Bicron Surveyor M mit Szinti Gammaspektrometrie ohne viel basteln möglich?

Begonnen von LUV, 20. Februar 2021, 18:19

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LUV

Nabend meine Freunde,
vor kurzen hab ich den oben genannten Szini erworben und bin Sau zufrieden mit dem Teil. Normaler Nulleffekt von ~2000 CPM.

Ich interessiere mich für die Möglichkeit einer Gammaspektrometrie, frage mich aber, ob das so ohne weiteres ohne Elektrotechnik Kenntnisse möglich ist. Um beispielsweise irgendwo neue Widerstände einzulöten und mit Hochspannung zu arbeiten habe ich nicht die Ausbildung. Und möchte auch nichts kaputt machen.
Daher wollt ich vorher euch Fachkundigen Personen fragen, ob ihr mir da etwas unter die Arme greifen könnt, indem ihr das Projekt so ein bisschen einschätzt. Vielleicht benötigt man ja einfach nur ein Adapter Teil zum pc und zur Steckdose -ich weiß es nicht.

Habe auch schon überlegt, ob ich mir mal irgendwann einfach ein Radex obsidian kaufen soll. Eine irgendwie interpretierbare Kurve bekommt man da ja auch raus. Nur würde ich lieber das nutzen was ich schon hab und vor allem das mit den größeren Kristall.


DG0MG

Poste doch bitte erstmal ein Bild, damit man sieht, was Du genau hast.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!


Henri

Ach, die guten Bicron Szintillatoren! Die stammen aus alten PET-Scannern und sind eigentlich für die stationäre Montage gedacht. Das heißt, es gibt weder Schockabsorber noch einen Schutz gegen thermische Schwankungen. Ändert sich die Temperatur in einem NaI(Tl) um mehr als ~1°C pro Minute, kann er zerspringen. Deshalb musst Du Deine Sonde wie ein rohes Ei behandeln. Am besten kaufst Du Dir Abflussrohr und Thermoisolierung für Rohre, wenn die Baumärkte wieder auf haben, und baust noch eine schöne Einhausung dazu.

Ich habe übrigens auch so einen, und der bringt ca. 70cps bei 80 nSv/h. Entweder ist bei mir die Diskriminatorschwelle niedriger, oder Deiner ist schon angebrochen.

Wenn er heil ist, kann man eine FWHM < 7% für Cs-137 erreichen und auch z.B. den Peak von K-40 noch echt gut sehen. Der Kristall ist ja echte 3" lang! Wenn er nicht mehr heil ist, taugt er nur noch für Zählanwendungen.

Da der Spannungsteiler ca. 15M beträgt und nicht modifiziert werden kann, gibt kaum Geräte in der "Hobby-Liga", mit denen Du damit Gammaspektrometrie machen könntest. Der Theremino Adapter oder das Gamma Spectacular braucht einen wesentlich hochohmigeren Teiler.

Du könntest Dir allerdings einen Splitter/Combiner aus HV-Kondensator und ein paar Widerständen löten (es ist nie zu spät, was neues zu lernen :)  ) und dann die Hochspannung aus dem Bicron verwenden, das Signal im besagten Splitter abtrennen und z.B. besagtem Theremino-Adapter zuführen. Keine Ahnung allerdings, wie restwellig die HV des Bicron ist und wie stabil. Der ist ja nur für Impulszählungen gedacht, wo es in der Regel Plateaus gibt, dh. es macht nicht viel, wenn die Spannung mal 2-3 V höher oder niedriger ist. Bei Gammaspektrometrie ist es ganz wichtig, dass sie über Stunden absolut konstant bleibt, weil Du ja auch über Stunden misst und sonst verwaschene Peaks bekommst. Und wenn Du zu viel Restwelligkeit hast, kannst Du Dir die niedrigen Energien nicht anschauen.

Da das alles zu viele Unbekannte sind, und Du nicht zu viel basteln möchtest, würde ich Dir empfehlen, lieber z.B. ein GammaSpectacular mit eigener Sonde anzuschaffen. Kostet zwar etwas, erspart aber auch Frust. Und irgend ein Gerät brauchst Du ja, um Deine Impulse (über die Soundkarte) in den PC zu bekommen

Viele Grüße!

Henri

PS: Radex Obsidian und diese ganzen Sachen taugen nur dafür, vor Ort einen ersten Eindruck zu bekommen. Ernsthaft was damit anfangen kann man kaum. Dafür sind die Detektoren viel zu klein. 2"x2" sollten es schon sein, damit man nicht ewig misst. Denn je länger man misst, desto mehr wirken sich z.B. ja auch Temperaturschwankungen, evtl. kurze Halbwertszeiten, etc. aus.

LUV

Ok also weiter suchen  :(. Wie kommt ihr eigentlich alle darauf, dass der Kristall drei zoll lang ist? Oben auf der Sonde steht doch "1,12x1,12x1,12 zoll"

DG0MG

Zitat von: TimLUV am 21. Februar 2021, 08:43
Ok also weiter suchen  :(. Wie kommt ihr eigentlich alle darauf, dass der Kristall drei zoll lang ist? Oben auf der Sonde steht doch "1,12x1,12x1,12 zoll"
Wahrscheinlich, weil da steht "..M3/1.12L" - das kann man schnell für 3 Zoll halten.

Was ich mich frage, ist das wirklich überhaupt ein NaI(Tl)-Szintillator? Kann das nicht auch ein organischer sein?  Alle NaI(Tl), die ich kenne, haben Zylinderform. Nun kann in dem Vierkantmaterial ja durchaus auch ein Zylinder drinsein, aber dann macht die Angabe von 3 Maßen wieder keinen Sinn.
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LUV

Auf Ebay Kleinanzeigen gibt es den Szinti momentan einzeln zu kaufen. In einem Bild hat der Verkäufer sowas mal auseinandergebaut. Ist tatsächlich wohl ein Quader.

LUV

und für ein ungefähr 1 Zoll Szinti geht der Nulleffekt doch auch voll klar oder? Antiprotons Ludlum mit einem Szinti ähnlicher Ausmaße hatte ungefähr gleiche Werte.

Danke aber für den tipp mit dem Schutz für die Sonde. mich hat das teil alles drum und dran fast 400€ gekostet, (aber gut für ein Gamma scout R hab ich auch schon mehr für weniger ausgegeben :D)da will ichs auch pflegen.

Eine frage hätte ich allgemein noch, Laut der kalibrierbescheinigung soll die Sonde mit 800v betrieben werden, wenn ich aber HV Anzeige bin ich ungefähr zwei Teilstriche über 0,8 kv. Liegt das noch in der Toleranz?



Ach so der Szinti ist ja laut Typenschild von einem Unterunternehmen von Saint-Gobain. Ich hab mal beruflich ein Werk von denen besichtigt (Saint-Gobain Abrasives). Die machten auf mich eigentlich einen recht professionellen Eindruck- sind International renommiert. Die werden doch kein schund verkaufen.

DG0MG

Zitat von: TimLUV am 21. Februar 2021, 10:25
Auf Ebay Kleinanzeigen gibt es den Szintilliert momentan für rund 95€. in einem bild hat er sowas mal auseinandergebaut. Ist tatsächlich ein Quader
Auf ebay 50 EUR aus Lettland: https://www.ebay.de/itm/223613927835
Und da kann man sicher noch was am Preis machen, wenn man zwei nimmt.

Die Frage ist aber, aus was der Szintillator überhaupt besteht: Organische Szintillatoren sind m.W. für Spektrometrie ungeeignet. Und wenn der Szintillator quaderförmig ist, spricht das eben eher für Plastik, als für NaI(Tl).

edit:
Hier gibts nähere Informationen und da hat der ebay-KA-Verkäufer auch das Bild "geborgt": https://fusor.net/board/viewtopic.php?t=5926&start=10#p87685
Dort wird tatsächlich von NaI(Tl) für den Szintillator gesprochen.
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Henri

Zitat von: DG0MG am 21. Februar 2021, 09:33
Zitat von: TimLUV am 21. Februar 2021, 08:43
Ok also weiter suchen  :(. Wie kommt ihr eigentlich alle darauf, dass der Kristall drei zoll lang ist? Oben auf der Sonde steht doch "1,12x1,12x1,12 zoll"
Wahrscheinlich, weil da steht "..M3/1.12L" - das kann man schnell für 3 Zoll halten.

Was ich mich frage, ist das wirklich überhaupt ein NaI(Tl)-Szintillator? Kann das nicht auch ein organischer sein?  Alle NaI(Tl), die ich kenne, haben Zylinderform. Nun kann in dem Vierkantmaterial ja durchaus auch ein Zylinder drinsein, aber dann macht die Angabe von 3 Maßen wieder keinen Sinn.

Das ist ein NaI(Tl) Szintillator mit den Maßen 1,12x1,12x3". Definitiv. Genau das besagt der aufgedruckte Schlüssel :)

Wer es nicht glauben mag: einfach mal das Alu anfassen. Die vorderen 3" fühlen sich deutlich kälter an als der Rest... Oder mal mit dem Schwerpunkt spielen.

Und das quadratische Format kommt, wie gesagt, weil die Dinger in PET-Scannern und Gamma-Kameras verbaut werden. Da will man natürlich quadratische Pixel haben und keine Hohlräume, in denen informationen unbemerkt verschwinden...

Wer überlegt, sich so was zuzulegen: die von Bicon sind OK, die von AlphaSpectra sind Schrott. Die Bicrons haben ein extra Fenster vor dem Kristall, die AlphaSpectra habe den PMT direkt auf den Kristall geklebt mit sehr wenig Kleber. Der wird brüchig, und bei geringsten Erschütterungen bricht der PMT dann ab und der Kristall zieht Wasser.

Viele Grüße,

Henri

LUV

Danke Henri, kannst du mir sagen, ob das mit den 800v plus zwei Teilstriche noch in der Toleranz liegt?

LUV

Interessant. Ich hab jetzt im Gerät die Schraube gefunden, mit der man die HV verstellen kann. Auf 800v gehen die CPM auf 842 runter.  :o Wieviel Volt brauch die Sonde überhaupt? Man kann ja jetzt auch nicht unbedingt davon ausgehen, dass das die original Sonde ist.

Henri

Zitat von: TimLUV am 21. Februar 2021, 12:59
Danke Henri, kannst du mir sagen, ob das mit den 800v plus zwei Teilstriche noch in der Toleranz liegt?

Hallo Tim,

meinst Du die Betriebsspannung?

Meinen lasse ich immer mit 640V laufen, da verhält er sich schön linear, und mit der Verstärkung kann man noch was anfangen.

Ich weiß nicht, was für ein PMT im Bicron verbaut ist, aber im fast baugleichen AlphaSpectra ist ein Adit B29B10W, und der läuft mit typ. 700V max. 1500V. Mit Deinen 800V machst Du also erst mal sicherlich nichts falsch.

Solltest Du mit dem Gedanken spielen, die HV hochzuregeln, um eine  höhere Zählrate zu bekommen: das verstärkt letztendlich nur das Rauschen, und das willst Du gar nicht haben. Du möchtest ja einen möglichst großen Signal-Rausch-Abstand haben.

Den ermittelt man folgendermaßen: theoretisch bräuchtest Du einen Strahler, der die geringste Energie emittiert, die Du noch nachweisen möchtest. Dafür wird oft Am-241 genommen, aber in Deutschland liegen die üblichen Quellen aus Rauchmeldern über der Freigrenze, und ein Besitz oder Verwendung ist ohne amtliche Genehmigung illegal. (Man kann auch Strahler unterhalb der Freigrenze genehmigungsfrei erwerben, aber die sind leider ziemlich teuer).
Mit dem würde man also starten und schauen, ab welcher HV das Gerät überhaupt noch reagiert. Das ist dann die unterste Grenze.

Als nächstes nimmt man einen anderen Strahler, z.B. Cs-137, oder Pechblende, oder was auch immer man am häufigsten vor den Detektor bekommt, und bringt Strahler und Szintillator in eine genau definierte, reproduzierbare  Position zueinander. Dann macht man eine Messreihe, bei der man die HV schrittweise bis zum maximal erlaubten erhöht und dann jeweils einmal mit Strahler und einmal ohne Strahler misst.

Wo das Verhältnis von Leermessung zu Messung mit Strahler am günstigsten ist, ist der optimale Arbeitspunkt.


Z.B.:
Bei 500V hast Du 10cps leer und 30cps mit Strahler: Verhälnis  3:1
Bei 1000V hast Du 1000cps leer und 1200cps mit Strahler: Verhältnis 1,2:1
Bei 700V hast Du 100cps leer und 400cps mit Strahler: Verhältnis 4:1 und somit am besten.

In der Spektrometrie macht man das wieder anders. Da zählt vor allem die Linearität, dh. dass wenn 60 keV auf Kanal 60 liegt und 662 keV auf Kanal 662, dann 1400 keV auch auf Kanal 1400 liegen sollte, und nicht auf Kanal 1200 oder so. in der Regel wird das Setup mit niedrigerer Spannung linearer.


Ich würde Dir empfehlen, Dir 10-20g Lutetiumoxid zuzulegen. Das hat viele prominente Linien in sehr niedrigen Energien, gilt wegen der geringen Aktivität nicht offiziell als radioaktiv, und wenn Du doch irgendwann mal Spektrometrie machst, ist es ideal zur Kalibrierung und kann auch das Am-241 perfekt ersetzen.

Ich selbst benutze einen elektronischen Impulsgenerator und ein Oszilloskop, um die unterste Schwelle einzustellen, aber basteln wolltest Du ja nicht. Damit kann man messen, ab welcher Impulshöhe das Gerät anfängt zu registrieren, und dann kann man die Impulshöhen vom Szintillator bei höheren Energien bei einer bestimmten Spannung messen und dann extrapolieren, wie hoch der Impuls z.B. bei 50keV wäre.

Viele Grüße!

Henri

LUV

Ich hab das jetzt mal nach deiner Anleitung getestet, die kleinste Erhebung des Durchschnittswertes mit Am241 (innerhalb Freigrenze), hab ich mit ungefähr 1000v erreicht. Der Nullwert ist jetzt bei ungefähr 4800-4900 CPM.

NoLi

Zitat von: Henri am 20. Februar 2021, 22:03
...Ändert sich die Temperatur in einem NaI(Tl) um mehr als ~1°C pro Minute, kann er zerspringen. ...

???
Es gibt eine Reihe von Survey-Meter mit NaJ(Tl), die in einem weiten Temperaturbereich einsetzbar sind.

Unser IdentiFinder mit NaJ(Tl) wird im Winter vom "Lagerbereich" vorgewärmter CBRN-Erkunder sofort im frostigen Außenbereich eingesetzt, um Strahlenspüren und Nuklididentifikation mit Datenbankauswertung durchzuführen. Allenfalls nach wenigen Minuten motzt er wegen der Temperaturänderung und kalibriert sich automatisch neu.
Bisher wurde nie ein Kristallausfall wegen Temperaturänderungen bekannt. :unknw: Und der Kristall befindet sich unter einer dünnen Kunststoffkappe.

Gruß
Norbert