Röntgen-Gamma-Dosimeter 27091

Begonnen von Cs137, 15. Januar 2019, 17:30

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Cs137

Das Röntgen-Gamma Dosimeter 27091 arbeitet mit einer offenen 600 cm³ grossen Ionisationskammer als Detektor. [Größe korrigiert, s.u. - DG0MG]
Im Jahr 1992 wurde das Gerät unter 23.01/92.02 von der PTB zur Eichung zugelassen.
Wobei hier gesagt werden muss dass das vorliegende Model aus dem Jahr 2008 nach wie vor der Messgrösse HX für die Photonen-Äquivalentdosis entspricht.
Folglich ist eine aktuelle Eichung nicht möglich.
Der deutsche Hersteller gibt jedoch einen kleinen Überblick zu den Möglichkeiten einer Umrechnung in aktuelle Messgrössen. Wichtig hierfür sind bekannte Energien im Strahlungsfeld. Eine sinnvolle Anwendung ist ab einer Ortsdosisleistung von 3 mikro Sievert pro Stunde bis 2 Sievert pro Stunde möglich.   


Verwendungszweck ,Vor und Nachteile.

Hier möchte ich dazu sagen das ich meine persönliche Meinung zur besonderen Eignung der Gerätes einbringe.
Auf den ersten Blick fällt die gewaltige Erscheinung und natürlich das hohe Gewicht des Gerätes ins Auge.Dies ist natürlich grossteils der Ionisationskammer geschuldet.
Folglich wird kein Anwender die Sonde Outdoor oder im hartem industriellen Einsatz lange tragen wollen. Auch machen sich Temperatur und Luftdruckschwankungen im Messverlauf bemerkbar und müssen durch eine Berechnung oder anhand einer Tabelle korrigiert werden. Problematisch ist ebenfalls der Einsatz bei einer rel.Luftfeuchte grösser 80 %.
Diese Nachteile begründen sich durch die bereits erwähnte offene Bauweise der Kammer. Die Ionisation findet immer in der Umgebungsluft welche in die Kammer strömt statt.
Nach jedem Einschalten muss am Gerät der elektrische Nullpunkt nach derzeitigen Bedingung neu abgeglichen werden.
Dannach benötigt die Kammer eine Einlaufzeit von 2 - 6 Minuten um Restladungen , meist auf der Innenkappe, abklingen zu lassen.
Kommt es zur Einwirkung ionisierender Strahlung fliesst bei einer Ortsdosisleistung von 1 micro Sievert pro Stunde gerade mal ein Strom von 2 femto Ampere, also 15 Nullen vor der 2 !
Ab 0,000000000000006 Ampere Stromfluss ist das Gerät in der Lage genau zu Messen. Wer also den doch sehr hohen Anschaffungspreis dieser Geräte nicht versteht bekommt jetzt vielleicht einen besseren Eindruck.
Hervorzuheben ist vorallem ein zu messender Energiebereich von 6 keV bis 15 MeV. Die Firma stellt einen Moderator zu Verfügung welcher es auch ermöglicht grösser 15 MeV korrekt zu messen.
Hierfür gibt es noch eine Blende die über die Kammer gebracht wird und auch moderierende Aufgaben erfüllt.
Der aber vielleicht entscheidende Vorteil des Gerätes ist das Vermögen gepulste Strahlung korrekt anzeigen zu können.
Eine der häufigsten Anwendungen ionisierender Strahlung ist im Bereich Röntgen zu finden. Der Strahlenimpuls dauert in der Regel nur wenige milli Sekunden und kann eine Dosisleistung von einigen Sievert pro Stunde erreichen. Meiner Meinung nach ist ausschliesslich eine Ionenkammer in der Lage dies tatsächlich auf 10 nSV Ortsdosis genau aufgelöst zu messen.

Das zugelassene Personendosimeter Thermo MK 2 sei noch erwähnt und ist mit seinen Halbleiterdetektoren ebenfalls in der Lage gepulste Strahlung zuverlässig zu messen.

   
Persönliches Fazit

Das Röntgen - Gamma Dosimeter kann bei speziellen Anwendungen überzeugen und ist in einigen Punkten ohne Konkurrenz auf dem Markt.
Die Nachfolgemodelle sind kleiner, leichter und einfacher in der Anwendung, verwenden jedoch die selbe Kammer und zeigen ähnliche technische Daten.


Ps.Die Computermaus dient als Grössenvergleich


MfG
Marcel


DL3HRT

Schöner Bericht und beeindruckend große Ionisationskammer. Ich gehe voll konform, dass der große Energiebereich bestechend ist. Zur Messung gepulster Strahlung muss der Messverstärker entsprechend schnell sein. Das ist eine große Herausforderung, da sicher ein Transimpedanzverstärker mit großem Gegenkopplungswiderstand zum Einsatz kommt.

2 fA bei 1 µSv/h sind wirklich wenig. Der Input-Bias der meisten Messverstärker liegt in dieser Größenordnung. Selbst die angegebenen 6 fA für korrekte Messung sind meiner Meinung nach wirklich die untere Grenze, da es sich auch um ein portables Gerät handelt.

Ich habe im letzten Jahr einen pA-Messverstärker für den AATiS entwickelt: siehe AS608

Der dort eingesetzte OPV ist mit typisch +/-3 fA Input Bias angegeben, garantiert wird das jedoch nicht. Ab ca. 20fA kann man damit vernünftig messen.

In Verbindung mit einer Ionisationskammer kann man schön experimentieren. Eine Vase mit aktiver Uranglasur liefert 30 fA bei einer Kammerspannung von 130 V. Ich war schon froh, dass die Kammer auf Betastrahlung reagiert. Die Alphastrahlung eines alten Sicherungsautomaten mit Radiumleuchtfarbe kommt auf über 8 pA. Den höchsten Messwert habe ich mit Radon-220 aus einem alten Glühstrumpf erreicht. Man kann im aufgezeichneten Diagramm sehr schön die kurze Halbwertszeit des Radon-220 ablesen.



Cs137

Respekt wer's selber baut  :)

Kalibrieren und Vermarkten..........

Cs137

Zitat von: DL3HRT am 15. Januar 2019, 17:56
Zur Messung gepulster Strahlung muss der Messverstärker entsprechend schnell sein. Das ist eine große Herausforderung, da sicher ein Transimpedanzverstärker mit großem Gegenkopplungswiderstand zum Einsatz kommt.



Wenn das nur schon alles wäre gäbe es weniger graue Haare und mehr Messgeräte auf dem Markt, bei diesem verteufeltem Thema  ;) ;) ;) Gerade bei Messgeräten wo der Einsatz einer Ionisationskammer praktisch unmöglich ist.

DL3HRT

Ja, ein paar "Kleinigkeiten"  gibt es da noch zu beachten...  ;)

DG0MG

Dass der Hersteller offenbar die Firma STEP (Sensortechnik und Elektronik Pockau GmbH) aus Sachsen ist, darfst Du ruhig auch erwähnen  :D

Noch bevor ich die Bilder gesehen habe, dachte ich mir das bei dieser 5stelligen Produktnummer schon. Die haben das in der DDR so gemacht und setzen das löblicherweise weiter fort. Offenbar stecken die ihre Energie weiterhin in Qualität und Funktion, anstatt in hohles Marketing - manch einer könnte sagen, man müsse doch erstmal einen dollen Namen für das Ding erfinden, ehe es sich verkauft ..
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Die Pockauer sind den anderen eben immer einen "STEP" voraus  :)

Cs137

Und ich hatte tatsächlich Angst der Beitrag wird ins deutsche Strahlenmessgeräte (BRD) verschoben.

DK9ER

Die Ionisationskammer ist wohl eher 600 mm³ groß;
600 m³ ist der Rauminhalt einer mehr als 200 m² großen Wohnung...

DG0MG

Hast Du ne Ahnung, was wir hier in Sachsen für Ionisationskammern bauen .. - Ionisationsräume! Oder -hallen!  :P
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0MG

Bei STEP kann man übrigens die deutsche Bedienungsanleitung für das Gerät herunterladen:


In der englischen Version sind erheblich mehr Grafiken zu finden:

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Mich würde interessieren, welches die optimalen Maße für eine Ionisationskammer sind. Meine Selbstbau-Kammer hat ein Volumen von 500 cm3. Der Durchmesser beträgt 7 cm und die Länge 13 cm. Ich gehe davon aus, dass sich die Länge positiv auswirkt, wenn man Betastrahlung messen möchte. Je länger die Kammer ist umso mehr Energie können die Elektronen abgeben. Für Alphastrahlung sollte die Länge keine Rolle spielen, sofern sie über der maximalen Reichweite von 4 cm liegt.

Ich habe bisher mit einer Kammerspannung von ca. 130 V gearbeitet. Das reicht bestimmt noch nicht für den Sättigungsstrom aus. Mal sehen, wie sich eine höhere Spannung auswirkt.
Im Transimpedanzverstärker habe ich bisher 1 GOhm als Gegenkopplungswiderstand. Das ergibt 1 mV/pA, was die Messung im Sub-Picoamperebereich nicht gerade erleichtert. Damit kann ich Änderungen des Stroms im Bereich von 20 fA einigermaßen sicher nachweisen. Ich werde demnächst einen 10 GOhm-Widerstand einbauen. Bei 10 mV/pA ist die Messung einfacher und es werden hoffentlich auch geringere Stromänderungen (Ziel: 5 fA) eindeutig nachweisbar. Mal sehen, was dann für neue Probleme auftreten :) .

Ich würde gerne ein noch größeres Kammervolumen ausprobieren, z. B. 1 Liter, habe aber noch keine passenden Behälter (Edelstahl mit Sieb im Deckel) gefunden.



DL3HRT

Heute Nachmittag habe ich eine Versuchsreihe durchgeführt. Die Ergebnisse stehen im angehängten PDF.

Für mich überraschend, bereits bei 1 V Kammerspannung fließt ein gut messbarer Strom! Bei 9V Kammerspannung erreicht man bereits ein Drittel des Maximalwertes. Das erklärt gut, warum viele Bastelprojekte mit einem 9 V Block für die Kammerspannung erfolgreich realisiert werden konnten.

Mein Fazit:
Eine Kammerspannung von 300 V scheint ein guter Kompromiss zu sein. Man erreicht damit 90% des Maximalstroms. Höhere Spannungen als 500 V bringen nur noch marginale Verbesserungen.

Diese Ergebnisse gelten natürlich nur für meinen Versuchsaufbau. Bei anderer Kammergeometrie kann das schon anders aussehen.

DG0MG

Zitat von: DK9ER am 13. Mai 2019, 21:12
Die Ionisationskammer ist wohl eher 600 mm³ groß;

Vielleicht sollte man da mal noch weiter drüber nachdenken .. :D
600 mm³? Das wäre ein winziger Quader von 1 cm * 1 cm * 0,6 cm!
Das kann bei *DER* Größe des Gerätes und für eine Ionisationskammer überhaupt ja schwerlich sein.

Die oben verlinkte deutsche Bedienungsanleitung gibt auf Seite 8 den richtigen Wert an:

Strahlungsdetektor offene Ionisationskammer
Volumen etwa 600 cm3
Flächenmasse etwa 35 mg/cm2, luftäquivalent


Ich hab das im Eröffnungsbeitrag mal korrigiert.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

ZitatStrahlungsdetektor offene Ionisationskammer
Volumen etwa 600 cm3
Flächenmasse etwa 35 mg/cm2, luftäquivalent
Ich habe versucht, das ganze rechnerisch für meine selbst gebaute Ionisationskammer nachzuvollziehen. Schaut bitte mal drüber, ob meine Gedankengänge korrekt sind.


       
  • Durchmesser d: 7 cm
  • Fläche A = Pi/4*d2: 38.5 cm2
  • Länge l: 13 cm
  • Volumen V = l*A: 500.5 cm3
  • Dichte Rho von Luft (Meeresspiegel bei 20°C): 0.0012 g/cm3
  • Masse der Luft in der Kammer mLuft = V*Rho: 0.6006 g
  • Flächenmasse der Luft mA = mLuft / A: 0.015 g/cm3 = 15 mg/cm3
Nicht berücksichtigt bei der Berechnung habe ich den Einfluss des Metallgitters vor der Ionisationskammer.

Da für die Step-Kammer ein Wert von 35 mg/cm2 angegeben ist, muss diese schlanker als meine Kammer sein, denn es handelt sich ebenfalls um eine offene Bauform.