Cs 137 Belastung Wildschweine detektieren

Begonnen von Andi00, 18. April 2021, 11:29

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Andi00

Hallo Forum,

ich jage demnächst in einem Bereich des Pfälzerwaldes in unmittelbarer Nähe (5km Luftlinie) zu einem Bereich welcher einer Strahlenmessungspflicht von erlegten Wildschweinen unterliegt. Sprich, ich muss nicht messen, würde mich aber gerne aus Eigenschutz absichern.

Ich bin auf der Suche nach einem stationären Messmittel mit dem ich im besten Falle direkt Becquerel / kg ablesen kann (Nach Eingabe der Masse der Probe im Vorfeld ;) (Berthold LB200 oder ähnliches).

Ich habe noch keinen Preis gefunden, befürchte aber das ist etwas über das Ziel hinaus geschossen.

Was wäre denn unterhalb der Preisklasse dieser Geräte sinnhaft und vor allem praktikabel?

Zielwert wäre die Lebensmittelrechtliche Vorschrift von 600Bc/kg Fleisch zu bewerten. Strahlungsquelle CS137 Gamma-Strahler

Untersuchungsort wäre der Schlachtbereich meines Metzgers. Ich habe keine Ahnung welche Hintergrundstrahlung da herrscht (Ort in Rheinhessen).


Na-22


Henri

Hallo Andi,

Du brauchst ja ein Gerät, was empfindlich ist und gleichzeitig noch auf Cs-137 in der später angewendeten Messgeometrie (!) kalibriert ist. Wenn es Dir wichtig ist, die 600 Bq/kg einzuhalten, kommst Du um den LB-200 wohl nicht herum. Einen Szintillator brauchst Du auf jeden Fall wegen der geringen nachzuweisenden Aktivität, ebenfalls eine kleine Bleiburg, in die aber eine ausreichend große Menge Deiner Probe passen muss. Szintillatoren sind stark energie- und temperaturabhängig, was der Hersteller berücksichtigen muss. Selbst der LB-200 ist nur ein "Schätzeisen", da er kein Gammaspektrometer ist. Anhand von Tabellen wird der Anteil des ebenfalls radioaktiven Kaliums in der Probe abgeschätzt.

Theoretisch kannst Du auch ein beliebiges Gerät, das auf Cs-137 kalibriert ist, nehmen, bräuchtest dann aber einen Marinellibecher mit bereits anderweitig vermessener Probe als "Kalibrierquelle". Und genau mit der Bechergeometrie müsstest Du dann später messen. Da bekommst Du dann natürlich noch weitere Messunsicherheiten hinein.


So extrem teuer war der LB-200 glaube ich gar nicht. Ihr könntet, wenn ihr im Verein organisiert seid, zusammenlegen.

Natürlich kann man auch einfach z.B. einen Kontaminationsmonitor an das noch ganze Tier halten, und wenn man Erfahrungswerte hat (das Kalium im Muskel strahlt ja wie gesagt auch), zumindest grob abschätzen, wie viel drin sein könnte. Die 600 Bq/kg bekommt man damit wahrscheinlich schwer zu fassen, aber wenn richtig viel drin sein sollte, dürfte das wohl auffallen. Der Kontaminationsmonitor kostet allerdings auch schon ordentlich Geld.

Die natürliche Hintergrundstrahlung muss natürlich auch immer abgezogen werden, die variiert ja auch von Ort zu Ort. Also einmal leer messen und einmal mit Probe. Beim LB-200 steht das alles in der Bedienungsanleitung.

Ob der Polimaster billiger ist als der Berthold, wenn man Zoll hinzuzählt? Polimaster soll auch einen ziemlich unkooperativen Kundendienst haben, wenn mal Probleme auftreten.

Zur Zeit gibt es einige billige Amateur-Gammaspektrometer auf dem Markt. Mit knapp 500,- bist Du dabei - schau mal nach "Theremino MCA" oder "GammaSpectacular". Dann kannst Du sehen, ob überhaupt Cs-137 drin ist (wovon ich allerdings in der Gegend immer ausgehen würde). Nur die Menge kannst Du damit nicht bestimmen, es sei denn Du besorgst Dir - wie schon beschrieben - eine oder idealerweise mehrere bereits vermessene Proben und bastelst ein wenig. Aber es braucht viel Zeit, um sich so weit einzuarbeiten, dass man sich auf die Ergebnisse verlassen kann.

Also, ich würde entweder den LB-200 mit mehreren zusammen kaufen, oder aber zum Messen dorthin fahren, wo gemessen werden muss, und freundlich fragen und was in die Kaffeekasse legen, oder einfach weniger und nicht so häufig davon essen. Denn man scheidet in den Körper aufgenommenes Cs-137 ja auch wieder aus, das geht sogar relativ schnell.


Viele Grüße,

Henri


DG0MG

Zitat von: Henri am 18. April 2021, 12:49
So extrem teuer war der LB-200 glaube ich gar nicht. Ihr könntet, wenn ihr im Verein organisiert seid, zusammenlegen.

Im November 1987 (vor 34 Jahren!) hat der LB200 4770.- DM gekostet, ich habe im Anhang eine Originalrechnung. Ich mutmaße, ein Neugerät würde jetzt mindestens dasselbe in EUR kosten.
Das Problem wird eher sein, dass man keinen kaufen kann, neu sowieso nicht und auch nicht gebraucht.

Zitat von: Henri am 18. April 2021, 12:49
Ob der Polimaster billiger ist als der Berthold, wenn man Zoll hinzuzählt?

Für POLIMASTER ist die Firma STEP in Pockau als Europavertriebspartner angegeben. Ein eventuelles Angebot würde man also dort anfragen. Das verringert sicher nicht den Preis  ;) aber man redet erstmal mit deutschen Partnern.

Prinzipielle Lösung für Andi00 wird aber tatsächlich eher sein, sich mal mit den Leuten kurzzuschließen, die in dem Bereich mit wirklicher Strahlenmessungspflicht jagen. Die müssen ja eine Lösung haben, ansonsten müssten sie grundsätzlich alles erlegtes Wildschwein entsorgen oder selber essen.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

ZitatIm November 1987 (vor 34 Jahren!) hat der LB200 4770.- DM gekostet, ich habe im Anhang eine Originalrechnung. Ich mutmaße, ein Neugerät würde jetzt mindestens dasselbe in EUR kosten.
Das Problem wird eher sein, dass man keinen kaufen kann, neu sowieso nicht und auch nicht gebraucht.
Du liegst mit dem Euro-Preis gar nicht so falsch. Ich hatte im Mai 2019 ein defektes LB200 zu Berthold eingeschickt und um einen Kostenvoranschlag geben. Es wurde als nichtreparabel eingestuft und mir telefonisch ein Neugerät für ca. 4000 Euro angeboten.

DG0MG

Gibt es denn das noch? Oder etwas dem LB200 Vergleichbares von Berthold?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Zumindest gibt es noch Ersatzteile. Möglicherweise bietet man Fertiggeräten nur den Leuten an, die ein nicht mehr reparables haben? Das ist aber nur Spekulation.

NoLi

Hallo Andi00,

hier sind u.a. die Jagd-Radioaktivitätsmessstellen für den Pfälzerwald angegeben:

https://www.kaiserslautern-kreis.de/fileadmin/media/Dateien/Lebensmittel%C3%BCberwachung_Veterin%C3%A4rwesen_Landwirtschaft/Tiergesundheit_Tierschutz/Radio_Caesium_Untersuchung_Schwarzwild.pdf

Ein Tipp: das Kontaminationsmessgerät LB-122 mit Xenon-Detektor (Fa. Berthold, Bad Wildbad) besitzt den Modus "Bq/l" für wählbar Cs-137 oder J-131 (je nach Leitnuklid). Für diese Messung ist es notwendig, in eine flache Schale das gut pürierte Messgut zu geben (mindestens 5mm Füllhöhe) und das Gerät darüber so zu platzieren, dass sich die Sonde so dicht wie möglich und möglichst flächendeckend über dem Messgut befindet (Messung mit vorheriger eingespeicherter Nulleffekt-Subtraktion!).

Als Behelf kann man für ein Kontaminationsmessgerät (mit ca. 170 cm² Detektorfenster) ohne diese Möglichkeiten einen Cs-137-Kalibrierfaktor von  "1 ips ~ 500 Bq/l"  als Richtwert verwenden.

Gruß
Norbert


DG0MG

Stimmt!

Hier der Direktlink zum PDF: https://www.berthold.com/?eID=dumpFile&t=f&download=1&logInUri=%2Fde%2Fmeinberthold%2F&f=13990&token=8ddbd9e274d9fe22fd959a8aacdd80829cf39de5

auf Seite 7.

Warum verstecken die das so? Es besteht doch offenbar noch Bedarf?!

Interessant wäre ein Preisvergleich zwischen einem neuen LB200 und dem Polimaster PM1406.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am 18. April 2021, 20:13
Warum verstecken die das so? Es besteht doch offenbar noch Bedarf?!

:unknw:

Der LB200 wird sogar vom Bayerischen Landesamt für Umwelt für "Qualifizierte Wildbretmessstellen" empfohlen:
https://www.bjv-ffb.de/wp-content/uploads/2020/08/Merkblatt-Radio-C%C3%A4sium-Messung.pdf


Hier noch mehr Details zu den Wildbretmessstellen in Bayern und Protokollen/Vorlagen:
https://www.jagd-bayern.de/jagd-wild-wald/jagdpraxis/rcm-messstellen/

Norbert

Henri

Zitat von: DL3HRT am 18. April 2021, 17:35
ZitatIm November 1987 (vor 34 Jahren!) hat der LB200 4770.- DM gekostet, ich habe im Anhang eine Originalrechnung. Ich mutmaße, ein Neugerät würde jetzt mindestens dasselbe in EUR kosten.
Das Problem wird eher sein, dass man keinen kaufen kann, neu sowieso nicht und auch nicht gebraucht.
Du liegst mit dem Euro-Preis gar nicht so falsch. Ich hatte im Mai 2019 ein defektes LB200 zu Berthold eingeschickt und um einen Kostenvoranschlag geben. Es wurde als nichtreparabel eingestuft und mir telefonisch ein Neugerät für ca. 4000 Euro angeboten.


OK, da lag ich deutlich daneben. Hatte irgendwas mit knapp unter 2000,- im Kopf.


Aber wieso gibt's den nicht mehr? Auf der Seite von Berthold wird er doch noch aufgeführt:

https://www.berthold.com/de/strahlenschutz/anwendungen/strahlenschutzmessgeraete-fuer-oeffentliche-einrichtungen/


EDIT: das hatten ja schon ein paar andere hier bemerkt. Immer schön alle neue Einträge lesen, bevor man was postet  :blush:

Hätte mich auch gewundert, wenn die den vom Markt genommen hätten. Für die kommenden 250 Jahre ist das noch eine sichere Einnahmequelle...


NoLi

Noch ein deutscher Anbieter eines Lebensmittelmessgerätes "für Verbraucher, Restaurants etc.", die Fa. NUVIA-Instruments, Dülmen:

http://www.nuvia-instruments.de/downloads/flyer_el25_de.pdf

Gruß
Norbert


Andi00

Zitat von: NoLi am 18. April 2021, 18:37

Als Behelf kann man für ein Kontaminationsmessgerät (mit ca. 170 cm² Detektorfenster) ohne diese Möglichkeiten einen Cs-137-Kalibrierfaktor von  "1 ips ~ 500 Bq/l"  als Richtwert verwenden.


Hallo Forum,

vielen Dank für die Rückmeldungen.

Ich habe seitens Fa. Step ein Angebot für den PM1406 für 1500 Euro netto plus des Marinelli-Behälters (Bleibox) von 425 Euro netto.

Für mich stellt sich das wohl als günstigste Möglichkeit die Aktivität zu überwachen dar.

Im Hinblick auf obiges Zitat habe ich allerdings noch ein Verständnisproblem.

Wenn ich jetzt weniger Geld investieren möchte, muss ich mit einem einfachen Kontaminationsmessgerät arbeiten was ich "mal dran halte". Wenn ich eine gewisse Impulszahl / Zeiteinheit erreiche würde dann bei mir die Alarmglocken klingeln und ich das Tier an eine offzielle Messstelle weiterreichen.

Welches Gerät käme denn Eurer Ansicht nach für einen solchen Abschätzen in Frage?