"Radioaktive" Personen im täglichen Leben

Begonnen von miles_teg, 23. November 2020, 15:56

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DG0MG

Die Deutsche Apotheker-Zeitung berichtet von einer Technetium-Knappheit im November (also schon vorbei):

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/11/15/technische-probleme-an-forschungsreaktor-technetium-soll-knapp-werden

Bemerkenswert finde ich diesen Satz:
"Allein in Deutschland sollen wöchentlich etwa 60.000 Untersuchungen mit Tc-99m stattfinden,"

60.000 in der Woche? Allein mit Tc-99m? Das erscheint mir etwas SEHR viel. Da hätte man in 25 Jahren die ganze BRD-Bevölkerung untersucht und man müsste doch viel häufiger strahlende Personen treffen .. ? Oder?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am 09. Dezember 2022, 12:59...
Bemerkenswert finde ich diesen Satz:
"Allein in Deutschland sollen wöchentlich etwa 60.000 Untersuchungen mit Tc-99m stattfinden,"

60.000 in der Woche? Allein mit Tc-99m? Das erscheint mir etwas SEHR viel. Da hätte man in 25 Jahren die ganze BRD-Bevölkerung untersucht und man müsste doch viel häufiger strahlende Personen treffen .. ? Oder?

Hier eine Meldung der Technischen Universität München TUM (Betreiber Forschungsreaktor FRM-2 München) vom August diesen Jahres:

https://www.frm2.tum.de/frm2/aktuelles-medien/article/genehmigung-der-bestrahlungsanlage-zur-produktion-von-molybdaen-99/

Zitat:  "Weltweit werden jährlich mehr als 30 Millionen medizinische Untersuchungen mit der radioaktiven Substanz Technetium-99m zur Diagnose von Tumoren durchgeführt. Einen großen Anteil - etwa drei Millionen Untersuchungen - daran hat Deutschland."

Norbert


miles_teg

Momentan gibt es einige Probleme mit Nukliden. Lutetium-177 scheint z.B. knapp zu sein, so wie mir gesagt wurde hat das wohl auch was mit dem Problem im Osten zu tun...

Katatonia

Mittlerweile sind es exakt 22 Jahre her dass ich wegen eines bösartigen Schilddrüsenkarzinoms mehrfach Strahlung ausgesetzt war. Wenn ich mich recht erinnere,
dann habe ich um die vier MIBG-Szintigrafien und eine postoperative Strahlenbehandlung über mich ergehen lassen.

Nach jeder Injektion zur Sz hieß es ich solle mich während mehreren Stunden von schwangeren Frauen fernhalten  ;D
Nicht meine zwei OPs, sondern die fast zweiwöchige Isolation zur Strahlenbehandlung war für mich das Schlimmste.

Interessehalber werde ich mal versuchen nachträglich Einblick in meine Krankenakte zu bekommen um die gesamte Strahlendosis zu errechnen . . .

Henri

Zitat von: Katatonia am 10. Dezember 2022, 15:32Mittlerweile sind es exakt 22 Jahre her dass ich wegen eines bösartigen Schilddrüsenkarzinoms

Tja, man denkt, die wahnsinnig hohe Strahlendosis, der man bei der Therapie ausgesetzt ist, wird einen umbringen. Tatsächlich rettet sie einem das Leben, wenn sie mit Sachverstand angewandt wird.

Es gibt neben der "Blauen Schrift" noch eine  "Braune Schrift", in der sehr schön dargestellt wird, wie hoch die natürliche Umgebungsstrahlung ist, und wie viel Treffer das letztendlich pro Körperzelle bedeutet und wie die zelleigenen Reparaturmechanismen ausgelegt sind. Wenn man das verinnerlicht hat, bekommt man einen ganz anderen Blick auf die Verhältnismäßigkeiten auch bei höheren Dosen.

Viele Grüße!

Henri

Katatonia

Zitat von: Henri am 10. Dezember 2022, 19:06
Zitat von: Katatonia am 10. Dezember 2022, 15:32Mittlerweile sind es exakt 22 Jahre her dass ich wegen eines bösartigen Schilddrüsenkarzinoms
Tja, man denkt, die wahnsinnig hohe Strahlendosis, der man bei der Therapie ausgesetzt ist, wird einen umbringen. Tatsächlich rettet sie einem das Leben, wenn sie mit Sachverstand angewandt wird.

Stimmt Henri :yes: .

Ich kann mich noch genau daran erinnern als mir gezeigt wurde wie sich während den drei postoperativen Szintigrafien das restlich befallene Gewebe durch die Strahlenbehandlung zurückgebildet hatte.

Damals hatte ich mir eine süße Krankenschwester an Land gezogen. Zwei Jahre später waren wir ein Paar.
Das muss an meiner derzeitigen Ausstrahlung gelegen haben.  :sun_bespectacled:

LG,

Michael


kater

Ich habe heute jemanden aus der Familie bei einer Knochenszintigraphie begleitet. Nicht ganz von Anfang an – als ich dazu kam, hatte die Person den Marker schon eine Zeitlang intus und wartete auf die Aufnahme. Danach habe ich sie noch zum Arztgespräch begleitet und dann nach Hause gebracht. Gut, dass ich den RadiaCode-102 dabei hatte. :) Der hat jetzt quasi seinen Stresstest hinter sich, maximal 336 kcpm bzw. 14,6 µSv/h. Da haben wir nebeneinander gesessen und gewartet. Es waren noch mehrmals vergleichbare Aktivitäten/DL messbar.

Mich hat erstaunt, dass es keinerlei Einschränkungen für die Wartezeit oder auch die nächsten Stunden/Tage gibt. Man konnte/kann also in den Garten des Krankenhauses oder auch sonstwohin gehen und sich mit beliebigen Personen (Schwangeren, Kleinkindern, ...) treffen.

Übrigens entsprechen die 600 MBq, die bei einer Knochenszintigraphie üblich sind, wohl 3 ng (Nanogramm!) Tc-99m, wenn ich richtig rechne. Bitte korrigieren, wenn nicht...

NoLi

Zitat von: kater am 25. Juli 2023, 15:06...
Mich hat erstaunt, dass es keinerlei Einschränkungen für die Wartezeit oder auch die nächsten Stunden/Tage gibt. Man konnte/kann also in den Garten des Krankenhauses oder auch sonstwohin gehen und sich mit beliebigen Personen (Schwangeren, Kleinkindern, ...) treffen.
...
Tja, wie man mir in Seminaren schon ein paarmal sagte, brauche man sich bei diesen Anwendungen keine Sorgen machen, denn es sei ja "die gute, heilende Radioaktivität". Die gleichen Radioaktivitätsmengen in Technikanwendungen müsse aber abgelehnt werden, weil sie zu gefährlich sei und Mensch und Umwelt gefährde... :dash2:

Norbert

opengeiger.de

Aber eins muss man natürlich bedenken, wenn der Doktor seinen Patienten zur Knochenszintigraphie schickt, dann hat er schon nen relativ starken Verdacht, der meist das zusätzliche Risiko auch rechtfertigt...

kater

Zitat von: opengeiger.de am 25. Juli 2023, 17:45Aber eins muss man natürlich bedenken, wenn der Doktor seinen Patienten zur Knochenszintigraphie schickt, dann hat er schon nen relativ starken Verdacht, der meist das zusätzliche Risiko auch rechtfertigt...

Das gilt dann aber nur für den Patienten selbst, nicht für die Personen drumherum... Wobei natürlich der Patient eine ungleich höhere Dosis abbekommt als jemand im Umfeld.

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 25. Juli 2023, 17:45Aber eins muss man natürlich bedenken, wenn der Doktor seinen Patienten zur Knochenszintigraphie schickt, dann hat er schon nen relativ starken Verdacht, der meist das zusätzliche Risiko auch rechtfertigt...
Und man muß immer die daraus resultierende Dosis für in der Nähe des Patienten befindliche Personen berücksichtigen. Diese zusätzlichen Bruchteile von mSv können durchaus vernachläässigt werden. Aus Erfahrung (Ärztestrahlenschutzkurse) denken Ärzte beim Strahlenschutz meist nur im mSv- und MBq-Bereich.

Norbert

kater

Für das Krankenhauspersonal in der Nuklearmedizinabteilung scheint das aber insgesamt kein nennenswertes Risiko zu sein, obwohl die doch jeden Tag einige Minuten in unmittelbarer Nähe zu strahlenden Patienten verbringen...?

Wenn ich meine gemessene DL von knapp 15 µSv/h nehme und dann 10 min am Tag an 250 Arbeitstagen pro Jahr rechne, komme ich auf 625 µSv. Ok, das erscheint akzeptabel – wobei das jetzt extrem π * Daumen geschätzt ist. Zulässig sind 20 mSv, da ist also noch ein Faktor von > 30 dazwischen. Bitte Korrektur/Ergänzung wo nötig.

NoLi

#42
Zitat von: kater am 25. Juli 2023, 19:25Für das Krankenhauspersonal in der Nuklearmedizinabteilung scheint das aber insgesamt kein nennenswertes Risiko zu sein, obwohl die doch jeden Tag einige Minuten in unmittelbarer Nähe zu strahlenden Patienten verbringen...?
...
Genau. Und da dieses Personal im Umgang mit radioaktiven Soffen und Patienten geschult ist, können sie ein mögliches Risiko gut einschätzen.

Zitat von: kater am 25. Juli 2023, 19:25...
Wenn ich meine gemessene DL von knapp 15 µSv/h nehme und dann 10 min am Tag an 250 Arbeitstagen pro Jahr rechne, komme ich auf 625 µSv. Ok, das erscheint akzeptabel – wobei das jetzt extrem π * Daumen geschätzt ist. Zulässig sind 20 mSv, da ist also noch ein Faktor von > 30 dazwischen. Bitte Korrektur/Ergänzung wo nötig.
625 µSv/Jahr...dies sind etwa 25% der jährlichen mittleren natürlichen Strahlenexposition durch Mutter Natur.

Norbert

Kermit

Zitat von: kater am 25. Juli 2023, 15:06Mich hat erstaunt, dass es keinerlei Einschränkungen für die Wartezeit oder auch die nächsten Stunden/Tage gibt.

Natürlich wird der Patient entsprechend aufgeklärt,und Verhaltenshinweise gegeben (er unterschreibt dies auch..), leider hört er aber in den meißten Fällen nicht zu...Es ist schon schwierig, dem Patienten die Wartezeit von der Injektion bis zur Untersuchung - die teilweise mehrere Stunden beträgt - plausibel zu machen.

Das kann man auch gut nachvollziehen, den der Patient ist keineswegs zum Spaß in der Klinik, sondern es sollen mit der Diagnostik Informationen gewonnen werden, die durchaus sein weiteres Leben beeinflussen und mögliche Therapieoptionen aufgezeigt werden.

Einfach ausgedrückt, es geht hier in den allermeisten Fällen um erkrankte Personen, die teilweise schon eine sehr lange Leidensgeschichte haben.

Zitat von: NoLi am 25. Juli 2023, 21:23Genau. Und da dieses Personal im Umgang mit radioaktiven Soffen und Patienten geschult ist, können sie ein mögliches Risiko gut einschätzen.

Ganz genau, ausserdem ist der Patient in den seltensten Fällen eine Punktquelle.

Weiterhin haben die verwendeten diagnostischen Tracer kurze physikalische und noch kürzere biologische Halbwertszeiten.

Und im Allgemeinen geht die Medizin davon aus, das Urin und Stuhl verworfen wird und nicht zu "Messzwecken" gesammelt wird  ;)

DG0MG

Ein Funkamateur (DF2OK) demonstriert seine Radioktivität nach einer Szintigrafie:

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!