KIT Campus Nord (Karlsruhe)

Begonnen von Prospektor, 02. Mai 2021, 10:31

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DL8BCN


opengeiger.de

Naja, wie ich schon schrieb, das Spektrum des RC-101 ist auch mit Amplif.=10 noch recht verzerrt. Wenn man das mit der inversen Detektor-Effizienz (aus der Background-Funktion) entzerrt, dann sieht das schon ganz anders aus. Dann sieht man, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit hier auch ein Rückstreupeak am Ende des Compton Gebirges liegen könnte. Das könnte sich mit U235 bei 186keV überlagern davon hat es im Hirschgraben auch ein wenig. Anbei das entzerrte Spektrum des RC-101 (schwarze Linie) gegen unentzerrt (grüne Linie) und noch eine Theremino Messung mit einem guten 2.5" NaI von Prospektor, die auch ganz ähnlich aussieht.

Oder hat jemand dazu noch ne Meinung?   

Prospektor

Zitat von: DL8BCN am 25. Januar 2022, 17:29
Hallo, diese Diskussion gehört zwar eigentlich verschoben in das KIT-Thema, aber ich habe noch mal eine Frage zu meinem Spektrum:


Evtl. kanns ja ein Moderator verschieben, das RC-101 thread platzt eh schon aus allen Nähten  ;) Das Gehört m.M. nach aber auch nicht wirklich ins KIT-Thread, da es hier eher um generelle Features von Gammaspektren geht.

Die Antworten auf Deine Fragen lauten: Compton-Kante (3), Rückstreupeak (2), Röntgenfluoreszenz von Pb / Am-241 Gammas (1). Die beiden letzteren verschwimmen bei der schlechten Auflösung des RC gerne.
U-235 ist mit ca. 5 Bq/kg (s. KIT Thread) mittels RC-101 nicht nachweisbar.

Ich würde Dir diesbezüglich und für weitere Fragestellungen etwas Literatur empfehlen, da kann man auch eine ganze Menge weitere Infos rausziehen, auch im Übertrag auf das CsI-Kriställchen des RC-101 :)

Z.B.

https://gammaray.inl.gov/Shared%20Documents/naicat.pdf

https://web.physics.ucsb.edu/~phys128/experiments/gamma/GammaSpectroscopy.pdf

DL8BCN

Hallo, ja, dann wäre es wohl gut, wenn ein Admin diese Diskussion in den Bereich verschiebt, wo über das KIT geschrieben wurde.
Danke für die Info.

Peter-1

Hallo,

ich greife nochmal das alte Thema auf. Der Boden am Hirschgraben enthält wie berichtet und gemessen eine geringe Menge Cs137. Nun haben sich ganz sicher schlaue Fachleute schon überlegt wie man dieses Cäsium aus der Erde bringen könnte. Dekontaminieren. Oder wird im Fall einer Abtragung solcher Erde diese nur umgelagert - Sondermüll ?

Zusatzfrage: als welche Verbindung liegt das Cäsium vor ?

Spannende Frage
Peter
Gruß  Peter

Axton

Zur Zusatzfrage:

Das Caesium wird als Salz vorliegen. Entweder als Halogenid (Fluorid, Chlorid, Bromid oder Iodid), Hydrogencarbonat, Carbonat, Hydrogensulfat oder Sulfat.

Theoretisch wäre es auch möglich, dass es als Doppelsalz (zum Beispiel Caesium-Natrium-Sulfat).

Als was das Caesium genau vorliegt kann man nur schwer sagen, da die genannten Anionen sehr häufig vorkommen und man bei der chemischen Analyse alle nachweisen würde.

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 06. April 2022, 14:33
...
Zusatzfrage: als welche Verbindung liegt das Cäsium vor ?
...

Hier ein paar Hinweise:

https://www.umweltanalysen.com/boden/caesium-137-bodenbelastung-und-vertikale-migration/

Auszüge:
"  In den Monaten unmittelbar nach dem Tschernobyl-Fallout waren Nahrungsmittel, die aus dem Freien stammten und Fleisch von pflanzenfressenden Wildtieren erhöht mit Radiocäsium belastet. Während die Radiocäsium-Kontamination in landwirtschaftlich erzeugten Grundnahrungsmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft schon seit einigen Jahren wieder auf das Niveau vor dem Reaktorunfall abgesunken ist, werden auch heute noch in einigen Waldgebieten vergleichsweise hohe  Cs-137 Gehalte in Beeren, Pilzen und dem Fleisch von Wildtieren festgestellt.

Diese Unterschiede in der Cs-137 Kontamination sind dadurch bedingt, dass der Transfer von Radiocäsium in Pflanzen auf landwirtschaftlich genutzten Böden durch die Fixierung von Cs-Ionen in Tonmineralen, das hohe Nährstoffangebot und den hohen pH-Wert im Boden nur gering, auf Waldböden aber, insbesondere im Auflagehumus relativ hoch ist. Darüber hinaus finden in Waldökosystemen, neben rein physikalischen (Sorption, Fixierung etc.), auch dynamisch biologische Prozesse (Streueintrag, Zersetzung etc.) statt, die die Kontamination von Vegetation und Wildtieren in komplexer Weise beeinflussen.

Wir untersuchen seit 1986 das langfristige Verhalten von Radiocäsium in ungestörten Ökosystemen, mit dem Schwerpunkt auf "Produkte aus Wäldern".  "

"  Räumliche Verteilung

Die räumliche Verteilung von Radiocäsium im Boden hängt i.w. von dessen Sorptionseigenschaften und der Wasserbewegung ab. Die Wasserbewegung ergibt sich aus der Niederschlagsmenge, sowie der Anzahl, Größenverteilung und Gestalt der Bodenporen. Die Sorptionseigenschaften werden von dem Anteil und der Zusammensetzung der Tonfraktion und der organischen Substanz, sowie der Austauschkapazität und dem pH-Wert des Bodens bestimmt. Diese Parameter variieren mit dem Standort, deshalb sind generalisierende Aussagen über die Reaktion von Radiocäsium im Boden kaum möglich (COUGTHRY und THORNE 1983, FRANKE 1982, KÜHN 1982, PAVLOTSKAYA et al. 1967).Cs-137 bzw. Radiocäsium in Waldböden.

Die vertikale Wanderungsgeschwindigkeit von Radiocäsium in ungestörten Böden ist relativ gering (mit Ausnahme von Sandböden und tropischen Lateritböden). Nach übereinstimmenden Ergebnissen vieler Autoren, verbleiben langfristig mindestens 80% der  Cs-Aktivität in den oberen 15 cm des Bodens (ANPA 2000, KÜHN 1982, RITCHIE und RUDOLPH 1970, SQUIRE und MIDDLETON 1966, WALTON 1963, ZIBOLD et al. 1997).
Ursachen für geringe Tiefenmigration

Die Ursache für diese geringe Tiefenverlagerung ist die Fixierung von Cäsium in den Kristallgittern von Tonmineralen. Tonminerale sind blättchenförmige Gebilde, die aus übereinander liegenden, negativ geladenen Silikatschichten aufgebaut sind. Zwischen diese Schichten werden bei Dreischichttonmineralen Kationen als Ladungsausgleich eingelagert. Cäsium- und Kaliumionen passen nach TAMURA (1963) wegen ihrer Größe und ihrer hohen Polarisierbarkeit besonders gut in diese Zwischenschichten und werden dort fixiert. Aufgrund dieser spezifischen Bindungsplätze sind sie vor Auswaschung in tiefere Bodenschichten geschützt und nur bedingt pflanzenverfügbar (FREDRIKSSON et al. 1958).

In der organischen Substanz der Waldböden erfolgt die Bindung von Kationen adsorptiv an Carboxyl- und Enolgruppen, sowie an phenolische OH-Gruppen (SCHEFFER und SCHACHTSCHNABEL 1984); spezifische Bindungsplätze für Cäsium-Ionen bestehen hier aber nicht (CREMERS et al. 1988). Deshalb ist Radiocäsium in der organischen Substanz gut pflanzenverfügbar.
Waldböden und Horizontbildung

In Waldökosystemen erfolgt durch abgestorbene Pflanzen- und Baumteile und, in geringerem Maße, auch durch abgestorbene tierische Organismen, ein kontinuierlicher Eintrag auf den Boden. Diese organische Substanz wird von Bodenorganismen zersetzt, humifiziert, teilweise in den Unterboden eingearbeitet und dann mineralisiert. Der Ablauf dieser Umsetzungsprozesse hängt, neben der jährlich produzierten Streumenge und Streuzusammensetzung, wesentlich von den Standortverhältnissen, also den Lebensbedingungen der Bodenorganismen ab. Bei günstigen Bedingungen wird bei der Streuzersetzung (hoher pH-Wert, gute Wärme- und Feuchte- und Luftverhältnisse, etc.) die organische Substanz weitgehend in den oberen Mineralboden eingearbeitet und umgesetzt, sodass keine oder nur gering mächtige humose Auflagen entstehen.

Bei ungünstigen Standortbedingungen (niedriger PH-Wert, Staunässe, geringe Wärme, dauernde Trockenheit, nährstoffarme Böden etc.) ist der Abbau der organischen Substanz verzögert bis stark reduziert, was zur Ausbildung von Humushorizonten führt, die bis zu 30 cm mächtig werden können.
Cäsium 137 verbleibt langfristig in der Humusauflage bzw. den obersten 20 cm des Bodens

Fast alle Waldbodenpflanzen und die meisten Bäume beziehen ihrer Nährstoffe überwiegend aus den obersten Bodenschichten. Dies ist genau der Bereich, in dem langfristig der Großteil des im Boden vorhandenen Cs-137 Inventars verbleibt und in dem das Nuklid relativ gut pflanzenverfügbar ist.

Bei nahezu allen Untersuchungen über das Verhalten von Cäsium-137 im Boden besteht das Problem der extremen Schwankungen der spezifischen Aktivität in der zu betrachtenden Grundgesamtheit. Cs-137 wurde bei dem Tschernobyl-Fallout im April 1986, bedingt durch kleinräumige Unterschiede bei der Verteilung der Niederschläge, in der Bundesrepublik sehr ungleich deponiert. Diese inhomogene Verteilung tritt in der Regel unabhängig von der Größe des zu betrachteten Systems auf. Zum Beispiel ist die Variabilität der Flächenkontamination von Böden in der Bundesrepublik auf jeder Betrachtungsebene sehr ausgeprägt:

national → regional → lokaler Standort → Kleinstandort → Mikrobereich  "

Norbert

Peter-1

Hallo Norbert,

danke für die sehr ausführliche Erläuterung der Cäsiumbindungen. Damit ist mir auch klar, dass es keinen Sinn macht mit einfachen Labormitteln das Cäsium aus der Erde zu waschen. Lösliche Verbindungen hätten auch im Lauf der Zeit durch Regen in sehr tiefe Schichten gewaschen werden müssen. Ich habe Diagramme gesehen, wo die max. Konzentration bei 10 - 20cm Tiefe lag.
Es ist schon schade, dass es keine frei zugängliche Cs137 Strahler zum kalibrieren von Geigerzähler gibt, wobei doch immer auf 661 keV Bezug genommen wird.

Viele Grüße
Peter
Gruß  Peter

Henri

Zitat von: Peter-1 am 07. April 2022, 15:08
Hallo Norbert,

danke für die sehr ausführliche Erläuterung der Cäsiumbindungen. Damit ist mir auch klar, dass es keinen Sinn macht mit einfachen Labormitteln das Cäsium aus der Erde zu waschen. Lösliche Verbindungen hätten auch im Lauf der Zeit durch Regen in sehr tiefe Schichten gewaschen werden müssen. Ich habe Diagramme gesehen, wo die max. Konzentration bei 10 - 20cm Tiefe lag.
Es ist schon schade, dass es keine frei zugängliche Cs137 Strahler zum kalibrieren von Geigerzähler gibt, wobei doch immer auf 661 keV Bezug genommen wird.

Viele Grüße
Peter

Mit Preußischblau/Berlinerblau bildet das Cs einen Komplex und kann so gebunden werden. Wenn Du in der Richtung mal experimentieren möchtest, nur zu :)

Man hat das Zeug nach Tschernobyl sogar unter verseuchtes Tierfutter gemischt, damit die Tiere nicht so viel Cs aufnehmen. Preußischblau ist unlöslich und wird (mit dem im Verdauungstrakt daran gebundenen Cs) wieder ausgeschieden.

Blaue Kuhfladen überall auf den Äckern   8)

Viele Grüße!

Henri


Henri

Zitat von: Peter-1 am 07. April 2022, 15:08

Es ist schon schade, dass es keine frei zugängliche Cs137 Strahler zum kalibrieren von Geigerzähler gibt, wobei doch immer auf 661 keV Bezug genommen wird.


?? Kannst Du alles kaufen. Klar gibt es Präparate unter der Freigrenze! Musst halt nur relativ weit die Geldbörse öffnen...

NoLi

#175
Zitat von: Henri am 07. April 2022, 20:34
Zitat von: Peter-1 am 07. April 2022, 15:08

Es ist schon schade, dass es keine frei zugängliche Cs137 Strahler zum kalibrieren von Geigerzähler gibt, wobei doch immer auf 661 keV Bezug genommen wird.


?? Kannst Du alles kaufen. Klar gibt es Präparate unter der Freigrenze! Musst halt nur relativ weit die Geldbörse öffnen...

Zum Beispiel hier:

https://www.wfvd.de/index.php/joomla/wissensdatenbank-zusammenschluss/symposium-bad-duerkheim-2019-1/ausstellerunterlagen-4/1216-si-7-4-str-db-pruefstrahler-tracerco-1/file

Norbert

Peter-1

Ich frage mich aber, ob es legal ist einen Prüfstrahler - selbstverständlich unter der Freigrenze - zu kaufen / besitzen? Mineralien und Steine sind jetzt nicht gemeint. Es gibt doch sicher in den Tiefen der Gesetzgebung einen § der ALLES verbietet. Liege ich falsch ?
Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 08. April 2022, 13:59
Ich frage mich aber, ob es legal ist einen Prüfstrahler - selbstverständlich unter der Freigrenze - zu kaufen / besitzen? Mineralien und Steine sind jetzt nicht gemeint. Es gibt doch sicher in den Tiefen der Gesetzgebung einen § der ALLES verbietet. Liege ich falsch ?

Richtig, Du liegst falsch! ;D
Unterhalb der Freigrenze ist ein Radionuklid PHYSIKALISCH radioaktiv, aber JURISTISCH nicht radioaktiv. :umnik2: Daher kann es auch nicht irgendwelche Paragraphen geben, die einen Umgang damit untersagen; und wenn irgendwelche Behörden dies versuchen sollten, würden sie spätestens vor Gericht "auf Granit beißen". Allerdings ist auch bei Strahlern <Freigrenze die Summenformel zu beachten!

Norbert

NoLi

#178
Hier eine Bachelor-Arbeit über die Radioaktivität des Hirschgrabens von der

Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Fakultät für Mathematik und Physik
Institut für Radioökologie und Strahlenschutz
Bachelorarbeit
von Lena Drieling
Prüfer: Prof. Dr. Clemens Walther
eingereicht: 8. April 2022

https://www.irs.uni-hannover.de/fileadmin/irs/Arbeiten/Bachelor/bacdriel_01.pdf

Auf Grund der Datentabellen auf den Seiten 62 - 65 und den Graphiken Seite 66 - 67 könnte man sich jetzt mit Referenzproben eindecken... ;)

Norbert

Prospektor

Diesen etwas älteren TV-Beitrag kannte ich bisher noch nicht. Wilhelm Knobloch war seinerseits auch schon am Sandfang VI unterwegs. Er ist Ende letzten Jahres gestorben.