Reparatur eines Geigerzählers

Begonnen von Zugpferd, 06. August 2020, 15:04

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Zugpferd

Hallo liebe Gemeinde,
ich habe des Öfteren lesen können das hier sehr versierte Elektroniker unter uns sind die vor einer Reparatur eines Geigerzählers keineswegs abgeschreckt werden.

Könnt Ihr den unwissenderen Leuten einmal eine Herangehensweise aufzeigen wie man einen Fehler sucht bzw. welche Parameter einfach da sein müssen um weiter suchen zu können?

Wie mir einst ein LKW Schlosser sagte der Unimog braucht nur 3 Sachen, Zündung, Luft und Benzin. alles andere sieht man dann, und jawohl, er hat Recht, mit dem Leitfaden bin ich bisher immer weiter gekommen...

Gibt es einen solchen Satz auch auf den Geigerzähler bezogen?
GRuß Keule

Zugpferd

könnte man sagen:
Vakuum, Hochspannung und Signal?
wobei nicht alle Zählrohre haben ein Vakuum...

DG0MG

Also Hochspannung ist schonmal ein guter Anfang  8) Wobei das auch nicht alle haben.

Aber einen pauschalen Satz daraus zu machen, geht - denke ich - nicht. Allenfalls mit einem Augenzwinkern. Dafür sind die auftretenden Fehler zu vielfältig.

Viele defekte GZ, die ich bisher in der Hand hatte, sind letztendlich unreparabel, weil der eigentliche Sensor (das Zählrohr) defekt war.  Entweder mechanisch (dünnes Glas gesprungen, Endfenster kaputt) oder augenscheinlich i.O., liefert aber keine Impulse (Luft gezogen(?) ). Mit letzterem Fehler sind mir einige Endfensterzählrohre 18504 (Valvo, Philips, etc) untergekommen. Da der finanzielle Wert des Sensors (sofern überhaupt beschaffbar) meist den des ganzen Gerätes überschreitet, ist eine Reparatur selten sinnvoll. Ebenso bei den vielen russischen Geräten, die "auslaufende" LCD-Displays haben.

Aber natürlich kommts auf den Einzelfall an und kann auch anders gehen, z.B. beim SRP-68-01 hat sich die Suche in der Elektronik 100% gelohnt und der Pripyat hat wenigstens wieder getickt. Der Radiation Pager hatte Probleme an den Batteriekontakten und an einer Lötstelle der LED.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Zugpferd

Ich frage, weil ich einen Berthold LB1310 nicht zum Laufen bekomme, und seltsamerweise - obwohl schon häufig in Praxen in Krankenhäusern usw gesehen kaum Info Material bekomme.
Dat Ding werd ich nun erstmal aufschrauben, und mal sehen wo ich was messen kann...
Ein Schaltplan wäre schön. Evtl. ist ja einer im Gehäuse wie so oft bei alten Geräten...

DG0MG

Hast Du den Messkopf dazu?

Das Gerät wird als "Ionisationskammer mit Gasverstärkung" beschrieben, zumindest hier:
wo dann zwar ein LB1310 abgebildet ist, das Produkt aber "TOL/E" heißt.  :unknw:

Auf Seite 3 steht: "Durch eine wesentlich verbesserte Detektorkonstruktion bleibt insbesondere die Gasfüllung praktisch über Jahre hinweg beständig."
Das klingt dann aber doch nicht so, als ob die mit "Jahre" z.B. auch 30 Jahre meinen könnten.

Aber an der linken Buchse müsste schon - auch ohne aufschrauben - eine Hochspannung zu messen sein. Dort würde ich erstmal anfangen. Man muss im Kopf behalten, dass die Hochspannung, wenn sie sehr hochohmig ist, beim Messen mit einem "normalen" Multimeter zusammenbricht, da dessen Innenwiderstand "nur" 10 MOhm beträgt. Misst man also z.B. 210 Volt, dann können das in Wirklichkeit (ohne die Last des Messgerätes) durchaus mehr sein.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am 07. August 2020, 09:44
Auf Seite 3 steht: "Durch eine wesentlich verbesserte Detektorkonstruktion bleibt insbesondere die Gasfüllung praktisch über Jahre hinweg beständig."
Das klingt dann aber doch nicht so, als ob die mit "Jahre" z.B. auch 30 Jahre meinen könnten.
Für "Hobbyisten" kann ich nur sagen: Finger weg von diesem Gerät, es lohnt sich nicht!

Wir haben im Strahlenschutz mehrere dieser Geräte für Dosisleistungsmessungen an Röntgenanlagen betrieben (betreiben müssen). Nach durchschnittlich 5 Jahren war die Gasfüllung des Detektors durch Diffusion durch bzw. Mikrorisse der dünnen Detektorwand futsch, das Zählrohr musste beim Hersteller kostenträchtig wieder erneuert und das Gerät anschliessend ebenfalls kostenträchtig neu geeicht werden.
Dies gilt, wenn man Dosisleistungsmessungen "mit Impulsverstärkung" im Nieder-Dosisleistungsbereich machen möchte, dann muß das Gerät im Modus "Gasverstärkung" betrieben werden. Zum HV-Abgleich der Sonde ist dazu zwingend eine Hülse mit einem geeichten Sr-90 Präparat (Aktivität 3,7 kBq) notwendig, dessen Zeigeranzeigewert auf einen Kalibrierpunkt auf der Skala (roter Strich) eingestellt wird. Für Hoch-Dosisleistungs-messungen mit Gasverstärkung wird ein Sr-90 Hülsenpräparat mit einer Aktivität von 3,7 MBq benötigt, da hier die Betriebs-HV deutlich niedriger liegt. Zumindest das 3,7 MBq-Präparat ist umgangsgenehmigungspflichtig!

Man kann das Gerät auch im Ionisations-Modus mit einer vom Werk fest eingestellten HV betreiben; hier beträgt aber der kleinste Messbereich 0,1 Sv/h.

Gruß
Norbert 

Zugpferd

Norbert, das heißt der "Kalibrier Poti" justiert die HV?
Sehr guter Hinweis, denn der schwankt deutlich beim Poti benutzen.

Sr90 Präparat wird schwierig...

In der Firma haben wir allerdings die Quellen noch mit 37MBq bin ich der Meinung...

Um die Fragen zu beantworten, ja ich habe vor allem den blöden Netzstecker endlich, das ist so ein völlig dämliches Derivat zwischen Kaltgeräte und ich glaub Hirschmann Stecker hießen die mal.

Als Zählrohr kommt ein Berthold KZ 25 P zum Einsatz, welches HV und Signal über zwei Kabel ausführt. Baujahr erkenne ich keins, aber stimmt, 1993 das letzte mal kalibriert.
Da kann es schon möglich sein das das Zählrohr einen weg hat.
Dann könnte ich höchstens andere Zählrohre verwenden...

Zur Messerei, zu erwarten sind Spannungen von sagen wir mal 300V bis 1200V würde ich jetzt mal behaupten, korrekt?
Also Oszilloskop Meßkopf mit entsprechender Teilung nötig.




NoLi

#7
Auf der Frontplatte:

- Poti "Justieren" (= HV) ganz runter drehen.
- Schiebeschalter "Justierhülse" zwischen den Bereichen "Dosis" und "Dosisl." nach links schieben, erscheint "A/B".
- Sr-90 Justierhülse "A" (3,7 kBq) auf die Sonde aufschrauben.
- Messbereichschalter "Dosisl." auf "J30" stellen (bedeutet max. 30 mR/h Anzeige; J für Justierpunkt).
- Poti langsam hochdrehen, bis der Zeiger über der Markierung "Justieren" stehen bleibt.
- Poti arretieren.
- Justierhülse entfernen.
- Messungen bei unveränderter HV-Einstellung (Poti "Justieren") durchführen.
Alle Messwerte werden jetzt in der Maßeinheit "mR/h" angezeigt.

Für Messungen in der Maßeinheit "R/h" die obige Prozedur mit der Sr-90 Justierhülse "B" (3,7 MBq) wiederholen (Achtung: es erfolgt jetzt eine andere HV-Einstellung am Poti "Justieren" als bei der Maßeinheit "mR/h"!).

Die Messwerte stimmen NUR mit dem zum Gerät gehörigen Zählrohr (Sonde, Gerät und Justierhülsen sind quasi "verheiratet", tragen gleiche ID-Nummern). Mit anderen, baugleichen Sonden und/oder aber anderen Justierhülsen, oder gar anderen Detektoren werden Hausnummern angezeigt!

Wie hoch die HV`s in Volt letztendlich liegen, weiß ich nicht.

Zu den Sr-90 Justierhülsen: bei jeder 2-Jahres-Eichung werden vom Eichamt auch die Justierhülsen mit dem Gerät neu abgeglichen, indem die Zählraten (= Justier-Messwerte) durch einen Schraubmechanismus halbwertszeitkorrigiert neu eingestellt werden und der Verstellmechanismus anschliessend von der Eichbehörde wieder versiegelt wird.

Gruß
Norbert