KIT Campus Nord (Karlsruhe)

Begonnen von Prospektor, 02. Mai 2021, 10:31

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Samarskit

Jetzt bin ich doch noch neugierig geworden auf Henris Nachfrage zum Problem "qualitativ/quantitativ" und
habe meine beiden Spektren etwas genauer unter die Lupe genommen.

Klar ist, dass man niemals bei einem Einzelspektrum absolute Aussagen machen kann über Aktivitäten.
Bestenfalls kann man sich in Bezug auf ein Referenzspektrum da vorsichtig herantasten.

Hat man aber zwei Spektren wie hier, die zudem noch mit völlig gleichen Einstellungen der Parameter und der
Aufnahmegeometrien hergestellt wurden sowie ohne jede künstliche Bearbeitung (vor allem ohne Resolution Compensation), dann lassen sich durchaus relative Vergleiche bei ein und derselben Emissionsenergie gewinnen, also zum Beispiel die Verhältnisse Am241(59,6keV;Spektrum 1) zu Am241(59,6keV;Spektrum 2) und Cs137(662keV;Spektrum 1) zu Cs137(662keV;Spektrrum 2).

Dazu nehme ich möglichst präzise Abschätzungen der Nettoflächen der jeweiligen Peaks und setze diese ins Verhältnis. Die Flächen werden ab Kontakt zum "Grundgebirge" bis zur Spitze ermittelt. Der Kontakt zum Grundgebirge wird als Linie angesetzt, die durchaus auch schräg sein kann oder sogar steil (wie hier beim Am241-Peak des SF6). Nach oben hin zur Spitze nehme ich näherungsweise ebenfalls Linien an, so dass sich
ein Dreieck ergibt, dessen Fläche hier die Einheit [cps mal keV] besitzt.

Folgende Werte ergeben sich:

                          Am241                                 Cs137

Sandfang 5   0,5*0,18cps*44,4keV=4,00[cps*keV]      0,5*0,655cps*148kev=48,5[cps*keV]           

Sandfang 6   0,5*0,165cps*18,5keV=1,53[cps*keV]     0,5*0,505cps*148keV=37,4[cps*keV]
   
Die Masse der Erde von SF6 betrug feucht ca. 1000g, nach dem Trocknen noch ca. 750g. Dadurch sind die Zählraten im Blick auf den Vergleich von spezifischen Aktivitäten sicher noch zu hoch. Da die zusätzliche Absorption durch die die größere Masse aber nichtlinear ist (linear müsste man den Faktor 1,5 einsetzen),
ist eine präzise Korrektur schwierig. Das Verhältnis der Nettozählraten ist 131cps:119,6cps=1,095. Hier spielt sicher das Cs137 die Hauptrolle (plus zusätzliche diverse Aktivität der Erde?), Am241 ist untergeordnet. Der Flächeneinfall zur quadratisch begrenzten Sonde ist bei beiden Aufnahmen identisch besetzt, die zusätzliche Masse der SF6-Erde liegt also geometrisch gesehen rein unterhalb derer von SF5.
Deren Absorption wird bei Am241,deutlich stärker sein als bei Cs137. Es kann durchaus sein, dass von unten
überhaupt kein Am mehr durchkommt zur Sonde, sondern nur noch ein Teil des Cs. In Ermangelung einer anderen Bezugsgröße nehme das Verhältnis der Zählraten und reduziere damit die Resultate von SF6.

Auf diese Weise erhält man folgende Faktoren für das Verhältnis der spezifischen Aktivitäten in SF5 und SF6:

Am241 -->   4,00/1,53*1,095 = 2,86
Cs137 -->   48,5/37,4*1,095 = 1,42

Die Daten von Prospektor lauten (SF5 gegenüber, Referenzstelle : SF6 Einleitung, jeweils Mittelwerte):

Am241 -->   487/173   = 2,82
Cs137 -->   3800/2711 = 1,40

ohne Kommentar.   

Samarskit

Zitat von: NoLi am 04. Juni 2021, 12:33
Die Diagramme in Abb.8 des Berichtets KFK117 für das HEUTIGE Aktivitätsverhältnis von Mutter (A1) und Tochter (A2) nach 41 Jahren (~ 3 Halbwertszeiten Pu-241) sind eindeutig (Schnittpunkt von A1 und A2).
Wobei die Bezeichnung "Zeit" der Zeitachse die Halbwertszeit darstellt.

Norbert


Wo steht denn dort etwas vom System Pu241/Am241? da wird doch nur ein System dargestellt, in dem die HWZ der Mutter kürzer ist als die der Tochter!??? Im dortigen Fall treffen sich die Linien eben bereits nach 3 HWZ, aber das hat nichts mit Pu241 und Am241 zu tun, hier ist die Laufzeit etwas größer als 5 HWZ von Pu241.

Peter-1

Hallo Samarskit,

das Thema mit unterschiedlichem U235 Gehalt interessiert mich sehr. Gibt es dazu ein Spektrogramm? Ich habe 2 Spektren von sehr unterschiedlichen Proben.
a) Bodenprobe Gottow, vermutlich von der Explosion 1944.
b) UO2 über viele Umwege von einer Aufbereitung.
Im Spektrogramm sind gut sichtbar die Unterschiede zu erkennen.

Gruß Peter
Gruß  Peter

Henri

Hallo Samarskit,

Zitat von: Samarskit am 04. Juni 2021, 00:55
1. Das mit der "Horrorzahl" dürfte sich ja inzwischen geklärt haben!? Ich meinte damit überhaupt nicht eure eigene Arbeit mit den Messungen und den Spektren, die ist aller Ehren wert! Es ging allein um das Missverständnis im Zusammenhang mit Pu - aber das hat Opengeiger ja bereits abgeklärt mit dir, insofern ist da nichts mehr zu ergänzen.

hier ist mittlerweile schon so viel geschrieben worden - magst Du den Post noch mal verlinken? Was für ein Mißverständnis meinst Du denn?


Zitat von: Samarskit am 04. Juni 2021, 00:55
Ich meine nicht, dass ich irgendwo von "Peakhöhen" gesprochen hätte!? Bei Cs137 wäre das ohnehin sinnlos, da in beiden Spektren die Cs-Linie auf Maximum steht.

OK, dann hatte ich das falsch verstanden. Ich hatte nicht gesehen, dass Du selber Messungen von beiden Sandfängen gemacht hattest und die dann miteinander verglichen hattest. Ich dachte, Du hattest Deine eine Messung mit einer Messung von jemand anderem verglichen und wolltest daraus quantitative Aussagen treffen.

Übrigens, "da in beiden Spektren die Cs-Linie auf Maximum steht": die Skalierung der Achse ist doch völlig egal. Es zählt, wie viele Einzelimpulse Du in der Fläche des Peaks in einer vorgegebenen Zählzeit registriert hast.

Zitat von: Samarskit am 04. Juni 2021, 00:55
Aber im Vergleich mit den Nettozählraten relativ zur Masse der Erdproben bei praktisch identischer Geometrie
und identischen Einstellungen lässt sich der Schluss eindeutig ziehen. Mit mehrjähriger Erfahrung in der Arbeit mit einer Gammasonde lassen sich übrigens durchaus halbquantitative Aussagen machen, sofern man genügend Referenzmaterial zur Verfügung hat. Ein schönes Beispiel ist die Unterscheidung von Vorkriegsuran
und Nachkriegsuran am unterschiedlichen Gehalt von U235.

Ja, weil Du einen Vergleich hast. Du hast die Peakhöhen des U-238 und kannst dazu relativ das Verhältnis des U-235 abschätzen. Aber in diesem Fall haben wir zwei völlig voneinander unabhängige Nuklide Am-241 und Cs-137 mit (praktisch gesehen) je nur einem Peak. Da fehlt Dir der Vergleich. Du kannst zwar unterschiedliche Messungen, die Du selber gemacht hast und bei denen die gleiche Probenmasse, -geometrie, -aufarbeitung und Zählzeit zugrunde liegen, miteinander in Verhältnis setzen. Aber wenn nicht für mindestens eine Deiner Proben die tatsächliche Aktivität bekannt ist, kannst Du halt keinerlei Aussagen zur Aktivität der anderen Proben treffen.
Das war zu Beginn dieses Threads ja auch so: die ersten Spektren, die hier zu sehen waren, waren qualitativ. Man hat die schnell wachsenden Peaks im Video gesehen und dachte oha, da ist ja richtig viel drin. Als dann die Probe quantitativ vermessen war, hat man gesehen, dass es zwar schon recht viel ist, aber nicht so viel, wie es am Anfang schien (ging mir jedenfalls so).

Viele Grüße!

Henri




Henri

Zitat von: Samarskit am 04. Juni 2021, 01:32
...noch zum Thema "Aktivitätsgleichheit" von Am241 und Pu241:

Achtung, "Aktivitätsgleichheit" ist nicht "Aktivitätsgleichgewicht"!

Das Aktivitätsgleichgewicht (Säkulares Gleichgewicht) wird angestrebt und, wenn es erreicht wurde, gehalten. Das passiert, wenn die HWZ der Mutter deutlich länger ist als die der Tochter.

Die Aktivitätsgleichheit ist ein Zustand, der angestrebt wird, dann für einen kurzen Moment besteht und schließlich wieder verlassen wird.

Wir haben hier die Situation, dass die HWZ der Mutter kürzer ist als die der Tochter. Da wird dann wohl eine Aktivitätsgleichheit erreicht, aber ein Gleichgewicht, das dann auch bestehen bleibt, bis das gesamte Mutternuklid zerfallen ist, stellt sich nicht ein. Kann man hier nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4kulares_Gleichgewicht

Viele Grüße!

Henri

opengeiger.de

Ein Bild sagt doch mehr als viele Worte. Hier ist das Differentialgleichungssystem für Am241 und Pu241 gelöst und die Aktivitätskonzentration über 80 Jahre geplottet. Anfangsaktivitätskonz für Am241 ist 18000Bq/kg. Ring frei für die Interpretationen. Aber seid friedlich miteinander! :victory:

opengeiger.de

Und hier noch der andere Fall: Das System Rn222 (HWZ 3.82 Tage) und Po218 (HWZ 3.098 min). Ich hoffe damit wirds verständlicher.

Henri

Zitat von: Henri am 04. Juni 2021, 14:35

Zitat von: Samarskit am 04. Juni 2021, 00:55
1. Das mit der "Horrorzahl" dürfte sich ja inzwischen geklärt haben!? Ich meinte damit überhaupt nicht eure eigene Arbeit mit den Messungen und den Spektren, die ist aller Ehren wert! Es ging allein um das Missverständnis im Zusammenhang mit Pu - aber das hat Opengeiger ja bereits abgeklärt mit dir, insofern ist da nichts mehr zu ergänzen.

hier ist mittlerweile schon so viel geschrieben worden - magst Du den Post noch mal verlinken? Was für ein Mißverständnis meinst Du denn?


Ach so, ich habe es wieder gefunden: Du meinst https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,719.msg7745.html#msg7745   und meine darauffolgende Antwort, nicht? Ja, da hatte ich Bernds Zahlen falsch gelesen, deshalb hatte ich ja nachgefragt und Bernd hat erklärt, wie die Zahlen gemeint sind. Das Nachfragen öffentlich zu machen hat den Vorteil, dass möglicherweise nicht nur ich, sondern auch andere Leute, die das lesen, die Zahlen mißverstehen könnten. Da die Erklärung zwei Posts weiter unten steht, ist dem nun wirkungsvoll vorgebeugt.  :yahoo:

Viele Grüße!

Henri

Samarskit

Hallo Henri,

Ach so, ich habe es wieder gefunden: Du meinst https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,719.msg7745.html#msg7745   und meine darauffolgende Antwort, nicht? Ja, da hatte ich Bernds Zahlen falsch gelesen, deshalb hatte ich ja nachgefragt

Ja, genau. Alles klar.

Henri

Zitat von: Samarskit am 04. Juni 2021, 20:16
Hallo Henri,

Ach so, ich habe es wieder gefunden: Du meinst https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,719.msg7745.html#msg7745   und meine darauffolgende Antwort, nicht? Ja, da hatte ich Bernds Zahlen falsch gelesen, deshalb hatte ich ja nachgefragt

Ja, genau. Alles klar.


OK :)

Fürs Zitieren gibt es übrigens oben rechts in jedem grauen Kasten, in dem ein Post erscheint, ein kleines Feld "Zitat".
Wenn Du draufklickst, siehst Du quasi den Quelltext des Posts. Der bildet dann quasi den Kern Deiner Antwort.

Im Zitat-Kasten Deiner Antwort erscheint  alles, was sich zwischen [quote] und [/quote] befindet, Du kannst also auch was löschen.

Was Du dann außerhalb des Zitats schreiben möchtest, schreibst Du einfach außerhalb von [quote] Zitat [/quote]

Viele Grüße!

Henri


Samarskit

Hallo Henri,

Du kannst zwar unterschiedliche Messungen, die Du selber gemacht hast und bei denen die gleiche Probenmasse, -geometrie, -aufarbeitung und Zählzeit zugrunde liegen, miteinander in Verhältnis setzen. Aber wenn nicht für mindestens eine Deiner Proben die tatsächliche Aktivität bekannt ist, kannst Du halt keinerlei Aussagen zur Aktivität der anderen Proben treffen.

Das will ich doch auch nirgends!? Es geht hier immer nur um die nuklidspezifische Abschätzung von Aktivitätsverhältnissen. Übrigens lässt sich aus meinen Zahlen für die Flächen ableiten, dass die Intensität der Am241-Energie nur ca. 64% derer von Cs137 beträgt. Normalerweise sind die Intensitäten im Niederenergiebereich in der Tat höher als bei 662 keV. Der Grund liegt höchstwahrscheinlich in der deutlich höheren Absorption durch die massive Erde.

Samarskit

Zitat von: Henri am 04. Juni 2021, 20:42

Fürs Zitieren gibt es übrigens oben rechts in jedem grauen Kasten, in dem ein Post erscheint, ein kleines Feld "Zitat".
Wenn Du draufklickst, siehst Du quasi den Quelltext des Posts. Der bildet dann quasi den Kern Deiner Antwort.

Im Zitat-Kasten Deiner Antwort erscheint  alles, was sich zwischen (quote) und (/quote) befindet, Du kannst also auch was löschen.

Was Du dann außerhalb des Zitats schreiben möchtest, schreibst Du einfach außerhalb von [Zitat]

Ja, danke für die Hilfestellung. Den Zitierknopf hatte ich schon mehrfach im Visier, aber die Feinsteuerung noch nicht entdeckt dabei.

Samarskit

Zitat von: Peter-1 am 04. Juni 2021, 14:21
Hallo Samarskit,

das Thema mit unterschiedlichem U235 Gehalt interessiert mich sehr. Gibt es dazu ein Spektrogramm?

Ja, gibt es. Muss ich aber erst raussuchen.

opengeiger.de

Hier noch ein RadiaCode101 30min Spektrum der Hirschgrabenerde.Dafür, dass es ein 1x1x1cm CsI-Kristall ist, echt erstaunlich! Die Energieskala steht hierbei auf Werkseinstellung und kann noch kalibriert werden.

Henri

#104
Zitat von: Henri am 04. Juni 2021, 14:35
Als dann die Probe quantitativ vermessen war, hat man gesehen, dass es zwar schon recht viel ist, aber nicht so viel, wie es am Anfang schien (ging mir jedenfalls so).

Noch kurz ein Nachschlag hierzu, obwohl der eigentlich etwas vom Thema abschweift: hier https://nuklearchemie.uni-koeln.de/fileadmin/einrichtungen/nuclearchemie/Diverses/Cs-137_Standards_rev.pdf ist ein tolles Paper über die Herstellung von Referenzstrahlern mit Cs-137 für die Gammaspektrometrie. Der Verfasser hat Böden unterschiedlicher Dichte und Zusammensetzung, Sand und Pilze jeweils in eine definierte (jedoch Probenkategorie-übergreifend uneinheitliche) Geometrie gebracht, homogen mit immer der selben Aktivität Cs-137 Lösung versetzt, und dann die Effizienz seines Detektors bestimmt.

Auf S. 53 findet sich die Tabelle: obwohl alle Proben genau 86 Bq Cs-137 enthalten, "sieht" der Detektor bei den Pilzen hiervon 74 Bq, bei der Blumenerde nur noch 38 Bq, bei Sand 35 Bq und bei Erde 30 Bq. Das gilt aber nur für genau seinen Detektor und genau seine Probengeometrie.

Noch schwieriger wird es, wenn die Probe vor dem Messen nicht getrocknet wird, weil dann der Wassergehalt nicht bekannt ist. Oder wenn Fremdkörper (Steine...) nicht entfernt werden oder keine Homogenisierung durchgeführt wird.

Man sieht also schön, dass eine halbwegs präzise quantitative Nuklidbestimmung ziemlich aufwändig ist. Nicht zuletzt deshalb nehmen Labore regelmäßig an Ringversuchen zur Qualitätssicherung teil. Die beste Lösung für den Amateur ist, möglichst viele verschiedene bereits vermessene Proben zu sammeln (wobei sich natürlich die Frage stellt, wie man da rankommt), das Datum der Messung darauf zu notieren (zum Berechnen der Restaktivität zum Zeitpunkt der Verwendung) und für die eigene Messung dann vorab die auszuwählen, die der Beschaffenheit der zu bestimmenden Probe am nächsten kommt.

Viele Grüße!

Henri