Strahlungsmessung auf Schrottplätzen

Begonnen von DG0MG, 26. Januar 2019, 20:43

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DG0MG

Ich war kürzlich Altmetall fortschaffen - früher hätte man gesagt, bei der "SERO-Annahmestelle": Sekundärrohstofferfassung.

An der Zufahrt befindet sich eine große LKW-Waage im Boden und die beiden links und rechts davon aufgestellten ca. 3 Meter hohen vertikalen Tafeln waren auf Grund der Herstelleraufschrift "EBERLINE" unschwer als Strahlungsdetektor zu erkennen.

Den Sekundärrohstofferfasser hab ich dann daraufhin angesprochen und wir führten ein interessantes Gespräch. Ich hatte zufällig noch einen Jachymov-Stein im Auto, den er mir aus der Hand nahm und in sein Büro ging. Kurz drauf hörte ich lautes Piepen und er kam mit dem Stein und seinem Strahlungsmessgerät zurück. Hoooh! Es war augenscheinlich was nicht ganz billiges, ein Szinti!

Das Gerät selbst war ein


Untendrunter war ein graues KG-Rohr montiert, beides war über ein Spiralkabel verbunden.
Das sah etwa so aus:



Nur war das Unterteil nicht ganz so groß und eben KG-Rohr. Vielleicht war die Sonde aus Robustheitsgründen für einen Schrottplatz ein weiteres Mal eingepackt?
Das Gerät zeigte in Cps an, auf den Betonboden gestellt und ohne den Stein etwa 75. Der (nicht sehr aktive) Stein in ca. 1,50 m Entfernung erhöhte den Wert auf etwas über 80 Cps.
Bei Überschreitung irgendeiner Warnschwelle fing das Gerät an, zu piepen.

Wir haben uns dann noch das "große", stationäre Detektionsdingens an der Waage angeschaut, im Bürogebäude stand (durch das Fenster sichtbar) ein Auswertegerät mit Monitor, auf dem die Messwerte der beiden Detektorseiten zu lesen waren und eine große grüne Schaltfläche, die "bei Bedarf" die Farbe nach rot wechselt und einen akustischen Alarm abgibt, sowie ein Protokoll druckt.

Der freundliche Mitarbeiter meinte, dass es gelegentlich schonmal vorkäme, dass das Gerät anspringt. Meistens wären es irgendwelche Rohrleitungen die aus irgendeinem Grund aktiv sind, auch einen Trinkhahn aus einem Heilbad hätte er schonmal aus einem Container gefischt. Der getriebene Aufwand wäre aber auch nötig, da sonst ganze Eisenbahnwaggonladungen von Schrott zurückgewiesen werden, wenn sich etwas Strahlendes darin befindet - die Kosten dafür möchte ja verständlicherweise keiner haben.

~ ~

Vor ca. 5 Jahren habe ich tatsächlich eine ähnliche Anlage an der Bahnzufahrt zum Schrottplatz an einem Stahlwerk in Thüringen auch schonmal gesehen - siehe Fotos.

~ ~

In dem unter https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,3.0.html verlinkten MDR-Bericht ist auch ein Großflächendetektor an einem Schrottplatz zu sehen, siehe Screenshot aus dem Film.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0MG

#1
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT


DG0MG

Die Vereinigung der Metall-Berufsgenossenschaften (VMBG) gibt eine lesenswerte Handreichung heraus, wie eine Strahlungskontrolle auf Schrottplätzen zu organisieren und durchzuführen ist:

S. 13 Geräteempfehlung:

"Nachweisempfindlichkeit für das Radionuklid Kobalt 60 (Co-60) oder Cäsium (Cs-137) von mehr als
1000 Impulsen pro Sekunde und 1 μSv/h ODL.
"

1000 ips bei 1µSv/h ist doch mal eine konkrete Hausnummer. Da dürften nur Flächenzählrohre oder Szintillationszähler in Frage kommen.
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DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 01. September 2019, 09:50
Ist schon 200 Euro billger geworden. :)

MIttlerweile nur noch 2500.-  ;)

Ich hab mal geschaut, was man denn dafür bekommt:

Die Produktseite bei ThermoFisher Scientific: https://www.thermofisher.com/order/catalog/product/4254959
dem PDF für das FHT 1388 S Messystem kann man entnehmen, dass es entweder 2 Panels mit je einem 730-Kubikzoll- oder 1500-Kubikzoll- (entsprechen 12 Liter oder 25 Liter) Plastikszintillator sind. Der Bauform nach (irgendein Stopfen in der Mitte) tippe ich eher auf die größere Variante. Bei dieser beträgt die Detektionsfläche 0,5m2. Die Empfindlichkeit beträgt 120.000 cps / µSv/h - für eine Platte! Wahnsinn! Ist nur etwas unhandlich  ;D

Wenn die Fläche des Szintillators 0,5m2 und das Volumen 25 l (25.000 cm3) beträgt, müßte der Szintillator 5 cm dick sein. Das ist schon eine ganz schöne Platte, wenn man sich das mal in Plexiglas vorstellt. Was wird daran dann für ein Detektor angeflanscht sein?
Das Szintillatormaterial keilförmig verjüngt bis auf einen einzelnen PMT? Oder mehrere?
Wie wird sowas praktisch konstruiert?

Ich bitte höflichst, auf die Antwort "Für 2.500 EUR erfährst Du es" zu verzichten  ;D
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DL3HRT

Ich habe heute mit dem Geschäftsführer einer Abbruchfirma telefoniert, der auf der Suche nach einem Geigerzähler war.

Vor kurzem gab es ein unschönes Erlebnis für seine Firma. Bei der Einfahrt auf den Schrottplatz schlugen die Detektoren an. Danach folgte das übliche Prozedere: Absperrung, Alarmierung der Feuerwehr etc.

Die Messung des Schrotts ergaben keinerlei Belastung. Es stellte sich allerdings heraus, dass beim Fahrer am Tag zuvor eine Szintigraphie durchgeführt wurde. Es stellte sich weiterhin heraus, dass der Fahrer nach der Untersuchung nicht entsprechend aufgeklärt wurde!

DG0MG

Ha - das ist ne interessante Geschichte, fast was für die Zeitung  :rofl:

Es ist die Frage, wer den Aufwand bezahlt, falls ein externer Dienstleister im Einsatz war, wie die NCC, oder die Feuerwehr irgendeine Kostennote verschickt. Dem Abbruchunternehmer selbst kann man ja nicht unbedingt Fahrlässigkeit vorwerfen, er muss sich ja nicht drum kümmern, zu was für Untersuchungen seine Mitarbeiter gehen.
Tja, und der untersuchende Arzt? "Was arbeiten Sie?" "Bagger?" "Abbruch?" "Okay, alles klar." Der nächste bitte.

Wäre er z.B. Kindergärtner, würde das nach der Untersuchung (zu Recht) vermutlich anders laufen.
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DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 24. Februar 2020, 11:59
Geschäftsführer einer Abbruchfirma telefoniert, der auf der Suche nach einem Geigerzähler

Gute Frage: Welchen würde man denn in so einem Fall empfehlen?

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NoLi

Kommt auf seine Bereitschaft an, wieviel Knete dafür locker zu machen.

Gruß
Norbert

SAL-87

Etwas mit einer möglichst großen und empfindlichen  Detektoroberfläche, das auch Alpha- und Betastrahlung registriert.
Da er vermutlich nur wissen möchte, ob kontaminiert oder ob nicht, reicht ja auch schon etwas gebrauchtes ohne gültige Kalibrierung. Da tut es zum Beispiel ein gebrauchtes Gerät von Berthold, welche recht oft auf eBay angeboten werden.
Eine Alternative dazu wäre, sofern man basteln möchte, ein Sv500 mit einer SBT-10A Sonde.
Oder, falls Geld keine Rolle spielt und er ein Neugeräte möchte, z.B. ein 6150AD6/E mit einer 6150AD-k.

Grus
Marcel

DG0MG

Zitat von: SAL-87 am 25. Februar 2020, 16:12
Etwas mit einer möglichst großen und empfindlichen  Detektoroberfläche, das auch Alpha- und Betastrahlung registriert.

Wir wissen jetzt nicht ganz genau, was seine Intention war, aber er wird ja zukünftig kaum seine Mitarbeiter allmorgendlich auf Strahlung prüfen wollen, obwohl das sicher der Auslöser der Frage war. Bleiben wir also mal allgemein in Richtung Schrottplatz oder Abbruchunternehmen. Beide Berufsgruppen möcht' ich nicht mit einem Flächenzählrohr mit dünner Folie hantieren lassen ..
Bleibt also nur ein etwas robusterer reiner Gamma-Detektor.

Zitat von: NoLi am 25. Februar 2020, 15:31
Kommt auf seine Bereitschaft an, wieviel Knete dafür locker zu machen.

Ja, das ist klar. Er wird ja offenbar von niemand gezwungen, soetwas zu haben, also wird die Bereitschaft, zu löhnen, geringer ausfallen. Lassen wir den Gedanken also mal beiseite, sonst landen wir gleich beim BR-6  ;D

Die BG der Schrottsammler 8) möchte 1000 Ips bei 1 μSv/h (siehe Antwort #3 oben).
Ich denke, damit ist ein Handgerät gemeint, da die Portalanlagen erheblich höhere Werte liefern.

Ich hab mich (als potentieller Kunde) auf der Webseite von Thermofisher umgeschaut, um vielleicht erstmal das im Eingangspost beschriebene Instrumentarium zu finden - unabhängig von den Kosten. Aber das ist schrecklich, ich werd' aus der Seite nicht schlau. Mal Englisch, mal deutsch, mal Röntgen, mal Sievert, lange Reihen von Zahlen in den technischen Daten - da ist mir die schlichte, informative Automess-Webseite erheblich sympathischer.

Aber, um bei FAG/Thermofisher zu bleiben:
Es gibt offenbar die Gamma-Szintillationssonden FHZ502, FHZ503, FHZ512, jede wieder in unterschiedlichen Ausführungen.

Hier: https://jrtassociates.com/fhz512scintillationprobe.aspx ist dann auch mal der geforderte Wert zu lesen, wir brauchen also (mindestens) die Sonde FHZ512BGO, um die 1000 ips bei 1 µSv/h zu bekommen. Die wiederum finde ich aber auf der Thermofisher-Seite wieder nicht, es ist ein Graus.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Man sollte den Ursprung dieses Anliegens, der Anschaffung eines Geigerzählers, nicht aus dem Auge verlieren: es handelt sich um den Geschäftsführer eines ABBRUCHUNTERNEHMENS, der sich an seinen Abbruchobjekten (und Mitarbeitern?) einen radiologischen Überblick verschaffen möchte.
Hierfür reicht ein einfaches, robustes und leicht zu bedienendes Strahlenmessgerät aus, z.B. der Gamma-Scout oder der PCE-RAM 10 mit ihren eingebauten Blendenmechaniken zur Alpha-, Beta-, Gamma-Strahlenunterscheidung. Sicherlich gibt es andere Geräte in einer viel besseren Ausstattung, man sollte aber immer den Einsatzzweck (Abbruch und Entsorgung) und den möglichen Bediener im Auge behalten. Je einfacher, desto besser.
Warum dafür auch nicht ein chinesisches BR-6 (Beta-/Gammastrahlung) oder BR-9B (überwiegend nur Gammastrahlung) für um die 60 €  verwenden, wenn man auf die Strahlenartenunterscheidung verzichten kann oder möchte? Portalmessanlagen auf dem Schrottplatz sind eh nur gammaempfindlich!



Wenn eine Einfahrtmessanlage an einer Recyclinganlage oder Schrottplatz Alarm auslöst, ist dessen Betreiber verpflichtet, unverzüglich die zuständige Aufsichtsbehörde (oder Polizei/Feuerwehr) zu benachrichtigen! Diese wird dann alle weiteren Messungen durch Fachbehörden mit entsprechender Messausstattung und Personal veranlasssen.

Was die diesbezüglichen BG-Empfehlungen der Schrottentsorger angeht, möchten die, so empfindlich wie möglich messend, möglichst jedes radioaktive Teilchen auf den Betriebsgeländen ausschliessen. Einmal vom Anlieferer abgeladen, muß der Annehmer alle weiteren Kosten für die Sicherstellung und sachgerechte Entsorgung tragen! Die entsprechenden Messgerätehersteller haben dem Rechnung getragen, aufwändige und schrottplatztaugliche Sonden (Stichwort gepolstertes Kunststoff-Abwasserrohr als mechanischer Schutz) und Geräte entwickelt und beraten BG und Betreiber auf entsprechenden Kongressen...

Was die Transparenz der Internetseiten von Thermofisher angeht, liegt überwiegend daran, dass diese vom Mutterhaus in den USA gepflegt werden. Probiers auch mal unter Thermo Scientific, Erlangen.

Gruß
Norbert

DL3HRT

Er hatte sich konkret für den FH40F2M interessiert, den ich auf Ebay-Kleinanzeigen angeboten habe. Der misst zwar nur Gamma ist aber für einen solchen Einsatz schön robust. Also nicht unbedingt eine falsche Wahl.

SAL-87

ZitatBeide Berufsgruppen möcht' ich nicht mit einem Flächenzählrohr mit dünner Folie hantieren lassen ..

Das ist natürlich ein Argument  ;D

Ich bin eher davon ausgegangen, dass der Chef nur
den schon vom Schutt getrennten Metallschrott kontrollieren möchte, bevor dieser auf den Schrottplatz gefahren wird.
Da dieser dabei vermutlich nicht geordnet nebeneinander liegen wird, ging meine Tendenz zu einer großflächigen und empfindlichen Sonde.
Aber du hast natürlich Recht, dass man so etwas nicht jedem Mitarbeiter und die Hand drücken kann  ;D


Passend zum Thema habe ich letztens eine Reportage gesehen, in der es vorrangig um Erdgasförderung in der ehemaligen DDR ging.
Ein Privatmann hatte sich günstig alte Rohre gekauft, welche damals zum Bohren und Fördern von Erdgas verwendet wurden. Diese wurden von ihm als Zaunpfähle verwendet. Irgendwann lies er die Rohre dann mit einem Geigerzähler kontrollieren und wollte sie danach auf einem Schrottplatz loswerden. Natürlich schlug das Gerät auf dem Schrottplatz Alarm und er wurde von dem Betreiber samt den Rohren wieder nach Hause geschickt. Er solle sie doch am besten irgendwo vergraben.
Auf eine Anfrage bei der Stadt hin wurde er an eine Firma verwiesen, die sich anscheinend mit der Entsorgung von solchen Gegenständen beschäftigt.