Fliesen

Begonnen von DG0MG, 25. Oktober 2020, 09:30

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NoLi

Zitat von: pangeiger am 11. April 2022, 09:24
Wir haben draußen ca. 0,8 µSv/h - im Haus, das mit Feldbrandsteinen vor über 100 Jahren gebaut wurde, sind es zwischen 0,16 und 0,18 µSv/h. Auch hier mehr als das Doppelte.
:unknw: :unknw: :unknw:
Ach ja, die liebe Mathematik... ;D

Zitat von: miles_teg am 11. April 2022, 14:06
Zitat von: pangeiger am 11. April 2022, 13:02
Soweit ich weiß, beträgt die durchschnittliche Jahresdosis für Normalbürger 2 - 4 mSv, nicht 10
Nun, vielleicht bin ich da von mir ausgegangen ;-)
Hmmm, 50 mSv/a, das wäre ja das 2,5-fache der maximal erlaubten Jahreshöchstdosis einer beruflich strahlenexponierten Person der Kat.A  ...:o

Norbert

Henri

Zitat von: etalon am 11. April 2022, 18:43

ich weiß, dass Phobien nicht rational sind, und ich weiß auch, dass man da mit rationalen Argumenten in der Regel nicht weit kommt.

Also ich hatte als Kind mal eine sehr ausgeprägte Spinnenphobie entwickelt, die sich bis ins Erwachsenenalter gehalten hat. Irgendwann habe ich angefangen, die Krabbeltierchen selber rauszusetzen - schon blöd, wenn man mit ner Singlewohnung startet, wo niemand da ist, der einen retten kann. Das wurde dann mit etwas "Übung" immer unproblematischer. Und so nach und nach ist die Phobie fast verschwunden. Anfassen tue ich die immer noch nicht, aber wenn jetzt eine im Schlafzimmer in der Zimmerecke sitzt, sage ich "Hallo, ich setz Dich morgen raus, ich muss jetzt zu Bett". Und lasse sie da hängen.

Manchmal kann es auch helfen, wenn man etwas besser kennenlernt und einordnen kann. Eine Spinne kann man sehen, Radioaktivität halt nicht. Das ist ja das, wovor die Leute sich fürchten: dass da was ist, was ihnen schadet, und sie bekommen es nicht mal mit. Aber dagegen gibt es ja ein Mittel, und das ist - tataaa! - der Geigerzähler.  Ich meine, ganz ehrlich: warum läuft bei mir 24/7 zu Hause ein Gerät, das die Umgebungsstrahlung protokolliert? Warum laufe ich gerne mit angeschaltetem Radex in der Gürteltasche durch die Stadt? Das ist ja auch nichts anderes. Kann sogar sein, dass das bei mir die psychischen Spätfolgen von Tschernobyl sind. Sonst hätte ich mich da wahrscheinlich gar nicht groß mit auseinandergesetzt, sondern würde mich statt dessen für die Spektralanalyse von Fixternen interessieren und hätte zig Teleskope und Sternenkarten zu Hause. Unseren Forentitel finde ich jedenfalls extrem passend gewählt.

Also, ich denke, es ist nicht von Nachteil, sich mit der Materie zu beschäftigen, wenn man eine irrationale Sorge loswerden möchte. Denn dafür muss man halt erst mal begreifen, dass sie tatsächlich irrational ist. Und das geht nur, wenn man sich damit auseinandersetzt und Vergleichswerte schafft. Und auf einmal wird das, vor dem man vorher möglicherweise Angst hatte, vielleicht sogar faszinierend. Ich schaue mir die Spinnen, wenn ich sie mit einem Glas eingefangen habe, jedenfalls meist noch mal genau an, bevor ich sie dann der Natur zurücküberantworte  ;D

Das Problem beim "ernsthaften" Phobiker ist, dass die Phobie dann verschwindet, aber ersatzweise eine andere auftaucht, und dann geht alles von vorne los. Wenn man das abstellen möchte, was ja auch die Lebensqualität verbessert, hilft tatsächlich nur der Gang zum Psychologen.

Viele Grüße!

Henri

etalon

Zitat von: Henri am 11. April 2022, 23:02
Also, ich denke, es ist nicht von Nachteil, sich mit der Materie zu beschäftigen, wenn man eine irrationale Sorge loswerden möchte. Denn dafür muss man halt erst mal begreifen, dass sie tatsächlich irrational ist. Und das geht nur, wenn man sich damit auseinandersetzt und Vergleichswerte schafft. Und auf einmal wird das, vor dem man vorher möglicherweise Angst hatte, vielleicht sogar faszinierend. Ich schaue mir die Spinnen, wenn ich sie mit einem Glas eingefangen habe, jedenfalls meist noch mal genau an, bevor ich sie dann der Natur zurücküberantworte  ;D

Das Problem beim "ernsthaften" Phobiker ist, dass die Phobie dann verschwindet, aber ersatzweise eine andere auftaucht, und dann geht alles von vorne los. Wenn man das abstellen möchte, was ja auch die Lebensqualität verbessert, hilft tatsächlich nur der Gang zum Psychologen.

Das sehe ich grundsätzlich auch so. Es ist immer richtig, sich mit etwas zu beschäftigen. Allerdings sollte das immer, mit oder ohne Phobie, in der richtigen Reihenfolge geschehen. Und mit Phobie gilt das um so mehr. Was bringt einem Phobiker ein Messgerät, von dem er weder versteht, wie es funktioniert, noch wie die angegeben Werte einzuschätzen und zu interpretieren sind? Das leistet doch nur der Phobie Vorschub und erreicht damit genau das Gegenteil. Dann muss ich halt einfach mal mit den Grundlagen und Zusammenhängen beginnen, denn wenn ich verstehe, was da passiert, dann kann ich das auch einordnen und eine hoffentlich vernünftige Risikobewertung machen. Wobei es bei Letzterem, vor allem in Deutschland, extrem krankt und Irrationalität sich quer durch die Bevölkerung zieht (German Angst). Unabhängig davon ist aber eine Phobie ja nur das Ergebnis einer psychischen Störung. Da würde ich es als sinnvoller erachten, die Ursache zu bekämpfen, als die daraus entstehenden Symptome. Und dafür gibt es eben Fachleute, welche dabei helfen können. Ein Forum ist meines Erachtens sowohl um Grundlagen zu erlernen als auch um psychischen Rat einzuholen der falsche Ort und macht es nur noch schlimmer. Man sieht ja oft, wie viele Meinungen und ,,Wahrheiten" es in einem Forum zu verschiedenen Sachverhalten gibt. Wie soll das einer, der das alles nicht einordnen kann, filtern und sich frei von persönlichen Ansichten und Wertungen der Autoren ein Verständnis erarbeiten, welches darüber hinaus dann auch noch nicht so gewählt wird, dass es die Phobie bedient, weil das der am wenigesten unangenehme Weg ist? Wie der Patient, der so lange verschiedene Ärzte aufsucht, bis ihm einer die Diagnose stellt, die er hören möchte...

Grüße Markus

DG0MG

Hier sieht man mal, wie Fliesen einen GZ zum Kreischen bringen, wenn es sich nicht bloß um statistische Schwankungen handelt. Ich denke, der Unterschied zwischen der "alten" radioaktiven, und der ersetzten neueren, die nicht aktv ist, ist SEHR gut zu hören:

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

homer73

Ist schon ne Zeitlang her. Wollte aber abschließend noch sagen, dass mir einige Posts schon sehr geholfen haben. Dass ich meine Probleme mit professioneller Unterstützung zu lösen versuche, hatte ich ja schon geschrieben.

Gruß,
Dirk

Flipflop

Radioactive cinema Scala

teslista555


GZ-BW

Seit der Novellierung der Strahlenschutzverordnung im Jahr 2018 (in Kraft getreten am 31.12.2018) müssen Fliesen, wie fast alle anderen Baumaterialien auch, die in Aufenthaltsräumen (damit sind nicht notwendigerweise nur Innenräume gemeint; hier differenzieren die Juristen sachgerecht) verwendet werden, grundsätzlich dahingehend untersucht werden, ob sie den sogenannten Aktivitätsindex überschreiten.

Der Aktivitätsindex ist ein normiertes Maß für die Strahlung, die von einem Baustoff ausgeht bezogen auf die zulässige Jahresdosis von 1 Millisievert pro Kalenderjahr (mSv/a). Zur Berechnung des Aktivitätsindex ist die Bestimmung der spezifischen Aktivitäten der Radionuklide Radium-226, Thorium-232 oder seines Zerfallsprodukts Radium-228 und Kalium-40 in der Einheit Becquerel pro Kilogramm (Bq/kg) notwendig. (Andere möglicherweise enthaltene Radionuklide sowie Alpha- und Beta-Strahlung werden, um die Bestimmung nicht zu kompliziert zu machen, nicht miterfasst.)

Ähnliche Vorgaben gibt es in anderen EU-Ländern.

Fliesen, die nicht untersucht sind oder den Aktivitätsindex überschreiten, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden. Die betreffenden Untersuchungen führen zertifizierte Laboratorien (z.B. TÜV Süd) durch.

Es ist jedoch in der Praxis weiterhin ein Problem, dass diese gesetzliche Regelung vielen Fliesenhändlern nicht bekannt ist oder jedenfalls so getan wird, als ob diese Regelung unbekannt sei. Es fehlt einfach an Kontrollen.

Hier eine Stellungnahme der Verbraucherzentrale NRW:
https://www.verbraucherzentrale.nrw/schadstoffe/gebaeude/radioaktivitaet-in-fliesen-und-in-der-arbeitsplatte-aus-granit-62033


Floppyk

Zitat von: GZ-BW am Gestern um 12:31Seit der Novellierung der Strahlenschutzverordnung im Jahr 2018 (in Kraft getreten am 31.12.2018) müssen Fliesen, wie fast alle anderen Baumaterialien auch, die in Aufenthaltsräumen (damit sind nicht notwendigerweise nur Innenräume gemeint; hier differenzieren die Juristen sachgerecht) verwendet werden, grundsätzlich dahingehend untersucht werden, ob sie den sogenannten Aktivitätsindex überschreiten.

Es gibt hier ein Video einer Berliner U-Bahnstation nahe Alexanderplatz, der fast komplett mit den typisch orangenen uranhaltigen Keramikfliesen verkleidet ist. Den Aufwand der Sanierung hat man offenbar noch gescheut.

Gefunden. Es ist die Station Rosenthaler Platz
https://chaos.social/@gigabecquerel/109818433760462038

Das Problem ist schon länger bekannt:
https://de.wikipedia.org/wiki/U-Bahnhof_Rosenthaler_Platz


GZ-BW

Habe hier gerade Fliesen, die verlegt werden sollen (30 m2).
GQ-GMC600plus:
Hintergrund 55 cpm (average über 10 min)
Direkt auf den Platten 250 cpm (average über 10 min)
Direkt auf den Platten mit Grußkarte aus Karton zwischen Platte und GMC: 220 cpm (average über 10 min)

Nun messe ich aber mit dem GMC nur einen sehr kleinen Ausschnitt der 30 m2. Wie können wir näherungsweise berechnen (z.B. unter der Annahme, dass es sich vornehmlich um Gamma-Strahlung handelt), wie viel zusätzliche Strahlung eine Person abbekommt, die in der Mitte der gefliesten Fläche (a) liegt (direkt auf den Fliesen) oder (b) steht (direkt auf den Fliesen)? 

So nun noch einmal 23 min gemessen: Das Gerät zeigt 0.69 µSv/h an. Würdet Ihr diese Fliesen verwenden?

NoLi

Zitat von: Floppyk am Gestern um 12:56...
Es gibt hier ein Video einer Berliner U-Bahnstation nahe Alexanderplatz, der fast komplett mit den typisch orangenen uranhaltigen Keramikfliesen verkleidet ist. Den Aufwand der Sanierung hat man offenbar noch gescheut.
...
Nicht nur bei der U-Bahnstation.
In vielen deutschen (Miets)Häusern/Hauseingängen, welche zwischen den Jahren 1900 und 1920 gebaut wurden, findet man einfarbige uranhaltige Fliesen und Fliesenbestandteile (z.B. mittel- bis dunkelgrün, braun, dunkelrot, elfenbein,...): in den Wohnungen Fliesen im "Art-Deco"Stil mit Uran; und Ende der 1960er Jahre bis Ende der 1970er Jahre kamen dann noch popartfarbige Fliesen (z.B. mit knallrot und knallorange) dazu, besonders bei Fliesen "Made in Italy".

Norbert

DL3HRT

Zitat von: GZ-BW am Gestern um 13:06So nun noch einmal 23 min gemessen: Das Gerät zeigt 0.69 µSv/h an. Würdet Ihr diese Fliesen verwenden?
Hast du mit offenem Zählrohrfenster gemessen? Dann registriert das Pancake-Zählrohr auch Betastrahlung und die angezeigte Dosisleistung ist dadurch stark nach oben verfälscht. Ich würde für die Messung einen Betaabsorber (Aluplatte o.ä.) zwischen Fliese und Gerät legen und die Messung wiederholen. Man kann nicht pauschal annehmen, dass die Fliesen vorwiegend Gammastrahlung abgeben.

NoLi

#43
Zitat von: GZ-BW am Gestern um 13:06...
So nun noch einmal 23 min gemessen: Das Gerät zeigt 0.69 µSv/h an. Würdet Ihr diese Fliesen verwenden?
Der CQ GMC-600plus hat einen großen Vorteil: er benutzt das Zählrohr LND-7317, mit dem (aber nur mit diesem!!!) man "mit guter Annäherung" (Zitat aus dem Handbuch vom Thermo Scientific Radeye B-20) ohne Filter die Betadosisleistung H*(0,07) im durchschnittlichen Energiebereich 100 keV bis 800 keV (= 300 keV bis 2400 keV maximale Betaenergie) bestimmen kann. Somit ist deine Angabe von 0,69 µSv/h für die Hautdosisleistung plausibel.
Gemäß StrlSchG und StrlSchV wird die Hautdosis durch Betastrahlung auf 1 cm² bezogen...dies würde in deinem Fall eine Jahresdosis von 6,7 mSv entsprechen (vorausgesetzt, du liegst das ganze Jahr auf deinen Fliesen rum... ;D ); zulässig wären 50 mSv im Jahr.

Norbert

Floppyk

Mit meinem bescheidenen Wissen:
Für diese typisch orange-gelbe Glasurfarbe ist eine Uranbeimischung verantwortlich. Uran selbst ist ein Alpha-Strahler, für dessen Nachweis ein Fensterzählrohr nötig ist. Aber Uran gibt es nicht "allein", denn automatisch sind auch alle Zerfallsprodukte der Uranzerfallsreihe dabei, die für einen Beta- und Gammahintergrund sorgen.

Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, wie groß der Messaufwand wäre das Isotopenverhältnis zwischen U235 zu U238 zu bestimmen. Wenn gegenüber Natururan wenig U235 zu finden ist, wäre das ein sicheres Indiz, dass die Herstellung der Glasur (auch Uranglas) nach 1942 erfolgt sein muss, denn dann wurde angereichertes Uran verwendet. Entspricht das Isotopenverhältnis dem von Natururan, so kann - nicht muss - eine Herstellung vor 1942.
Die Technologie zur Urananreicherung wurde erst mit dem Beginn des Manhattenprojekt der USA geschaffen, die reichlich abgereichertes Uran als Abfallprodukt schaffte.