Audi, etc. sie dürfen ab morgen nur noch mit Solarstrom produzieren, oder von mir aus bis in zehn Jahren. Selbst wenn sie jeden Winkel ihrer Produktionshallen mit Solarzellen tapezieren (und das kostet bei den Flächen richtig Geld), werden sie daraus niemals so viel Energie gewinnen, wie sie es zuverlässig für ihre Produktion brauchen. Von Konkurrenzfähigkeit wollen wir da noch gar nicht sprechen.

Wir können das drehen und wenden wie wir wollen, das wird nichts mehr. Selbst wenn es noch so wünschenswert wäre, es ist weder technisch, noch marktwirtschaftlich weltweit realistisch. Ich kann mich da nur wiederholen: Die Menschheit schafft das noch nicht mal im Status quo. Wie sollen sie es bei steigender Weltbevölkerung und Energieverbrauch schaffen? Ich bin da voll bei dir, dass wir die erneuerbaren Energien so gut wie möglich nutzen sollten. Aber auf ein Szenario zu hoffen, dass die ganze Welt nur mit erneuerbaren Energien klimaneutral ihren Energiebedarf decken kann, halte ich für komplett weltfremd.  :unknw:

Grüße Markus

ThomasS

Ich probiere jeder Krise etwas positives abzugewinnen.
Covid-19 war ein Katalysator (sprich: Tritt in den Hintern) für Digitalisierungsprozesse in Betrieben und Ämtern.
Der tragische Krieg in der Ukraine wird ein entsprechender Katalysator sein um unsere Abhängigkeit von fossilen Energiequellen beschleunigt zu verringern.
Das wird nicht von heute auf morgen passieren, aber es wird passieren, ohne neue Kernkraftwerke.
Neue Kernkraftwerke sind nicht konkurrenzfähig, da zu teuer. Der neulich in Finnland ans Netz gegangene Meiler hat schlappe 11 Milliarden gekostet.
Und den strahlenden Abfall einfach verbuddeln halte ich für eine ,,Nach mir die Sintflut" Mentalität.
Auch Kernfusion ist ein Fass ohne Boden.
Thema Sicherheit: Die Saboteure vom Atommeiler Doel 4 in 2014 laufen immer noch auf freien Füßen☹
https://kraz-ac.de/sabotage-2014-im-akw-doel-4-nach-wie-vor-nicht-aufgeklaert-6026
"Price is only an issue in the absence of value" - W. Buffett

opengeiger.de

Es mehren sich ja die Anzeichen, dass es mittlerweile erhebliche Probleme mit dem Personal in Tschernobyl gibt, weil der Schichtwechsel von den russischen Besatzern nicht erlaubt wird. Zudem scheint der Remote Kommunikations-Zugang der IAEA zu den Messsystemen vor Ort nicht mehr zu funktionieren. So kann man es jedenfalls auf der News-Seite der IAEA von gestern lesen:

https://www.iaea.org/newscenter/pressreleases/update-15-iaea-director-general-statement-on-situation-in-ukraine

Die ODL Sonde aus Tschernobyl hat sich das letzte Mal am 4.3. um 6h morgens mit 191nSv/h gemeldet.