KIT Campus Nord (Karlsruhe)

Begonnen von Prospektor, 02. Mai 2021, 10:31

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NoLi

#120
Zitat von: DG0MG am 02. September 2021, 12:16
Dann müsste man ja mit einer portablen, zylinderförmigen, einseitig offenen Bleibabschirmung für den RadiaCode eine Richtungsabhängigkeit/Richtung feststellen können?

Ja, aber mindestens 5 cm Bleistärke (= ca. 5 Halbwertsdicken für Gamma-Energien um 1 MeV) müssen bzw. sollten es schon sein. Und eine Fensteröffnung in der Abschirmung von max. 90°... oder besser max. 45°.

Gruß
Norbert

Prospektor

Zitat von: NoLi am 02. September 2021, 11:42
Es handet sich um Gamma-Direktstrahlung/Skyshine. Der Westzaun musste auf Grund der Novellierung der Strahlenschutzverordnung 1978 (Einführung des "30 mrem-Konzept") wegen der Jahresdosis von seiner damaligen Position weiter nach Westen verlegt werden, um den Abstand von den HDB-Anlagen zum "allgemeinen Staatsgebiet" zu vergrößern.

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/2LABGTKJIPR2GPLDU3U742APIUGAQWBC

Gruß
Norbert

Hallo Norbert,
danke für die Info, das klingt durchaus plausibel. In dem Fall kommt man näher an den betreffenden Gebäuden vermutlich leicht in den einstelligen µSv/h-Bereich.

Zitat von: DG0MG am 02. September 2021, 12:16
Dann müsste man ja mit einer portablen, zylinderförmigen, einseitig offenen Bleibabschirmung für den RadiaCode eine Richtungsabhängigkeit/Richtung feststellen können?

Ja, auf die Idee mit der richtungsabhängigen Intensität bin ich auch schon gekommen, konnte das aber bisher nicht umsetzen. Evtl. ergibt sich das demnächst mal noch. Dafür muss dann aber erst mal noch eine passende Abschirmung her  :D

Prospektor

Hallo zusammen,

also nachdem ich ja neulich den RC-101 mit am Hirschgraben hatte und dort Spektren aufgezeichnet habe, ist mir etwas ins Auge gefallen, das ich so nicht zweifelsfrei erklären kann.

Es geht um den niederenergetischen Bereich bis ca. 300 keV. Hier ist der ,,Untergrund" der Messung am Hirschgraben insgesamt unerwartet hoch im Vergleich zum Hintergrund (und auch im Vgl. zum Cs-137 Peak). So richtig deutlich wird das, wenn man die Messung vor Ort mit einer vergleichbaren Messung der Erdprobe bei mir daheim vergleicht. Ich habe zur Verdeutlichung jeweils ein Spektrenpaar (Messung + Hintergrund) in linearer- und log-Darstellung angehängt

Ist es möglich, dass dies allein durch Streustrahlung (+ggf. kleine Mengen Bremsstrahlung) zustande kommt? Oder ist es wahrscheinlicher, dass der RC-101 im Bereich bis 300 keV einfach deutlich übertreibt (seine Empfindlichkeit ist da im unteren Bereich sicher enorm)?

Rein mengentechnisch hat man vor Ort natürlich deutlich mehr Masse (Flächenstrahler), als bei mir daheim.

Grüße

Henri

Zitat von: Prospektor am 04. September 2021, 20:36

Ja, auf die Idee mit der richtungsabhängigen Intensität bin ich auch schon gekommen, konnte das aber bisher nicht umsetzen. Evtl. ergibt sich das demnächst mal noch. Dafür muss dann aber erst mal noch eine passende Abschirmung her  :D

Vielleicht reicht da schon ein menschlicher Körper (Deiner) für?

Viele Grüße!

Henri

Henri

Zitat von: Prospektor am 04. September 2021, 21:06

Ist es möglich, dass dies allein durch Streustrahlung (+ggf. kleine Mengen Bremsstrahlung) zustande kommt? Oder ist es wahrscheinlicher, dass der RC-101 im Bereich bis 300 keV einfach deutlich übertreibt (seine Empfindlichkeit ist da im unteren Bereich sicher enorm)?

Rein mengentechnisch hat man vor Ort natürlich deutlich mehr Masse (Flächenstrahler), als bei mir daheim.

Grüße

Klare Energie-Peaks gehen ja durch Streuung verloren, wenn die Strahlung eine Abschirmung (z.B. Erde) durchdringen muss. Dann bleibt ein "Brei" im niedrigenergetischen Teil übrig. Und wenn die Kontamination nicht oberflächlich ist (wovon ja nicht auszugehen ist), sondern tiefer im Boden steckt, führt das vielleicht zusammen mit der Übertreibung des RC zu dem von Dir beobachteten Phänomen.

Viele Grüße!

Henri

NoLi

Cs-137 migriert etwa 5 cm/Jahr im Erdboden. Hängt aber sehr stark von der Bodenchemie ab. Im Wald wandert ein Teil bis zu den Baumwurzeln, wird vom Baum wieder aufgenommen (Cs ist ja dem K chemisch sehr verwandt), u.a. in die Blätter eingebaut und im Herbst wieder auf den Erdboden abgeworfen.

Gruß
Norbert

NoLi

Zitat von: Henri am 04. September 2021, 21:17
Vielleicht reicht da schon ein menschlicher Körper (Deiner) für?

Na, na, na... ;D

Norbert

opengeiger.de

Ja, der Hirschgraben am KIT birgt sicher noch einige spannende forensische Herausforderungen, davon bin ich überzeugt  ;). Die Aufklärung wird aber nicht so ganz einfach sein :-\. Ich will hier mal meine Theorie zu den Beobachtungen von Prospektor zur Diskussion stellen. Experten hat es im Forum ja genug, die diese gerne kommentieren können. 8)
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Meine Annahmen sind folgende:
-   Das Am-241 hat sich im Laufe der Jahre aus dem freigesetzten Pu-241 erst am Hirschgraben gebildet
-   Es gibt auch heute noch eine nennenswerte Aktivitätskonzentration des Betastrahlers Pu-241
-   Durch die extrem niedere Energie des Betazerfalls von Pu-241 lässt sich das Beta kaum direkt nachweisen
-   Der Betazerfall des Pu-241 erzeugt aber Röntgen-(Brems-)Strahlung, auf die der Radiacode extrem stark reagiert
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Um das plausibel zu machen, habe ich zwei Versuche gemacht. Einmal habe ich mir das Gammaspektrum von Trinitit mit meinem NaJ-Detektor angeschaut, nachdem mir Samarskit dankenswerterweise ein Stückchen Trinitit überlassen hat. Zum anderen habe ich mir das Gammaspektrum von drei Tritium-Gaslichtern (Angel-Zubehör) mit dem RC-101 angeschaut.
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Zunächst mal zum Trinitit, wie komme ich da drauf? Der Trinity Versuch von den Amis wurde am 16. Juli 1945 in der Wüste von New Mexico durchgeführt, dabei zündete man ein Pu-Bombe namens ,,Gadget" mit ca. 21kT. Der Spaltstoff war hochreines (,,supergrade") Pu-239, das man durch Neutronenbestrahlung von U-238 in den Reaktoren in Hanford erzeugte. Ganz wichtig war, dass möglichst kein Pu-240 gebildet wurde, weil das zu Spontanspaltungen neigt und so eine vorzeitige Zündung auslösen könnte. Laut Literatur waren höchstens 1% Pu-240 enthalten und so gut wie keine höheren Pu-Isotope. Von den insgesamt 6kg Pu-239 waren nach der Zündung ,,nur" ca 1.2kg, gespalten, der Rest verdampfte. Allerdings bildeten sich dabei durch den immensen Neutronenfluss vor Ort durch entsprechenden Neutroneneinfang in kurzer Zeit die Pu-Isotope Pu-240 und Pu-241. Da das Pu-241 eine Halbwertszeit von nur 14.5 Jahren hat, bildete sich daraus das Am-241. Der Trinity Versuch ist nun 76 Jahre her. Schaut man sich das Gamma-Spektrum des Trinitit an, dann sieht man heute mit einer einfachen NaJ-Anlage im Prinzip nur noch das Cs-173 aus der Spaltung und eine deutliche Am-241 Linie.
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Was hat das nun mit dem Hirschgraben zu tun? Nun, wir haben dort neben dem Cs137 auch das Am-241 gefunden und das Spektrum der Hirschgraben sieht dem des Trinitit sehr ähnlich. In einem Brennelement passiert nämlich was ganz Vergleichbares, nur etwas langsamer. Das U-239 entsteht durch Neutroneneinfang und das Pu-239 durch einen darauffolgenden doppelten Betazerfall. Genauso haben die Amis den Rohstoff für das ,,Gadget-Device" in Hanford hergestellt. Selbst in den Brennelementen eines normalen Reaktors fängt sich dann beim langsameren Abbrand das Pu-239 weiter Neutronen ein, wird zunächst zum Pu-240 und durch weiteren Einfang zum Pu-241. Americium entsteht dabei erst wenn das entstandene Pu-241 mit 14.5 Jahren HWZ allmählich wieder zerfällt. Werden nun Brennelemente wiederaufbereitet, enthält der salpetersaure und kochend heiße, hoch-radioaktive Sud neben den Spaltprodukten auch die erbrüteten Pu-Isotope, darunter das Pu-241. Wird dieser Sud bei einem Unfall freigesetzt und gelangt z.B. über den Niederschlag mit dem Regenwasser in den Hirschgraben, zerfällt das Pu-241 dort (seit etwa 40 Jahren) und bildet so das Am-241, genau wie in der Wüste von New Mexico. Deswegen sieht auch das Gammaspektrum ganz ähnlich aus. :yahoo:
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Warum nun der Versuch mit den Tritium Gaslichtern? Nun, das Pu-241 ist ein Beta-Emitter mit einer mittleren Betaenergie von nur 5.2keV (Maximalenergie 20.78keV). Selbst mit einem Soft-Beta-Zählrohr hat man bei den energiearmen Betas kaum eine Zähl-Effizienz, weil die Energie nicht mal reicht, das Mica-Fenster zu durchdringen. Tritium hat aber auch nur eine mittlere Beta-Energie von 5.6keV (18.58keV max.). Daher hat man dasselbe Problem, dass Tritium mit einem GM-Zähler kaum nachweisbar ist. Allerdings, wenn man so ein Tritium-Gaslicht auf ein empfindliches Pancake-Zählrohr legt, dann tickt das schon noch ein bisschen. Das Tritium ist bei so einem Gaslicht in ein Bor-Silikat-Röhrchen eingeschlossen, da ist die Chance, dass die Beta-Strahlung des Tritiums durch die Glaswand kommt, äußerst gering. Bisher bin ich persönlich davon ausgegangen, dass man, um an einem Material nennenswert Röntgenbremsstrahlung zu erzeugen, schon ein paar MeV an Betaenergie braucht. Dem ist aber offensichtlich nicht so, wenn man sich mal das Spektrum eines RC101 anschaut, den man mit 3 Tritium-Gaslichtern ,,beleuchtet".  Da sieht man sehr wohl etwas. Der RC101 ist nämlich derartig empfindlich in den ersten Bins, dass er auch das wahrnimmt. Man sieht nämlich mit dem RC101 ein Spektrum, das sehr typisch ist für ein Spektrum, dass durch Betastrahlung induziert ist. Der erste Bin ist so deutlich gegenüber dem Hintergrund erhöht, dass man annehmen muss, dass dies nur induzierte Röntgenstrahlung sein kann. Theoretisch kann die Bremsstrahlung beim Tritium nur bis 18keV reichen, d.h. die Bremsstrahlung müsste komplett im ersten Bin liegen, wenn die Energiekalibrierung richtig ist. Die leichte Erhöhung danach, die bis ca. 300keV reicht, sind offensichtlich Sekundäreffekte, denn sie genügen zumindest theoretisch nicht den Regeln der Energieerhaltung, wenn man nur von Tritium ausgeht und davon, dass der RC101 bei ganz niedrigen Energien richtig kalibriert ist (war er vermutlich nicht). Der Versuch zeigt aber ganz deutlich, dass der RC101 offensichtlich Bremsstrahlung recht gut wahrnimmt. Nun hängt die Bremsstrahlung aber vom Target ab, nicht von der Quelle (abgesehen von der Maximalenergie) und Voraussetzung ist, dass die Elektronen der Betastrahlung in der Targetschicht absorbiert werden.
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Geht man nun aber von feuchter Erde am Hirschgraben aus, und davon das Wasser niedrig-energetische Betastrahlung ganz gut absorbieren kann, dann ist sehr wohl vorstellbar, dass das in der Erde vorhandene Pu-241 in der feuchten Erde Bremsstrahlung induziert, die im RC101 vor allem im ersten Bin ganz schön Pulse Counts induziert, und man die Betastrahlung des Pu-241 mit einem normalen GM-Zählrohr kaum nachweisen kann. Das würde die Beobachtung von Prospektor erklären.
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Jetzt bleibt nur die Frage, wieviel Pu-241 haben wir denn da in der Erde? Diese Zahl hat das KIT bis heute nicht geliefert. Mich wunderts, warum nicht? 

Henri

Zitat von: opengeiger.de am 05. September 2021, 19:24
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Jetzt bleibt nur die Frage, wieviel Pu-241 haben wir denn da in der Erde? Diese Zahl hat das KIT bis heute nicht geliefert. Mich wunderts, warum nicht?

So ein Tritium-Gaslicht hat ja schon mal ein GBq Aktivität. Das Glasröhrchen besteht zu einem großen Teil aus Silizium, also einem recht schweren Element. Und die Wand ist dünn: die Betastrahlung trifft auf eine kompakte Masse, die Bremsstrahlung kann dann das Glas vielleicht gerade noch durchdringen und muss bis zum Detektor nur Luft durchqueren.

Demgegenüber besteht feuchte Erde aus Wasser (leichte Elemente) und recht viel organischer Substanz (auch leichte Elemente). Entsprechend wenig Bremsstrahlung mit höheren Energien ist dann da zu erwarten. Das meiste wird wahrscheinlich so wenig Energie haben, dass es im Boden schon vollständig absorbiert wird, weil das Pu-241 ja homogen verteilt sein wird. Und wie viel Pu-241 soll denn im Boden sein, damit so viel Bremsstrahlung entsteht, dass es im RadiaCode einen signifikanten Peak gibt?

Ich habe vor kurzem mal eine Strasse mit Kupferschlacke-Pflaster mit dem RadiaCode "vermessen" (Bericht folgt :) ). Da sollten ja ganz deutlich die Radium-Peaks hervortreten. Tatsächlich sieht man, trotz 40 cps Zählrate, auch nach einer Viertelstunde kaum Peaks, sondern nur einen riesigen "Berg" in den niedrigen Energien. Meine Hypothese hierfür ist, dass die Matrix (Schlacke, fast vollständig Silizium), einerseits die Gamma-Peaks zerstreut, andererseits natürlich auch Bremsstrahlung generiert. Aber die Betastrahler in der Uran-Radium-Reihe haben ja fast alle Energien deutlich über 1 MeV. Dementsprechend kommt dann im Spektrum bei den niedrigen Energien auch was raus.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass beim Hirschgraben so viel Pu-241 im Boden sein soll, dass man die Bremsstrahlung mit dem RadiaCode deutlich sehen kann. Wir hatten das ja auch schon rückgerechnet und waren nicht auf bemerkenswert hohe Konzentrationen gekommen. Außerdem hast Du Deine Tritiumlichter fast 2 Stunden im Direktkontakt gemessen, die Messung am Hirschgraben von Prospektor dauerte nur eine Viertelstunde. Bemerkenswert ist allerdings, dass der RC überhaupt so niedrige Energien detektiert.

Hmmm. Aber die Versuche und die Überlegungen sind sehr spannend und ein interessanter Ansatz.

Viele Grüße!

Henri

opengeiger.de

Ja, ich geb Dir Recht, diese Gaslichter haben teilweise schon recht viel Aktivität :o. Allerdings hab ich die in nem englischen Anglershop gekauft, da hat GB noch zur EU gehört. Von daher denk ich mir, lagen die schon noch unter der Freigrenze :-*. Aber es ist nicht so, dass man eine hohe Tritiumaktivität braucht, um die Bremsstrahlung von so niederenergetischen Betas in nachweisbarem Umfang zu bekommen. Das ist eher eine Herausforderung was das Messgerät anbelangt. Von daher wär also schon cool, wenn der RC101 eine Möglichkeit darstellen würde. Die Bremsstrahlung des natürlichen Tritiums der Luft messen die Forscher typischerweise mit einem ultra low energy HPGe, das sieht dann sehr schön aus (siehe Bild). Was aber die Vergleichbarkeit meines Tritium-Gaslicht Versuchs zum Hirschgraben anbelangt, muss man natürlich schon sehen, dass bei den Gaslichtern die Aktivität in einem kleinen Volumen vor dem Gerät konzentriert war. Auf der anderen Seite hat eine Bremsstrahlung mit 5-18keV schon ne deutlich höhere Reichweite in feuchter Erde als die induzierende Betastrahlung. Von daher hab ich am Hirschgraben den Fall dass die Erzeugermatrix zusammen mit der Absorptionsmatrix schön gemischt und schön dispers verteilt ist und die Bremsstrahlung quasi überall entsteht. Man bekommt also so was wie nen Volumenstrahler. Aber klar, wir hatten ausgerechnet, dass da Pu-241 heute noch in einer Aktivität von etwa 2000Bq/kg da sein müsste (wenn alle Annahmen stimmen). Ob das nun reicht um den RC101 so zu kitzeln ist natürlich die große Frage. Drum wärs schon besser man wüsste wieviel Pu-241 da tatsächlich rumliegen und ob es nicht noch was gibt, was wir nicht wissen. :unknw:

NoLi

Zitat von: Henri am 05. September 2021, 22:27
So ein Tritium-Gaslicht hat ja schon mal ein GBq Aktivität. Das Glasröhrchen besteht zu einem großen Teil aus Silizium, also einem recht schweren Element. Und die Wand ist dünn: die Betastrahlung trifft auf eine kompakte Masse, die Bremsstrahlung kann dann das Glas vielleicht gerade noch durchdringen und muss bis zum Detektor nur Luft durchqueren.
Zitat von: opengeiger.de am 06. September 2021, 08:18
Ja, ich geb Dir Recht, diese Gaslichter haben teilweise schon recht viel Aktivität :o. Allerdings hab ich die in nem englischen Anglershop gekauft, da hat GB noch zur EU gehört. Von daher denk ich mir, lagen die schon noch unter der Freigrenze :-*.

Die in Deutschland offiziell erhältlichen Tritiumlights haben pro Stück (!) eine maximale Aktivität von 1 GBq (= Freigrenze), die britischen Sticks dagegen besitzen eine höhere Aktivität von maximal 18,5 GBq (= 18,5 fache Freigrenze) und damit eine größere Leuchtstärke. Das bedeutet, dass man ohne Umgangsgenehmigung ein in Deutschland erworbenes Tritiumlicht besitzen darf. Die Erfahrung mit aus GB importierten und via der E-Bucht vertriebenen Sticks/Anhänger habe ich vor gut 17 Jahren machen können: die beiden in Deutschland ansässigen Anbieter bekamen Besuch von der Aufsichtsbehörde (federführend Bayern), ihre PC mit den Käuferkarteien wurden sichergestellt und die Sticks und Anhänger der deutschen Käufer durch die örtlichen Aufsichtsbehörden und der Polizei beschlagnahmt. In Wuppertal wurde daraus vor einem Mehrfamilienhaus (ein Privatkäufer hatte in  einen "Glowring" erworben) auf Anforderung der Polizei sogar ein Feuerwehr-Strahlenschutzeinsatz mit Aufbau der mobilen Notfallduschstation auf der Strasse und Sicherstellung des Anhängers durch Einsatzkräfte in Chemikalienschutzanzügen... :dash2:
Also Vorsicht bei britischen Angeboten, die haben (und hatten auch in der EU !) seit Markteinführung dieser Sticks andere nationale Regelungen/Freigrenzen für diese Gegenstände!

Das man die Bremsstrahlung eines solchen Tritiumleuchtanhängers auch mit einem "hundsgemeinen" Geiger-Müller-Endfensterzählrohr nachweisen kann, zeigt dieses Video:



Gruß
Norbert

opengeiger.de

Naja, ich seh ja schon ein, dass man die ABC-Züge der Feuerwehr immer mal wieder bewegen sollte, dass sie einsatzfähig bleiben! Und es macht auch Sinn die Notfallduschkkabine immer mal wieder aufzubauen, damit man nicht vergisst wie das geht. Aber ganz ehrlich gesagt würd es mir mehr einleuchten wenn die Einsatzkräfte das mal am Hirschgraben üben würden! :new_russian: Aber da wirkts natürlich nicht so martialisch wie vor einem Wohnhaus in Wuppertal und hat vermutlich auch keine so abschreckende Wirkung auf die hartgesottenen Forscher im Campus Nord, jedenfalls solange es die Presse nicht mitbekommt. ;)
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Aber gut ich hab das Video mal angeschaut. Der youTuber geht also auch davon aus, dass da Betastrahlen aus dem Glasröhrchen rauskommen und sich in dem Fall des "guten" Produkts von einer transparenten Abschirmung zurückhalten lassen  :mosking:. Trotzdem hab ich mal den selben Test mit meinem Gardener Tritium-Max Röhrchen und dem Gammascout gemacht und das Röhrchen extra tief in das offene (!) Fenster eingeführt. Ufff!!!! Da bin ich ja grad so an der kritischen Grenze vorbeigeschrappt  :dance:   .
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Für diejenigen, die also von nem deutschen Anbieter was Derartiges kaufen wollen ohne eine Beschlagnahme zu riskieren hier der Link:
https://www.germantacklebox.de/GARDNER-BETALIGHT-TRITIUM-MAX-LARGE-225-mm-x-3-mm-div-Farben
Die Hersteller-Webseite ist die hier (ein Datenblatt mit den GBq hab ich allerdings nicht gefunden):
https://gardnertackle.co.uk/carp-and-specialist-products/bite-indication/betalights-isotopes/tritium-max-betalights-isotopes/



NoLi

#132
Die Tritiumaktivität von 18,5 GBq der importierten britischen Leucht-Stäbchen wurde seinerzeit von der bayerischen LfU Augsburg ermittelt.
Auch in damaligen (britischen) Werbeanzeigen wurden die Stäbchen mit einer Leuchtkraft, je nach Farbe, von bis zu 500 mL und einer Tritiumaktivität von 500 mCi (= 18,5 GBq) angegeben.

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: opengeiger.de am 06. September 2021, 08:18
Auf der anderen Seite hat eine Bremsstrahlung mit 5-18keV schon ne deutlich höhere Reichweite in feuchter Erde als die induzierende Betastrahlung. Von daher hab ich am Hirschgraben den Fall dass die Erzeugermatrix zusammen mit der Absorptionsmatrix schön gemischt und schön dispers verteilt ist und die Bremsstrahlung quasi überall entsteht. Man bekommt also so was wie nen Volumenstrahler. Aber klar, wir hatten ausgerechnet, dass da Pu-241 heute noch in einer Aktivität von etwa 2000Bq/kg da sein müsste (wenn alle Annahmen stimmen). Ob das nun reicht um den RC101 so zu kitzeln ist natürlich die große Frage. Drum wärs schon besser man wüsste wieviel Pu-241 da tatsächlich rumliegen und ob es nicht noch was gibt, was wir nicht wissen. :unknw:


Für die Bremsstrahlung kann man noch einen anderen Vergleich heranziehen: nämlich die Kathodenstrahlröhre mit einer Beschleunigungsspannung von 18 keV. Da trifft der Elektronenstrahl ja auch auf Glas (Silizium), allerdings in der Regel Bleiglas. In alten Videokameras gab es im Sucher ja eine echte kleine Kathodenstrahlröhre, mit zwar nur ca. 500V Beschleunigungsspannung, dafür aber sehr dünnwandig und vermutlich auch ohne Bleizusatz.

Die Halbwertsdicke von 18keV Röntgenstrahlung in Sand ist 1,36mm, habe ich gerade mal rausgesucht, das heißt von der maximal entstehenden Bremsstrahlung kommt aus dem (Sand)boden nur das raus, was in den ersten 1,4cm (10 Halbwertsdicken) entsteht. Da das Maximum bei nur 5,2 keV liegt (Halbwertsdicke 0,037mm!), ist hier bereits bei weniger als einem halben mm Schluss. Und die 5,2 keV beziehen sich ja auf die Betastrahlung, dh. das Bremsstrahlungs-Maximum dürfte noch mal deutlich darunter liegen.

Für die Werte habe ich die Software "Röntgen 6.1" von GBS Elektronik verwendet. Ich hätte euch die gerne verlinkt, aber leider scheinen sie die nicht mehr auf ihrer Webseite anzubieten.

Ich hoffe, ich habe mich jetzt nicht verrechnet  :blush:

opengeiger.de

Wie wenn das KIT auch Forumbeiträge liest  ;D : Ich habe gerade die Nachricht über den Pu-241 Messwert vom Hirschgraben bekommen. Hat so lange geadauert, weil man ein neues Messgerät qualifizieren musste. Damit sind nun die wichtigsten Daten inklusive des Pu-241 vollständig. An der Stelle denk ich, gebührt nun auch ein Dank an die Verantwortlichen am KIT, auch wenn es etwas lange gedauert hat!  :clapping:

Hier sind sie also die Werte für die Probe des KIT von der Hirschgraben-Erde:

Nuklid   Bq/kg
Sr-90   11
Cs-137   2750
Pu-238   15
Pu-239   38
Pu-240   38
Pu-241   178
Am-241   320

Mit einem Wert von 178Bq/kg ist damit auch die Diskussion über die Bremsstrahlung vom Tisch, denn das ist mit Sicherheit zu wenig um die 1uSv/h, welche Prospektor mit dem RC101 gemessen hat, zu erklären. Das muss also noch einen anderen Grund haben. Ich denke, die Pu-241 Aktivitätskonzetration ist zwar nicht ganz vernachlässigbar, aber insgesamt doch enorm beruhigend. :dance: Natürlich kann es noch gewisse Inhomogenitäten geben, aber so grob im Mittel wird der Wert schon repräsentativ sein. Warum der RC101 doch noch was so Unerwartetes anzeigt, dem werden wir sicher noch nachgehen. Aber Bremsstrahlung des Pu-241 ist es bestimmt nicht, denn wie Henri richtig sagt, müsste die ja bei E-max enden und das ist bei Pu241 eben 21keV, also auch nicht viel mehr als beim Tritium. D.h. es dürfte wie bei den Tritium Gaslichtern nur der Kanal 1 kräftig gefüllt sein und eben nicht die Kanäle darüber, so wie man das im Spektrum von Prospektor sieht - wenn der RC101 in dem niedrigen Energie-Bereich so funktioniert, wie wir uns das vorstellen.