KIT Campus Nord (Karlsruhe)

Begonnen von Prospektor, 02. Mai 2021, 10:31

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Janni

So, ich hab jetzt noch mal drei Stunden gemessen. Gestern Abend Nulleffekt und heute die Probe. Im Bild ist der Hintergrund bereits abgezogen. Es sieht aber nicht wesentlich anders als die 1 Stunden Messung aus. Ich hab jetzt die Energien der ganz kleinen Peaks auch dran geschrieben und die kleinen Peaks ganz vorne vergrößert. Den bei 37 keV kann ich nicht so richtig einordnen, bei dem bei 85 keV bin ich auch nicht ganz sicher, der ist auch nicht so deutlich...

Alle anderen sind ja recht klar und deutlich einzuordnen.  ;D

opengeiger.de

#46
@Janni: Sehr schönes Spektrum! Ich glaube nun wir können das Co-60 vernachlässigen.
Da wir uns auch bei der Abschätzung der noch vorhandenen Aktivitätskonzentration des Pu241 unter Annahme von Idealbedingungen einig sind, habe ich nun eine erste Abschätzung der Folgedosis für Ingestion gewagt. Dabei ist die Annahme, dass die übrigen reinen Alpha- und reinen Betastrahler keinen nennenswerten Beitrag leisten (was noch nachgewiesen werden muss). Im Anhang also die Rechnung für die Folgedosis in uSv, wenn jemand 100g der Erde an Sandfang 5 verspeisen würde.

Beim Säugling <1a komme ich auf 405uSv, beim Erwachsenen > 17a komme ich auf 72uSv.

Vielleicht schaut nochmal jemand die Dosiskoeffizienten nach und rechnet zur Kontrolle auch nochmal nach, man macht da ja schnell nen Fehler  :unknw:.

opengeiger.de

Ich merk schon, Fehler muss man hier selber suchen ... :rtfm:
Aber vielleicht erhöht sich ja die Chance, wenn ich es auch als gezipptes Excel anhänge. ;)
In der vorigen Variante war noch ein Fehler bei der Eingabe der Aktivitätskonzentrationen. Man kann nun etwas mehr Erde essen um auf die gleiche Dosis zu kommen :P
Wir haben nach der Korrektur jetzt 202uSv Folgedosis für <= 1a und 15.92uSv für > 17a

Janni

Bernd, Danke für die ganzen Analysen und Berechnungen und Hintergrundinformationen! Ich muss das erstmal alles ganz in Ruhe nachvollziehen. Bin da jetzt nicht ganz so firm mit diesen Berechnungen.  :)

Auf jeden Fall gut zu wissen, dass ich die Probe ohne zu große Bedenken essen kann.  :D :D :D

Prospektor

Zitat von: Janni am 18. Mai 2021, 21:20
So, ich hab jetzt noch mal drei Stunden gemessen. Gestern Abend Nulleffekt und heute die Probe. Im Bild ist der Hintergrund bereits abgezogen. Es sieht aber nicht wesentlich anders als die 1 Stunden Messung aus. Ich hab jetzt die Energien der ganz kleinen Peaks auch dran geschrieben und die kleinen Peaks ganz vorne vergrößert. Den bei 37 keV kann ich nicht so richtig einordnen, bei dem bei 85 keV bin ich auch nicht ganz sicher, der ist auch nicht so deutlich...

Alle anderen sind ja recht klar und deutlich einzuordnen.  ;D

Sehr schön! Das Co-60 wird sicher sehr wenig sein, es wurde ja auch vom KIT-SUM Labor nicht gelistet im Bericht.
Interessant finde ich jetzt in Deinem Spektrum den Peak bei 37 keV. Der sieht ja leicht asymmetrisch aus... könnten das auch 39.6 keV sein?  :scratch_one-s_head:

opengeiger.de

Zugegeben, ich bin relativ neu hier, und kenn mich bei den Usern noch nicht so recht aus. Dann platz ich auch gleich noch mit so ner aufregenden Sache da am KIT in Karlsruhe rein. Jetzt hab ich mich aber ein wenig im Forum umgesehen und bin wirklich ganz beeindruckt von der Expertise und der Bereitschaft von Etlichen mitzuhelfen bei den verschiedensten Problemen und Fragestellungen. Nicht so das flache Gefassel wie sonst in den Foren. Aber es fällt auch auf, dass es doch einige Hero Members gibt, die das Ding tragen und mit regelmäßigen äußerst kompetenten Antworten, Messungen usw. am Laufen halten. Echt super! Großes Lob :good2:

Aber wo ich da so schau, wer da so aus welcher Ecke wer kommt, merk ich, dass es da doch genau ein Hero Member aus Karlsruhe gibt, der viele Jahre am Hirschgraben gearbeitet hat am Reaktor, dann im ABC Trupp der Feuerwehr dort war, und dann auch noch Strahlenschutzkurse dort gehalten hat. Und der am KfK/KIT gearbeitet hat seit 1975!  :preved:

Hey NoLi, erzähl uns doch Du was zu der Sache! Du hast das bisher noch gar nicht kommentiert, merk ich gerade, wo Du doch sonst so gerne Deine guten Fachkenntnisse einfließen lässt! Das wär doch ober-mega-interessant!!! Du müsstest doch wirklich noch echter Zeitzeuge des Auflöser-Störfalls gewesen sein! Da gibt es nicht mehr viele, die das noch wissen, was damals abgelaufen ist! Kann es sein, dass diese Kontamination von diesem Störfall kam? Oder ist das ausgeschlossen? Was meinst Du denn? Habt ihr damals am Ufer des Hirschgrabens gemessen? Mann, da würden doch so viele jetzt gespannt zuhören, wenn Du nun was dazu sagen würdest. Lass uns doch nicht dumm sterben! Bitte!  :clapping: :clapping: :clapping:

NoLi

Hallo Bernd.

Ich habe mich nicht dazu geäußert, weil ich auch nicht mehr als das allgemein Bekannte über Betriebszustände in der Wiederaufbereitungsanlage (war eine eigene Betriebsgesellschaft mit Eigenpersonal) sowie den dazugehörigen Umweltmessungen (durchgeführt u.a. durch eine Abteilung des zentralen Strahlenschutzdienstes) weiß, da ich nicht in diesen Bereichen tätig war. Die Abteilungen und Aufgaben waren nicht nur logistisch, sondern auch baulich getrennt.

Gruß
Norbert



Samarskit

Jetzt haben ja schon einige Mitglieder phantastische Messungen und recht gute Übereinstimmungen in den Ergebnissen erzielt, so dass ich mich eigentlich gar nicht mehr zusätzlich einbringen müsste. Ich habe über Freunde von den Aktivitätsfunden im Hirschgraben erfahren und habe mich anschließend auch an ein Rechenexempel gewagt - zwar nicht mit EXCEL oder dem Matlab-Programm. sondern mit einem einfachen 40 Jahre alten wissenschaftlichen Taschenrechner, dem ersten, den unser Gymnasium damals für die Arbeit mit Schülern angeschafft hatte.

Die Werte für Pu241 stimmen mit meinen Resultaten weitgehend überein. Eine kleine Ungewissheit ist noch der Anfangswert von Am241 bei Freisetzung des Inventars. Null stimmt sicher nicht, da ja während des Reaktorbetriebes auch bereits etwas Am241 aufgebaut wird. Mir liegen da leider keine verlässlichen Zahlen vor. Die Isotopenwerte hängen ja stark vom Abbrand der Brennstäbe ab. Im Vergleich zu der recht kurzen Zeit der Brenndauer der Stäbe im Reaktorbetrieb verglichen mit der langen Lagerzeit von ca. 40 Jahren in der Erde scheinen mir maximal 5% des finalen Maximums angemessen zu sein. Damit käme ich auf ca. 2270 Bq/kg Pu241 aktuell und 16460 Bq/kg zum Zeitpunkt des Störfalles (immer abhängig vom tatsächlichen aktuellen Wert bei Am241, hier: 488 Bq/kg).

Interessant ist dann natürlich auch noch die Frage nach den anderen Pu-Isotopen. Wenn man die Werte des KIT-Dokumentes 3531 zur Hand nimmt, dann ist das Massenverhältnis der Pu-Isotope 238:239:240:241 bei einem Abbrand von
34000 MWh/d HM ca. 0,18:5,2:2,1:1,0. Das würde zu folgenden aktuellen spezifischen Aktivitäten führen:

Pu238:  ca.  385 Bq/kg
Pu239:  ca.   57 Bq/kg
Pu240:  ca.   85 Bq/kg
Pu241:  ca. 2270 Bq/kg.

Während Pu239/240 eben noch im Rahmen der Freigrenze für spezifische Aktivität von je 100 Bq/kg lägen,
würden Pu238 und Pu241 (und vor allem Pu241 und Am241) diese (identische Grenze) um ein Mehr-bis Vielfaches übersteigen.

Mit dem Schmelzsand des Trinitits lässt sich die KIT-Erde übrigens überhaupt nicht vergleichen. Dort war Pu239
das wesentliche Isotop für die Explosion und blieb in extrem überproportionalem Verhältnis zurück. Pu239 ist dort 1500mal und Am241 ca. 6mal so häufig wie in der KIT-Erde des Hirschgrabens! Dennoch führt wohl kein Weg an einer
Komplettsanierung des betroffenen Areals vorbei, will man nicht komplett unglaubwürdig werden in Bezug auf das Strahlenschutzgesetz.

 





opengeiger.de

Ich bin schon wieder äußerst beeindruckt, welche Expertise hier hinter den Beiträgen steckt!  :yahoo:

In der Tat, es ist natürlich eine sehr elegante Methode, hier die noch unbekannten Aktivitätskonzentrationen der anderen Pu-Isotope aus den üblichen Isotopenverhältnissen bei der Wiederaufbereitung abzuschätzen. In der nuklearen Forensik stellen diese Verhältnisse ja auch oft so was wie einen typischen Fingerabdruck für die Quelle dar. Das erfordert in der Tat kein tolles Tool, das kann man wirklich mit dem Taschenrechner machen. Lass mich tippen, es war hier ein legendärer HP41C.  :rofl:

Was mir jetzt aber noch nicht so klar ist, wie kommt denn die Freigrenze für die spezifische Aktivität von 100Bq/kg zustande? Es gelten doch die Werte aus der Strlschv Anlage 4? Und darin die Werte für spezifische Freigabe von Bodenflächen, oder nicht?

NoLi

StrlSchV: Zur Anlage 4, Spalte 7, gehört auch die Anlage 8, Teil E.

Gruß
Norbert

opengeiger.de

Würde man hier bei der Frage ob eine Sanierung des Hirschgrabens in diesem Bereich nötig ist oder nicht, eine Freigabe von Bodenflächen nach § 36 Absatz 1 Nummer 2 StrlSchV zugrunde legen? Eigentlich wird hier doch keine Fläche aus der atomrechtlichen Aufsicht entlassen? Oder müsste man hier nicht einfach die weniger als 10 Mikrosievert im Kalenderjahr über alle möglichen Expositionspfade nachweisen? Eine Mittelung mit einer Mittelungsfläche von 100m^2 macht ja doch nur Sinn, wenn die zu betrachtende Fläche größer als die zur Mittelung verwendete Mittelungsfläche ist. Das ist doch wie beim "gleitenden Mittelwert" im Eindimensionalen, oder?

Vermutlich ist ein strahlenschutzrechtliches Gutachten am Ende teurer als einfach mal nen Bagger kommen zu lassen. :D

NoLi

Tja, ob überhaupt und wenn ja, welche Paragraphen mit welchen Maßnahmen anzuwenden wären, muß die zuständige Aufsichtsbehörde entscheiden; das ist deren Job.

Norbert

Samarskit

"Lass mich tippen, es war hier ein legendärer HP41C."

Lach....hätte durchaus sein können - nee, es ist ein Toshiba SLC-8260 (Flüssigkristalldisplay),
flaches Design und irgendwie unverwüstlich. Der hat sogar schon eingebaute Statistikfunktionen
wie Mittelwert, Varianz und Standardabweichung auf Tastendruck! Ich mag solche nostalgischen
Geräte irgendwie.

Was die Freigrenzen betrifft, meinte ich die "harten" Werte, die in der Haupttabelle gelistet sind und ohne jede Sonder- oder Spezialregelung freie Handhabung und Transport des Materials erlauben. Über die Freigabe erhöhter Werte z.B. für Böden müssen sich andere die Köpfe zerbrechen. Das wird wohl hier aus aktuellem Anlass auch geschehen müssen und dann zu einer Entscheidung führen.

Ja, der Pu-Isotopenvektor ist in der Tat ein forensisches Mittel bei der Rückverfolgung von Kontaminationen zur verursachenden Quelle. In diesem Fall müssen wir aber nicht mehr suchen, denke ich. Allenfalls geht es für den hypothetischen Fall, dass mehr als ein Eintrag erfolgte, um eine Trennung und gesonderte Zuordnung.
Messtechnisch wäre es bei den hier vorliegenden Pu-Aktivitäten zumindest gammaspektroskopisch sehr schwer,
zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen: selbst die "häufigste" Einzel-Emissionsenergie bringt es nur auf
ca. 15 Millibequerel/Kilogramm (51keV bei Pu239). Wenn überhaupt, kommt man da nur alphaspektroskopisch weiter - und auch das wird nicht ganz so einfach sein.

Auf jeden Fall werde ich das weitere Procedere mit Interesse verfolgen.

 

DL3HRT

Heute brachte die Post die KIT-Erdprobe, welche ich letzte Woche ins Labor nach Norddeutschland geschickt hatte. Da der RadiaCode-101 seit kurzem auch Spektren mit Hintergrundabzug erstellen kann, habe ich es natürlich gleich mit der KIT-Erde ausprobiert. Zuerst habe ich für 1,5 Stunden das Hintergrundspektrum aufgezeichnet und danach den RadiaCode-101 auf die 1 l Kunststoffflasche mit der Probe gelegt. Ich habe für die Messung ohne Bleiburg gearbeitet. Gerät und Probe lagen auf dem Fußboden.

Der Unterschied ist, wie erwartet, frappierend. Ohne Hintergrundabzug ist war der Cs-137 Peak bei 662 keV deutlich zu sehen, die niederenergetischen Peaks gehen jedoch total unter. Mit Hintergrundabzug erscheinen die Peaks für Cs-137 (32 keV) und Am-241 (59 keV) an den richtigen Stellen und sind deutlich voneinander getrennt. Wenn jetzt noch die versprochene Vervierfachung der Kanalanzahl kommt, dann ist die Spektralfunktion sehr brauchbar.

Ich habe zum Vergleich noch einmal das mit dem 63mm x 63mm Kristall aufgezeichnete Spektrum angehängt. 



Samarskit

"Ich habe zum Vergleich noch einmal das mit dem 63mm x 63mm Kristall aufgezeichnete Spektrum angehängt."

Bei deinem sehr sauberen Spektrum ist ja sogar noch der 26keV-Peak von Am mit drauf - stark!
Der geht natürlich bei der groben Auflösung des RadiaCode unter(ist aber doch schon zu ahnen ganz links.
Da kriege ich richtig Lust, auch mal selber zu messen mit meiner Harshaw, ob die auch so gut trennt.
Fehlt nur noch etwas Erde.