Physikunterricht und niedrige Freigrenzen...

[Henri]

...
Ich hoffe, Du hast ihnen dann noch was über Geometriefaktoren und Selbstabsorption erzählt.

Nein, Geometriefaktor und Selbstabsorption kamen bei unseren Schülerseminaren in der Einführung nicht vor. Viele Schüler hatten von den Eigenschaften der Radioaktivität bzw. deren Strahlung und Nachweis wenig bis keine Ahnung, weil wird ja in den Schulen kaum noch angesprochen. Die Teilnehmer bzw.Lehrkräfte erwarteten, diese Erkenntnisse in den Praktika zu erfahren. Lediglich das Abstandsquadratgesetz und die Absorption durch verschiedene Materialien und Schichtdicken wurden auch experimentell ermittelt.

Norbert

Wie viele Stunden dauerte denn so eine Veranstaltung bei euch?

In Hamburg gibt es etwas ähnliches:

https://www.desy.de/schule/schuelerlabore/standort_hamburg/radioaktivitaet/index_ger.html

Es gibt 5 Experimente zur Auswahl, von denen aber anscheinend jeder Schüler aus Zeitgründen nur eines machen kann (siehe "Mappe", die dort heruntergeladen werden kann). Die Experimente sind allerdings ziemlich "basic", und mich erstaunt, dass man so was nicht mehr bei sich an der Schule macht, sondern dafür einen Termin in einem Forschungszentrum buchen muss. Aber ein Ausflug ist natürlich immer was schönes, und es gibt auch eine Nebelkammer zu bestaunen. Für die Experimente wird ein Ra-226 Stift mit 3,3 kBq und ein Pa-243m-Generator (45 kBq) sowie Diät-Salz verwendet.

[NoLi]

Wie viele Stunden dauerte denn so eine Veranstaltung bei euch?
...

Die ganze Veranstaltung für die 9. Klassen dauert regulär zwischen 09:00 Uhr und 13:30 Uhr bis 14:00 Uhr (je nach Umfangswunsch). Für die Klassen 10 bis 12 (Oberstufen) gibt es auf Wunsch ganztägige bis mehrtägige Seminare mit Vorlesungen, Diskussionen, Praktika und Besichtigungen von Anlagen auf dem Uni-Gelände.

Alle 9. Klasse Seminare umfassen anfangs eine 45 min Einführung mit Demos zur Radioaktivität und Strahlenschutz, um die Schüler auf einen (Gleich)Stand zu bringen, um die Praktika durchführen und verstehen zu können. Anschliessend erfolgen für jede Schülergruppe Versuche zu
- Nulleffekt.
- Abstandsquadrat.
- Abschirmung mit verschiedenen Materialien gleicher Dicke.
- Abschirmung zur Ermittlung der Halbwertsdicke.
- Dosisleistung und Dosisermittlung.
- Nebelkammer.

Für die Oberstufen gibt es zusätzlich Praktika zu
- Strahlenmesstechnik, diverse Geräte und Detektoren.
- Absorption von Gamma-Strahlung mit Cs-137 und Co-60 (verschiedene Materialien, Halbwertsdicke).
- Eigenschaften von Neutronen und Neutronenmessung.
- Neutronenabsorption.
- eventuell bestimmtes Wunschthema.

Die Gruppengröße umfasst i.d.R. drei Personen, es können bis zu 12 Gruppen gleichzeitig am gleichen Versuchsthema experimentieren.

Norbert

[DG0MG]

Bloß mal zum Vergleich was in der DDR so im Physikunterricht an Experimenten zur Kernphysik gemacht wurde. Es gab ähnliche Lehrmittel wie heutzutage von Phywe oder Leybold, einen Universalzähler mit Nixie-Röhren ("POLYDIGIT 1"), der für allerlei Physikexperimente zu gebrauchen war (Zeitmessung, Frequenzmessung, Ereigniszählung) und dann jeweils Zusatzgeräte: Lichtschranke zur Zeitmessung, Kontaktgeber für einen Fallversuch und ein Netzteil für ein Geiger-Müller-Zählrohr mit Lautsprecher, das man auch immer mal auf ebay findet. Dazu dann Zählrohre in Glasausführung länglich, mit Endfenster und SBM-20-like.

Irgendein ehrenhafter Mensch hat die Versuchsanleitung für den POLYDIGIT eingescannt und bei archive.org verfügbar gemacht (~100 MB!): https://ia801006.us.archive.org/13/items/digitalzaehlerpolydigit1versuchsanleitung/Digitalzaehler_Polydigit_1_Versuchsanleitung.pdf

Das Inhaltsverzeichnis:

3.2 Experimente zur Kernphysik................................................... 43-46
3.2.1 Nachweis der radioaktiven Strahlung - Aufnahme der Zählrohrcharakteristik.. 47-49
3.2.2 Bestimmung des Nulleffekts................................................. 49-50
3.2.3 Zählstatistik.............................................................. 51-53
3.2.4 Längsempfindlichkeit eines Halogenzählrohres............................... 53-56
3.2.5 Abstandsgesetz............................................................. 56-58
3.2.6 Beta-Absorption............................................................ 59-62
3.2.7 Rückstreuung............................................................... 62-65
3.2.8 Ablenkung der Beta-Strahlung im Magnetfeld................................. 66—67
3.2.9 Selbstabsorption........................................................... 63-69
3.2.10 Dickenmessungen........................................................... 69
3.2.11 Füllstandsmessungen....................................................... 70
3.2.12 Gamma-Defektoskopie....................................................... 71
3.2.13 Hinweise auf weitere Experimente zur Kernphysik........................... 71

Dazu gehörte noch ein standardisierter Satz Strahler ("Unterrichtssatz Typ UA") der DDR-Firma Isocommerz, in jeder polytechnischen Schule der DDR der gleiche. Er enthielt Cs-137, Co-60, Kr-85 und Na-22 als farblich unterschiedlich markierte Stifte in einem Abschirmbehälter.

[Henri]

Die ganze Veranstaltung für die 9. Klassen dauert regulär zwischen 09:00 Uhr und 13:30 Uhr bis 14:00 Uhr (je nach Umfangswunsch). Für die Klassen 10 bis 12 (Oberstufen) gibt es auf Wunsch ganztägige bis mehrtägige Seminare mit Vorlesungen, Diskussionen, Praktika und Besichtigungen von Anlagen auf dem Uni-Gelände.

Alle 9. Klasse Seminare umfassen anfangs eine 45 min Einführung mit Demos zur Radioaktivität und Strahlenschutz, um die Schüler auf einen (Gleich)Stand zu bringen, um die Praktika durchführen und verstehen zu können. Anschliessend erfolgen für jede Schülergruppe Versuche zu
- Nulleffekt.
- Abstandsquadrat.
- Abschirmung mit verschiedenen Materialien gleicher Dicke.
- Abschirmung zur Ermittlung der Halbwertsdicke.
- Dosisleistung und Dosisermittlung.
- Nebelkammer.

Für die Oberstufen gibt es zusätzlich Praktika zu
- Strahlenmesstechnik, diverse Geräte und Detektoren.
- Absorption von Gamma-Strahlung mit Cs-137 und Co-60 (verschiedene Materialien, Halbwertsdicke).
- Eigenschaften von Neutronen und Neutronenmessung.
- Neutronenabsorption.
- eventuell bestimmtes Wunschthema.

Die Gruppengröße umfasst i.d.R. drei Personen, es können bis zu 12 Gruppen gleichzeitig am gleichen Versuchsthema experimentieren.

Norbert

Oh. Das klingt ziemlich gut! 

[Radium]

...
Ich hoffe, Du hast ihnen dann noch was über Geometriefaktoren und Selbstabsorption erzählt.

Nein, Geometriefaktor und Selbstabsorption kamen bei unseren Schülerseminaren in der Einführung nicht vor. Viele Schüler hatten von den Eigenschaften der Radioaktivität bzw. deren Strahlung und Nachweis wenig bis keine Ahnung, weil wird ja in den Schulen kaum noch angesprochen. Die Teilnehmer bzw.Lehrkräfte erwarteten, diese Erkenntnisse in den Praktika zu erfahren. Lediglich das Abstandsquadratgesetz und die Absorption durch verschiedene Materialien und Schichtdicken wurden auch experimentell ermittelt.

Norbert

Wie viele Stunden dauerte denn so eine Veranstaltung bei euch?

In Hamburg gibt es etwas ähnliches:

https://www.desy.de/schule/schuelerlabore/standort_hamburg/radioaktivitaet/index_ger.html

Es gibt 5 Experimente zur Auswahl, von denen aber anscheinend jeder Schüler aus Zeitgründen nur eines machen kann (siehe "Mappe", die dort heruntergeladen werden kann). Die Experimente sind allerdings ziemlich "basic", und mich erstaunt, dass man so was nicht mehr bei sich an der Schule macht, sondern dafür einen Termin in einem Forschungszentrum buchen muss. Aber ein Ausflug ist natürlich immer was schönes, und es gibt auch eine Nebelkammer zu bestaunen. Für die Experimente wird ein Ra-226 Stift mit 3,3 kBq und ein Pa-243m-Generator (45 kBq) sowie Diät-Salz verwendet.

Was ist denn Diät-Salz? Davon habe ich noch nie gehört. Ist da K-40 drin?

[Oliver]

...
Ich hoffe, Du hast ihnen dann noch was über Geometriefaktoren und Selbstabsorption erzählt.

Nein, Geometriefaktor und Selbstabsorption kamen bei unseren Schülerseminaren in der Einführung nicht vor. Viele Schüler hatten von den Eigenschaften der Radioaktivität bzw. deren Strahlung und Nachweis wenig bis keine Ahnung, weil wird ja in den Schulen kaum noch angesprochen. Die Teilnehmer bzw.Lehrkräfte erwarteten, diese Erkenntnisse in den Praktika zu erfahren. Lediglich das Abstandsquadratgesetz und die Absorption durch verschiedene Materialien und Schichtdicken wurden auch experimentell ermittelt.

Norbert

Wie viele Stunden dauerte denn so eine Veranstaltung bei euch?

In Hamburg gibt es etwas ähnliches:

https://www.desy.de/schule/schuelerlabore/standort_hamburg/radioaktivitaet/index_ger.html

Es gibt 5 Experimente zur Auswahl, von denen aber anscheinend jeder Schüler aus Zeitgründen nur eines machen kann (siehe "Mappe", die dort heruntergeladen werden kann). Die Experimente sind allerdings ziemlich "basic", und mich erstaunt, dass man so was nicht mehr bei sich an der Schule macht, sondern dafür einen Termin in einem Forschungszentrum buchen muss. Aber ein Ausflug ist natürlich immer was schönes, und es gibt auch eine Nebelkammer zu bestaunen. Für die Experimente wird ein Ra-226 Stift mit 3,3 kBq und ein Pa-243m-Generator (45 kBq) sowie Diät-Salz verwendet.

Was ist denn Diät-Salz? Davon habe ich noch nie gehört. Ist da K-40 drin?

Ja, statt NaCl ist Diätsalz KCl. Die Aktivität ist mit recht einfachen Mitteln nachweisbar.

[NoLi]

Was ist denn Diät-Salz? Davon habe ich noch nie gehört. Ist da K-40 drin?

Diät-Salz ist Würzsalz für Menschen, die wegen Hypertonie (hoher Blutdruck) kein Natriumchlorid zu sich nehmen dürfen, und besteht in der Regel aus 86 % Kaliumchlorid. Der Rest (14 %) sind Inhibitatoren, die ein verklumpen des hygroskopischen Salzes im Speicherbehälter weitestgehend verhindern und dieses damit rieselfähig halten.

Norbert

[Radium]

Also ein guter Prüfstrahler für empfindliche Messgeräte 

[DL8BCN]

Ich denke, es gibt die gleichen Probleme im Umgang mit Lasern in den Schulen.
Ich befürchte, da darf heute noch nicht mal ein Laserpointer mehr verwendet werden.
Weil später alle die Schule verklagen, weil sie angeblich ein Loch in der Netzhaut haben...

[DL3HRT]

Wobei ich bei Laserpointern tatsächlich die größere Gefahr gegenüber Radioaktivität sehe, denn es gibt reichlich Produkte mit mehreren mW Leistung. Gepaart mit dem natürlichen Spieltrieb kann das schon problematisch sein.

[DL8BCN]

Das stimmt natürlich!

[Radium]

Zu Lasern kann ich aus Erfahrung sagen, dass es sehr einfach ist, eine 4700 mW Laserdiode samt passenden Kühlkörpern und Treiber für unter 50€ zu bekommen. Wenn so etwas in falsche Hände fällt, ist dass viel schlimmer als ein versiegelter Strahler mit höherer Aktivität, da man mit dem Laser auch auf große Entfernung sehr leicht Leute erblinden kann, wenn man den Strahl auf sie richtet. Von Flugzeuge blenden reden wir erst gar nicht