Kumuliert sich Strahlung?

Begonnen von Jan, 22. Oktober 2022, 08:44

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Jan

Guten Morgen,

eine Frage die ich schon mal in einer anderen Diskussion eingeworfen hatte, die Antwort aber noch offen ist.

Wenn ich direkt an einem Stein eine reine Gammastrahlung von 0,14 µSv/h messen würde, und ich damit einen gesamten Raum baue, dann würde ja die Strahlung von alles Seiten kommen. Hab ich dann eine Strahlung von 4 x 0,14 µSv/h also 0,56 µSv/h? Sicherlich nicht...

Z. Erfall

Moin,

wenn die Reichweite oder Intensität der Strahlung theoretisch tatsächlich so hoch wäre, dass sie in der Raummitte pro Wand immer noch 0,14µSv/h betrüge, dann müssten sich nach meinem Verständnis diese Werte zumindest theoretisch tatsächlich addieren. Ich bin aber kein Physiker und daher auch wirklich gespannt, ob es wirklich so ist.

In der Praxis wird denke ich aber das Abstandsgesetz deutlich greifen.

NoLi

Zitat von: Jan am 22. Oktober 2022, 08:44...
Wenn ich direkt an einem Stein eine reine Gammastrahlung von 0,14 µSv/h messen würde, und ich damit einen gesamten Raum baue, dann würde ja die Strahlung von alles Seiten kommen. Hab ich dann eine Strahlung von 4 x 0,14 µSv/h also 0,56 µSv/h? Sicherlich nicht...
Nein, Gott sei Dank ist dies nicht so!!
Wenn Du zum Beispiel 10.000 Steine für den Hausbau brauchst, wird die Dosisleistung am Ende auch nicht 0,14µSv/h x 10.000 = 1400 µSv/h betragen.

Norbert

NuclearPhoenix

Zitat von: Jan am 22. Oktober 2022, 08:44Wenn ich direkt an einem Stein eine reine Gammastrahlung von 0,14 µSv/h messen würde, und ich damit einen gesamten Raum baue, dann würde ja die Strahlung von alles Seiten kommen. Hab ich dann eine Strahlung von 4 x 0,14 µSv/h also 0,56 µSv/h? Sicherlich nicht...
Wenn du zwei Steine mit 30°C zusammenklebst hast du auch nicht einen einzelnen Stein mit 60°C. Von daher, keine Sorgen, dem ist nicht so :)

Jan

Hm... wenn ich von rechts eine Strahlenquelle in Stärke x habe und von links eine in Stärke y, dann trifft doch auf mich eine Strahlendosis von x+y. Alles andere wäre doch unlogisch?!

Raddet

Zitat von: Jan am 22. Oktober 2022, 22:42Alles andere wäre doch unlogisch?!

Alles ist richtig. Fakt ist aber, dass man bei der Vermessung eines Ziegels eigentlich keinen Ziegel gemessen hat, sondern eine Mischung aus ,,Ziegel + Universum + Erde + Luft ...". Und was ist der Anteil des Ziegels an diesem Cocktail - es wird helfen, nur eine Kiste mit dicken, dicken Wänden aus Blei oder besser Wolfram herauszufinden.

Ich denke, dass der Beitrag eines Backsteins zu diesem Cocktail vernachlässigbar ist. Daher können Sie sogar einen Berg Ziegelsteine aufhäufen - Sie werden keine große Dosis davon bekommen.

Jan

Zitat von: NuclearPhoenix am 22. Oktober 2022, 21:52
Zitat von: Jan am 22. Oktober 2022, 08:44Wenn du zwei Steine mit 30°C zusammenklebst hast du auch nicht einen einzelnen Stein mit 60°C. Von daher, keine Sorgen, dem ist nicht so :)

Wenn ich vor 2 Steinen mit 30 °C stehe bekomme ich aber auch mehr Wärmestrahlung ab als wenn ich nur vor einem Stein mit 30°C stehe.

Raddet

Hersteller X, Kalksandstein 1:
Ergebnis Langezeitmessung 1: 0,124 µSv/h
Ergebnis Langezeitmessung 2: 0,125 µSv/h
Ergenbis Langezeitmessung 3: 0,124 µSv/h

Hersteller Y, Kalksandstein 2:
Ergebnis Langezeitmessung 1: 0,136 µSv/h
Ergebnis Langezeitmessung 2: 0,137 µSv/h
Ergenbis Langezeitmessung 3: 0,135 µSv/h


Übrigens, wenn Sie von Ihren Messergebnissen ausgehen und den ersten Ziegelstein für Null nehmen, stellt sich heraus, dass der zweite Ziegelstein seine eigene Akivität bei 0.011 + \- ungefähr 0.002 hat...

Wir können davon ausgehen, dass sich irgendwo auf dieser Ebene die eigene Aktivität des Ziegels befindet.

P.S. Übrigens habe ich mit Blick auf die Stabilität Ihrer Messwerte sogar RADEX ONE irgendwie respektiert.

NuclearPhoenix

Zitat von: Jan am 22. Oktober 2022, 22:57
Zitat von: NuclearPhoenix am 22. Oktober 2022, 21:52
Zitat von: Jan am 22. Oktober 2022, 08:44Wenn du zwei Steine mit 30°C zusammenklebst hast du auch nicht einen einzelnen Stein mit 60°C. Von daher, keine Sorgen, dem ist nicht so :)

Wenn ich vor 2 Steinen mit 30 °C stehe bekomme ich aber auch mehr Wärmestrahlung ab als wenn ich nur vor einem Stein mit 30°C stehe.

Gebe zu das war vielleicht kein sehr hilfreiches Beispiel :))

Jedenfalls wird es echt schwierig die Strahlung nur von deinem Stein ausgehend zu messen. Du hast immer irgendeinen Hintergrund und dein einzelner Stein wird einen kaum messbaren Beitrag dazu leisten. Bedeutet wenn du vermeintlich deinen Stein messen möchtest und 140 nS/h abließt, dann ist das bei weitem (!!!) nicht der Beitrag der tatsächlich auch von dem Stein ausgeht.

Kermit

Zitat von: Jan am 22. Oktober 2022, 08:44damit einen gesamten Raum baue

Deine Frage erscheint einfach, lässt sich aber nicht so einfach beantworten ;D
(Das ist irgendwie immer so..)

Die Frage kann selbst ausgewachsene Strahlenphysiker vor reichlich Probleme stellen. Alle obigen Antworten sind irgendwie richtig.

Zuallererst, im Strahlenschutz geht man häufig von Punktquellen aus oder man betrachtet homogene Strahlenfelder. Beides ist leider nicht der Fall, wenn Du einen Würfel (deinen Raum) aus Punktquellen bauen willst, weil die Punktquelle ja auch nach den Seiten strahlt...

Die Optik kennt das Problem auch, wenn Du Dich informieren möchtest, einfach mal nach Ulbricht-Kugel suchen.
Hier wird Deine Frage aus optischer Strahlung her betrachtet, man kann die U-Kugel als deinen Raum betrachten oder eine Strahlenquelle in die Mitte setzen und dann an der Kugeloberfläche die Dosis, Bestrahlungsstärke oder auch Helligkeit messen....

Damit wäre also noch die Frage offen, wenn Dein Raum nicht als Kugel ausgebildet ist und Du nicht als Punktquelle in der Mitte stehst, dann sind ja die Abstände Deiner "Ziegel" zu Dir unterschiedlich. Sprich es gilt sehr wohl der Strahlensatz.

Das Dritte wäre, wir sind als Menschen keine Punktsenken, sprich nicht auf einen Punkt konzentriert, also müsste man eine für jedes "Stückchen" von Dir die Dosis ausrechnen und das gewichtet Summieren....Das Stichwort wäre voxelbasierte Dosimetrie...

So ähnlich macht das die Strahlentherapie, wenn die Dosis auf einen Tumor, der ja leider ein Volumen hat, berechnet werden muss. Der Linearbeschleuniger, der die Dosis dann erzeugt, bewegt sich um den Patienten herum und appliziert kleine "Stückchen" der Dosis. Alles zusammen wird dann die Summendosis im Tumor, die durchaus bis zu 60Gy (!) im Tumor erreichen kann.

Die gesamte Körperdosis des Patienten ist erheblich niedriger!

Dafür benutzt der Medizinphysiker ein hochkomplexes und zeimlich teures Bestrahlungsplanungprogramm...

Wie Du siehst, Deine Frage ist nicht so leicht zu beantworten. ;)

Ich schaue mal nach, ob ich bei youtube Videos finde, die das Prinzip der Strahlentherapie einfach erläutern.

Stichworte wären zum Beispiel: Dosepainting, Dynamic Arc

Falls radioaktive Stoffe im Körper sind, wird die Frage noch komplexer...

Grüße

Henri

Na und obwohl es kompliziert ist, doch noch mal runtergebrochen auf die Messpraxis: man benutzt bei Messungen gerne die Marinelli-Geometrie, also ein Probengefäß, das axial einen Hohlraum hat, in dem sich der Detektor befindet. Geometrisch besteht somit eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass ein emittiertes Teilchen (oder seine Streuprodukte in der Materie) doch mal den Detektor treffen. Denn allzu wahrscheinlich ist das ja nicht, da dieser sich nur in einem sehr kleinen Raumwinkel der Strahlenquelle befindet.

Selbstabsorption ist ein weiteres Thema: in größerer Tiefe des Steins entstehende Strahlung wird vom Stein selber abgeschirmt. Das heißt, irgendwann führt eine Zunahme der Stein-Dicke nicht mehr zu einer Zunahme der Strahlung an seiner Außenfläche.


Übrigens, hast Du eine Nullmessung gemacht, also nur den natürlichen Hintergrund bestimmt, ohne Stein? Den musst Du von Deinen Messungen natürlich abziehen. Da bleibt dann wahrscheinlich nicht mehr viel übrig...

So ein Stein kann aber auch "von außen" kommende Strahlung abschirmen, nicht nur zu ihr beitragen. Und er kann hochenergetische sekundäre Höhenstrahlung streuen und dadurch erst für Dein Messgerät erfassbar machen. Das hat aber nichts mit radioaktiven Inhaltsstoffen zu tun.


Ziemlich gute Frage, eigentlich! Klingt einfach, aber es steckt ein ganzes "Universum" dahinter  :yes3:


Kermit

Zitat von: Henri am 23. Oktober 2022, 02:37es steckt ein ganzes "Universum" dahinter  :yes3:

Genau :)

Deine Frage enthält auch den Grund warum bei einem CT (Computertomografie) mehr Dosis im Patienten appliziert wird als bei einer "normalen" Röntgenaufnahme zum Beispiel der Lunge. Es wird nämlich aus vielen Richtung ein Volumen durchstrahlt.

Leider finde ich den CT-Simulator nicht auf Anhieb. Es gab mal eine schöne Webseite dazu, da konnte man mit der "Strahlenquelle" spielen und sich die Bildgebung als auch die Dosis quasi ansehen.

Das Stichwort Marinelli-Geometrie und Selbstabsorption hat Henri ja schon erwähnt.

Im Strahlenschutz macht man es sich einfacher, und überschätzt lieber die Dosis, damit man auf der sicheren Seite ist.

In der Medizin muss die apllizierte Dosis passen, sonst kann man den Tumor nicht behandeln.

LUV

Ich würde diesen Beitrag gerne weiterführen.

Weiß jemand, ob Neutronenstrahlung in der Dosimetrie zu der normalen HP10 Dosis hinzu addiert wird? Natürlich nur wenn beides Dosimetriert wird.

etalon

Zitat von: TimLUV am 10. Februar 2023, 07:38Ich würde diesen Beitrag gerne weiterführen.

Weiß jemand, ob Neutronenstrahlung in der Dosimetrie zu der normalen HP10 Dosis hinzu addiert wird? Natürlich nur wenn beides Dosimetriert wird.

Ja.

LUV

Manchmal ist es halt doch einfach. Danke dir.