Pancake oder geschlossenes Zählrohr?

Begonnen von Coopa, 27. Februar 2021, 21:52

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Coopa

Hallo zusammen,

nach meiner Vorstellung hätte ich gleich ein paar Fragen bezgl. kauf eines passenden Detektors.

Ich suche ein kompaktes (pocket-size) Gerät im Preisbereich bis 500€ hauptsächlich zum "herumschnüffeln" sprich im Alltag Gesteine, Baumaterialien, Prüfstrahler etc. zu untersuchen. Für den Fall der Fälle der höchstwahrscheinlich und hoffentlich nie eintreten wird, ist es ebenfalls ein gutes Gefühl etwas bei der Hand zu haben und schlussendlich würde ich das Ding dann auch "in die Zone" mitnehmen wollen, wenn die Reisen dorthin wieder möglich sind. Hauptanwendungszwecke ist aber eindeutig der Spaß am messen. Wichtig ist mir daher, dass das Gerät Alpha, Betta und Gamma Strahlen detektieren kann sowie eine möglichst hohe Empfindlichkeit hat.

Soweit ich mich informiert habe, wäre dafür ein Pancake ideal (Ranger Alert, RD1008, Radiascan 701A, PRM-9000 und GQ GMC-600 / 600 Plus hätte ich da in die Auswahl genommen.) Jedoch habe ich gelesen, dass diese Sensoren einerseits sehr empfindlich sind (Druckunterschied im Flugzeug oder sogar Defekte durch zuschlagen der Autotür) und andrerseits habe ich in diesem sehr interessanten Beitrag gelesen, dass die Pancakes nicht wirklich geeignet sind Gamma Strahlung zu messen und hier Ionisationskammer Detektoren im Vorteil sind welche aber in Kompaktgeräten anscheinend ohnehin nicht erhätlich sind. Auch dieser Beitrag hier im Forum geht auf die reduzierte Gamma Empfindlichkeit durch die flache Bauform der Pancakes ein.

Sind die Dinger mechanisch wirklich so empfindlich? Sind bezgl. Messung von Gamma Strahlung die Endfenster Detektoren wie SBM-20 im MKS-05 oder M4011 im BR-6 von Vorteil? Läuft es am Ende evtl. darauf raus einen Pancake zum experementieren und einen Detektor mit geschlossenen Zählrohr als Dosimeter anzuschaffen?

Wichtig wäre mir Anzeige von aktuell Wert (Sv/CPS), Dosis (Sv/h), Alarm und Ticker Funktion und eine auswechselbare Batterie. Monochrom-Anzeige und einfacher Aufbau im Sinne einer langen Lebensdauer bevorzugt. Eine Blendenwahl erscheint zum Schutz des Schutz des Sensors und der Möglichkeit die Strahlungsarten zu unterscheiden ebenfalls sinnvoll.

Ich freu mich auf eure Gedanken dazu.

LG. Jürgen

Henri

Hallo Jürgen,

herzlich willkommen!

Tja, mit Strahlungsmesstechnik ist das ein wenig so wie mit anderer Messtechnik auch - die "eierlegende Wollmilchsau" gibt es nicht. Jeder Anwendungsbereich erfordert sein spezielles Gerät.

Wenn Du "µSv/h" messen willst, bedeutet das, dass das Gerät nur Gammastrahlung messen darf (alles andere ist abzuschirmen) und eine möglichst lineare Empfindlichkeit aufweisen sollte. Das geht bei Szintillatoren elektronisch (teuer und kaum erhältlich) und bei Zählrohren mit einem Filter, der die niedrigen Energien proportional abschwächt, letztendlich also Empfindlichkeit kostet.

Wenn das Gerät Betastrahlung (oder sogar Alphastrahlung) nachweisen können soll, ist eine Anzeige in µSv/h Unfug. Das geht nur in cps, also reinen Impulsraten. Die kann man dann bei vorhandener Kalibrierung und bekanntem Nuklid (!) noch in "Bq/cm²" umrechnen, womit wir bei Kontaminationsmonitoren wären. Da ein Gerät nicht weiß, welche Strahlenart es gerade mißt, zeigen die meisten "Nicht-Profi-Geräte" trotzdem in µSv/h an - was Murks ist und sehr häufig für Verwirrung sorgt. Denn während man vielleicht von etwa 30% Wirkungsgrad für Betastrahlung ausgehen kann, ist es für Gammastrahlung (auf die die Geräte "kalibriert" sind) weit unter 1%, dh. selbst schwache Betafelder lassen eine "µSv/h" Anzeige rasch in schwindelnde Höhen schießen, ohne dass wirklich was dahinter stände.
Es gibt günstige russische Geräte mit Endfenster-Zählrohr, die robuster sind als z.B. der Inspector, und auch billiger, aber natürlich nicht so alpha-empfindlich, wenn überhaupt.

Um eine echte Beta-Dosisleistung zu messen, sind Geiger-Müller-Zählrohre nicht zu gebrauchen. Hierfür werden üblicherweise Ionisationskammern genommen, wie Du schon schreibst, aber genau, die sind voluminös und auch nicht ganz immun gegen Umwelteinflüsse. Meist auch noch ziemlich unempfindlich, oder aber sehr teuer.


Wir hatten zu dem Thema vor kurzem schon mal einen Thread. Für den Anfang lohnt es sich meiner Meinung nach am meisten, ein gürteltaschentaugliches Gerät zu  nehmen, was zumindest auf Betastrahlung reagiert und eine Alarmfunktion mit Vibrationsmotor hat. Geräte, die auch für Alphastrahlung empfindlich sind, sind nicht robust genug für die Hosentasche, aber natürlich eine schöne Sache für zu Hause.

Wenn Du in die "Zone" möchtest, ist ein älteres professionelles Gerät, was echte Gammadosisleistungen bestimmen kann, sinnvoll. Denn man will ja keine Hausnuummern angezeigt bekommen, sondern reale, verlässliche Werte. Außerdem ein Dosimeter, weil die Dosisleistungsmesser in der Regel nicht aufsummieren. Und dann natürlich noch was, was Betastrahlung nachweisen kann.

Also, wir wären dann bei

- einem Gerät für die energiekompensierte Dosisleistungsmessung von Gammastrahlung (z.B. Automess 6150AD6 als Beispiel)
- einem Gerät für die Gürteltasche, was Betastrahlung nachweisen kann: ich persönlich würde ein russisches Gerät mit kleinem Pancake-Zählrohr nehmen
- ein Dosimeter (gut ist z.B. das Thermo EPD MK2.3, aber nur wenn das Menü freigeschaltet ist: klein, kompakt, kann Beta, war eichfähig).
- für zu Hause vielleicht noch ein Gerät wie der Inspector, mit alphatauglichem Pancake, idealerweise an den PC anschließbar.

Du armer!   :D


Wenn  Du gerne ganz Low Budget anfangen möchtest und auch gerne Elektronikbastelst (gehe ich bei Deinem Beruf mal von aus):

- einen uralten Graetz X50 von Ebay, grauolives Plastegehäuse, aus den 60er-70er Jahren. Bekommt man z.T. schon für 15,- und hat ein energiekompensiertes Zählrohr, das bei höheren Dosisleistungen wie in Tchernobly teilweise ja zu erwarten einen ziemlich präzisen Wert anzeigen sollte.

- ein SBT10A Zählrohr aus der Ukraine bestellen (40,-) und einen "Theremino Geiger Adapter" (20,-) sowie ein "Theremino Master" Modul von Ebay (20,-). Das alles zusammenbauen, und schon hast Du ein hochempfindliches Nachweissystem für Betastrahlung mit PC-Anschluss und der Möglichkeit für Langzeitmessungen (die kostenlose Software "Theremino Geiger" läuft auch auf Windows-Tablets, man kann sich also auch ein mobiles System bauen). Der Theremino-Adapter gibt 5V Impulse raus, Du kannst ihn also auch supereinfach an einen Arduino anflanschen und Dir ein Gerät für unterwegs bauen - für die Gürteltasche wird er allerdings nicht kompakt genug werden.

- Dosimeter gibt es ab und zu mal ältere gebrauchte Modelle, aber da würde ich was nehmen, was früher mal eichfähig war und nichts, das für Militär, Feuerwehr oder Katastrophenschutz gebaut wurde. Die sind nämlich für Strahlungsdosen ausgelegt, auf die Du selbst in der "Zone" nicht treffen dürftest.  Z.B. ist das Graetz EDW150 recht gut und teilweise für wenig Geld zu bekommen. Das Thermo EPD MK2.3 ist besser, aber mit gesperrtem Menü taugt es nur als Briefbeschwerer.

Viele Grüße!

Henri

DG0MG

Zitat von: Coopa am 27. Februar 2021, 21:52
zum "herumschnüffeln" sprich im Alltag Gesteine, Baumaterialien, Prüfstrahler etc. zu untersuchen.

Soweit ich mich informiert habe, wäre dafür ein Pancake ideal (Ranger Alert, RD1008, Radiascan 701A, PRM-9000 und GQ GMC-600 / 600 Plus hätte ich da in die Auswahl genommen.)

Sind die Dinger mechanisch wirklich so empfindlich? Sind bezgl. Messung von Gamma Strahlung die Endfenster Detektoren wie SBM-20 im MKS-05 oder M4011 im BR-6 von Vorteil? Läuft es am Ende evtl. darauf raus einen Pancake zum experementieren und einen Endfenster Detektor als Dosimeter anzuschaffen?

"Herumschnüffeln im Alltag" impliziert für mich auch "oft oder immer dabeihaben", was wieder eine taschentaugliche, kleine Baugröße voraussetzt. Bei der Auswahl also auch darauf achten.

Für den GMC-600+ hat bisher hier noch keiner über seine Erfahrungen berichtet. Zum Radiascan 701A kann ich nur berichten, dass ich den oft im Auto liegen habe und die Tür ordentlich ranschlagen muss (älteres Baujahr  ;D) - das hat noch keinen negative Effekt gehabt. Ich denke aber auch, dass das Problem eher nur für die größeren Pancake-ZR eine Rolle spielt. Beim "Radiation Alert Ranger" könnte man da schon eher Bedenken haben. Auch die Dicke des Fensters kann unterschiedlich sein (je dünner, desto empfindlicher): Bei der LUDLUM 44-9-Sonde sind 1,7 mg/cm2 angegeben, für das BETA-1-1 im Radiascan gibts diese Angabe leider nicht.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Coopa

Hallo Henri,

erstmal vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast mir so ausführlich zu antworten, das ist mir eine große Hilfe. Man merkt du hast Ahnung von der Materie ;)

Deine Erklärung bezgl. Messung der unterschiedlichen Strahlungsarten macht mir jetzt schon mal einiges klarer. Ich hatte zwar schon gelesen, dass es keinen Sinn macht Alpha+Betastrahlung in µSv/h anzugeben, dann aber wieder Geräte gefunden die wie von dir beschrieben, das dennoch machen, was mich dann noch mehr verwirrt hat...
Und noch was habe ich verwechselt: Die SBM-20 im MKS-05 oder M4011 im BR-6 sind natürlich geschlossene Zählrohre ohne Fenster. Habe das mal oben angepasst.
Wenn ich dich richtig verstehe dann haben alle kompakten Geigerzähler – egal ob mit Pancake oder geschlossenen Zählrohr- einen sehr bescheidenen Wirkungsgrad für Gammastrahlung, was aber dennoch für eine einigermaßen genaue Abschätzung ausreicht und dann mit einem dementsprechend hohen Multiplikator auf µSv/h umgerechnet wird. Dazu würden auch diese mittlerweile gefundenen Diagramme passen. Die CPS der Background Strahlung (welche ja vermutlich fast nur aus Gamma Strahlung besteht) sind bei den Pancakes sogar etwas höher als bei den geschlossenen Zählrohren. Bei den Alpha Strahlern wie Am241 merkt man dann den großen Unterschied.  Das Problem mit der Beeinflussung der Gamma-Messung bei den Pancakes durch Alpha+Beta Strahlungsquellen lässt sich ja durch eine Blende beseitigen?

Vorteil geschlossenes Zählrohr wie SBM-20 = Preis + Robust, -> zum ,,Eigenschutz" unterwegs
Vorteil Pancake = Alpha + Beta Detektion -> zum präziseren Messen / experimentieren
Kann man das grob so sagen?

Den Begriff der energiekompensierten Messung habe ich jetzt schon öfters gelesen konnte aber nicht herausfinden was das im Detail bedeutet und welchen Vorteil es in der Praxis bringt. Könntest du mir das evtl. knapp erklären oder hast zufällig einen passenden Link?

Die Möglichkeiten mit den DIY Modulen hatte ich auch schon angedacht, Elektronik basteln ist definitiv mein Ding, früher verbrachte ich ganze Abende mit dem Lötkolben in der Hand. Mittlerweile fehlt etwas die Zeit und der nötige Antrieb dahinter, aber mit diesen Modulen ist das ja nicht allzu aufwendig.

Zumindest vorerst möchte ich mich auf 2 Geräte beschränken. Denkst du es ist es ausreichend bzw. macht es Sinn mit folgenden zu beginnen:

•   ein empfindliches Pancake zum Messen von Alpha/Beta/Gamma (eines von den in meinem ersten Post erwähnten oder ein DIY Eigenbau, welche preislich interessant sind) – welches würdest du nehmen?
•   eines zum Eigenschutz (Beta + Gamma Messung, energiekompensiert?, Dosisleistungsmesser mit Aufsummierung)
Das MKS-05 wäre hier interessant, weil es auch die Dosisleistung aufsummiert und damit ein extra Dosimeter einspart, wobei ich es aber ehrlich gesagt für überteuert halte, immerhin ist hier nur ein für rund 15€ erhältliches SBM-20 verbaut. Interessant wäre das BR-6 (evtl. mit Umbau wie hier im Forum gezeigt) – Problem hier fehlt wieder die Aufsummierung und die Verlässlichkeit ist bei so einem billigen Ding natürlich auch fragwürdig. Das von dir erwähnte Graetz X50 wäre grundsätzlich auch interessant. Wobei ich auch hier eher zum Graetz EDW150 greifen müsste, wenn ich auch die aufsummierte Dosis will. Was ist deine Empfehlung?

LG. Jürgen

Coopa

Zitat von: DG0MG am 28. Februar 2021, 08:55
"Herumschnüffeln im Alltag" impliziert für mich auch "oft oder immer dabeihaben", was wieder eine taschentaugliche, kleine Baugröße voraussetzt. Bei der Auswahl also auch darauf achten.

Für den GMC-600+ hat bisher hier noch keiner über seine Erfahrungen berichtet. Zum Radiascan 701A kann ich nur berichten, dass ich den oft im Auto liegen habe und die Tür ordentlich ranschlagen muss (älteres Baujahr  ;D) - das hat noch keinen negative Effekt gehabt. Ich denke aber auch, dass das Problem eher nur für die größeren Pancake-ZR eine Rolle spielt. Beim "Radiation Alert Ranger" könnte man da schon eher Bedenken haben. Auch die Dicke des Fensters kann unterschiedlich sein (je dünner, desto empfindlicher): Bei der LUDLUM 44-9-Sonde sind 1,7 mg/cm2 angegeben, für das BETA-1-1 im Radiascan gibts diese Angabe leider nicht.

Danke auch dir für die Infos. Ist schon mal gut zu höhren, dass die Problematik mit den Druckschwankungen zumindest nicht bei allen Geräten so ausgeprägt ist. Werde mal bei den ganzen Test und Vorstellungen querlesen. Vielleicht findet man auch in den Anleitungen -Kapitel Sicherheitshinweise zur Bedienungen- Angaben welche hier besonders empfindlich auf Druckschwankungen reagieren bzw. welche etwas robuster sind.
Im Zweifelsfall mach ich lieber etwas Abstriche bei der -messtechnischen- Empfindlichkeit auf Alpha Strahlung, möchte das Messgerät nicht andauern wie ein rohes Ei behandeln müssen :)

LG. Jürgen

NoLi

#5
Hallo Jürgen.

Ich würde dir (eventuell für den Anfang) den deutschen "Gamma-Scout Rechargeable" empfehlen. Der ist zwar nicht das Nonplusultra der Strahlungsmesstechnik, erfüllt aber alle deine Wünsche bzgl. Strahlenartennachweis, Dosisleistungs- und Dosismessung. Wenn man sich in die Materie und dem Gerät einarbeitet (dafür dieses Forum ;D ), kann man mit diesem Gerät durchaus sehr gute Ergebnisse bekommen. Das Zählrohr/Gerät ist robust (Bilder von Messungen damit auf dem Kilimandscharo oder Elbrus in knapp 6000m Höhe gibt es), ist flugzeugtauglich und auch mit Zertifikat für Messungen im Flugzeug zugelassen (europ. CE-Standard + amerik. FCC-Standard). Der Preis liegt mit Gürteltasche in deinem Budget von 500 € (Empfehlung: die "alte" Tasche mit Druckknopfschlaufe über dem "Zählrohrschieber", diese hier:  https://www.radonshop.com/gamma-scout-schutzhuelle-geigerzaehler-schutz-tasche?curr=EUR&gclid=EAIaIQobChMI4J2nlu-M7wIV1-J3Ch1XxAAzEAQYCiABEgLsg_D_BwE , möglichst nicht die neue Tasche ohne Schlaufe: https://www.conrad.at/de/p/gamma-scout-messgeraetetasche-2109547.html ).
Zur Akku-Laufzeit: es reicht, das Gerät alle 2 Jahre über Nacht via USB-Netzteil (im Lieferumfang) aufzuladen. Überladeschutz ist eingebaut.
Und das Gerät kommt mit einem Kalibrierzertifikat mit eingedruckter Gerätenummer! :victory:

Als Alternative käme evtl. das indische Pendant zum Gamma-Scout, der "CEM DT-9501" (oder auch als "PCE RAM-10" vertrieben), in Betracht. Sieht zwar gut aus, aber Genauigkeit, Haltbarkeit und Garantieverhalten??? :unknw:  Firmensitz ist halt Indien... :negative:

Am Besten auch mal die Internet-Videos über die Geräte ansehen.

Und wenn Du dann mal Blut geleckt hast :vampire:, kannst Du dich ja immer noch nach gebrauchten Profigeräten umschauen.

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: Coopa am 28. Februar 2021, 11:10

erstmal vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast mir so ausführlich zu antworten, das ist mir eine große Hilfe.

Hallo Jürgen,

das war mein Begrüßungsgeschenk ;D

Ich persönlich habe einen Radex 1706 für die Gürteltasche und finde den ziemlich gut für den "Alltagsgebrauch", aber er ist leider heutzutage maßlos überteuert und auch ein wenig veraltet. Wenn er verloren gehen sollte, wäre ich mir grade selber etwas unsicher, was ich als Ersatz nehmen würde. Wahrscheinlich aber einen Radex RD1008.

Wir haben aber bereits einen guten Thread, der das Thema schon ein wenig "eindampft": https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,623.0.html 

Ich kann's nur noch mal auf den Punkt bringen: maximal Zigarettenschachtelgröße, lange Batterielaufzeit, Vibrationsalarm. Was er jetzt genau anzeigt und wie genau er mißt, ist erst mal gar nicht so wichtig, denn man will ja was entdecken, und das werden im Alltag immer die selben Sachen sein: Granite, Kupferschlackestein-Strassen, Menschen in akuter Therapie mit Radiopharmazeutika, Uranglas auf dem Flohmarkt, vielleicht mal etwas Pechblende beim Wandern. Nichts davon bringt einen um. Alphastrahlung kann man eh nur im "Direktkontakt" nachweisen, das braucht das Gerät nicht zu können. Beta-Nachweis ist wichtig. Also tatsächlich wohl etwas mit SBM-20 (günstig und robust) oder als Luxusvariante ein russisches kleines Gerät mit Pancake.

Energiekompensation bei Geigerzählrohren funktioniert so, dass Zahlrohre auf niedrige Gamma-Energien empfindlicher reagieren als auf hohe. Also wird ein Absorber aus Zinn oder Blei um das Zählrohr gelegt, der die niedrigen Energien gezielt so abschwächt (absorbiert), dass eine einigermaßen einheitliche Energieempfindlichkeit entsteht.
Bei Szintillatoren kann man die Energiehöhen direkt messen anhand der Helligkeit der Lichtblitze, und dann mit einer internen Korrekturtabelle verrechnen. Das braucht aber eine aufwändige Impulshöhenmessung, man hat im Prinzip dann ja ein Gammaspektrometer.

Zum Dosimeter / Aufsummieren: wenn man ein "Consumer-Gerät" nimmt, das zwar die "Dosis" aufsummiert, aber anhand vom Messwerten, die um Hausnummern daneben liegen, z.B. weil das dünne Gehäuse die Betastrahlung nicht ausreichend abschirmt, dann liest Du eine "Dosis" ab, die nichts mit der Realität zu tun hat. Deshalb, wie gesagt, was ausgemustertes  aus dem Profibereich nehmen. Die sind immer wieder billig zu haben, weil es seit ein paar Jahren neue Standards für die Bewertung der Strahlung gibt und die Geräte umkonstruiert werden mussten - neue Firmware aufspielen reicht nicht. Die alten dürfen gewerblich nicht mehr verwendet werden, aber der Unterschied des Messergebnisses ist gering und meist zeigen sie sogar leicht zu viel an, man ist also "auf der sicheren Seite".

Für den Bastler gibt es viele Möglichkeiten, z.B. beliebig viele SBM-20 an ein Theremino-Modul stöpseln, den Ausgang in einen mit 1 MHz getakteten Arduino Pro Mini, dann noch ein sparsames Display (z.B. EA DOGS..) dran - da kommt man auf unter 2mA Stromverbrauch. Der Arduino-Adapter hat allerdings zwei Nachteile: er braucht mind. 3,6V, kann also nicht direkt an einem 3V System betrieben werden, und bei max. 5000 cps ist Schluß, was gerade mit einem Endfenster-Zählrohr auch schnell mal erreicht ist. Dafür ist er winzig und verbraucht nur ein paar µA.

Viele Grüße!

Henri

Henri

Zitat von: Coopa am 28. Februar 2021, 11:10
Das von dir erwähnte Graetz X50 wäre grundsätzlich auch interessant.

Kleiner Nachtrag hierzu:

da das ein Uralt-Analog-Gerät ist, kann es gut sein, dass die Kalibrierung in den einzelnen Messbereichen nicht mehr stimmt. Da auf der Skala aber immer auch eine Impulsrate aufgedruckt ist, könnte man mit einem Impulsgenerator relativ leicht nachkalibrieren. Das Ding würde sich aber eh nur für Tchernobyl lohnen, wenn man wirklich "heiße" Stellen findet, für den Alltag ist es viel zu unempfindlich. Aber sehr billig, sehr robust, und wasserdicht.

NoLi

Zitat von: DG0MG am 28. Februar 2021, 08:55
...Auch die Dicke des Fensters kann unterschiedlich sein (je dünner, desto empfindlicher): Bei der LUDLUM 44-9-Sonde sind 1,7 mg/cm2 angegeben, für das BETA-1-1 im Radiascan gibts diese Angabe leider nicht.

Ich hatte mal eine Angabe über die Fensterdicke des Beta-2 / Beta-2-2 gefunden...umgerechnet auf das Flächengewicht ergab dies einen Wert von 4 bis 5 mg/cm². Ich nehme an, dies gilt auch für das Beta-1-1.

Gruß
Norbert

Fusor

Hallo-

meins ist noch nicht da- aber bei mir ist das Atom Fast 8850 als "immer dabei" gedacht- ist zwar (fast) nur Gamma empfindlich, dafür aber dank Szintillator sehr empfindlich und dank SiPM sehr robust... Funktionsumfang ist sehr schön und es ist klein und wie ich finde auch ziemlich preisgünstig :unknw:

Greets

Coopa

Hallo zusammen,

@Norbert: Gamma-Scout und CEM DT-9501 hatte ich bei meinem Recherchen anfangs auf der Karte, da wie von dir beschrieben recht großer Funktionsumfang inkl. Blenden, wenn auch nicht die beste Sensorik. Was mich vom Gamma-Scout eher wieder abgebracht hat ist einerseits die Größe und andrerseits die doch recht auffällige Optik. Man möchte das Ding ja dann auch mal unterwegs benutzen ohne dass die Leute denken es ist ein Atomunfall  passiert ;)
Beim CEM DT-9501 kam ich nach dem lesen einiger Reviews ebenfalls zum selben Schluss: Extrem professionelle Optik aber die Qualität kann da nicht mithalten. Von daher leider auch raus.

@Henri: Verstehe, zur "Entdeckungsreise" ist es wichtig, dass ich überhaupt was erkenne, bzw. kann ich hier die Hintergrundstrahlung als Vergleich nehmen um ein Gefühl zu bekommen (Background 10CPS, Mat. A 50CPS, Mat. B 80 CPS usw...) ob das Ergebnis dann je nach Strahlenart um Faktor 3 oder sogar mehr daneben liegt, ist sekundär. Beim Dosimeter macht es hingegen sehr wohl einen großen Unterschied ob ich 50 oder 150mSv abbekommen habe, ein aufsummieren von Schätzwerten bringt daher nichts, daher professionelles Gerät mit energiekompensation. Alles klar.
Welches Gerät es jetzt wird? Vermutlich mal ein Einsteigergerät mit SBM-20 oder M4011 für unterwegs dazu eine Eigenbaulösung mit Pancake um auch schwächere bzw. Alpha-Strahler zu messen. Danach werde ich schauen wohin sich die Reise entwickelt, am Ende ist es wie bei allen Hobbys:
Man muss mal irgendwo anfangen und sieht dann was einem an der Ausstattung gefällt / nicht gefällt
und rüstet dann dementsprechend auf. Vielleicht kommt dann später ein professionelles Dosimeter sowie ein RD1008 dazu.

@Fusor: Über den liest man sehr viel positives, steht auf meiner Wunschliste für später, bin schon gespannt auf deine Erfahrungen.
Fürs erste möchte ich aber mal ein Gerät das unabhängig vom Smartphone arbeitet.

Ich danke euch nochmals recht herzlich für die ganze Infos, wünsche eine schöne Woche und melde mich wieder wenn ich die ersten Erfahrungen gesammelt habe  :bye:
LG. Jürgen