Lutetium-Kalium Aktivitäts-Kalibrierung

Begonnen von opengeiger.de, 22. November 2021, 09:35

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opengeiger.de

Nachdem nun doch so viele sich einen Lutetium-Oxid Referenzstrahler besorgen wollen  :good2:, lohnt es sich vielleicht doch einen Algorithmus zur Aktivitäts-Kalibrierung basierend auf Lu2O3 und KCl zu entwickeln und der Community zur Verfügung zu stellen. Ich will das mal versuchen. Ziel dabei wäre es basierend auf den beiden primordialen Radionukliden Lu176 und K40 und deren Gamma-Linien die Detektoreffizienz abzuschätzen um damit dann die unbekannte Aktivität einer Probe zum Beispiel von Pilzen, die mit Tschernobyl-Cäsium belastet sind, grob zu bestimmen.

Wenn wir ein Spektroskopie-Gerät mit idealer Detektoreffizienz von 1 über alle interessierenden Energien hätten, dann würden wir ja bei ungefähr gleicher Probengeometrie und Proben-Dichte die beiden Lu176-Linien bei 202keV und 307keV sowie die K40 Linie bei 1461keV mit Peak-Höhen sehen, welche zur Aktivität der Probe in Bq mal der Emissionswahrscheinlichkeit für die Linien proportional wäre. Die Emissionswahrscheinlichkeit der 202keV Line von Lu176 ist 78%, die bei 307keV ist 93.6% und die K40 Linie bei 1461keV hat die Wahrscheinlichkeit von 10.66% (Quelle: IAEA). Leider hat aber so ein Detektor immer diese recht unangenehme Nicht-Linearität in der Zahl an Counts, die er pro Energie-Bin liefert, die sehr stark an eine exponentiell fallende Funktion erinnert, eben die Detektor-Effizienz. Diese Effizienzfunktion hängt am Material des Detektors, der Detektorgröße und Geometrie. Ganz krass sieht das beim Radiacode-101 aus mit seinem 1cm^3 großen CsJ Kristall, da erscheint die 202keV Linie des Lu2O3 höher als die 307keV Linie, während man mit einem 2.5"x2.5" NaJ Detektor schon fast das ideale Linienverhältnis der 307keV zur 202keV Linie von 1.2 sieht, was man mit dem idealen Detektor bekäme.  Diese nicht-lineare Detektor Effizienz könnte man nun mit Hilfe einer Kalibrierung mit bekannten Proben kompensieren. Das wird auch in vielen universitären Einrichtungen oder den entsprechenden Behörden so gemacht. Man bekommt aus der Kalibrierung also eine zur Detektor-Effizienz inverse Funktion, die bei Multiplikation dann im besten Fall die ideale Effizienz von 1 für jede Energie ergibt.

Um zu dieser Kalibrierung zu kommen, würde ich dazu nochmal den Vorschlag von Noli aufgreifen, eine Kalibriergerade aus den Lu176-Linien und der K40 Linie zu berechnen. So eine Kalibriergerade bekäme man natürlich nur hin, wenn man die Detektoreffizient in einem Log-Log Plot darstellt. Liest man sich einige Papers aus dem akademischen Milieu durch, dann stellt man fest, dass die meisten Promovierenden von einer quadratischen Approximation in der Log-Log Darstellung der Detektor-Effizienz ausgehen. Um dafür alle Koeffizienten zu berechnen, bräuchte man 3 Linien oder mehr und eine polynomische (multivariate) Regression. Das wäre als Funktion sogar noch in Excel eingebaut, man könnte das also einfach bewerkstelligen. Allerdings wenn ich mir die Kurven der Hersteller (z.B. Ortec) so anschaue, dann sieht man eigentlich, dass die Kurven für unterschiedliche NaJ Detektor-Größen im Log-Log Plot auch ziemlich gut noch mit Geraden darstellbar sind. Man könnte also durchaus von einer Regressions-Geraden ausgehen, welche bestmöglich durch alle 3 Linien geht oder noch einfacher, eine Gerade, die man z.B. durch die 307keV Linie des Lu176 und durch die 1461keV K40 Linie im log-log Plot legt. Wenn also y die Funktion der Detektor-Effizienz wäre, dann bekämen wir so die Kurve y = exp(a)*E^b gefittet, und wir könnten a und b aus den beiden Peaks bei 307keV (Lu2O3 Probe) und 1461keV (KCl-Probe) sogar noch händisch berechnen. Würde das so für ne grobe Abschätzung Sinn machen?   :pardon:   

Curium

Ich habe das schon mal für Kalium und Caesium versucht mit 2,5Zoll, mit Beqmoni und natürlich abgezogenem Hintergrund, in Beqmoni
kann man den Bereich unter dem Photopeak gut quantifizieren. Habe es aber nicht weiterverfolgt, da bei Kalium nur 25%
der Counts unter dem Photopeak lagen, der Rest lag verstreut im Compton. Das kann ja wohl nicht sein, die Peak to Total ratio solle doch viel höher für Kalium bei 2,5Zoll sein. An was liegt das???
Meine Erklärung wäre nur, dass da betas das ganze verwässern, deshalb werde ich es nochmal mit 12mm Plexiglas wiederholen.
Ich dachte die Sonde mit Alubecher würde das ßeta genügend abschirmen???
Was denkt Ihr dazu??

DL3HRT

Ich hatte mir vor langer Zeit eine KCl-Referenzstrahler nach diesem Prinzip gebastelt: http://www.chetan.homepage.t-online.de/sonstig/KCL_PR1.HTM

Dazu wurde eine definierte Menge KCl auf einer definierten Fläche möglichst gleichmäßig und dünn verteilt und mit Haushaltfolie abgedeckt. Dazu hatte ich mir aus Pappe einen passenden Rahmen gebastelt, welcher eine gute Begrenzung ergab.

So etwas wäre doch prinzipiell auch für Lutetiumoxid denkbar? Man könnte den Referenzstrahler dann auch für Zählrohre verwenden (Beta und Gamma) und mit einem Betaabsorber für Gammaspektrometer. Was meint ihr?

Henri

Zitat
Meine Erklärung wäre nur, dass da betas das ganze verwässern, deshalb werde ich es nochmal mit 12mm Plexiglas wiederholen.
Ich dachte die Sonde mit Alubecher würde das ßeta genügend abschirmen???
Was denkt Ihr dazu??

Na ja, die Becher haben ja nur 1-1,5mm Wandstärke an Alu. Die sollen ja auch noch möglichst viel von den niedrigen Gamma-Energien durchlassen, je nach Anwendungszweck halt. Es gibt aber z.B. auch Sonden von Ludlum, die haben eine ziemlich dicke Alu-Absorberscheibe vor dem Kristall (kann man rausnehmen, was natürlich praktisch ist). Man sieht auch hier, es ist immer wichtig, genau für den gewünschten Anwendungszweck sein Equipment auszuwählen.

Ich habe z.B. einen kleinen Integral-Detektor, in dem ein Bleiabsorber fest eingebaut ist. Unter 200 keV ist der praktisch taub, aber dafür weniger energieabhängig als andere Detektoren. Ursprünglich war das wohl mal dafür gedacht, die niedrigen Energien rauszufiltern, die nur den Hintergrund erhöhen, während der für die Messaufgabe interessante Bereich etwas darüber gelegen haben muss. Da der Kristall klein ist und quadratisch, vermute ich, dass er aus einem PET-Scanner stammt.  Nur kann man das Blei hier halt nicht entfernen, schade...

Also, durch einen normalen dünnen Alu-Becher geht sicherlich schon noch einiges an Beta durch... Deshalb sind Marinelli-Geometrien ja auch etwas mit Vorsicht zu genießen.

Viele Grüße!

Henri

NoLi

Zur vollständigen Beta-Absorption sind 3 - 4 mm Alu notwendig.

Gruß
Norbert

NoLi

Zitat von: DL3HRT am 22. November 2021, 10:53
Ich hatte mir vor langer Zeit eine KCl-Referenzstrahler nach diesem Prinzip gebastelt: http://www.chetan.homepage.t-online.de/sonstig/KCL_PR1.HTM

Dazu wurde eine definierte Menge KCl auf einer definierten Fläche möglichst gleichmäßig und dünn verteilt und mit Haushaltfolie abgedeckt. Dazu hatte ich mir aus Pappe einen passenden Rahmen gebastelt, welcher eine gute Begrenzung ergab.

So etwas wäre doch prinzipiell auch für Lutetiumoxid denkbar? Man könnte den Referenzstrahler dann auch für Zählrohre verwenden (Beta und Gamma) und mit einem Betaabsorber für Gammaspektrometer. Was meint ihr?

Prinzipiell geht dies, aber die Effizienz des Detektor sinkt gegenüber einer Marinelli-Struktur oder Becher-/Fläschchenstruktur deutlich ab. Und die Messproben müssten dann auch alle platt sein... ;D
Besser wäre ein Kunststoffschüsselchen mit wasserdichten Deckel im Durchmesser des Kristalls bzw der Kristallumhüllung und einer Füllhöhe von einigen cm. Oder z.B. eine 50 ml oder 100 ml Kautexflasche.

Gruß
Norbert

opengeiger.de

So nun hab ich die Methodik einer solchen Lutetium-Kalium Kalibrierung mit 10g Lu2O3 und 100g KCl zusammengeschrieben und beispielhaft mit einer Aktivitätsbestimmung für Cs137 in einem kleinen Excel Sheet durchgerechnet (siehe pdf und geziptes Excel im Anhang).

Kann man der Vorgehensweise folgen?

Rein theoretisch könnte man die geometrische Vergleichbarkeit der beiden Kalibrierproben doch auch erreichen, wenn man 10g Lu2O3 gut mit 100g KCl in einer Probe vermischen würde und dann so die Lu176 und K40 Peaks aus einer Messung bekäme, oder nicht?

Wäre schön, wenn wir die Ergebnisse der Kalibrierungen von einigen Anlagen zusammenbekämen um in etwa die Messfähigkeiten der Community abschätzen zu können. Das wäre dann also quasi ein Ringversuch, sobald jeder sein Lutetiumoxid bekommen hat.  :clapping:


NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 24. November 2021, 22:16
Rein theoretisch könnte man die geometrische Vergleichbarkeit der beiden Kalibrierproben doch auch erreichen, wenn man 10g Lu2O3 gut mit 100g KCl in einer Probe vermischen würde und dann so die Lu176 und K40 Peaks aus einer Messung bekäme, oder nicht?
Nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch... :)
Solche Mischnuklid-Standardstrahler für Efficiency-Kalibrierungen werden auch von Eckert + Ziegler in verschiedenen Ausführungen, z. B. in Kautexflaschen unterschiedlicher Größen, angeboten, um den Geometriefaktor zu berücksichtigen.

Zitat von: opengeiger.de am 24. November 2021, 22:16
Wäre schön, wenn wir die Ergebnisse der Kalibrierungen von einigen Anlagen zusammenbekämen um in etwa die Messfähigkeiten der Community abschätzen zu können. Das wäre dann also quasi ein Ringversuch, sobald jeder sein Lutetiumoxid bekommen hat.  :clapping:
Variante: EINEN Mischstandard herstellen und diesen jedem Teilnehmenden für ein paar Tage zur Analyse zusenden. Danach die Ergebnisse zusammenfassen und diskutieren ("Soll/Ist"-Vergleich).

Gruß
Norbert

Peter-1

@ Bernd

ich will mir jetzt nicht noch Lutetiumoxid zulegen, habe aber 5 Gramm Lu-Metall. Wäre das auch damit machbar? Gibt eine andere Umrechnung.

Gruß
Peter
Gruß  Peter

opengeiger.de

Man kann natürlich auch Lu-nat. als Referenzquelle nehmen. Die spezifische Aktivität von Lu-nat. ist 51.39Bq/g also zunächst mal etwas höher als die von Lu2O3. Die Eigenabsorption dürfte allerdings wegen der hohen Dichte (9.84g/cm^3) auch höher sein. Wenn man allerdings viele kleine Klümpchen in einem Fläschen hat ist, schlägt dieser Effekt vielleicht nicht so sehr zu Buche.   

Genauso kann man natürlich ein anderes Kaliumsalz nehmen. Ich habe im Anhang mal für die wichtigsten Kalium-Salze die spezifische Kaliumaktivität aufgelistet. Dann muss man eben die Aktivität der Referenzquelle damit aus der Menge (Gewicht) die man hat ausrechnen. Etwas ungeschickt ist bei den Kaliumsalzen, dass sie hygroskopisch und nicht immer so gesund sind. Allerdings bei Pottasche (Kalium-Carbonat) kann man nicht allzu viel falsch machen. Das ist ja ein altes Backtriebmittel und wird gerade jetzt zur Lebkuchen-Zeit viel in Reformhäusern und Naturkostläden angeboten, denn was alt-bewährt ist, ist ja auch gesund!  :D

Die Nummer 1 der Liste, Kaliumdioxid ist schwer zu bekommen, Kaliumfluorid ist giftig, Kaliumhydroxid bekommt man leicht ist aber stark hygroskopisch und stark ätzend.

Peter-1

Hallo Lutetium-Freunde,

gibt es aus der Sammelbestellung noch ein Tütchen 10 Gramm Lutetiumoxid für mich ?

Grüße
Peter
Gruß  Peter

DL3HRT

Zitatgibt es aus der Sammelbestellung noch ein Tütchen 10 Gramm Lutetiumoxid für mich ?
Klar, ich sammle noch Bestellungen. Am besten du schickst mir eine PN.

Peter-1

Je tiefer man einsteigt um so mehr Fragen wirft dieser Versuch auf.  >:(

1. ist es richtig dass die Fläche unter dem peak ausgewertet wird, oder reicht die Spitze? Mit Theremino komme ich dann nicht weiter falls es nur mit interspec geht.

2. die Geometrie ist doch sicher von großer Bedeutung.
100 Gramm KCl in einer Dose mit 60mm Durchmesser auf dem Szinitillator, gegen 5 Gramm Lu in dem kleinen Glasbehälter (fast punktförmig).

Peter
Gruß  Peter

Peter-1

Interspec Software ?

Ich habe nun die Software Version 1.0.6 von 2019 und komme damit nicht richtig weiter. Kann es sein, dass es neue Versionen mit erweiterten Funktionen gibt?

Peter
Gruß  Peter

DL8BCN

So weit ich weiß, gibt es keine neuen Versionen, da die Software nicht weiterentwickelt wird. Und so ganz selbsterklärend ist das auch nicht. Ich habe es jedenfalls nicht richtig zum Laufen bekommen 😞