Betaspektroskopie

Begonnen von stoppi, 30. August 2020, 18:08

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stoppi

Zwei Projekte sind zum Thema Radioaktivität noch ausständig. Zum einen der Protactiniumgenerator und dann ein Versuch zum Thema Betaspektroskopie.

Alphastrahlen besitzen de facto nur eine einzelne, vom radioaktiven Isotop abhängige Energie. Dadurch und durch die vielen notwendigen Stöße (Stichwort Gesetz der großen Zahlen) kommen sie an Luft immer gleich weit (siehe abgebildetes Rasierpinselmuster).

Bei Betastrahlen ist dies anders. Hier wird die beim radioaktiven Zerfall frei werdende Energie auf das entstehende Betateilchen (= Elektron) UND das ebenfalls gebildete Neutrino (genauer Anti-Elektron-Neutrino) aufgeteilt. Deshalb kommen alle Energien der Betastrahlung von 0 bis zu einem Maximalwert vor. Bei Strontium-90 beträgt diese Maximalenergie zum Beispiel 546 keV, bei Yttrium-90 immerhin 2282 keV.

Die Betaspektroskopie ermittelt nun genau die Elektronenintensität in Abhängigkeit von der Energie. Normalerweise sollte der Graph in der Mitte zwischen 0 und E_max ein Maximum aufweisen.

Wie kann man nun die Energie der emittierten Elektronen bestimmen? Nun das geht eigentlich ganz einfach. Elektronen besitzen ja eine elektrische Ladung, die sog. Elementarladung e. Bewegen sie sich durch ein äußeres Magnetfeld B, so wirkt auf sie die Lorentzkraft F_L = q * v x B. Diese Kraft, welche immer normal auf den Geschwindigkeitsvektor v steht, bewirkt, dass sich die Elektronen innerhalb des Magnetfelds auf Kreisbahnen mit dem Radius r bewegen.

Je schneller sich die Elektronen bewegen bzw. je größer ihr Impuls p = m*v ist, umso größer ist der Radius der Kreisbahn. Bei unendlich großen Impuls (v = c, relativistische Masse = unendlich) bewegen sie sich defacto gerade weiter und der Bahnradius wird auch unendlich groß.

Letztendlich lässt sich eine Formel aufstellen, die die (relativistische) kinetische Energie der Elektronen in Abhängigkeit vom Ablenkwinkel alpha angibt. Man misst mit einem Geigerzähler dann bei verschiedenen Ablenkwinkeln die Zählrate und erhält somit die Teilchenintensität in Abhängigkeit von der Energie, sprich das Betastrahlen-Spektrum, voila...

Man kann dies nun auf zwei Arten experimentell umsetzen: Erstens mit einem konstanten, vorgegebenen Bahnradius r, dafür mit einem in der Stärke veränderlichen Magnetfeld. Oder eben, so wie ich es vorhabe, mit einem konstanten Magnetfeld (verwende 2 Scheibenmagnete mit 70mm Durchmesser) und veränderlichen Bahnradius r. Dazu muss ich dann den Geigerzähler schrittweise um die Scheibenmagnete drehen.

Für das Experiment benötigt man:
* Einen Betastrahler: Diesen habe ich bereits und zwar Strontium-90, welches in den ebenfalls Betastrahler Yttrium-90 zerfällt.
* Scheibenmagnete: Hier habe ich welche mit 58mm bzw. 70mm Durchmesser bereits bestellt
* Bleiblenden zur Strahlbildung der Betastrahlen: Walzblei habe ich auch...
* Geigerzähler + Zähler: Hier kommt mein kürzlich gebauter Geigerzähler mit dem Endfensterrohr ZP1401 zum Einsatz.
* Magnetfeldsonde: Hier stehen mir 3 selbstgebastelte Messgeräte von µT über mT bis hin zu 2.5T zur Verfügung.

Für R = 3.5 cm und B = 0.05 T wäre der bei Yttrium-90 minimal zu erwartende Ablenkwinkel alpha = 22° und für Strontium-90 alpha = rund 55°. Diese Werte würden sehr gut passen. Mal schauen, was die Praxis liefert...  ;)

stoppi

Anbei noch die fehlenden Bilder...

NoLi

Zitat von: stoppi am 30. August 2020, 18:08
Die Betaspektroskopie ermittelt nun genau die Elektronenintensität in Abhängigkeit von der Energie. Normalerweise sollte der Graph in der Mitte zwischen 0 und E_max ein Maximum aufweisen.

Mit den Magneten ein klassisches Schulexperiment (ohne Energieermittlung) zur Ablenkung von Beta+ und Beta- Strahlung im Magnetfeld.
Möglich, dass dein Sr-90 Strahler mit knapp 3,7 kBq für eine spektrometrische Analyse zu schwach ist...die Schulexperimente werden üblicherweise mit Sr-90 Aktivitäten zwischen 30 kBq und 74 kBq durchgeführt. Aber vielleicht kannst Du dies durch verlängerte Messzeiten kompensieren.

Beta-Spektren weisen immer ein Intensitätsmaximum der Beta-Teilchen bei ca. einem Drittel der Beta-Maximalenergie auf (siehe das Bild von K-40).

Viel Erfolg!

Gruß
Norbert

stoppi

Danke Norbert für die Informationen...

Die Scheibenmagnete (70mm und 56mm Durchmesser) sind eingetroffen und ich konnte mit dem Aufbau beginnen. Verwende als Teile u.a. Matador-Holzbausteine (https://www.matador.at/). Benötige aber noch Kleinigkeiten wie Flügelmuttern und 21mm-Rohrhalterungen für den Geigerzähler.

stoppi

#4
Die Halterung für den Betastrahler + Bleikollimator ist nun auch fertig.

Habe sodann die Flussdichte im Zwischenraum mit meinem DIY-Teslameter gemessen. Bekomme innerhalb schön homogene 0.15T, die außerhalb schnell auf 0 abfallen.

Damit müsste ich für die 2200 keV vom Yttrium-90 einen minimalen Ablenkwinkel im Bereich von 60° erhalten... ;)

stoppi

Heute habe ich eine Messreihe erfolgreich durchführen können. Die Zählrate beginnt wie zu erwarten war bei einem Ablenkwinkel von ca. 60° bzw. einer Energie von rund 2200 keV (Yttrium-90 mit E_max = 2282 keV) zu steigen. Bei Energien im Bereich von <= 500 keV beginnt der zweite Peak vom Strontium-90 (E_max = 546 keV).

Der Verlauf meines Graphen ähnelt doch sehr stark einem aus dem Internet bezogenen.  :yahoo:

stoppi

Man könnte sich die ganzen, notwendigen Apparate zur Betaspektroskopie auch beim Lehrmittelhändler kaufen, allerdings um schlappe 5200 Euro.  :o

Mein Betaspektroskop hat in Summe ca. 240 Euro, also 1/21 gekostet. Mein Gammaspektrometer kam mit HV-Versorgung, Verstärkerschaltung und Theremino auch nur auf rund 130 Euro. Die von einigen hier verwendeten kommerziellen Lösungen von gammaspectacular & co kosten ja auch mindestens das 10-fache. Also meiner Meinung nach kann man gewaltig einsparen, wenn man möchte und es kann...