Autoradiographie / hot particles

Begonnen von Prospektor, 03. August 2021, 18:27

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Prospektor

Zitat von: miles_teg am 05. August 2021, 11:07
Ich arbeite beruflich seit Jahren mit dieser Methode und wir nutzen fast nur noch Speicherfolien/Phosphor imaging.
Filme oder Emulsionen kommen nur zum Einsatz wenn die Auflösung wirklich notwendig ist, da die Kristalle der Speicherfolien da nicht mithalten.
Für Privatpersonen ist dies aber sicher außerhalb der finanziellen Möglichkeiten, auch wenn inzwischen sicher genug Altgeräte verfügbar sind.
Wenn aber jemand Proben messen möchte, kann ich vielleicht Hilfe anbieten.

Spannend! Was untersucht ihr denn damit routinemäßig? Und auf welche Strahlungsarten sprechen diese Folien an?


Zitat von: Spalter am 07. August 2021, 10:29
Hallo,

ich habe noch mal eine Autoradiographie mit 36 Stunden gemacht. Ich denke eine bessere Ortsauflösung ist mit einfachen Mitteln kaum möglich. Ich habe diesmal ein dünnes Wolframblech unter gelegt um vielleicht die Zeit etwas zu verkürzen.
Hat schon mal jemand eine Langzeitbelichtung von einem aufgelegtem Zinksulfid(Ag)-Schirm gemacht?

Schöne Grüße,
Spalter

Das sind in der Tat schöne Ergebnisse  :) Wie genau wird dieser Röntgenfilm denn entwickelt?

Zitat von: DG0MG am 04. August 2021, 22:03
Evtl. dann besser diesen nehmen: https://www.fotoimpex.de/shop/filme/foma-fomapan-400-102x127-cm-4x5-inch-25-blatt.html

Dieser hat eine um zwei Blendenstufen höhere Empfindlichkeit: 100 --> 400 ISO, wie bei der Digitalfotografie.
Um dieselbe Schwärzung zu erzielen, müsste sich also die Belichtungs-/Expositionszeit auf ein Viertel reduzieren.

Das ist richtig, die sind mir auch etwas später ins Auge gefallen  ;D Ich für meinen Teil gehe nun mal mit eben diesen 4x5 inch s/w-Filmen ins Rennen. Die Filme sowie Entwickler/Fixierer sind bereits da und eine erste Testbelichtung mit ein paar Teststrahlern läuft bereits. Für den Start werde ich einfach mal auf 24-48 h gehen. Das Entwickeln selbst wird vermutlich eine spannende und hakelige Angelegenheit, aber ich werde einfach mal ein bisschen herumprobieren  :prankster2:

miles_teg

Zitat von: Prospektor am 10. August 2021, 21:37
Zitat von: miles_teg am 05. August 2021, 11:07
Ich arbeite beruflich seit Jahren mit dieser Methode und wir nutzen fast nur noch Speicherfolien/Phosphor imaging.
Filme oder Emulsionen kommen nur zum Einsatz wenn die Auflösung wirklich notwendig ist, da die Kristalle der Speicherfolien da nicht mithalten.
Für Privatpersonen ist dies aber sicher außerhalb der finanziellen Möglichkeiten, auch wenn inzwischen sicher genug Altgeräte verfügbar sind.
Wenn aber jemand Proben messen möchte, kann ich vielleicht Hilfe anbieten.

Spannend! Was untersucht ihr denn damit routinemäßig? Und auf welche Strahlungsarten sprechen diese Folien an?
Primär geht es um die Entwicklung und Testung neuer Radioliganden für die Diagnostik.  Dementsprechend sind die viele der Nuklide Positronen- oder Gammaemitter, aber auch beta. Man nutzt dies um Gewebeschnitte, blots und DCs zu visualisieren. Dafür gibt es dann die screens von ehemals FUJI, jetzt GE, z.B. MS and SR screens. Mit denen kann Gamma und Beta (also z.b. 14C, P32, S35, I125/123 etc.) mit relativ guter Auflösung (~20-50 µm bei den SR screens, abhängig vom Nuklid) sichtbar machen. Für low-energy (3H) gibt es spezielle screens ohne Schutzschicht. Die sind aber, theoretisch, nur zur einmaligen Benutzung, weil sie sehr schnell kontaminiert werden. Und bei 12 Jahren Halbwertszeit ist Warten keine gute Option...:-D
Es gibt auch noch spezielle screens für Neutronen, mit denen habe ich aber keine Erfahrung.

Spalter

Hallo,

hier gibt es ein Video von der Filmentwicklung:



Mit dem ZnS(Ag)-Schirm konnte ich Am-241 ähnlich wie stoppi abbilden nur noch viel mehr verrauscht (60s bei ISO 25600). Bei der Pechblende, die ich mit einem Alpha-Messgerät KRA-1 (auch ZnS(Ag) ) gut messen kann, war leider nichts blau leuchtendes zu sehen.

LG Spalter

Prospektor

Hallo zusammen!

Es ist ja nun schon eine ganze Weile her, dass ich das Thema hier gestartet habe. Und insgesamt ist es dann wie fast immer doch nicht so ganz einfach alles und man muss sich gut einarbeiten, insbesondere was die Entwicklung der Filme angeht. Und dann sind das ja leider recht lange Belichtungszeiten.

Ich kann aber nun das Resultat einer Belichtung der Erde vom Hirschgraben, KIT (Karlsruhe) zeigen  :dance3: Es handelt sich um die Probe, die im dortigen Labor vermessen wurde, und die 3800 Bq/kg an Cs-137 und 487 Bq/kg an Am-241 aufweist. Von dieser Probe habe ich 140 g in einen PE Zip-Lock Beutel (17 x 10 cm) gefüllt und diesen dann direkt auf die reaktive Seite des Films gelegt. Unter striktem Lichtausschluss (3 fach gesichert) wurde der Film (Typ siehe Postings von zuvor) dann 8 Wochen lang belichtet. Wieso so lange? Die normalen s/w-Filme werden eigentlich hauptsächlich durch Alpha und ß geschwärzt und Alpha ist ja durch Selbstabsorption und PE-Folie + Filmmaterial schon gut geblockt. Es bleibt also fast nur ß.
Die Entwicklung habe ich dann nach Vorschrift gemacht und das Resultat seht ihr unten (Scan mit 1200 dpi), leicht kontrastverstärkt.

Wie man sieht, gibt es mehrere ,,Features". Zunächst sind die Bereiche 1-3 zu nennen, die Artefakte aus der Entwicklung darstellen (Details kann ich bei Interesse gerne nennen).

Dann gibt es generell eine gewisse Hintergrundbelichtung, die jedoch an vielen Spots deutlich geschwächt ist, also quasi ,,cold spots" wenn man so möchte. Ich vermute, dass dies vor allem von den Sandreichen Partien kommt, während der Humus den Großteil der Radionuklide beinhaltet. Die Tatsache, dass dieses Muster nicht den ganzen Film durchzieht, ist dem Fakt geschuldet, dass der PE-Beutel offensichtlich leider nur im zentralen Teil richtig plan aufliegt und zu den Seiten hin etwas absteht (-> Unschärfe).

Und dann sind da natürlich die drei deutlichen hot particles A-C, die ich vergrößert am Rand nochmal dargestellt habe. Die drei Bereiche sind gesichert und zeigen auch das typische Belichtungsbild (abnehmende Intensität zum Rand hin). Die Bereiche D-F könnten ebenfalls hot particles sein, welche in größerer Tiefe lagen. Festlegen würde ich mich hier jedoch nicht.

Fazit: Die Methode funktioniert, benötigt aber noch Optimierung und vor allem muss nun natürlich eine Referenzprobe gemessen werden, welche am Hirschgraben weiter Flussaufwärts genommen wurde (SF1 oder SF2). Ich möchte die Erdproben außerdem beim nächsten Mal auf einem Träger fixieren, sodass man die gefunden hot particles im realen ,,Negativ" u.U. noch lokalisieren kann. Im PE-Beutel ist das leider unmöglich.

Die Probenmenge kann man evtl. auch deutlich reduzieren. Die Dicke im PE-Beutel beträgt sicher 2-3 cm, wobei die Informationstiefe der Methode (Alpha + ß) sicher nur wenige mm beträgt (man erwischt also vermutlich sowieso nicht sonderlich viele der enthaltenen Partikel). Allerdings erreicht man durch das höhere Probengewicht auch einen guten Anpressdruck an den Film.

Leider kann man nun natürlich erst mal nicht sagen, ob die hot particles von NORM kommen, oder ob es tatsächlich die künstlichen Isotope sind, die hier eine Rolle spielen. Einerseits sieht man mit der Methode neben Cs-137/Am-241 eben auch andere künstliche (weiche) ß-Strahler wie Pu-241 oder Sr-90, andererseits enthält die Erdprobe laut Gammaspektrometrie aber auch die folgenden natürlichen Radionuklide:

K-40       444 Bq/kg
Tl-208      8,2 Bq/kg
Pb-212      16,1 Bq/kg
Bi-214      20,7 Bq/kg
Pb-214      19,1 Bq/kg
Ac-228      15,4 Bq/kg

Ich würde mich über weitere Ideen/Input natürlich freuen  :)

opengeiger.de

Gut gemacht!  :good2: Erinnert stark an Radiographien aus Norwegen, nach den Tests in Semipalatinsk 1962, siehe angehängtes Bild unten. Quelle:Brit Salbu, Ole Christian Lind; Analytical techniques for characterizing radioactive particles deposited in the environment; Article in Journal of Environmental Radioactivity · January 2020; DOI: 10.1016/j.jenvrad.2019.106078. Auch aus Tschernobyl und Fukushima gibts Autoradiographien, nur war da die Teilchendichte noch etwas höher  :o Nun bleibt aber die Frage am Hirschgraben, wie kamen die heißen Teilchen dahin, über den Luftpfad oder über das eingeleitete Abwasser.  :unknw:

Prospektor

Aus Japan gibt es übrigens beeindruckende Beispiele von Autoradiographien, entstanden nach dem GAU im FDNPP.

Viele Videos von allerlei Gegenstände gibt es hier zu sehen:

https://www.youtube.com/channel/UC0GkSvJXy0YyXEDw6IDNObw/videos


Die zugehörige Page mit zusätzlichen Infos findet man hier:

https://www.autoradiograph.org/en/


Prospektor

Hallo zusammen!

Ich habe die Tage mal wieder einen Film belichtet. Als Quelle diente eine Erdprobe vom Versuchsreaktor in Gottow (s. Thread: https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,164.0.html )

Nachdem ich die Probe vor einiger Zeit mit dem Gammaspektrometer vermessen habe und mich über die Effizienz-Kalibration meines Setups an einer Quantifizierung versucht habe (s. https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,883.msg11044.html#msg11044 ), hat mich nun interessiert, wie homogen die Probe von knapp 30 g wirklich ist.

Aufgrund der doch ordentlichen Aktivität habe ich mich für eine vergleichsweise relativ kurze Bestrahlungszeit von 6 Tagen entschieden. Die Probe befand sich in einem PE ZipLock Beutel und wurde darin auf ca. 10 cm x 10 cm dünn ausgestrichen, so dass ich grob auf ca. 0,3 g/cm² gekommen bin. Leider scheint es beim sicheren Verstauen des Gefäßes zum Verrutschen den Beutels gekommen zu sein, wodurch der Film im unteren Bereich teilweise nicht bestrahlt wurde.
Das Ergebnis ist trotzdem sehr schön wie ich finde. Es zeigt eine ordentliche, homogen verteilte Aktivität und zusätzlich zahlreiche, teilweise richtig heiße Partikel  :)

opengeiger.de

Krasse Darstellung der Inhomogenität der Probe. Da sieht man mehr als deutlich, welche Aktivität in Partikeln stecken kann und man kann nur ahnen, wie die kleinsten Partikel die Gesamtaktivität dominieren. So was kann auch in den Bronchien oder in der Lunge landen :o . Ein Grund mehr mit der Radio-Aerosolforschung weiterzumachen. Homogen war gestern.... 

opengeiger.de

Hier mal zum Vergleich 4 Fotos von einem Luftfilter vom May 1986. Aus:
G. Keck, A. Cabaj: Hot particles in the Chernobyl Fallout and in the fallout from Nuclear Weapns Test: A comparison
Erschienen in "Hot Particles from the Chernobyl Fallout", Bergbau und Industriemuseum Ostbayern Band 16 (Editor: Philipsborn, Steinhäusler 1987). Interessant ist, wie sich das Audio-Radiogramm über Zeit entwickelt hat.

DG0MG

Achso, das ist immer derselbe Filter mehrmals radiographiert.

Könnte man da davon ausgehen, dass der Großteil der Schwärzung bei a.) von Jod stammt, das 5 MOnate später nicht mehr vorhanden ist?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

etalon

Also wenn auf so einem Filter nennenswert Jod abgeschieden wird, dann muss die Jodbelastung schon ziemlich hoch sein. Ich würde vermuten, dass es sich um Rn Folgeprodukte handelt, welche mit ihrer kurzen HWZ dann nicht mehr zu sehen sind.
So wie es aussieht, war die erste Messung wohl auch länger als die anderen...

Grüße Markus

DG0MG

Autoradiographie ist ja eng verwandt mit Filmdosimetrie, weil beide Verfahren auf dem gleichen physikalischen Grundprinzip beruhen.

Kann man denn einen Richtwert angeben, welche Dosis (z.B. in mGy?) es mindestens braucht, um im günstigsten Fall eine Schwärzung auf einem Film zu erzeugen? Also empfindlicher Film, keine Filterung durch Metall, Gammastrahlung. Nicht die vielleicht durch Partikel verursachten Blitze auf den Pripyat-Filmen von 1986.

Oder anders gefragt: Ich habe eine s/w-Kleinbild-Filmpatrone in der Hosentasche und trete unwissend an den in Australien verlorenen Cs-137-Strahler  (19 GBq) heran - sagen wir, für eine Minute. Wie nah muss ich rangehen, dass der Film geschwärzt wird?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Die Nachweisgrenze der Filmdosimeter war mit 0,1 mSv angegeben.

Norbert

etalon

Zitat von: DG0MG am 11. Mai 2023, 12:38Autoradiographie ist ja eng verwandt mit Filmdosimetrie, weil beide Verfahren auf dem gleichen physikalischen Grundprinzip beruhen.

Kann man denn einen Richtwert angeben, welche Dosis (z.B. in mGy?) es mindestens braucht, um im günstigsten Fall eine Schwärzung auf einem Film zu erzeugen? Also empfindlicher Film, keine Filterung durch Metall, Gammastrahlung. Nicht die vielleicht durch Partikel verursachten Blitze auf den Pripyat-Filmen von 1986.

Oder anders gefragt: Ich habe eine s/w-Kleinbild-Filmpatrone in der Hosentasche und trete unwissend an den in Australien verlorenen Cs-137-Strahler  (19 GBq) heran - sagen wir, für eine Minute. Wie nah muss ich rangehen, dass der Film geschwärzt wird?

Das ist sehr schwer pauschal zu sagen, da es sehr vom Filmaufbau und der Filmchemie abhängt. Grundsätzlich kann man sagen, um so hochenergetischer die Photonen sind, desto unwahrscheinlicher wechselwirken sie mit den Silberjoditkörnern (oder was auch immer da drin ist).
Auch um so kleiner die Silberjoditkörner sind (hochauflösender Film, idR geringe ASA), desto unwahrscheinlicher eine Wechselwirkung damit.

Auf alle Fälle ist die Gesamt-Wahrscheinlichkeit einer Wechselwirkung auf dem Film sehr gering, so dass in der Regel lange Belichtungszeiten und/oder hohe Photonenflüsse benötigt werden. Nicht um sonst haben Röntgenfilme davor und dahinter Verstärkerfolien angebracht, um die Belichtungszeiten zu verkürzen...

DG0MG

Zitat von: NoLi am 11. Mai 2023, 15:47Nachweisgrenze der Filmdosimeter war mit 0,1 mSv angegeben.

Okay, das hieße, ich müsste für mein Beispiel eine Dosisleistung haben, die 100 µSv (=0,1m Sv) in 1 Minute erreicht, das sind 6 mSv/h. Die erreicht man bei 19 GBq Cs-137 in einem Abstand von etwa 0,5 Metern. Da würde man ja freiwillig (wenn man von dem Strahler wüsste) gar keine volle Minute stehenbleiben.

Diese Relationen sind schon interessant, es braucht also doch einiges, um einen Film zu schwärzen.

Zitat von: etalon am 11. Mai 2023, 16:03haben Röntgenfilme davor und dahinter Verstärkerfolien angebracht

Haben Filmdosimeter auch Verstärkerfolien? Von metallenen Schwächungsfiltern weiß ich.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!