RadiaCode-101 (радиакод-101, RadiaCode-102, RadiaCode-103)

Begonnen von DG0MG, 13. Februar 2021, 17:19

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anon_226

The detector efficiency is also calculated for the geometry, so it is not possible to simply give an "efficiency function". It will also be affected by the position of the instrument, the presence of nearby objects, and the source material.

Zitat von: opengeiger.de am 17. Juli 2024, 13:41Erfreulicherweise hat @Banev in dem Post https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?msg=31360 im Interspec Thread darauf hingewiesen, dass das tolle Interspec Analyse Tool im neuen Relese nun auch den Radiacode unterstützt. Das sind natürlich super Nachrichten. Ich habe mir das nun etwas detaillierter angeschaut.  Was für mich nun den wahren "Gamechanger" ausmacht ist, dass offensichtlich jemand von Sandia Labs (oder jemand der ihm nahesteht) die Detektor-Effizienz eines Radiacode RC-102 aus 10cm Entfernung vermessen und charakterisiert hat und dafür ein Modell (Detector Response Funktion, DRF) generiert hat, sogar mit Angabe der Unsicherheiten und das nun in der Interspec Analyse Software enthalten ist. Es lässt sich als xml exportieren und ist damit öffentlich zugänglich. Damit sind endgültig ,,die Hosen runter" was den Radiacode Detektor anbelangt. 

Was ändert das nun? Wir hatten ja schon mit Radiacode selbst darüber diskutiert, wie die Genauigkeit der Energiekompensation von der genauen Kenntnis der Detektor-Effizienz abhängt (https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?msg=21765) .  Mangels Proben hatte ich der Community vorgeschlagen, entweder die Detektor Effizienz aus einer Lutetium Kalium Messung (sehr grob) zu bestimmen oder aus einer Background Messung. Aber die Background Messung wurde (berechtigterweise) immer sehr angezweifelt. @anon_226 von Radiacode hatte daraufhin zumindest mal die Unsicherheiten für die bei Radiacode verfügbaren Proben angegeben:
- Titanium-44 (Ti-44): -1%
- Cobalt-60 (Co-60): -20%
- Cesium-137 (Cs-137): -5%
- Americium-241 (Am-241): -25%

Was Radiacode aber bisher nie angegeben hat, ist die daraus bestimmte Detektoreffizienz-Funktion, so dass man selbst eine Energiekompensation hätte rechnen können bzw. dass man verstanden hätte, wie das Ganze zusammenspielt. Insbesondere bei hohen Energien stellt sich nämlich die Frage, wie lange man messen muss, um einen Beitrag bei einer höheren Energie noch berücksichtigt zu bekommen (K40, Co 60, aber auch die Tl-208 Linie bei 2614keV im Thorium-Spektrum) und bis zu welchen Energien die Energiekompensation noch sinnvoll funktionieren kann? Dafür gibt es nun eine Antwort, und man kann davon ausgehen, dass für das SandiaLabs Modell deutlich mehr Proben vermessen wurden, um den Detektor zu charakterisieren als was @anon_226 genannt hat. Denn gerade um den Peak in der Detektoreffizienz sauber zu modellieren, braucht man schon etliche Stützstellen, sonst eskaliert so ein Polynom schnell.

Das Erste, was man also nun mit diesem Interspec Detektoreffizienz-Modell machen kann, ist ein Radiacode Spektrum so zu entzerren, dass alle Peaks unabhängig von der Energie mit den zur Aktivität proportionalen Peakhöhen dargestellt werden. Jeder kennt das Problem eines Spektrums in dem K-40 enthalten ist, dessen Peak erst nach vielen Stunden erkennbar wird oder beim Thorium Spektrum, wo das Zerfallsprodukt Tl-208 seine Hauptlinie eigentlich bei 2614keV hat, die man aber beim Radiacode so gut wie nicht sieht, wenn man ,,nur" eine Stunde misst.

Hier also das Modell der Detektor Effizienz des Radiacode RC102 (gilt auch gut für den RC101 und den RC103, nur nicht für den RC103G mit GAGG-Kristall) in kompakter Schreibweise:

Effizienz= exp(-4.09527-2.34638*log(E)+0.228436*log(E)^2+0.31551*log(E)^3+0.0383176*log(E)^4)

Darin muss E in MeV eingesetzt werden.

Die Effizienz beschreibt, wie die gemessenen cps mit der Energie abnehmen, weil in dem kleinen Kristall nicht alle Photonen zum Peak bei der jeweiligen Photonen-Energie beitragen und deswegen der Peak zu klein rauskommt. Die cps, die in der Fläche unter einem Peak gezählt werden, müssten zur Aktivität des jeweiligen Radionuklids proportional sein, wenn man die entsprechende Zerfallswahrscheinlichkeit des Zerfallspfads noch zusätzlich berücksichtigt. Diese Proportionalität stellt sich dagegen nicht ein, wenn der Kristall so klein ist, dass manche Photonen den Kristall verlassen, ohne all ihre Energie abgegeben zu haben, die sonst in Licht umgewandelt werden würde. Daher ist die intrinsische Effizienz des Radiacode CsI-Kristalls z.B. nur 0.01 bei 1460keV (K-40), während sie bei 85keV etwa 0.79 beträgt. Das ist auch der Grund, warum das Spektrum des Radiacode gegenüber einem Spektrum aus einer Gammaspektroskopie-Anlage mit großem NaI-Kristall so schrecklich verzerrt erscheint. Mit dem Detektoreffizienz-Modell kann man nun das Spektrum aber wieder auf seine richtige Form bringen, so dass alle Peaks so erscheinen, wie bei einem theoretischen Kristall, in dem alle Photonen in Licht umgesetzt werden. Dazu muss man das Spektrum entweder mit der inversen Detektor-Effizienz Funktion multiplizieren oder das Spektrum durch die Detektoreffizienz dividieren. Um das deutlich zu machen, habe ich hier mal die Detektoreffizienz (blau) und die Inverse davon (rot) geplottet. Blau macht also der Kristall ohne dass man es will und rot das Postprocessing für die Energiekompensation. In türkis davon habe ich das Produkt von beidem dazu gemalt (türkis), so dass man sieht, dass wenn man beides miteinander multipliziert, die Energieabhängigkeit tatsächlich verschwindet. Das ist also die Basis der Energiekompensation.

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Jetzt kann man das z.B. auf ein Thorium Spektrum loslassen. Zunächst mal das RC101-Spektrum von einer ,,gut abgehangenen" Thoriumprobe:

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Da sieht man also oberhalb von 1000keV nichts mehr, obwohl die Messzeit 27h betrug. Wie immer, erscheinen die Energien zwischen 70 und 100keV extrem überhöht. Jetzt kann man aber die Detektoreffizienz mit dem von Interspec bereitgestellten Modell kompensieren (d.h. durch die Modellfunktion dividieren). Das sieht dann so aus:

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Man sieht also das Rauschen nimmt durch die massive Verstärkung der Inversen bei hohen Energien kräftig zu. Das ist die erste wichtige Erkenntnis. Man bekommt also eine Art ,,Rausch-Explosion". Das bekommt man nur durch sehr, sehr langes Messen in Griff, weil jetzt das normale Rauschen durch die Energiekompensation bei hohen Energien auch noch massiv verstärkt wird, weil da die Detektoreffizienz sehr gering ist. Man kann aber das Spektrum noch glätten. Macht man das mit einem Filter mit einer Fensterbreite von 16 Bins, kommt das dann so raus:

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Hier sieht man nun schön, dass es noch einen Peak vom Ac227 gibt (1588 und 1630keV) gefolgt vom Tl208 Peak bei 2614keV und dem zugehörigen Compton-Gebirge davor. Das müsste also in die Dosisberechnung mit den jetzt energiekompensierten cps mit rein.

Fazit: Ja, das geht, aber damit das geht, muss man z.B. bei frei zugänglichen Thoriumproben schon nen Tag Messzeit spendieren. Bei Co-60 Proben ist's dann vermutlich nicht so viel besser...


anon_226

We considered spectrum mapping given some conditional geometry and spectrum distortion using an efficiency function under these conditions. However, many problems have arisen, especially on spectra with small number of statistics, which are constantly sent to us. At the moment we can use the gain function to display t-like information, but it is not a specifically calculated value. If you are interested in how many sieverts per unit count rate, you will be more comfortable using the integral stiffness function. Just try looking at it at different source positions and you will see that it varies a lot. We do not see any practical application of spectra distortion taking into account instrument compensation at the moment. And about the peak at 1588kev - most likely the difference in the calculated models is due to the presence of many other peaks in this region, I would not use 1588kev as a reference point.

Zitat von: opengeiger.de am 19. Juli 2024, 15:34Dank @Banev  haben wir nun ja ein schönes Radiacode Spektrum eines HK300 Thorium-Glühstrumpfes. Ich habe dieses xml-Datei des Radiacode nun mal in die neue Version von Interspec eingelesen und analysiert.

Zunächst habe ich bei Reference Photopeaks ein 100 Jahre altes Thorium als Nuklid eingetragen (nahezu im natürlichen Gleichgewicht). Dann habe ich die deutlich sichtbaren Peaks gefittet, wobei ich bei 911keV und 969keV einen Doppelpeak (Ac228) gefittet habe. Dann habe ich die Energiekompensation in Interspec gemacht. Damit sieht das Spektrum recht brauchbar aus:

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Man kann den 2614keV Peak (Tl208) dank der langen Messzeit recht gut erkennen, auch wenn der von der Zahl der Counts recht bescheiden daherkommt, was aber am kleinen Kristall des Radiacode liegt.

Nun kann man in beiden Darstellungen, Reference Photopeaks und Peak Manager die Daten als csv exportieren und mit Excel drauf herum rechnen. Das habe ich gemacht. Bei den Reference Photopeaks habe ich hier nur die der markierten Peaks gelistet und der Stärke nach (für einen idealen Detektor) sortiert:

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Das ist also die zweite Spalte ,,g/Bq/second" die im GUI ,,B.R" heißt. Das ist also die von einem idealen Detektor zu erwartende Ausbeute. Das wird nun mit der Detektor Effizienz (DRF) multipliziert und gibt ,,Yield*DRF" was die Radiacode Ausbeute ist.

Nun habe ich noch die Peak Daten gelistet, da stehen die gemessenen Counts unter den gefitteten Peakflächen drin, siehe Spalte2:

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Nun ist das Wesen der Energiekompensation, dass man den Einfluss der Detektor Effizienz wegrechnet. Danach müssten dann die aus Yield*DRF zu erwartenden Counts auch zu den Counts unter den Peakflächen passen und annähernd proportional sein. Wenn das der Fall wäre, dann könnte man eine Aktivitätsbestimmung machen. Das kann man nun prüfen in dem man die gemessenen Counts über den zu erwartenden Counts aus der DRF für die Nukliddaten darstellt. Besser ist aber, man nimmt von beidem den Logarithmus, dann ist das in der Grafik gleichmäßiger verteilt. Das kommt so raus:

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Das ergibt also so weitestgehend bei diesem Spektrum einen linearen Zusammenhang. Aus den Daten der Regressionsgeraten (das stellt den ,,Proportionalitätsfaktor" dar), kann man nun die nach dem Detektoreffizienz-Modell der Radiacode DRF zu erwartenden Counts angeben. Das sieht schließlich so aus:

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Die gemessenen gegenüber den nach der DRF zu erwartenden Counts passen also recht gut zusammen, außer vielleicht beim Peak bei 1588keV. Aber ich würde sagen, damit ist eine Energiekompensation vertrauenswürdig und man kann damit nun die gemessenen und korrigierten Counts energieunabhängig in eine Aktivität umrechnen. Das macht Interspec nun mit dem Tool ,,Activity/Shielding Fit". Allerdings wird das Modell dann offensichtlich nochmal für die markierten Peaks nachgefittet. Wie das genau geht, da schweigt sich die Doku allerdings aus darüber. Man gibt den Abstand an, in dem man gemessen hat, und die Art der Geometrie und eventuell ein Abschirm-Material. Obwohl es vermutlich nicht recht stimmt, habe ich für die Geometrie eine Punkt-Quelle in 1cm Abstand angenommen. Wenn man danach ,,perform model fit" drückt, berechnet Interspec aus den Peaks eine Aktivität von 2258kBq (das Alter von 30 Jahren hatte ich vorgegeben). Diese Art der Aktivitätsbestimmung stimmt natürlich nur dann, wenn auch die Geometrie passt. Man müsste den Glühstrumpf z.B. zunächst anzünden und dann die Asche in eine kleine Kugel komprimieren und dann aus 10cm Entfernung messen, damit die Geometrie in etwa stimmt. Wenn der Glühstrumpf noch in seiner Originalverpackung ist, dann ist die Quelle zu flächig und überragt den Detektor zu stark. Aber ganz grundsätzlich kann man nun so eine ,,grobe Hausnummer" zur Aktivität bekommen. Ich würde sagen, das ist schon recht wertvoll für alle aus der Radiacode Community.

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Was aber auch klar wird: Denken wir mal an ein schönes energiekompensiertes 70031A Zählrohr von Vacutec und dessen Energieeffizienz. Wie unterschiedlich ist da die Zählrate bei 238keV und 2614keV im Vergleich zum Radiacode? Also ich würde doch mal sagen das Geiger-Müller-Zählrohr hat noch nicht ausgedient. Aber so ein schönes Spektrum und die Nuklididentifikation wie mit dem Radiacode bekommt man mit dem GMZ nicht, das ist der Wert des Radiacode.

Deswegen also nochmal ein Appell an Radiacode: Was soll die Geheimniskrämerei? Es steht nun vom renommierten Sandia Labs eine Detector Reference Function (DRF) für den CsI-Kristall zur Verfügung, die sicherlich ordentlich vermessen ist und wo man sich bei der Modellbildung bestimmt auch Mühe gegeben hat. Wie man an obigem Th232 Beispiel sieht, passt das auch recht gut zu einem Th232 Messergebnis. Damit ist es doch möglich, das mit der DRF energiekompensierte Spektrum zu berechnen. Hier ist ein Beispiel für den HK300 Glühstrumpf aus der DDR:

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Dann könnte doch auch die Radiacode App das energiekompensierte Spektrum, das sie zur Dosisleistungsberechnung heranzieht, auch wirklich anzeigen! Das würde dann deutlich mehr Vertrauen in die Dosisleistungsanzeige schaffen, selbst wenn es eine Ungenauigkeit gibt. Dann wüsste man auch welche Peaks wie stark in den angezeigten Wert abhängig von der Messzeit eingehen. Wir wissen schließlich mittlerweile auch, dass man einer 10000Euro teuren Gamma-ODL Sonde auch eine 10% Ungenauigkeit unterstellen muss. Das wäre doch eine Verbesserung, die den bereits schon hohen Wert des Geräts nur noch weiter erhöht, ohne dass große Investments nötig wären. Derzeit sieht ein Radiacode Spectrum des HK300 Glühstrumpfs noch so aus (original von @Banev):

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anon_226

type of curve have many effects: transition from Compton to photoeffect and then to vapour formation. Scattering of radiation due to properties of scintillator atoms. Absorption of photons in different parts of the crystal and a couple of other small moments. It should also be realised that the efficiency characteristic is far from running with stiffness. compensating for energy dref due to different material compositions. We specify sieverts - that is absorption of radiation by living tissue at a depth of 10mm, which means in our conditions an additional correction is needed. Also, Compton and pair births significantly interfere with the correct estimation of the contribution to the dose rate, because those photons that flew out of the scintillator we can no longer estimate. Especially if there is little data and we need to understand their contribution. This model after calculation has been implemented in our software and with energy calibration is calculated from the spectra that we get. Therefore, we do not need to enter additional metadata about dose and dose rate in a particular spectrum. We do not have any secrets from our users, the only thing I can say is that in our chat in Telegram I am not asked so many questions) Now by the way in it there is my small work about spectral analysis, which I have recently translated and all jellyfish can familiarise themselves with it.

Zitat von: opengeiger.de am 23. Juli 2024, 18:45Dann bin ich ja froh, dass ich das richtig verstanden habe! Nur ich will noch ein Schritt weiter als nur bis zur Aktivitätsbestimmung mit der Detektoreffizienz. Es gibt ja Messgeräte-Hersteller, die bauen auf der Basis eines spektral auflösenden Szintillations-Detektors sogar ein energiekompensiertes Dosisleistungs-Messgerät. Ich frage mich nun, wie könnte das funktionieren und wie genau ist das noch, wenn ich nur einen kleinen Kristall habe und mit Effekten wie der Compton-Streuung zu kämpfen habe? Nun ist der Radiacode ja so ein Gerät. Laut Hersteller kann ich das Gerät in ein Strahlungsfeld eines Gammastrahlers halten und es zeigt mit die Dosisleistung in der Einheit Sievert an. Der Anwender geht dann davon aus, dass der Anzeigewert im Rahmen der angezeigten Unsicherheit richtig ist, ob die Strahlung nun vom Co60 stammt, vom Am241 oder von der Höhen- und terrestrischen Strahlung.

Aber jetzt will ich auch mal verraten, was ich gemacht habe um zu verstehen, wie das beim Radiacode funktioniert, nachdem man ja vom Hersteller diesbezüglich nicht allzu viel gesagt bekommt. Ich habe festgestellt, dass in einem xml-Spektrum File außer den Daten zur Kalibrierung der Energie-Achse keine weiteren Daten drinstehen, vor allem keine Dosisleistungswerte, nur die Datenpunkte in counts des Spektrums pro Bin und die Messzeit. Nachdem man ein fremdes Spektrum importieren kann und dann die Dosisleistung angezeigt wird, schließe ich daraus, dass von der App allein aus den Spektrumsdaten unter Verwendung der Energieskalen-Justierung die Dosisleistung berechnet wird. Wie kann das nun gehen, wenn man das oder die Radionuklid(e) nicht kennt, die das Spektrum erzeugen?

Also ich stelle mir vor, man verwendet hier auch die Detektoreffizienz um die Counts pro Bin passend zu korrigieren, so dass die unabhängig von der Energieverzerrung durch den Detektor sind, und man so zu einer Aktivität pro Bin kommt. Dann summiert man die Aktivitäten pro Energie-Bin über alle Bins auf und dann geht man von einer Proportionalität der Gesamtaktivität zur Dosisleistung aus.  Könnte das gehen? Sicher war ich mir nicht, ob das beim Radiacode so läuft, aber es verdichten sich gewisse Indizien. Ich habe nämlich mit der obigen Erkenntnis nun künstliche Spektren erstellt, die überall Null sind und nur in einem Spektrum-Bin 10000 Counts bei einer Energie haben. Das sieht so aus, wenn man das Spektrum importiert (die Messzeit ist willkürlich) und für dieses künstliche Spektrum zeigt mein Radiacode nun eine Dosisleistung an: 

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Das Spektrum heißt A85, weil die 10000 Counts in Bin 85 stehen, sonst überall ist es 0. Denn Background von der Bleiburg im Keller habe ich mal spaßeshalber drüber gemalt. Das wichtige sind nun die 779pSv/h für 10000 Counts bei Bin 85 was bei meinem Gerät mit der justierten Energieskala 220.5keV sind. So und nun kann man das gleiche zum Beispiel für Bin 600 machen, das sind bei mir 1798.73keV. Und siehe da, da zeigt die App nun 33.2nSv/h an für 10000 Counts in einem von den 1024 Bins an, wenn alle anderen Null sind. Tja, und das kann man nun für einige Stützstellen machen, besonders da, wo man viel Änderung über der Energie vermutet und dann bekommt man das, womit die App vermutlich die Counts korrigiert. Wenn man da eine Kurve reinfittet, dann sieht das aus wie eine inverse Detektoreffizienz. Das wäre zumindest logisch, wenn es ein großer Kristall wäre.

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@silfox: Du hast nun aber mal von einer anderen Methode in einem Post vom 27.4. in diesem Thread erzählt (https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?msg=29748): ,,ADER ( H*(10) ) can be calculated from the spectrum e.g. using the so-called band-method. Using 7 isotopes, coefficients for the band method have been determined by P. Kessler et al. at PTB in 2016: https://doi.org/10.1016/j.radphyschem.2016.12.015" Das habe ich mir bisher noch nicht im Detail angeschaut, aber ich denke, das Spektrum wird dabei nur in gröbere Bänder durch Zusammenfassung mehrerer Bins eingeteilt. Ich muss das aber noch lesen.

Zurück zu meinen Erkenntnissen: Ab 85keV sieht beim RC-101 alles so aus, wie man sich das denken würde mit der ,,Entzerrung" mittels der inversen Detektoreffizienz. Bei niedrigen Energien aber sieht es etwas wirr aus. Möglicherweise verwendet Radiacode da kein Modell, sondern empirisch gewonnene Daten, denn bei ganz niedrigen Energien hat man ja auch spezielle Absorptionen durch das Gehäuse, z.B. durch das Metall-Gitter für den EMV-Schutz etc., kann das sein?  Da bin ich jedenfalls noch am Analysieren.






silfox

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wieder ins ,,off-topic" bewege, will ich Daten anderer Detektortypen zum Vergleich hinzuziehen.

Bei einem 1" LaBr3-Detektor verwende ich für die Band-Methode die folgenden Konversionsfaktoren (zusätzlich sind Daten für 2 baugleiche 1cm3 CZT-Detektoren angegeben):

(siehe Grafik-1)
Table 1: Konversions-Koeffizienten für 10 min Spektren. Die Einheit der ermittelten ODL ist µSv/h.   

Die Daten sind folgenden Arbeiten entnommen:
H. Dombrowski: Area dose rate values derived from NaI and LaBr3 spectra. Radiation Protection Dosimetry 160 (2014), 269.
H. Dombrowski: MetroERM Intercomparison 2016 of H*(10) Area Dosemeters Used for Dose Rate Monitoring in the Natural Environment. EURADOS AM2017 WG3 meeting, Karlsruhe (2017)

Eine detaillierte Beschreibung zu diesem Thema findet man in der folgenden Publikation:

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0969804321004681

Leider ist das Paper nicht ,,open access".

Ich habe der Anregung von @opengeiger.de folgend einmal eine Spline-Funktion zu den Koeffizienten der Band-Methode mit der inversen Funktion der Detektor-Effizienz graphisch verglichen. Typisch für spline oszilliert die Funktion bei kleinen Energieen (Grafik-2).

Man muss bei diesem Vergleich berücksichtigen, dass die hier verwendete Effizienz das Produkt aus Detektor-Effizienz und einem Geometriefaktor ist. Die Detektor-Effizienz bestimmt man mit einer Punktquelle (z.B. Eu152/Ba133). Der Geometriefaktor ist eine analytische Funktion, um die Geometrie der Quelle zu berücksichtigen. (Ich muss einmal nachsehen, dass ich die Daten der reinen Detektor-Effizienz finde).

Dabei verwende ich den LaBr3-Detektor wie auch den RC103 stationär und in diesem Fall wird für die Quelle eine unendliche ausgedehnte "Wiese" und eine Relaxationslänge von 1cm angenommen.

Eine gute Beschreibung findet man dazu auch bei den Leitstellen des Integrierten Mess- und Informationssystems (IMIS). Dazu muss man nach folgendem Text suchen:  b-is-spekt-boden-01

Bzw. in der Publikation:

Beck, H.L., DeCampo, J. and Gogolak, C. V. In situ Ge(Li) and Nal(TI) Gamma-Ray Spectrometry. HASL 258, Health and Safety Laboratory, U.S. Atomic Energy Commission, New York, September 1972


,,Gefühlt" – und ohne es durch Ausprobieren bestätigt zu haben - würde ich  sagen, dass die Verwendung der inversen Effizienzfunktion gar keine schlechte Näherung ist, um die ODL abzuschätzen. Zumal, wenn man keine Daten bzw. nur bedingt die Möglichkeit hat, die Funktion (für eine bestimmte Geometrie) experimentell zu bestimmen. Interessant ist es nun, ein paar Vergleiche mit dieser Funktion durchzuführen. Und ferner ist es von allgemeinem Interesse, den Ansatz physikalisch zu begründen.
       

opengeiger.de

Ja, super noch eine Bestätigung, dass die Gedanken prinzipiell richtig sind! Danke @silfox  :hi:  !

Ein stückweit kam Dein Ergebnis mit der Band-Methode meiner eigenen Bestätigung zuvor. Was ich nämlich nun zur Verifikation gemacht habe, ist folgendes: Ich habe nun ein künstliches Radiacode Spektrum erzeugt, das in jedem Spektrum-Bin die Detektoreffizienz, die ich für meinen RC101 aus der App rausgemessen habe, als Counts liegen hat, aber alle Bins sind gleichmäßig so skaliert, so dass am Ende eine Dosisleistung von 1uSv/h rauskommen muss. Und genau das funktioniert!!! Ich hänge das Testspektrum ,,spec1uSvh.xml" als gezipptes xml File mal an. Auch wenn andere Geräte etwas andere Kalibrierkoeffizienten für die Energieskala haben, müsste auch bei anderen Geräten in etwa 1uSv/h rauskommen, wenn man das Spektrum importiert (die künstliche erzeugte Messzeit ist 1h). So sieht das künstlich erzeugte Spektrum aus:

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Was da jetzt in der Radiacode App passiert ist das Folgende: Wenn das Spektrum die Detektor-Effizienz darstellt und die Energiekompensation so funktioniert, wie ich das rausgeknobelt habe, dann wird in der App das Spektrum mit der inversen Detektor-Effizienz kompensiert, das heißt das Spektrum wird konstant. Nun habe ich den Skalierungsfaktor so gewählt, dass die Konstante des flachen Spektrums genau 1uSv/h / 1024 in jedem Bin beträgt. Da die App das nun aufsummiert, kommt tatsächlich auch 1uSv/h als Ergebnis raus. Kleine Abweichungen im %-Bereich gibt es noch, aber das liegt daran, dass ich die Detektoreffizienz, welche die App nutzt, nur an 32 Stützstellen extrahiert habe, dazwischen habe ich nur interpoliert. Die in der Radiacode verwendete Kompensationsfunktion deckt sich auch grob mit dem Modell von Interspec (ab etwa 80keV, bei sehr niedrigen Energien gibt es deutliche Abweichungen).

Da das aber prinzipiell so gut funktioniert hat, habe ich nun auch noch eine eigene Spektrum-Auswertung in Matlab geschrieben, mit der ich nun mit dieser Methode zur Energiekompensation die Dosisrate aus dem Spektrum selbst bestimmen kann. Und ich habe es kaum selbst geglaubt, da kommt bis auf die zweite signifikante Stelle auch dasselbe raus, wie mit der Radiacode App. Ich bekomme daher z.B. für den Referenzpunkt in der Kapelle im Killesberg aus dem dort aufgenommenen Spektrum auch die ODL von 0.6uSv/h raus. Und da das doch ziemlich nah an der Messung mit der großen Automess-Sonde von @ALARA  liegt, (0.567uSv/h) würd ich mal behaupten, das funktioniert auch in der sonstigen Praxis, bis eben auf die Unzulänglichkeiten durch die Compton-Streuung bei Peaks mit hoher Energie. Damit würde ich nun sagen, ist verstanden, wie die Energiekompensation beim Radiacode funktioniert. Und im Prinzip kann man auch mit synthetischen Spektren das Verhalten recht gut simulieren. Dieser Aufwand an Recherche hat sich also gelohnt!  :yahoo:

@anon_226  : Sicherlich spielt die Positionierung und Ausrichtung des Messgeräts im Strahlungsfeld eine Rolle, genau wie die anderen parasitären Effekte, vor allem bei intensiven Strahlungsfeldern. Allerdings, um das Prinzip, wie das Gerät arbeitet, zu verstehen, kann man diese Effekte vernachlässigen, das sehen wir jetzt. Wichtig für uns ist: rein vom Prinzip her funktioniert die Energiekompensation bis 2614keV des Tl208 nach diesem Prinzip, nur dass es oberhalb von etwa 1000keV merkliche Abweichungen durch die Compton-Streueffekte in dem kleinen Kristall geben kann. Bei den natürlichen Radionukliden, aber auch bei vielen künstlichen, liegen die dominanten Linien mit der Energie doch tiefer, so dass die Abweichungen da dann vernachlässigbar werden.  Das ist insgesamt, so finde ich, ein gutes Ergebnis für alle Radiacode-Geräte und schafft nun auch Vertrauen, dass man sich auf die Ergebnisse wirklich verlassen kann, zumindest im Rahmen der erwartbaren Ungenauigkeiten. 

Samarskit

Hallo opengeiger!

Vor einigen Tagen hatte ich von DL3HRT erfahren, dass du dich sehr intensiv mit der Effizienzbestimmung und Energiekalibration bei den Radiacode-Detektoren beschäftigst, und das hat mich neugierig gemacht, nach langer Abstinenzzeit mal wieder ins Forum zu schauen. Sehr gut erinnere ich mich an unsere Kommunikation vor einigen Jahren im Zusammenhang einer Unregelmäßigkeit des Spektrums von Th232 bei neu erworbenen WIG-Schweissstäben. Daran und an deine Hilfen in diesem Zusammenhang bis zur Aufklärung des Problems denke ich gerne zurück. Auch der damals neu gekaufte Radiacode 101 spielte im Austausch bereits eine Rolle.

Mit diesem kleinen Detektor arbeite ich immer wieder gerne, auch wenn ich nicht mehr derart speziellen Fragestellungen nachgehe, wie ihr es hier mit einer enormen Ausdauer und dem Einbringen von Zeit tut. Insbesondere bei Messreihen mit relativ hohen Zählraten, die eine Bestimmung oder Bestätigung von Halbwertzeiten zum Ziel haben, leistet das kleine Gerät mit seiner Zählratenpräzision sehr gute Dienste. Da kommt die Theremino-Software spätestens ab etwa 200 cps einfach nicht mehr mit.

Euch geht es hier ja wesentlich um eine Absicherung der ODL-Präzision bei Messung an beliebigen Orten. Ich habe mir deine
xml-Datei interessehalber eben heruntergeladen, weiss aber noch nicht, ob ich sie sinnvoll in der Praxis werde anwenden können.
Vielleicht treffen wir uns mal wieder zu einem Austausch nach der längeren Pause!? Der räumliche Abstand ist ja problemlos zu
bewältigen... ;)

Viele Grüße!

U235

Es gibt eine neue Firmware-Version 4.10. Dazu habe ich hier noch nichts gelesen.
https://scan-electronics.com/en/downloads/radiacode

In der Revisionsgeschichte wird sie aber nicht beschrieben:
https://scan-electronics.com/en/radiacode-history

Habe ich neue Funktionen oder Fehlerbehebungen verpasst? Ist die auch für den alten RC101 geschrieben?
Vielen Dank schon mal.

ikerejs

Die Firmware 4.10 ist schon älter. Zumindest für mein 102.
Aber es gibt eine neue Android App Version, die Fotos mit Overlay von Messwerten ermöglicht.

Laut changelog wurde die Firmware 4.10 schon mit der Android v1.53 installiert. Die aktuelle Android Version ist 1.60.01.

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DG0MG

Oh, cool, es gibt ne neue Version der App mit einer neuen Funktion!
Man kann ein Foto machen, in dem die aktuelle App-Ansicht (z.B. das Spektrum) eingeblendet ist:

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"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Banev

Diese Funktion habe ich heute auch getestet :)

Nachtrag: Schade finde ich nur, dass der (schwarze) Hintergrund nicht komplett transparent ist.
Besser wäre es, wenn nur die tatsächlichen Anzeigeelemente, also Skala, Zeiger, Beschriftungen, Diagramm etc. halbtransparent und der Rest des über das Foto geblendeten App-Hintergrunds komplett »durchsichtig« wäre, wodurch das Foto kontrastreicher und weniger »flau« wäre.

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