Die Porzellanfabrik von Christian Fischer in Zwickau

Begonnen von DG0MG, 28. November 2018, 18:00

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DG0MG

Nur mal als Anregung zum Weiterforschen gedacht ist Folgendes:

Uranglasur, Uranfarben auf Keramik kommen ja auch recht häufig bei Strahleninteressierten vor, tlw. auch als Prüfstrahler. Eine interessante Geschichte ist der sog. "Schwarzumdruck", bei dem früher in der Keramikindustrie mittels feinst gemahlener Pechblende Kupferstich-ähnliche Bilder auf Roh-Keramik (Teller, Tassen, Kannen usw.) übertragen und dann gebrannt wurden.

Da die Pechblende natürlich auch heute noch strahlt, lässt sich das auf der Keramik befindliche Bild "kopieren", indem lichtempfindliches Material (Film) im Dunklen an die Keramik angelegt und dort längere Zeit (~ einige Tage) belassen wird - das nennt sich dann "Radigraphie". Nach dem Entwickeln des Filmes entdeckt man auf dem Film Schwärzungen an den Stellen, die auch auf der Keramik durch die Pechblendefarbe schwarz sind. Man kann also Henri Bequerels Experiment von 1896 mit lichtdicht verpackten Fotoplatten und radioaktiven Salzen darauf noch verfeinern.

Eine Seite, auf der es u.a. um dieses Thema mit Fotos geht, ist diese:


(etwas runterscrollen bis "Uranfarbe und Umdrucke aus Uranerz")

Im Text ist von einer bedruckten Tasse die Rede, die aus der "Porzellanfabrik von Christian Fischer in Zwickau" stammt. Zu dieser findet man folgende alte Ansicht:

Ich hab jetzt nicht rausfinden können, wo sich diese Fabrik genau befand, außer an der "Chaussee nach Werdau". Falls der Standort aber genauer eingegrenzt werden kann, dann wäre das ein Ort zum Messen, denn:

ZitatDie Haupterzeugnisse der Fabrik sind: Tafel-, Kaffee- und Theegeschirre aller Art, sowohl weiß, als auch mit Malerei – vorzüglich Blumenmalerei – und Vergoldung; andere Hausgeräthe, als: Waschbecken, Leuchter, Schreibzeuge, Blumenvasen, Krugdeckel, Adreß- und Grabschriftplatten; pharmaceutische und chemische Gerätschaften; Charmotteziegeln und Porzellanfarben.

==> Die haben bestimmt Pechblende gemahlen oder aber wenigstens verarbeitet, wie die Tasse beweist.

~

Im Buch "Marienthal und das Stadtgebiet Zwickau-West" vom Zwickauer Heimatforscher-Guru Norbert Peschke:


ist auf Seite 14 eine historische Karte, dort ist die Fabrik eingezeichnet.

Ich muss mal ein Overlay für GE basteln.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Interessant, von Zwickau habe ich das noch nicht gehört. Da lohnt es sich, weiterzuforschen.

Ich habe vier Teile mit diesen Veduten in Form von Pechblendeumdrucken, eine Zuckerdose und drei Kaffeetassen. Sie stammen alle aus dem Biedermeier aus der Zeit um 1830 - 1840, sind also mindestens 180 Jahre alt.

Die Zuckerdose wurde von Lippert & Haas in Schlaggenwald hergestellt. Das heißt heute Horní Slavkov und liegt in der Nähe von Karlsbad. Am aktivsten ist eine der Kaffeetassen (#3). Sie bringt es immerhin auf bis zu 35 Impulse pro Sekunde an einem SBM-20 Zählrohr (Beta + Gamma). Die Gammaspektren zeigen ein astreines Uran/Radium-Spektrum.

Pechblende wurde vor allem im Raum Karlsbad für Schwarzumdrucke verwendet. Das hat vermutlich mit der damaligen Verfügbarkeit zu tun. Der Vorteil von Pechblende besteht in der Brillianz des fertigen Produktes. Viele andere Farben zeigen nach dem Brennen und Glasieren kein so tiefes Schwarz, wie man es mit Pechblende erreichen kann.

Da zur damaligen Zeit Radioaktivität noch unbekannt war, ist man ziemlich unbedarft mit dem Material umgegangen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie man die Pechblende im Mörser pulverisiert hat...

Für Forenmitglieder im Anhang das Gammaspektrum der aktivsten Tasse sowie Fotos der vier Objekte.



DG0MG

Ah, sehr schick!
Und hast Du mal Film rangelegt?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Das wollte ich schon immer einmal machen. Es scheitert aber an der Ausrüstung/Filmentwicklung.

DG0MG

So, hier das KMZ.

Die Stelle, wo die Fabrik mal stand, ist inzwischen^^ mit Gründerzeithäusern bebaut: Die Werdauer Straße stadteinwärts, nach dem Eisenbahnviadukt auf der rechten Seite (also südlich), kurz nach der Einmündung der Seilerstraße in den Karees zwischen Robert-Blum-, Brunnen- und Lutherstraße, nach Süden begrenzt durch den Bach.

Da ist das mit Messen leider nicht so einfach, da man zumindest in den Hinterhof müsste. Die parkähnliche Anlage ist eine Art Pflegeheim, also auch nicht so einfach zu betreten.

Hier eine Karte in der Deutschen Fotothek aus den Jahren um 1860, in der die Fabrik noch eingezeichnet ist:


In der nächsten Karte von 1900 sind an gleicher Stelle dann schon eine Reihe Wohnhäuser:


"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0JN

Hallo Steffen,

ich habe mir mal verschiedene Karten hergenommen und bin zu dem Schluß gekommen, daß die Firma auf dem Stück der Brunnenstraße in Zwickau zwischen Marienthaler Bach und Werdauer Straße gewesen sein muß.

Gruß Gottfried

DG0MG

Ja, das stimmt.
In meinem KMZ ist eine georeferenzierte Karte drübergelegt, wo man das noch deutlicher sieht.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Hannes

Hallo,
woran kann man die Pechblendeumdrucke im Internet gut erkennen? Hier in Niedersachsen habe ich die noch nie gesehen. Dementsprechend werde ich soetwas nicht so schnell auf dem Flohmarkt finden und testen können.

NoLi

Zitat von: Hannes am 20. August 2022, 20:53Hallo,
woran kann man die Pechblendeumdrucke im Internet gut erkennen? Hier in Niedersachsen habe ich die noch nie gesehen. Dementsprechend werde ich soetwas nicht so schnell auf dem Flohmarkt finden und testen können.
Optisch sind diese Umdrucke nicht als pechblendehaltig zu erkennen; es geht nur messtechnisch. :(
Auf dem Flohmarkt halt mal alle schwarzen Umdrucke mit dem Strahlenmessgerät überprüfen.

Norbert

Übrigens: auch die Reichs-Luftwaffe hat ihr Tischporzellan an der Unterseite mit uran-/pechblendehaltigen Eigentumsstempeln versehen...einschliesslich Reichsadler mit entsprechendem Kreuz. Jahresstempel meist 1939 bis 1944. Daran (Strahlung) kann man u.a. erkennen, ob das Material autentisch ist.

Hannes

Solche Teller habe ich im Museum vom Alhorner Fliegerhorst (schon vor dem 2. Weltkrieg Flugplatz der Luftwaffe bzw. damals noch Marine) gesehen. Ob die radioaktiv waren weiß ich nicht. Auf jeden Fall gab es dort auch Flugzeuginstrumente mit Radiumnachleuchtfarbe.

Hannes

Habe ein Bild von denen gefunden. Bin mir nicht sicher ob man das hinzufügen muss, aber das Symbol wird hier nur aus historischen und wissenschaftlichen Zwecken gezeigt.

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