DP-63A (ДП-63А)

[DG0MG]

Kürzlich konnte ich günstig ein historisches russisches Radiometer DP-63A (ДП-63А) aus der Atomkriegs-Ära erwerben (ca. 1968).



Es hat, wie wir nachfolgend sehen werden, einige Besonderheiten.

Messbereiche
Es hat keine externe Sonde und kann Dosisleistungen in zwei Messbereichen messen: 50 Röntgen/Stunde und 1,5 R/h, das sind 0,5 Sv/h und 15.000 µSv/h(!), letzteres ist der empfindlichere Messbereich. Wir wollen also nicht erleben, dass sich der Zeiger auch nur etwas von der Nullstellung nach rechts bewegt. Der vorgesehene Einsatzzweck dürfte klar sein: Aufklärung nach einer Kernwaffendetonation.

Gehäuse und Größe
Etwa so groß, wie eine Spiegelreflexkamera und aus sowas wie Bakelit. Die zugehörige edle Transporttasche aus feinem Leder hat ebenfalls die Anmutung von 'Fotoapparat' oder 'Fernglas'. Das Gehäuse ist leicht ergonomisch gebogen, so dass es sich der Körperform vor der Brust hängend anpasst, im Gegensatz zu manch anderem quaderförmigen Klotz.

Ebenfalls hat das Gerät keinen Einschalter - man drückt einfach eine der großen, gummibesetzten Tasten für den Messbereich, in dem man messen will: 50 R/h oder 1,5 R/h. Durch das Drücken BEIDER Tasten gleichzeitig kann die Batteriespannung überprüft werden.

Stromversorgung
Laut [1] werden Trockenzellen des Typs 1.6 PMTs-X-1.05 verwendet, im Bedienheft habe ich die abweichende Bezeichnung "1,5-СНМЦ-0,6" gefunden. Ich konnte darüber nicht viel herausfinden, in [3] findet sich eine Spannungsangabe von 1,5 V. Sie müssen dicker als AA-Batterien, jedoch dünner als Baby-(C)-Zellen sein. Eventuell würden die Einzellzellen passen, aus denen Flachbatterien zusammengesetzt sind (R12), das hab ich aber nicht probiert. Mit zwei Plastikröhrchen und zwei Knubbel aus zusammengerollter Alufolie lassen sich AA-Batterien einsetzen. Dabei beträgt die Stromaufnahme beim Drücken eines der Taster ca. 55 mA.

Zählrohre
Für die beiden Messbereiche sind zwei verschiedene Zählrohre eingebaut:

1.5 R/h SI10BG
50 R/h SI11BG

Weiterhin eine Spannungsstabilisatorröhre СГ301С.

Selten?
Der Grund, warum die Geräte selten sind: Sie sind begehrt! Manche Modelle haben eine mit Radiumfarbe beschichtete Skalenbeleuchtung, die anscheinend erhebliche Dosisleistungen produziert und sicher auch reichlich Radon exhaliert:

In meinem Exemplar ist KEINE Radiumskale verbaut, augenscheinlich auch nie gewesen.: Die Schrauben, die das Messinstrument halten und verschließen sind noch versiegelt. Stattdessen hat man sich wohl etwas anderes einfallen lassen: Die Skale wird mit einer "Kondensatorlampe" hinterleuchtet, man kann sie also nur ablesen, wenn man sowieso einen der Taster drückt.

Weiterhin befindet sich im Geräteinneren unter dem Zählrohr für den 1,5-R/h-Bereich eine radioaktive Strontium-90-Beta-Strahlenquelle "B-8" [2]. Diese fehlt in meinem Gerät, das hat also schon jemand geplündert.

In der Gehäuseschale befindet sich noch ein Loch mit einer Blende, die auf Knopfdruck weggeschwenkt werden kann, man konnte also sogar zwischen Beta- und Gamma-Anteil unterscheiden.


[1] Civil Defense: A Soviet View, S. 231
[2] Radioaktive Altlasten auf WGT-Flächen, Landesumweltamt Brandenburg 1996, Seite 10f.
[3] https://radiowiki.ru/images/thumb/3/33/%D0%A0%D0%B0%D0%B4%D0%B8%D0%BE_1958_%D0%B3._%E2%84%9609.djvu/page63-1280px-%D0%A0%D0%B0%D0%B4%D0%B8%D0%BE_1958_%D0%B3._%E2%84%9609.djvu.jpeg

[DG0MG]

Der Schaltplan ist wohl der der Radiumfarben-Skala-Variante, denn die Kondensatorlampe ist nicht eingezeichnet. Ansonsten ist es schon erstaunlich, mit wie wenig Bauteilen sich ein funktionales Gerät herstellen lässt: Nach dem Zählrohr folgt nichtmal irgendein  Verstärker - der Strom durch das Zählrohr treibt quasi direkt das Anzeigeinstrument. Der einzige Transistor (ein Germanium-pnp-Typ) ist für den Sperrwandler zuständig.

[wrdmstr inc.]

wenn B8 quelle geplündert ist aber die schrauben noch versiegelt dann scheint in der variante ab glaub 1965 auch keine b8 mehr zu sein?

[DG0MG]

Doch, ich denke, ein B-8 war drin. Die Schraube "17" zur Befestigung des Strahlers zeigt Gewaltspuren und die beiden Zählrohre waren vertauscht eingebaut. Man hat das sofort gesehen, dass da was nicht stimmt, denn die Rohre sind leicht unterschiedlich lang. Es hat sie also jemand rausgenommen, um den Strahler auszubauen.

Versiegelt waren (und sind) die Schrauben des Messinstruments.

[Staasucher]

  Schönes Sammlungsstück... Die alten Kisten sind noch schön solide

Auch wenn mans derzeit nicht nutzen kann und hoffentlich nie brauchen wird

[Hannes]

Meint ihr, dass es wegen der hohen Radioaktivität vom Display und dem Strontium-90 Probleme mit dem Zoll geben könnte wenn man einen DP-63 aus dem Ausland kauft?

[DG0MG]

Ich denke, die verfügbaren Angebote sind alles Geräte ohne die Radiumfarbenskale, also so wie meines - mit Kondensatorlampe.

Das Risiko hat ja erstmal der Versender und in manchen Ländern scheint sogar intensiver nach "verborgenen" Strahlungsquellen gesucht zu werden, als in Deutschland.
Siehe https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,181.0.html
MMn traut sich keiner (oder kaum einer), so ein Gerät zu verschicken und gleich gar nicht ins Ausland.

Wenn man sich die Videos anschaut, dann haben die Modelle mit der Radiumfarbskala alle eine Jahreszahl unter dem Instrument stehen, die aktuellen Angebote bei ebay sehen stattdessen so aus, wie mein Gerät oben: Nur eine lange Nummer.
Teilweise werden sie sogar mit dem Vorhandensein des Prüfstrahlers beworben (B-8, Sr-90), von der Skala ist aber nichts zu lesen. Da wird also mit dem potentiellen Käufer gespielt. Die aufgerufenen Preise halte ich sowieso für völlig unakzeptabel. Man muss immer im Kopf haben, dass zu den Kosten für das Gerät + Porto u.U. auch noch Fahrtkosten zum Zoll und Mehrwertsteuer dazukommen.