Waldpilze aus dem Bayrischen Wald

Begonnen von Butterfly, 26. November 2020, 19:29

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Butterfly

Hallo,

dank eines anderen Foristen (DL3HRT) der mich auf diese Pilze aufmerksam machte, habe ich mir 50g Waldpilze aus dem Bayrischen Wald bestellt.

Im Gammaspektrometer kann man deutlich Cäsium 137 erkennen, wie man auch im Vergleich zu meinem Trinitit sieht.
Von 6 cps Hintergrund wird mit den Pilzen ca. 10 cps. gemessen. Leider konnte ich die Tüte nicht komplett in meiner Bleiburg verstauen so dass nur ein Teil vor dem Detektor war.

Kann man diese 4 cps irgendwie hochrechnen auf Bq/kg? Und vor allem, würdet ihr den Inhalt essen? :o

NoLi

Zitat von: Butterfly am 26. November 2020, 19:29
Kann man diese 4 cps irgendwie hochrechnen auf Bq/kg? Und vor allem, würdet ihr den Inhalt essen? :o

Probenvolumen?
Messgeometrie?
Probendichte?
Pilzgewicht (feucht oder nass)?
Kalibrierung in Messgeometrie und Probendichte, Efficiency Cs-137?

Wenn alles bekannt, dann kann man eine quantitative Aussage treffen.

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: Butterfly am 26. November 2020, 19:29


Kann man diese 4 cps irgendwie hochrechnen auf Bq/kg? Und vor allem, würdet ihr den Inhalt essen? :o

Das ist ziemlich schwierig, wegen der Messgeometrie, leider.
Normalerweise nimmt man zum Kalibrieren einen Strahler ähnlicher Dichte und Zusammensetzung, dem man eine genau definierte Menge des Radionuklids untermischt, das man nachweisen möchte. Und mit dem kalibriert man dann seinen Detektor. Labors machen für so was bei Ringversuchen mit, um sicher zu sein, dass ihr Kalibrierung stimmt.

Du könntest Dich höchstens auf eine bestimmte Geometrie festlegen, dh. Du kaufst Dir einen Marinellibecher für Deinen Detektor (oder, wenn Du es weniger effizient haben möchtest, nimmst Du eine Apothekerdose oder ähnliches. Die muss immer die selbe Position haben und gleich gefüllt werden).

Danach schickst Du Deine Pilze an ein Labor und lässt ihre Aktivität bestimmen (und sie Dir wieder zurückschicken. Das machen viele Labors aber nicht, also vorher fragen). Mit diesen Pilzen und Deiner festgelegten Geometrie kannst Du dann Deinen eigenen Detektor für Pilze kalibrieren und künftig Pilze oder ähnliches Material selber quantitativ bestimmen.


Essen würd ich sie danach natürlich nicht mehr. Und davor auch nicht. Wäre ja schade um den schönen Kalibrierstrahler. Da ess ich doch lieber Pilze, die man in jedem Supermarkt nachkaufen kann. Schmecken wahrscheinlich auch nicht viel anders als die aus Bayern...  :P

Henri

Oh. Norbert war eine Minute schneller  :o

NoLi

Zitat von: Henri am 26. November 2020, 21:49
Oh. Norbert war eine Minute schneller  :o

Tja... :P

Als Ersatz für eine Laboranalyse kann man zum Kalibrieren auch diesen Strahler verwenden:

https://www.leybold-shop.de/physik/physik-geraete/atom-und-kernphysik/radioaktivitaet/praeparate/cs-137-kalibrierpraeparat-5-kbq-559885.html

Leere Marinelli-Becher in gleicher Geometrie besorgen, wiegen, frische Pilze pürieren, die Pampe in einen Becher geben, wieder wiegen, dann messen, Ergebnis mit Nettogewicht und Kalibrierergebnis verrechnen.

Danach Mahlzeit !?! Vielleicht als Pilzsuppe noch verwendbar...


Alternative: Pilze schmackhaft zubereiten und genießen, danach als Proband zu einem Body-Counter, z.B. hier:

https://www.sum.kit.edu/downloads/BodyCounterMessung.pdf
https://www.sum.kit.edu/downloads/Ganzk%C3%B6rperz%C3%A4hler%20allgemein_M%C3%A4rz%202020.pdf
https://www.sum.kit.edu/572.php

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: NoLi am 26. November 2020, 21:59

Als Ersatz für eine Laboranalyse kann man zum Kalibrieren auch diesen Strahler verwenden:

https://www.leybold-shop.de/physik/physik-geraete/atom-und-kernphysik/radioaktivitaet/praeparate/cs-137-kalibrierpraeparat-5-kbq-559885.html


Ich will ja nichts sagen, aber ich glaube, die Laboranalyse ist billiger   :bad:

NoLi

Zitat von: Henri am 26. November 2020, 22:11
Ich will ja nichts sagen, aber ich glaube, die Laboranalyse ist billiger   :bad:

Stimmt:  https://www.sum.kit.edu/downloads/111_Preisliste_RL.pdf

Auf Dauer(messungen) rentiert sich der Strahler irgendwann...vielleicht auch als ein "Geschäftsmodell für Private"?

Norbert

Peter-1

Hallo Butterly,

wenn oben rechts nicht auch noch max eingeschaltet ist, kann man die Spektren in der Größe nicht vergleichen.

Mal eine Frage an die Runde:
Könnte man nicht einen Ringversuch starten?
Kostet jeden das Porto und vielleicht hat jemand die Möglichkeit dann in gewissen Grenzen auch die Aktivität zu messen.
Z.B. Uranglas , Uranlynitrat , Thoriumnitrat  - nur ein Gedankenspiel. :unknw:
Es ist ja niemand gezwungen  :)
Gruß  Peter

NoLi

#8
Zitat von: Peter-1 am 26. November 2020, 23:13
Könnte man nicht einen Ringversuch starten?

Hat einer von euch noch Gras, oder kennt jemanden, der noch Gras hat? :i-m_so_happy:

Nein, nix zum rauchen, sondern vom ersten Grasschnitt Frühjahr 1986, bevorzugt aus Bayern, noch bevorzugter aus dem Allgäu und Südbayern oder dem Landkreis Augsburg. In diesen Gebieten war der Fallout 1986 durch gewittrige Regenfälle besonders stark.
Professor Philipsborn von der Uni Regensburg führte damals mit seinem Labor u.a. Heumessungen durch, bekam dazu jede Menge Proben und lagerte dies säckeweise ein. Im Oktober 2011 verteilte er aus diesem Fundus kostenlos einen kleinen Teil als zertifizierte Graspellets mit schönem Cs-137 Gehalt als Kalibrierstrahler für Ringversuche:
https://www.uni-regensburg.de/physik/philipsborn/radiometrisches-seminar-und-labor/index.html
https://www.uni-regensburg.de/pressearchiv/pressemitteilung/231489.html
http://www.opengeiger.de/Graspellets.pdf
Vielleicht haben die noch von den Kalibrierproben und/oder Graspellets was übrig...

Siehe auch hier (primär für Schülerexperimente entwickelt):
https://www.radioaktivitaet-zum-anfassen.com/philion-versuche/inhalt-philion-koffer/
("Proben zwischen Klebfolie in Pappdiskette")

Gruß
Norbert

Butterfly

Ja, dachte ich mir schon dass sich damit keine amtliche Aussage machen lässt...
Dennoch bin ich erstaunt auch mit einem "Amateurgerät" solch geringe Mengen an Aktivität nachweisen zu können...

Das mit dem Prüfstrahler bzw. der Laboranalyse ist zu teuer, zumal ich kein Pilzsammler bin der dann jede Saison davon profitieren könnte...
Ich denke auch das Leybold den Strahler trotz Freigrenze nicht an Privatpersonen versendet. Ich habe Ende der 80-er mal versucht bei Phywe
eine Uranglasplatte mit 555 Bq zu kaufen; es kam dann ein Brief "Leider dürfen wir die Uranglasplatte nicht an private Abnehmer abgeben..."

Gruß Hape

PS: an Peter-1: Ich hätte Interesse an so einer Reihenuntersuchung!

Peter-1

Hallo,
wäre ein Teststrahler mit Thorium ~ 2 kBq geeignet? Das wären Z.B. 500mg Thoriumnitrat. Das Spektrum geht bis 2614 keV. Ist also weit unter der Freigrenze.
Die Frage: welche Geometrie müßte die Probe haben?
Oder was bringt eine Uranglasplatte ( Schott VG3 ) von 4 x 4 cm? Spektrum wie im Bild.
Gruß  Peter

NoLi

Hallo Peter.

Ein solcher Thorium-Strahler, mindestens 50 Jahre alt und gasdicht gekapselt, wäre dazu geeignet (Achtung: die Thorium-Freigrenze läge hier bei 1 kBq = 246 mg!).

Die Gesamtaktivität eines solchen Strahler muß sich im Aktivitätsgleichgewicht mit den radioaktiven Folgeprodukten befinden, bei Thorium-232 insbesondere mit dem Radium-228 (Halbwertszeit 6,7 Jahre) und Thorium-228 (Halbwertszeit 1,9 Jahre). Ein Aktivitätsgleichgewicht der weiteren, kurzlebigen Folgeprodukte stellt sich bei Strahlereinschluß, z.B. eines ~ 50 Jahre alten Glühstrumpfes in eine KAUTEX-Flasche, nach ca. einem Monat ein. Aber auch hier gilt: Freigrenze für das Th-232 = 1 kBq = 246 mg wegen der Folgeprodukte.

So eine Überprüfung ist nur zum Gütevergleich der benutzten Messanordnungen geeignet, NICHT aber zur Kalibrierung von z.B.  Lebensmittelproben auf Cs-137!

Gruß
Norbert


Peter-1

Hallo Norbert,

es war ein Gedanke, aber das ist dann aus den unterschiedlichsten Gründen doch nicht machbar. Wie beurteilst Du dieses Spektrum von der Thoriumverbindung?
Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 28. November 2020, 14:26
Hallo Norbert,
es war ein Gedanke, aber das ist dann aus den unterschiedlichsten Gründen doch nicht machbar. Wie beurteilst Du dieses Spektrum von der Thoriumverbindung?

Da ich praktisch schon viele Jahre keine Spektren mehr aufgenommen habe, kann ich leider dazu nichts sagen, zumal meine Erfahrungen damit mit HPGe-Detektoren liegt. Auch liegt mir kein Thorium-Spektrum mit dem Identifinder (LaBr3) vor. Deine Peakbreite ist schon recht hoch (wenn man HPGe gewohnt ist ;D), sieht aber für einen NaJ-Detektor nach meinen Erinnerungen recht plausibel aus. Apropos Erinnerung: ich könnte dies ja mal dem Identifinder (NaJ) aus unserem Fwhr-CBRN-Erkunder ausprobieren...Problem ist dann nur die Display-Auflösung...).

Um Proben quantitativ auszuwerten, muß man neben der Energiekalibrierung auch unbedingt eine Efficiency-, also Intensitäts- bzw. Wirkungsgradkalibrierung  durchführen. Und dies ist ohne zertifizierte Kalibrierstrahler unterschiedlicher Nuklide (also bekannten Gamma-Energien) und deren genauen Aktivitäten (halbwertszeitkorrigiert auf den Zeitpunkt der Messung) leider nicht möglich.
Einige hochwertige Spektrometrieprogramme, für etliche Tausend Euros, erlauben allerdings anerkannte "Monte-Carlo"-Simulationskalibrierungen (= mathematische Kalibrierungen) für die quantitative gammaspektrometrische Probenanalyse. Dies ist aber ein Feld, in dem ich keinerlei Erfahrung habe.

Gruß
Norbert

Peter-1

Hallo Norbert,

mit Cs137 bei 661keV liegt meine HWB zwischen 7,5 und 8%. Das ist für ein NaI mit 2" relativ normal. Das Thoriumspektrum liegt auch als Tabelle im Theremino-Programm vor. Könnte ich dir also per PN schicken.
Gruß  Peter