Leckere Pfifferlinge

Begonnen von opengeiger.de, 07. November 2021, 17:20

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NoLi

Für Ambitionierte:

Hier die " Messanleitungen für die ,,Überwachung radioaktiver Stoffe in der Umwelt und externer Strahlung"
Grundlagen der Gammaspektrometrie
-SPEKT/GRUNDL
ISSN 1865-8725              Stand März 2018 "
des BMU

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/strlsch_messungen_gamma_grund_bf.pdf

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: NoLi am 08. November 2021, 11:18
Wenn ihr die Lebensmittelproben püriert, damit sie nahezu die Dichte von 1 g/cm³ aufweisen, und diese Matsche in einen Marinelli-Becher gebt, könnt ihr eure Messanordnung mit so einer Referenzquelle kalibrieren:

https://www.leybold-shop.de/physik/geraete/atom-und-kernphysik/radioaktivitaet/praeparate/559885.html


Für den Preis bekommt man aber einiges an Pfifferlingen  :o


PS: wo hat denn das Teil den Aufkleber mit dem Herstellungsdatum? Angaben zur Dichte der Matrix finde ich auch nicht... sollte man für den Preis (wahrscheinlich liebevoll handgegossen) eigentlich verlangen können. :unknw:

Prospektor

Ich habe ja auch schon so meine Erfahrungen mit dem Vergleich von Aktivitäten mittels der einfachen Gammaspektrometrie. Die Erde vom Hirschgraben halte ich prinzipiell auch für eine ziemlich gute Referenz, da man sie in getrockneter Form und dank ausreichend Menge ist viele unterschiedliche Formen/Messgeometrien einbinden kann. Ich persönlich würde hier einen kleinen "Trick" anwenden, um mit der Pilzmatrix (oder einer anderen, haupts. organischen Matrix) nah an jene vom Hirschgraben ran zu kommen und damit bei sonst gleichem Messaufbau (fixe Geometrie/Abstand Probe-Sonde/Messzeit etc. pp.) recht gut vergleichbare Ergebnisse zu erreichen:

Neben etwas Humus (ist nicht viel) besteht die "Erde" vom Hirschgraben hauptsächlich aus Sand (Alkali-/Erdalkalisilikate). Das ist für die Geologie dort auch nicht so sonderlich verwunderlich. Der exakte Sandgehalt dürfte für die Sandfänge und u.U. die einzelne Probe auch noch etwas variieren. Daher würde ich meine gut getrocknete, homogenisierte Erde hernehmen, die Schüttdichte (bzw. Dichte in der jeweiligen Geometrie/Gefäß) möglichst genau bestimmen, und dann mit gekauftem, frischen Sand, ggf. etwas Blumenerde o.Ä. + der zu messenden, gepulverten Probe (haupts. Organik) eine Mischprobe mit gleicher Dichte herstellen (gut homogenisieren). Damit sollte man vergleichbare Ergebnisse bekommen, die min. im bzw. unter dem Fehler der Messung von Cs-137 selbst liegen (Messunsicherheit bei Cs-137 für die Probe, welche am KIT vermessen wurde: 11,2%). Den Sand und die Blumenerde sollte man vorher natürlich "frei messen"  ;D

Ah ja, wichtig: Zur Auswertung am besten die Nettofläche hernehmen  :)

Viele Grüße

NoLi

Zitat von: Henri am 08. November 2021, 17:37
Für den Preis bekommt man aber einiges an Pfifferlingen  :o


PS: wo hat denn das Teil den Aufkleber mit dem Herstellungsdatum? Angaben zur Dichte der Matrix finde ich auch nicht... sollte man für den Preis (wahrscheinlich liebevoll handgegossen) eigentlich verlangen können. :unknw:
Und gerührt, nicht geschüttelt! 8)
Heutzutage sind solche Angaben auf einem Strahler bei manchen Anbietern wohl leider nicht mehr üblich! Dazu muß man dann immer das Strahlerzertifikat bemühen...oder dat Dingens selbst bekleben.

Gruß
Norbert

opengeiger.de

So liebe Radiacode-Besitzer: Verstrahlte Pfifferlinge kann man auch ganz gut mit dem RC101 identifizieren. In der Bleiburg, wenn man lange genug misst. Im Bild die Pfifferlinge vom Wochenmarkt, mit deutlichem Peak bei 662keV!  :P

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 09. November 2021, 21:48
So liebe Radiacode-Besitzer: Verstrahlte Pfifferlinge kann man auch ganz gut mit dem RC101 identifizieren. In der Bleiburg, wenn man lange genug misst. Im Bild die Pfifferlinge vom Wochenmarkt, mit deutlichem Peak bei 662keV!  :P
Dies war die erste Hürde...jetzt geht es um die quantitative Bewertung.

Gruß
Norbert

Curium

Ich würde das so bewerten: 80kBq Cs 137 entsprechen 1mSv resultierender Dosis. Ich verzehre bei den Pilznudeln
250 gr Pilze pro Person, also 734Bq (opengeigerpilze 2936Bq/kg). Daraus resultieren 9,4µSv. Dies entspricht der Strahlenbelastung bei einem Flug von Frankfurt nach Gran Canaria.
Ein ähnliches Rechenbeispiel (3000Bq/kg, 200gramm Verzehr, 8µSv) befindet sich übrigens auf der Seite des BfS.
https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/lebensmittel/pilze-wildbret/pilze-wildbret.html

NoLi

Ich meinte erst mal eine genauere Bewertung des erfolgten Cs-137 Nachweises in Bq/g (Bq/kg) unter Berücksichtigung der Messdaten (z.B. der cps), Probengewicht, Probengeometrie und Probenkonsistenz.
Erst aus diesem Ergebnis und der Verzehrmenge kann anschliessend eine Dosis ermittelt werden.

Gruß
Norbert

Curium

Völlig richtig, aber was hilft es bei der Messung so ultragenau zusein, wenn im menschlichen Körper dann unterschiedliche Resorptionsraten, Bioverfügbarkeiten  (bei der Zusammensetzung der Mahlzeit, Verdauung, Verweildauer im Darm, Kauverhalten, Körpergewicht 60 vs 100kg) das Ganze wieder erheblich verfälschen? Im Hobbybereich ist glaube ich einfach nicht mehr drin? Selbt die Kal-Quelle für über 2K Euros bleibt in weiter Ferne, und wir müssen uns halt mit Messunsicherheiten im zweistelligen Prozentbreich abfinden.

NoLi

Ich denke, die Biokinetik für Cs-137 zur Dosisermittlung können wir getrost vergessen; damit haben sich andere ihre Köpfe zermatert und sind zu einer international gültigen Berechnungsgrundlage gekommen.
Wichtig ist der vorhergehende Schritt, die möglichst genaue bzw. angenäherte Ermittlung der spezifischen Aktivität. Da hierzu eine gescheite Kalibrierung der Messanordnung und Probenvorbereitung zwingend notwendig sind, sollte hierauf erst mal der Schwerpunkt gesetzt werden. Ein Ansatz für Kalibrierung, Probenvorbereitung und Probenmessung wurde hier ja schon mal benannt:
Zitat von: Prospektor am 08. November 2021, 18:01
Ich habe ja auch schon so meine Erfahrungen mit dem Vergleich von Aktivitäten mittels der einfachen Gammaspektrometrie. Die Erde vom Hirschgraben halte ich prinzipiell auch für eine ziemlich gute Referenz, da man sie in getrockneter Form und dank ausreichend Menge ist viele unterschiedliche Formen/Messgeometrien einbinden kann. Ich persönlich würde hier einen kleinen "Trick" anwenden, um mit der Pilzmatrix (oder einer anderen, haupts. organischen Matrix) nah an jene vom Hirschgraben ran zu kommen und damit bei sonst gleichem Messaufbau (fixe Geometrie/Abstand Probe-Sonde/Messzeit etc. pp.) recht gut vergleichbare Ergebnisse zu erreichen:

Neben etwas Humus (ist nicht viel) besteht die "Erde" vom Hirschgraben hauptsächlich aus Sand (Alkali-/Erdalkalisilikate). Das ist für die Geologie dort auch nicht so sonderlich verwunderlich. Der exakte Sandgehalt dürfte für die Sandfänge und u.U. die einzelne Probe auch noch etwas variieren. Daher würde ich meine gut getrocknete, homogenisierte Erde hernehmen, die Schüttdichte (bzw. Dichte in der jeweiligen Geometrie/Gefäß) möglichst genau bestimmen, und dann mit gekauftem, frischen Sand, ggf. etwas Blumenerde o.Ä. + der zu messenden, gepulverten Probe (haupts. Organik) eine Mischprobe mit gleicher Dichte herstellen (gut homogenisieren). Damit sollte man vergleichbare Ergebnisse bekommen, die min. im bzw. unter dem Fehler der Messung von Cs-137 selbst liegen (Messunsicherheit bei Cs-137 für die Probe, welche am KIT vermessen wurde: 11,2%). Den Sand und die Blumenerde sollte man vorher natürlich "frei messen"  ;D

Ah ja, wichtig: Zur Auswertung am besten die Nettofläche hernehmen  :)

Viele Grüße

Gruß
Norbert

Curium

Zitat von: NoLi am 10. November 2021, 15:06
Ich denke, die Biokinetik für Cs-137 zur Dosisermittlung können wir getrost vergessen;
Aus einer Arbeit "Toxicological profile of Caesium US Department of Health":
" The fraction of a radioactive material absorbed from the gastrointestinal tract is variable, depending on the
specific element, the physical and chemical form of the material ingested, and the diet, as well as some
other metabolic and physiological factors.  The absorption of some elements is influenced by age, usually
with higher absorption in the very young."
Absorption of 137Cs from ingestion of radioactive fallout particles was found to be in the range of only
3%, indicating that such particles are relatively insoluble in biological fluids (LeRoy et al. 1966)
In rats orally administered single doses of highly
insoluble irradiated fuel particles (mean diameter of 0.93 μm) containing 137Cs and other radioactive
elements, absorption of 137Cs was found to be <10% (Talbot et al. 1993)

https://www.atsdr.cdc.gov/toxprofiles/tp157.pdf

opengeiger.de

Vorab wär natürlich auch wichtig zu verstehen, wie häufig kommt das tatsächlich vor, dass Lebensmittel Cs137 enthalten i.e Pfifferlinge. War der Fund von mir ein echter Zufallstreffer oder bieten 2 von 3 Marktstände unzulässig hoch kontaminierte Ware an? Mir ist die Dimension des Problems nicht ganz klar! :-\

DG0MG

Nö, also selten wird das nicht sein. Kommt eher auf die Gegend an. Ich habe bei ebay getrocknete Pilze aus dem bayerischen Wald gekauft und bin zu ähnlichen Ergebnissen gekommen.
Siehe hier: https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,184.msg8622.html#msg8622
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: Curium am 10. November 2021, 15:18
Zitat von: NoLi am 10. November 2021, 15:06
Ich denke, die Biokinetik für Cs-137 zur Dosisermittlung können wir getrost vergessen;
Aus einer Arbeit "Toxicological profile of Caesium US Department of Health":
" The fraction of a radioactive material absorbed from the gastrointestinal tract is variable, depending on the
specific element, the physical and chemical form of the material ingested, and the diet, as well as some
other metabolic and physiological factors.  The absorption of some elements is influenced by age, usually
with higher absorption in the very young."
Absorption of 137Cs from ingestion of radioactive fallout particles was found to be in the range of only
3%, indicating that such particles are relatively insoluble in biological fluids (LeRoy et al. 1966)
In rats orally administered single doses of highly
insoluble irradiated fuel particles (mean diameter of 0.93 μm) containing 137Cs and other radioactive
elements, absorption of 137Cs was found to be <10% (Talbot et al. 1993)

https://www.atsdr.cdc.gov/toxprofiles/tp157.pdf
Dafür hat sich die ICRP (International Commission of Radiation Protection) auf vernünftig anwendbare Ingestions-Dosisfaktoren für Sv/Bq geeinigt (siehe daraus resultiertes Tabellenwerk des BfS). Im Tabellenwerk werden diese Faktoren sogar nach Personenalter unterschieden (Säugling, Kind, Erwachsener). Das man nicht noch individuelle persönliche Faktoren einrechnen kann, wird klar sein.
Mit der Zufuhrangabe   80 kBq Cs-137 = 1 mSv Dosis   kann man doch gut rechnen...wer es genauer mag --> Tabellenwerk.

Gruß
Norbert

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 10. November 2021, 16:52
Vorab wär natürlich auch wichtig zu verstehen, wie häufig kommt das tatsächlich vor, dass Lebensmittel Cs137 enthalten i.e Pfifferlinge. War der Fund von mir ein echter Zufallstreffer oder bieten 2 von 3 Marktstände unzulässig hoch kontaminierte Ware an? Mir ist die Dimension des Problems nicht ganz klar! :-\
Das ist wie bei Corona:  testen, testen, testen...

Gruß
Norbert