RadiaCode-101 (радиакод-101, RadiaCode-102, RadiaCode-103)

Begonnen von DG0MG, 13. Februar 2021, 17:19

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Banev

Danke :)

Dass die Referenzlinien der Effizienz entsprechend kleiner werden, hatte ich so erwartet. Übrigens habe ich genau dieses Szenario verwendet – 8h-Aufnahme eines Glühstrumpfs von 1976. Trotz der miesen Detektoreffizienz bei höheren Energien kommt aber der 2614-keV-Peak noch gut raus  ;)
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Bei der Gelegenheit konnte ich auch gleich mal neu kalibrieren – innerhalb von 3 Monaten hatte sich die Kalibrierung am oberen Ende des Spektrums um fast 40 keV verschoben; der K40-Peak lag inzwischen bei schon 1423 keV.


Zitat von: opengeiger.de am 18. Juli 2024, 08:51Aber leider zeigt Interspec nach der Auswahl der DRF kein entzerrtes Spektrum für den Radiacode an. Das muss man offensichtlich immer noch selbst rechnen. Ich habe dazu jedenfalls noch nichts gefunden.

Genau darauf bezog sich meine Frage, denn ich konnte ebenso wenig im Programm irgendeine Funktion finden, mit der man das hätte erreichen können.

opengeiger.de

Aber da passt dann doch alles super zusammen! Schalt mal um auf den Peak Manager, so dass man die Counts auch sieht. Dann vergleiche die Counts unter dem 238keV Peak mit den Counts unter dem 2614keV Peak, das müsste auch die sehr unterschiedliche Detektoreffizienz wieder geben. Man sieht aber an der Log Scala, der Peak bei 238keV hat einen max Count von etwa 6E4 und der bei 2614keV von grob nur 200. Dieses Verhältnis wird durch die unterschiedliche Höhe der roten Linien ausgedrückt.

Dass der 2614keV Peak optisch sauber erkennbar wird liegt, daran, dass der oder die Glühstrümpfe ordentlich "Schmackes" hatten und dass Du lange genug gemessen hast.  Das sieht man auch daran, dass das Spektrum hinten relativ wenig Rauschen hatte. Kannst Du das Spektrum als gezipptes xml posten? Dann könnte man alles nachvollziehen. Es ist wirklich ein schönes Th-Spektrum, vermutlich auch in der Bleiburg aufgenommen.

Banev

Gemessen habe ich ca. 8 Stunden auf meinem Elektronikarbeitsplatz ohne Bleiburg.
Quelle sind 3 Glühstrümpfe, Typ HK 300, VEB Leuchtstoffwerk Bad Liebenstein, vom Januar 1976 (nicht ganz sicher, aber auf dem Etikett findet sich eine Angabe »01/76«), die sich übereinandergelegt in einer Plastiktüte befinden. Zum Messen habe ich das Sensorende des RadiaCode zwischen die Hälften der mittig gefalteten Tüte geschoben und das Ganze mit einem kleinen Bleiklotz beschwert, damit die Tüte nicht wieder auseinander klappt. Der Sensor wurde also so ziemlich von allen Seiten »befeuert«.

Zitat von: opengeiger.de am 18. Juli 2024, 12:18Schalt mal um auf den Peak Manager, so dass man die Counts auch sieht.

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Geht schon ziemlich abwärts in den höheren Regionen :)

Zitat von: opengeiger.de am 18. Juli 2024, 12:18Kannst Du das Spektrum als gezipptes xml posten?

Siehe unten. Das Spektrum ist aber noch vor der Kalibrierung aufgezeichnet, muss also erstmal gefittet werden!

opengeiger.de

@Banev Super! Danke :hi: Die Community wirds Dir danken. Ich denke auf die genauen Energien kommts hier zunächst mal nicht an sondern mehr auf die Counts in den Peakflächen. Ich werd mir das morgen genauer anschauen.

opengeiger.de

Dank @Banev  haben wir nun ja ein schönes Radiacode Spektrum eines HK300 Thorium-Glühstrumpfes. Ich habe dieses xml-Datei des Radiacode nun mal in die neue Version von Interspec eingelesen und analysiert.

Zunächst habe ich bei Reference Photopeaks ein 100 Jahre altes Thorium als Nuklid eingetragen (nahezu im natürlichen Gleichgewicht). Dann habe ich die deutlich sichtbaren Peaks gefittet, wobei ich bei 911keV und 969keV einen Doppelpeak (Ac228) gefittet habe. Dann habe ich die Energiekompensation in Interspec gemacht. Damit sieht das Spektrum recht brauchbar aus:

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Man kann den 2614keV Peak (Tl208) dank der langen Messzeit recht gut erkennen, auch wenn der von der Zahl der Counts recht bescheiden daherkommt, was aber am kleinen Kristall des Radiacode liegt.

Nun kann man in beiden Darstellungen, Reference Photopeaks und Peak Manager die Daten als csv exportieren und mit Excel drauf herum rechnen. Das habe ich gemacht. Bei den Reference Photopeaks habe ich hier nur die der markierten Peaks gelistet und der Stärke nach (für einen idealen Detektor) sortiert:

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Das ist also die zweite Spalte ,,g/Bq/second" die im GUI ,,B.R" heißt. Das ist also die von einem idealen Detektor zu erwartende Ausbeute. Das wird nun mit der Detektor Effizienz (DRF) multipliziert und gibt ,,Yield*DRF" was die Radiacode Ausbeute ist.

Nun habe ich noch die Peak Daten gelistet, da stehen die gemessenen Counts unter den gefitteten Peakflächen drin, siehe Spalte2:

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Nun ist das Wesen der Energiekompensation, dass man den Einfluss der Detektor Effizienz wegrechnet. Danach müssten dann die aus Yield*DRF zu erwartenden Counts auch zu den Counts unter den Peakflächen passen und annähernd proportional sein. Wenn das der Fall wäre, dann könnte man eine Aktivitätsbestimmung machen. Das kann man nun prüfen in dem man die gemessenen Counts über den zu erwartenden Counts aus der DRF für die Nukliddaten darstellt. Besser ist aber, man nimmt von beidem den Logarithmus, dann ist das in der Grafik gleichmäßiger verteilt. Das kommt so raus:

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Das ergibt also so weitestgehend bei diesem Spektrum einen linearen Zusammenhang. Aus den Daten der Regressionsgeraten (das stellt den ,,Proportionalitätsfaktor" dar), kann man nun die nach dem Detektoreffizienz-Modell der Radiacode DRF zu erwartenden Counts angeben. Das sieht schließlich so aus:

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Die gemessenen gegenüber den nach der DRF zu erwartenden Counts passen also recht gut zusammen, außer vielleicht beim Peak bei 1588keV. Aber ich würde sagen, damit ist eine Energiekompensation vertrauenswürdig und man kann damit nun die gemessenen und korrigierten Counts energieunabhängig in eine Aktivität umrechnen. Das macht Interspec nun mit dem Tool ,,Activity/Shielding Fit". Allerdings wird das Modell dann offensichtlich nochmal für die markierten Peaks nachgefittet. Wie das genau geht, da schweigt sich die Doku allerdings aus darüber. Man gibt den Abstand an, in dem man gemessen hat, und die Art der Geometrie und eventuell ein Abschirm-Material. Obwohl es vermutlich nicht recht stimmt, habe ich für die Geometrie eine Punkt-Quelle in 1cm Abstand angenommen. Wenn man danach ,,perform model fit" drückt, berechnet Interspec aus den Peaks eine Aktivität von 2258kBq (das Alter von 30 Jahren hatte ich vorgegeben). Diese Art der Aktivitätsbestimmung stimmt natürlich nur dann, wenn auch die Geometrie passt. Man müsste den Glühstrumpf z.B. zunächst anzünden und dann die Asche in eine kleine Kugel komprimieren und dann aus 10cm Entfernung messen, damit die Geometrie in etwa stimmt. Wenn der Glühstrumpf noch in seiner Originalverpackung ist, dann ist die Quelle zu flächig und überragt den Detektor zu stark. Aber ganz grundsätzlich kann man nun so eine ,,grobe Hausnummer" zur Aktivität bekommen. Ich würde sagen, das ist schon recht wertvoll für alle aus der Radiacode Community.

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Was aber auch klar wird: Denken wir mal an ein schönes energiekompensiertes 70031A Zählrohr von Vacutec und dessen Energieeffizienz. Wie unterschiedlich ist da die Zählrate bei 238keV und 2614keV im Vergleich zum Radiacode? Also ich würde doch mal sagen das Geiger-Müller-Zählrohr hat noch nicht ausgedient. Aber so ein schönes Spektrum und die Nuklididentifikation wie mit dem Radiacode bekommt man mit dem GMZ nicht, das ist der Wert des Radiacode.

Deswegen also nochmal ein Appell an Radiacode: Was soll die Geheimniskrämerei? Es steht nun vom renommierten Sandia Labs eine Detector Reference Function (DRF) für den CsI-Kristall zur Verfügung, die sicherlich ordentlich vermessen ist und wo man sich bei der Modellbildung bestimmt auch Mühe gegeben hat. Wie man an obigem Th232 Beispiel sieht, passt das auch recht gut zu einem Th232 Messergebnis. Damit ist es doch möglich, das mit der DRF energiekompensierte Spektrum zu berechnen. Hier ist ein Beispiel für den HK300 Glühstrumpf aus der DDR:

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Dann könnte doch auch die Radiacode App das energiekompensierte Spektrum, das sie zur Dosisleistungsberechnung heranzieht, auch wirklich anzeigen! Das würde dann deutlich mehr Vertrauen in die Dosisleistungsanzeige schaffen, selbst wenn es eine Ungenauigkeit gibt. Dann wüsste man auch welche Peaks wie stark in den angezeigten Wert abhängig von der Messzeit eingehen. Wir wissen schließlich mittlerweile auch, dass man einer 10000Euro teuren Gamma-ODL Sonde auch eine 10% Ungenauigkeit unterstellen muss. Das wäre doch eine Verbesserung, die den bereits schon hohen Wert des Geräts nur noch weiter erhöht, ohne dass große Investments nötig wären. Derzeit sieht ein Radiacode Spectrum des HK300 Glühstrumpfs noch so aus (original von @Banev):

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Banev

#2090
Sehr ausführlich und gut aufbereitet – danke  :)

Wäre mal interessant, wie das beim RC-103G mit seinem zwar gleich großen, aber fast doppelt anderthalb Mal so dichten Kristall aussieht; vielleicht taucht dafür ja auch mal ein Modell auf ...

Edit meint: Der Dichtevergleich bezog sich auf NaI, während der RC ja einen CsI-Kristall hat.

opengeiger.de

Ich hab jetzt spaßeshalber auch mal einige ältere Spektren, die ich mit dem Radiacode RC-101 aufgenommen hatte, mit einer Erzerrung mit Hilfe der Interspec DRF angeschaut. Das krasseste Ergebnis finde ich ist ein Spektrum von 2 Päckchen Pottasche (Vitavegan 20g, 13 Stunden):

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Zuerst dachte ich da stimmt doch was nicht  :unknw: . Aber je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, warum man da zwei Peaks sieht  :o . Das ist die Folge der Compton-Streuung in einem sehr kleinen Kristall. Wie der Effekt zustande kommt, ist hier erklärt:

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Ich werde jetzt nochmals versuchen eine schönere K-40 Messung zu machen, mit Kaliumdünger in Marinellianordnung und langer Messzeit.

Aber man sieht schon deutlich, welches Problem da für eine Dosisberechnung (mit Energiekompensation) entsteht. Bei einem kleinen Kristall muss man auch die Counts unter dem Comptongebirge dem Photopeak bei einer höheren Energien zuordnen (und hoffen, dass da kein anderer Peak liegt). Also fast schon ein Fall für KI  :D !

Das Bildzitat ist aus: https://www.physlab.org/wp-content/uploads/2016/04/Gamma-1.pdf

silfox

Ich hatte am 27. April 2024, 21:17 in diesem Thread über mein Verfahren berichtet.
Ein RC103 läuft bei mir seit Ende Januar. Spektren des RC103 werden alle 10min mittels C-Programm über USB von einem RaspberryPi ausgelesen und in eine Datenbank abgelegt.
Um aus den 10min Spektren 1h bis 1d-Spektren bestimmen zu können, werden die Spektren auf eine feste Energie von 3keV pro Kanal umgerechnet (re-binned).
Die Spektren werden automatisch analysiert und es wird eine Spektrum-Analyse des originalen Spektrums, des re-binned Spektrum sowie des SVD-Spektrums (singular value deconvolution oder Hauptkomponenten-Zerlegung) durchgeführt.

In der Regel erkennt man nach einigen Stunden den K-40 Peak (obwohl der Kristall so klein ist!).
Ein typisches Spektrum ist für den 25. Mai beigefügt.

Am 29. Mai hatte ich den "Eimer" zur "Kalibrierung" eines Rikamoni noch recht nahe am RC103-Detektor platziert (Uran-Stein aus Menzenschwand).
In diesem Fall sieht man eine Reihe an Linien von Bi-214.

Die Daten für die Efficiency-Kalibrierung hatte ich (vor ein paar Jahren) einmal mit Geant4 berechnet.
Allerdings nur für NaI, CZT, LaBr3 und HPGe - leider nicht für CsI.
Ich habe als grobe Näherung die Daten des NaI angepasst und "übernommen".
Korrekt müsste man Geant4 für RC103 und RC103G anwenden - dauert aber (mit meinem Rechner) jeweils etwas mehr als 2 Wochen...

Dessen ungeachtet kann man aus meiner Sicht die klassischen Methoden der Spektrenanalyse anwenden.
Doppelpeaks habe ich nicht beobachten können.

silfox

Erklären muss ich noch, dass "chn_ref" in der Zeitreihe bedeutet, dass in dem betreffenden Spektrum die K-40-Linie bei 1461 keV detektiert und gefittet wurde. Der Wert von "chn_ref" ist der Kanal der K-40-Linie.
ADER steht für H*(10) oder ODL (Ambient Dose Equivalent Rate).

Man erkennt aus der Zeitreihe auch, dass man die Energiekalibrierung inzwischen anpassen muss.
Bislang wurden immer die gleichen Koeffizienten verwendet.
Ziel der Messung ist es zu untersuchen, wie Langzeitstabil der RC103-Detektor im Dauerbetrieb ist.

opengeiger.de

Ja, schon interessant, dass Du einen RC103 ganz einem ADER System widmest. Ist da eine professionelle Absicht dahinter oder reiner Spaß? Ich dachte die Sondengruppe des BfS hat auch mal eine Entwicklung einer LaBr3 Szintillationssonde gestartet. Was ist daraus geworden?

Ja, aber wenn ich Dein Spektrum anschaue, dann ist da einganz ähnlicher "Comptonpeak" drin. Das kommt nur nicht so krass raus in der logarithmischen Darstellung. Vergleiche es mal mit der Interspec Darstellung meiner Pottasche Messung. Bei Dir liegt der "höchste Berg" des Comptongebirges vom K40 auch mindestens auf gleicher Höhe wie der Photopeak, der bei Dir mit einer roten Linie eingefärbt ist. Wenn Du das durch die DRF dividierst, d.h. mit der Detektor Effizienz entzerrst, dann ist das ein ordentlicher "Compton-Berg". In meiner Interspec Darstellung der Pottasche-Messung ist das Flächenintegral unter dem Compton-Peak 0.005941cps (rot), der max. Peak bin hat 32 counts und unter dem K40 Peak liegen 0.007353cps (blau) und der max Peak bin hat 31counts. Wenn man das linear darstellt, dann ist der Compton Peak genauso hoch wie die Photopeak und der Photopeak hat nur ein wenig mehr Fläche. Also ich denke das muss auch so rauskommen, weil es indem kleinen Kristall kaum Mehrfach-Comptonstreuungen geben kann, während in einem großen Kristall praktisch alle Compton-Mehrfachstreuungen sich zur vollen Photopeak-Energie aufsummieren.
     

opengeiger.de

Auch ganz interessant, eigentlich kennt ja jeder das Spektrum (Cs137 in einer Spark Gap Röhre). Aber man kann auch mal genau hinschauen:
Das Original im der Radiacode App (log Scale):

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In Interspec (lin Scale), da könnte man sich fragen, wo kommt denn der rote Peak her:

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Und mit der Radiacode Detektor Effizienz entzerrt:

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Also auch nur ein Effekt der Comptonstreuung im kleinen Kristall, nur halt nicht ganz so krass wie beim Kalium, weil die Energie der Photonen etwas kleiner ist.

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Und weil es so schön ist  ;D :

Eine Mischprobe aus 10g Lu2O3 und 100g KCl Radiacode (sehr alte Version, lin Scale):

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die RadiacodeMessung in Interspec (log Scale):
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und mit der Radiacode DRF entzerrt:
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Auch hier wieder der Kalium Compton-Berg!



PS: und hier noch eine ältere Messung der Probe mit einem größeren 2.5" NaI-Kristall in Interspec (ohne Compton-Berg):

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Ja, nun bin ich mir sicher: Wenn der Radiacode RC-101 ein Kalium-Spektrum misst, dann landen nur grob die Hälfte der K40 Gamma-Quanten, die der CsI-Kristall einfängt im 1460keV Peak. Die andere Hälfte kommt als "Compton-Berg" deutlich davor zu liegen. Grund dafür ist, dass etwa die Hälfte dieser Gammas nach einer Compton-Streuung den Kristall wieder verlassen, bevor sie ihre Energie vollständig abgegeben haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß, weil eben der Kristall so klein ist. Und das erzeugt einen deutlichen "Compton-Berg" den man auch in der Radiacode App gut sichtbar machen kann, in dem man lange genug misst, bis der ganze Kalium Peak im Spektrum orange ist, und dann den Amplif. Regler ganz nach rechts schiebt. Das bewirkt dann etwas Ähnliches wie eine Entzerrung, es verstärkt nämlich die Counts bei den hohen Energien, (die niedrigen Energien werden nicht entzerrt).

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Amplif=0

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Amplif=10

Bei Radionukliden, die eine dominante Linie bei einer höheren Energie haben als das Kalium ist der Effekt noch stärker. Da kann es dann sein, dass sogar deutlich weniger Gamma-Quanten im Peak bei der erwarteten Energie rauskommen, als im Compton-Gebirge z.B. beim Tl208 (2614keV). Bei solchen Radionukliden, wo eine dominante Linie tiefer liegt als die des Kaliums, ist es anders herum (z.B. beim Cs137). Das macht eine Aktivitätsbestimmung aus den Counts unter den Peakflächen der Photopeaks z.B. mit Interspec, oder in der Radiacode App sehr schwierig, weil dann ein signifikanter Anteil der Counts außerhalb des Photopeaks liegt. Und welche Konsequenz das für die Energiekompensation hat, überschaue ich noch nicht einmal ganz. Auf jeden Fall muss man dann bei der Detektoreffizienz die Photopeak-Effizienz wohl von der Gesamteffizienz deutlich unterscheiden.

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Ich habe nun den RC-101 nach dem ,,Poor-Man's Marinelli" Prinzip kopfüber eine Dose voll Kaliumdünger gesteckt und 2 Tage und 6 Stunden gemessen. Etwa nach einem Tag war der K40-Photopeak bei 1460keV orange gefärbt. Laut Interspec liegen unter der gefitteten K40-Peakfläche 1985 counts absolut bzw. (0.01008cps über die Messzeit) und unter der gefitteten Peakfläche des Compton-Bergs, in rot gefärbt 3094 counts (bzw. 0.01571cps). Ohne Entzerrung und logarithmisch dargestellt sieht das gar nicht so auffällig aus. Aber wenn man sich das auch mal mit der Amplif. Funktion x10 anschaut, dann fällt es schon ziemlich auf. Und mit der Detektor Effizienz richtig entzerrt, sieht man die Compton-Kante schon sehr deutlich. Und da kommt der Kalidünger praktisch genauso raus wie die Pottasche:

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Mit der Klein-Nishina-Formel kann man die Lage der Kante für das Kalium-40 ausrechnen, da ergibt sich dann: 

Ec=1460keV-1460 keV / (1+2*1460 keV /511 keV) =1242.6 keV

Und das passt ganz offensichtlich recht genau. Und man sieht dabei nun auch, dass etliche Counts in den Compton-Berg fallen, wenn man das linear darstellt. Diese Counts müsste man also dem 1460keV-Peak zuschlagen, wenn man nach Berücksichtigung der Detektor Effizienz und der Geometrie nun die Aktivität aus den Counts berechnen will, auch wenn sie bei einer deutlich niedrigeren Energie liegen. Das müsste also bei der Aktivitätsrechnung der Radiacode App für Abweichungen sorgen. Nun interessiert aber die meisten Leute die Aktivität von K40 im Salat oder Bananenpüree weniger, auch wenn man den Kalium-Gehalt über das K40 auch bestimmen kann, was manchmal bei Ernährungsproblemen wichtig ist. Aber bei einer Co-60 Kontamination von Stahl oder auch beim natürlichen Th232 (wegen dem Tl208) da müsste es dann schon zu Ungenauigkeiten führen. 

silfox

Die Beobachtung ist zutreffend.
Ich will einmal kurz meine Einschätzung der Konsequenzen beschreiben.

Bei der Analyse von Gammaspektren wird in der Regel das Originalspektrum verwendet.
Man kann die Inhalte der Kanäle dieses Spektrum mit der Detektor-Effizienz korrigieren.
In der Regel nutzt man die Detektor-Effizienz allerdings nur bei der Bestimmung der Aktivität.

Nun muss man beachten, wie die Detektor-Effizienz bestimmt wurde.
Ich hatte zunächst (der Menge an Information wegen) nicht mitbekommen, dass Sandia Labs die Detektor-Effizienz experimentell bestimmt hatte.
Diese Funktion steht nun zur Verfügung.
Vermutlich wegen der Empfindlichkeit des RC103 und der Quellstärke wurde dabei ein Abstand von 10cm gewählt.
Empfohlen ist ein Abstand von 1m.
Hinzu kommt, dass bei Verwendung eines (üblichen) Eu152/Ba133-Mischpräparats die einzelnen Linien vom RC103 nicht mehr aufgelöst werden.
Zusätzlich tragen wegen der Kristallgröße und des (beschriebenen) Compton-Effekts höher-energetische Linien bei tiefer liegenden Linien bei.
Das bedeutet, dass die Unsicherheit der Detektor-Effizienz-Funktion sehr hoch ist.
Vermutlich kann man nur mit Hilfe einer Monte-Carlo-Simulation eine genauere Detektor-Effizienz-Funktion bestimmen.

Nun ist also die Ungenauigkeit der Detektor-Effizienz-Funktion sehr groß.

Was bedeutet das für eine quantitative Analyse von Gamma-Spektren des RC103.
Zunächst wird man die klassischen Methoden anwenden.
Das bedeutet, die Analyse basiert auf dem Original-Spektrum.
A) Peaks werden gesucht, die Peakfläche wird bestimmt (Gauss- und linearer Untergrund-Fit) und die Peaks werden Nukliden aus der Bibliothek zugeordnet.
B) Im nächsten Schritt wird die Aktivität der identifizierten Nuklide bestimmt.
Dazu wird im ersten Schritt die Zerfallswahrscheinlichkeit der Gamma-Linie(n) der Bibliothek entnommen.
Jetzt kommt die Detektor-Effizienz ins Spiel.
Man korrigiert die Peakfläche mit der Zerfallswahrscheinlichkeit der Gamma-Linie(n) und mit der Detektor-Effizienz.
Wurden mehrere Linien einem Nuklid zugeordnet, bildet man dann den gewichteten Mittelwert.
Zuletzt teilt man das Ergebnis durch die Messdauer.

Bei Verwendung des Original-Spektrums ist der erste Schritt (A) ist "weitgehend" unproblematisch.
Die Unsicherheit bei der Aktivitätsbestimmung (B) ist wegen der großen Unsicherheit der Detektor-Effizienz allerdings groß.

Ein Spektrum mittels Detektor-Effizienz zu manipulieren, bedeutet nicht, es zu entzerren.
Dieses Verfahren ist allerdings durchaus sinnvoll bei der Charakterisierung eines Detektors.
Es ist aber weniger sinnvoll bei der quantitativen Analyse von Gammaspektren.

Deine Beobachtung der Effekte, die auf die geringe Kristallgröße zurückzuführen sind, stellen eine wichtige Information dar.
Man kann demzufolge die Qualität der Daten, die mit einen Detektor mit geringer Energieauflösung und geringer Kristallgröße ermittelt wurden nicht mit der Qualität der Daten vergleichen, die z.B. mit einem HPGe-Detektor bestimmt wurden (allerdings wäre ein solcher direkter experimenteller Vergleich sicher interessant).

In Konsequenz muss man folglich beachten, dass die Bestimmung der Aktivität stark fehlerbehaftet ist.
Eine Nuklid-Identifikation ist (begrenzt durch die Energieauflösung etc. des RC103) dennoch möglich.

In dem Zusammenhang wäre es sicher auch interessant, das Verhalten des RC103 am oberen Ende des spezifizierten Dosisleistungsbereichs zu untersuchen. Es ist von anderen Detektortypen bekannt, dass sich die Peakformen stark verändern (Gauss) und eine Peaksuche (A) nur bedingt möglich ist.

opengeiger.de

Dann bin ich ja froh, dass ich das richtig verstanden habe! Nur ich will noch ein Schritt weiter als nur bis zur Aktivitätsbestimmung mit der Detektoreffizienz. Es gibt ja Messgeräte-Hersteller, die bauen auf der Basis eines spektral auflösenden Szintillations-Detektors sogar ein energiekompensiertes Dosisleistungs-Messgerät. Ich frage mich nun, wie könnte das funktionieren und wie genau ist das noch, wenn ich nur einen kleinen Kristall habe und mit Effekten wie der Compton-Streuung zu kämpfen habe? Nun ist der Radiacode ja so ein Gerät. Laut Hersteller kann ich das Gerät in ein Strahlungsfeld eines Gammastrahlers halten und es zeigt mit die Dosisleistung in der Einheit Sievert an. Der Anwender geht dann davon aus, dass der Anzeigewert im Rahmen der angezeigten Unsicherheit richtig ist, ob die Strahlung nun vom Co60 stammt, vom Am241 oder von der Höhen- und terrestrischen Strahlung.

Aber jetzt will ich auch mal verraten, was ich gemacht habe um zu verstehen, wie das beim Radiacode funktioniert, nachdem man ja vom Hersteller diesbezüglich nicht allzu viel gesagt bekommt. Ich habe festgestellt, dass in einem xml-Spektrum File außer den Daten zur Kalibrierung der Energie-Achse keine weiteren Daten drinstehen, vor allem keine Dosisleistungswerte, nur die Datenpunkte in counts des Spektrums pro Bin und die Messzeit. Nachdem man ein fremdes Spektrum importieren kann und dann die Dosisleistung angezeigt wird, schließe ich daraus, dass von der App allein aus den Spektrumsdaten unter Verwendung der Energieskalen-Justierung die Dosisleistung berechnet wird. Wie kann das nun gehen, wenn man das oder die Radionuklid(e) nicht kennt, die das Spektrum erzeugen?

Also ich stelle mir vor, man verwendet hier auch die Detektoreffizienz um die Counts pro Bin passend zu korrigieren, so dass die unabhängig von der Energieverzerrung durch den Detektor sind, und man so zu einer Aktivität pro Bin kommt. Dann summiert man die Aktivitäten pro Energie-Bin über alle Bins auf und dann geht man von einer Proportionalität der Gesamtaktivität zur Dosisleistung aus.  Könnte das gehen? Sicher war ich mir nicht, ob das beim Radiacode so läuft, aber es verdichten sich gewisse Indizien. Ich habe nämlich mit der obigen Erkenntnis nun künstliche Spektren erstellt, die überall Null sind und nur in einem Spektrum-Bin 10000 Counts bei einer Energie haben. Das sieht so aus, wenn man das Spektrum importiert (die Messzeit ist willkürlich) und für dieses künstliche Spektrum zeigt mein Radiacode nun eine Dosisleistung an: 

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Das Spektrum heißt A85, weil die 10000 Counts in Bin 85 stehen, sonst überall ist es 0. Denn Background von der Bleiburg im Keller habe ich mal spaßeshalber drüber gemalt. Das wichtige sind nun die 779pSv/h für 10000 Counts bei Bin 85 was bei meinem Gerät mit der justierten Energieskala 220.5keV sind. So und nun kann man das gleiche zum Beispiel für Bin 600 machen, das sind bei mir 1798.73keV. Und siehe da, da zeigt die App nun 33.2nSv/h an für 10000 Counts in einem von den 1024 Bins an, wenn alle anderen Null sind. Tja, und das kann man nun für einige Stützstellen machen, besonders da, wo man viel Änderung über der Energie vermutet und dann bekommt man das, womit die App vermutlich die Counts korrigiert. Wenn man da eine Kurve reinfittet, dann sieht das aus wie eine inverse Detektoreffizienz. Das wäre zumindest logisch, wenn es ein großer Kristall wäre.

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@silfox: Du hast nun aber mal von einer anderen Methode in einem Post vom 27.4. in diesem Thread erzählt (https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?msg=29748): ,,ADER ( H*(10) ) can be calculated from the spectrum e.g. using the so-called band-method. Using 7 isotopes, coefficients for the band method have been determined by P. Kessler et al. at PTB in 2016: https://doi.org/10.1016/j.radphyschem.2016.12.015" Das habe ich mir bisher noch nicht im Detail angeschaut, aber ich denke, das Spektrum wird dabei nur in gröbere Bänder durch Zusammenfassung mehrerer Bins eingeteilt. Ich muss das aber noch lesen.

Zurück zu meinen Erkenntnissen: Ab 85keV sieht beim RC-101 alles so aus, wie man sich das denken würde mit der ,,Entzerrung" mittels der inversen Detektoreffizienz. Bei niedrigen Energien aber sieht es etwas wirr aus. Möglicherweise verwendet Radiacode da kein Modell, sondern empirisch gewonnene Daten, denn bei ganz niedrigen Energien hat man ja auch spezielle Absorptionen durch das Gehäuse, z.B. durch das Metall-Gitter für den EMV-Schutz etc., kann das sein?  Da bin ich jedenfalls noch am Analysieren.