Muscheln und Algen vom Ärmelkanal

Begonnen von Butterfly, 17. Oktober 2020, 15:44

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Butterfly

Hallo,

habe mich in den vergangenen Tagen ein bisschen mehr "reingefuchst" in die Gammaspektroskopie.
Dabei habe ich mich erinnert dass ich noch eine Tüte Muscheln und Algen von der französischen
Ärmelkanalküste im Keller liegen habe und habe diese knapp 5000 sec untersucht...

Erstaunlicherweise fanden sich Spuren von Cs137, Kobalt 57 und Europium! :P
Vermutlich von den britischen und franz. Atomanlagen?

Der Geigerzähler (Gammascout) zeigt keine signifikant messbare Strahlung an...

Lg Hape

Na-22

Aus meiner Sicht stimmt die Interpretation des gemessenen Gammaspektrums nicht.
Ein Eu-152 Spektrum sollte wie hier gezeigt aussehen:
https://www.gammaspectacular.com/blue/gamma_spectra/eu152-spectrum

Bei Co-56 fehlt die 846,8 keV Linie, welche eigentlich die mit der höchsten Intensität ist.

Ich würde auch erwarten, dass man K-40 bei 1460 keV sieht.

Womit hast Du denn die Energiekalibrierung durchgeführt?


Butterfly

Kalibrierung habe ich mit Americium 241 durchgeführt. ..
Gut, dass die Europiumspitzen in dem von dir abgebildeten Spektrum deutlich spitzer sind liegt sicher auch an der massiv höheren Zählrate, oder?
Bei mir lag die Zählrate bei 0,1 cps. Ausserdem ein anderer Scintillatinsdetektor...

Na-22

Eine Einpunktkalibrierung ist aus meiner Erfahrung zu wenig. Meine ganzen Bastelspektrometer zeigen ein deutlich nichtlineares Verhalten hin zu höheren Energien. Ich würde auf jeden Fall noch einen Prüfstrahler mit Kalium, z.B. KCl oder Pottasche und was mit Thorium z.B. WT20 oder WT40 Schweißelektroden verwenden.

DL3HRT

ZitatKalibrierung habe ich mit Americium 241 durchgeführt.
Ich denke, dass der Co-56 Peak in Realität ein K-40 Peak ist. Eine Einpunktkalibrierung ist immer kritisch, vor allem wenn man im extremen Energiebereich kalibriert. In Fall von Am-241 stimmen die niedrigen Energien aber bei höheren Energie gibt es mit Sicherheit deutlich Abweichungen.

Butterfly

Ok, muss ich mal versuchen! Thorium habe ich als Glühsocke...

Aber wenn Am, Ba 133 u. CS in den Nuscheln ist spricht das ja schon Bände! Ob nun Kobalt ja od. Nein. Auf jeden Fall hat der Ärmelkanal radiologisch einiges zu bieten, oder?

Lg Hape

Na-22

Zitat von: Butterfly am 17. Oktober 2020, 21:37
Ok, muss ich mal versuchen! Thorium habe ich als Glühsocke...

Aber wenn Am, Ba 133 u. CS in den Nuscheln ist spricht das ja schon Bände! Ob nun Kobalt ja od. Nein. Auf jeden Fall hat der Ärmelkanal radiologisch einiges zu bieten, oder?

Lg Hape

Erstmal ordentlich kalibrieren, danach können die Ergebnisse bewertet werden. Alles andere ist nur Spekulation. ;)

Henri

Zitat von: Butterfly am 17. Oktober 2020, 21:06
Kalibrierung habe ich mit Americium 241 durchgeführt. ..


Hmmm also Du kalibrierst einen einzelnen Punkt mit knapp 60 keV, also das unterste, was Dein Detektor überhaupt noch nachweisen kann, und erwartest, dass dann auch die Energien im MeV-Bereich stimmen?   :-\

Sind die Muscheln eigentlich eingefroren, oder getrocknet, oder nur die Schale? Wenn nur Schale, wird sich evtl. Sr-90 finden, falls die Gegend auch damit kontaminiert ist. Es muss ja was sein, was die Pflanze oder das Tier in den Organismus einbauen kann, damit es sich aufkonzentriert. Cs-137 sammelt sich im Muskelgewebe, Sr-90 und Radium im Knochen-> Kalk -> Muschelschale. Sr-90 als (fast) reiner Betastrahler ist mit dem Gammaspektrometer allerdings nicht nachweisbar.

Gerüchteweise soll in der Gegend übrigens auch ziemlich viel im Schlick und Sand zu finden sein, da das Zeug sich aufgrund der hohen Dichte dort anreichert...


Na-22

Zitat von: Butterfly am 17. Oktober 2020, 21:37
...
Aber wenn Am, Ba 133 u. CS in den Nuscheln ist spricht das ja schon Bände!
...

Wenn da wirklich Ba-133 drin sein soll, muss auch eine Linie bei 356 keV im Spektrum zu sehen sein.
Das Spektrum sollte ungefähr die hier gezeigte Form:
https://www.gammaspectacular.com/blue/gamma_spectra/ba133-spectrum

NoLi

Wo ist denn der "Fangort" der Muscheln und Algen; gibt es darauf Angaben auf der Verpackung?
Die Ärmelkanalküste nicht gerade klein...

Gruß
Norbert

Zugpferd

Ja das ist nur gut das Du experimentierst...

Jetzt kommt aber die eigentliche Arbeit!
Das verstehen und suchen von Peaks.
Daher rate ich dringend Spekulationen gut durchdacht zu äußern. da wir Hobbyisten sind wird man sonst schnell abgestempelt. Hier kannst Du das machen, aber gleich zur Zeitung usw.. :blush:
Wäre es so einfach hätte man in der Elbregion "Geesthacht, Tespe" auch schon viel finden können... Spekulationen gibts da auch massig.

Butterfly

@Norbert :

Genauen Ort des Fundes möchte ich (noch) nicht veröffentlichen, vor allem weil im Verdacht steht dass das Spektrogramm Fehler enthält  :(
Nicht das mich Frankreich noch vor Gericht stellt weil ihnen die Touristen wegbleiben  :o
Die Muscheln liegen als Schalen vor, die Algen sind getrocknet, wir haben sie vor 2 Jahren gesammelt. Ein Bekannter der regelmäßig dorthin fährt und auch einen GZ dabei hat sagte dass er immer mal wieder eine erhöhte Strahlung vor Ort messen konnte,jedoch etwas mehr westliche Richtung Wiederaufbereitungsanlage La Hague!

Lg Hape

Butterfly

@ Zugpferd:

Da hast du wohl recht!
Übrigens,sehr interessant deine Arbeitsunterlagen zum Thema Plateau!

Lg Hape

NoLi

Zitat von: Butterfly am 18. Oktober 2020, 20:39
Ein Bekannter der regelmäßig dorthin fährt und auch einen GZ dabei hat sagte dass er immer mal wieder eine erhöhte Strahlung vor Ort messen konnte,jedoch etwas mehr westliche Richtung Wiederaufbereitungsanlage La Hague!
Der westlich vom Probenahmeort gelegene Hinweis sagt schon mal was (Stichwort Golfstrom und Strömung) ;); kommt dann noch auf den Abstand an 8)

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: Butterfly am 18. Oktober 2020, 20:39
Die Muscheln liegen als Schalen vor, die Algen sind getrocknet, wir haben sie vor 2 Jahren gesammelt. Ein Bekannter der regelmäßig dorthin fährt und auch einen GZ dabei hat sagte dass er immer mal wieder eine erhöhte Strahlung vor Ort messen konnte,jedoch etwas mehr westliche Richtung Wiederaufbereitungsanlage La Hague!

Greenpeace hat da ja schon mal detailliert Proben entnommen, der Boden um das Einleitungsrohr herum ist wohl massivst verseucht.


" Proben von Meeressediment und Rohrablagerungen enthielten derart viel Plutonium, dass diese Proben nach deutschem Recht als kernbrennstoffhaltig einzustufen sind. Auch Proben von Krebsen zeigen, dass die Meeresverseuchung bei La Hague Ausmaße angenommen hat, die mit Kontaminationen nach nuklearen Großunfällen vergleichbar sind. (...) Es fanden sich sehr hohe Konzentrationen von Kobalt-60 und Ruthenium-106 sowie des äußerst radiotoxischen Americium-241. Die radioaktiven Teilchen sind wasserunlöslich, strahlen Hunderte von Jahren und können über Fische und Meeresfrüchte in die Nahrungskette des Menschen gelangen." 
[ https://www.greenpeace.de/themen/energiewende-atomkraft/atommuell/wiederaufarbeitung-la-hague]

Interessant ist, dass von dort die Strömung tatsächlich die ganze französische Atlantikküste entlangstreicht. Im Süden gibt es dann sehr bekannte traditionelle Meersalzgewinnungsanlagen. Dort wird Meerwasser in Bassins geleitet, dann lässt man das Wasser verdunsten und kristallisiert die Salzkristalle danach noch ein Mal um, bevor es in den Handel kommt.

Wie sagt man so schön: man s******** nicht wo man i*** ...   8)