Doku: Unter Kontrolle - Eine Archäologie der Atomkraft

Begonnen von DG0MG, 11. August 2020, 17:25

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DG0MG

Ich empfehle, sich diese Doku in aller Ruhe, vielleicht bei einem kalten Bierchen komplett anzusehen.

Mit keinerlei erklärendem Off-Kommentar - nur die Protagonisten sprechen - zeichnet der Filmemacher in eindrucksvollen, ästhetischen Bildern, Szenen und Tönen den Alltag in deutschen Kernkraftwerken und Anlagen der Nukleartechnik nach. Das Besondere: Der Zuschauer bekommt keine Meinung aufgezwungen von wegen Kernkraft gut oder schlecht, er kann sich selbst ein Bild machen. Der Film ist schon etwas älter (2011), wurde auf 35mm Filmaterial(!) gedreht und hatte zur Berlinale im Februar 2011 Weltpremiere - kurz vor Fukushima.

Ein paar wichtige Stellen hab ich mal mit Zeitangaben versehen (unvollständig):

0:12:44 Vernebelungsanlagen von Rheinmetall
0:14:16 SODAR-Anlage
0:16:33 Kraftwerkschule Essen
0:28:40 Zentendorf/Österreich
0:42:53 Automatisches Ausmessen von Arbeitsanzügen auf Kontamination "RADOS"
0:44:35 "Tagesgrenzwert von 1 mSv" Verständnisproblem: 15 .. hundert(?) µSv ??
0:47:30 AUTOMESS 6150 am Castor: "Ortsdosisleitung 20 µSv" (pro h!!)
0:49:29 IAEA Wien
1:01:19 Endlager Morsleben
1:07:06 Forschungszentrum Karlsruhe
1:18:30 "Schneller Brüter" Kalkar
1:24:10 KKW Stendal
1:30:00 KKW Greifswald




"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

pangeiger

Danke für den Tipp. Ein faszinierender Film, der bei mir durchaus widerstrebende Gefühle auslöste. Einerseits bewundere ich die sichtbar gewordene Perfektion der Ingenieure, mit der diese Technik beherrschbar (und nutzbar) gemacht werden sollte. Und natürlich verstehe ich auch die Enttäuschung darüber, dass Tschernobyl dem Ganzen ein Ende gesetzt hat.

Auf der anderen Seite sehe ich auch die Risiken, weniger vielleicht im Betrieb selbst, aber die wenig beherrschbare und politisch unsichere Entsorgungsproblematik. Ein weiterer Aspekt sind die Kosten der Kernkraftwerkstechnik: Demontage, Entsorgung, nicht geklärte Endlagerung. Es ist kein Wunder, wenn gerade unter Kostenaspekten neue KKW sich nicht mehr rechnen, wenigstens in Deutschland nicht - von der mangelnden Akzeptanz großer Bevölkerungsgruppen ganz zu schweigen.

Gruß
Peter

Zugpferd

#2
Grossartiger Film, interessante Einblicke.
Anfangs Brokdorf (0:5:15) und Krümmel (0:6:00) zu sehen.

Was ist denn dieser Echolot Ton? 
Und ich dachte die Nebler sind geheim?


Edit: Zeiten eingefügt.

DG0MG

Zitat von: Zugpferd am 12. August 2020, 01:42
Was ist denn dieser Echolot Ton?

Bei 14:16 min sind drei riesengroße Lautsprecher zu sehen, die in verschiedene Richtungen - aber alle nach oben - zeigen. In den Kommentaren unter dem Video bezeichnet das jemand als SODAR (sowas wie RADAR oder LIDAR, aber auf Tonbasis) zum Detektieren von Luftbewegungen.
Diese Erklärung halte ich für schlüssig. Im Wettermuseum Lindenberg kann man sich ein solches SODAR aus der DDR anschauen, das sah auch nicht viel anders aus.
Wozu das dort aber nun genau dient?  :unknw:
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

pangeiger

Moin,

apropos Vernebler. Der nutzt doch wohl nur was, wenn der Angreifer aus der Luft über kein Trägheitsnavigationssystem und GNSS verfügt, oder?

Gruß
Peter

Zugpferd

Ich glaube kaum das die den Film falsch nachvertont haben, dieses Echolot Piepen ist aus verschiedenen Kameraperspektiven und scheinbar unterschiedlichen Distanzen aufgenommen worden.
Entweder ich war noch nie an einem KKW wenn darüber Wolken waren, oder diese Anlagen sind in den Norddeutschen KKWs nicht vorhanden, oder das Echo ist so gebündelt das es nur auf das Gelände zurückkommt, gehört hab ich das noch nie.

Der Guide sagte ja das zwar die Vernebler Anlage vom Kraftwerk ausgelöst wird, aber wohl nur auf Anweisung von der Flugsicherung. Wobei mich die Ausmasse erstaunt haben, das Tal 300m hoch, wow! Würde das Echolot, oder nennen wir es SOLAR etwas detektieren müsste doch sofort gehandelt werden, ansonsten fehlt die Zeit. Komisch, wieso nimmt man kein RADAR?

Die einzigen die mir überhaupt bestätigt haben das sie Vernebler nutzen war das Zwischenlager Nord in Lubmin. Aber zeigen war nicht. Und auf Satellitenbildern sieht man davon nichts...

DG0MG

Nicht vergessen:
Niemand hat einen Zusammenhang zwischen der SODAR-Anlage und den Verneblern hergestellt. Das muss gar nichts miteinander zu tun haben.

SODAR => Sonic Detection and Ranging

Wenn jetzt vor Ort Wetterphänomene beobachtet werden, um z.B. im Falle eines Störfalles (Austritt von radioaktiven Stoffen) die Windrichtung und -stärke zu kennen, dann klingt das ja erstmal logisch.
Vielleicht gehört das SODAR in diese Richting mit hinein.

Hier gibt es auch ein Foto der SODAR-Anlage aus dem AKW Neckarwestheim: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:GKN-SODAR-Anlage.JPG

Über den Sinn der Vernebler kann man sicher streiten. Aber hinterher will sicher keiner gesagt bekommen: "Da hätte man noch mehr machen können!" Und es sagt auch keiner: "Ach, das lassen wir jetzt mal wieder weg."
Btw hat AH seinen Berghof am Obersalzberg auch mit Verneblern gegen feindliche Bomber ausgestattet.
GPS hin oder her, die Terroristen vom 11. September sind sicher auch auf Sicht geflogen.

Hier ein Spiegel-Artikel aus 2010 der die Vernebelung in Philipsburg als Anti-Terror-Maßnahme beschreibt:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anti-terror-massnahme-nebelgranaten-sollen-akw-philippsburg-schuetzen-a-707378.html

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

pangeiger

Was mir noch aufgefallen ist, ist der hohe Automatisierungsgrad der Anlagen. Wenn ein Hacker von innen arbeitet, bietet das doch entsprechende Sabotagemöglichkeiten. Ich erinnere an den israelischen Virus, der die Zentrifugen bis zu ihrer Zerstörung manipulieren könnte. Ich frage mich, wie solche Maßnahmen ausgeschlossen werden können. Unterliegt aber vermutlich der Geheimhaltung. ;D

Zugpferd


NoLi

#9
Mit dem SODAR wird mit Hilfe von Schallwellen u.a. die Höhe der Wolkenuntergrenze gemessen (ähnlich wie mit dem SONAR die Wassertiefe).

Gruß
Norbert

DG0MG

Zitat von: NoLi am 12. August 2020, 16:26
Mit dem SODAR wird mit Hilfe von Schallwellen die Höhe der Wolkenuntergrenze gemessen (ähnlich dem SONAR bei der Wassertiefe).

Jaja, aber wozu?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Die Angaben werden im Störfall mit drohender oder stattfindender Freisetzung radioaktiver Stoffe (auch wenn nur durch den Abluftkamin) von Rechenprogrammen zu Ausbreitungs- und Aufschlagsberechnungen benötigt.

Gruß
Norbert