Uraninit vs. Freitaler Kohle: Unterschiedliche DL bei gleicher Zählrate?

Begonnen von Banev, 06. Februar 2025, 22:32

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Banev

Ich hätte da mal eine Verständnisfrage: Ich hatte gestern die Aufzeichnung des Spektrums eines Stücks Brandschiefer vom Freitaler Rosinaschacht abgeschlossen und mir nun gedacht, dass es interessant sein könnte, das mal mit dem Spektrum eines Stücks Pechblende von der Jachymover Barbora-Halde zu vergleichen. Im Prinzip sollte es, da die Radioaktivität in beiden Fällen aus derselben Zerfallsreihe stammt, keine größeren Unterschiede geben. So weit, so theoretisch ...

Um annähernd gleiche Bedingungen zu haben, hatte ich das kleine Stück Pechblende so positioniert, dass sich die gleiche Zählrate wie beim Brandschiefer ergab, was bei einem Abstand von ca. 15 cm der Fall war.
Nun fiel mir aber schon nach wenigen Minuten auf, dass die gemessene Dosisleistung bei der Pechblende um einiges höher liegt. Konkret heißt das: Bei einer Zählrate von ~47,2 CPS (± 0,1 CPS) beträgt die DL beim Brandschiefer 0,926 µSv/h, bei der Pechblende jedoch 1,22 µSv/h (Werte gemittelt über 30 Minuten).

An der Beta-Empfindlichkeit des RC kann es IMHO nicht liegen, denn dann wäre vermutlich die DL bei der Pechblende wegen des gößeren Abstands eher niedriger (obwohl da 15 cm jetzt keine so große Rolle spielen). Das einzige, was mir dazu sonst noch einfiele, wäre der unterschiedliche Gehalt an Thorium; die Freitaler Kohle gilt ja als eher Th-arm.
Aber erklärt das tatsächlich die über 30 % höhere DL der Pechblende? Oder übersehe ich da etwas?


NoLi

- Haben die beiden Stücke annähernd gleiche Größe und Oberfläche? Stichwort Geometriefaktor.

- Sind die beiden Stücke annähernd gleichartig mit Uran durchsetzt? Stichwort spezifische Aktivität.

- Haben die beiden Stücke eine annähernd gleiche Dichte? Stichwort Selbstabsorption.

- Befand sich zwischen den beiden Stücken und dem Messgerät ein Beta-Blocker (Beta-Absorber)? Stichwort Betaempfindlichkeit.

All diese Faktoren spielen beim Vergleich eine Rolle.

Norbert

Banev

Das ging ja schnell  :)

Die Antwort auf alle vier Fragen lautet nein. Die Uraninit-Probe ist natürlich wesentlich dichter, kleiner und auch konzentrierter, was den Urangehalt angeht. In beiden Fällen war keine Beta-Abschirmung im Spiel.

Aber: Pro Sekunde wechselwirken mit dem Detektor in beiden Fällen (in etwa) dieselbe Anzahl Photonen (und wohl auch ein paar Elektronen), denn es wird die selbe Zählrate gemessen – hier hergestellt durch unterschiedliche Probenabstände. Das Energiespektrum dieser Photonen resultiert in beiden Fällen aus dem Zerfall von Unat, sollte also zunächst mal weitgehend übereinstimmen (Thorium mal außen vor).
Wenn sich nun aber bei gleicher Zählrate (und gleichem Detektor) die DL unterscheidet, kann das nur durch eine Differenz in den Energiespektren erklärt werden.

Die Meßgeometrie sollte darauf IMHO keinen Einfluß haben, zumindest sehe ich gerade nicht, wie sie das Spektrum verändern kann. In beiden Fällen sollte der Detektor in etwa der gleichen Art und Weise »beleuchtet« werden – einmal frontseitig und einmal von oben. Evtl. wäre da die Wechselwirkung mit der Luftschicht, die sich durch die unterschiedlichen Abstände in beiden Fällen unterscheidet. Aber das müsste doch minimal sein, oder?

Bei der spezifischen Aktivität bin ich mir über die Auswirkung gerade nicht sicher, sehe aber den Zusammenhang mit der Selbstabsorption – könnte sie für höhere Werte im unteren Energiebereich sorgen? Das wäre eine Erklärung, aber kann das 30 % DL-Differenz ausmachen?

Was die nicht vorhandene Beta-Abschirmung angeht, sehe ich bei beiden Proben – wiederum bis auf die unterschiedlichen Abstände – keine Unterschiede, kann aber das ganze auch noch einmal mit 4mm Alu zwischen Probe und Detektor versuchen.

NoLi

Einen wesentlichen Einfluß auf die Gamma-Dosisleistung hat u.a. der Geometriefaktor der Proben. Sind sie nicht gleich groß, so ist die räumliche Strahlungsemission und damit der Photonenfluß (sprich Dosisleistung) am Detektorstandort unterschiedlich.

Das Gamma-Spektrum sollte sich nicht unterscheiden...es sei denn, auf Grund von Dichteunterschied und Porösität der Kohle ist durch Leaching von Regenwasser deren Radiumgehalt gegenüber dem Uraninit verringert.

Bei Erzproben ist die Verteilung des Urans leider sehr unterschiedlich...je mehr sich davon an der Oberfläche befindet, desto höher ist auch der Betaanteil. Daher muß die Betastrahlung bei der Messung unbedingt abgeschirmt werden.

Bei diesem Gammastrahlungspektrum spielen ein paar cm Luftschicht keine Rolle. Aber gerade die Selbstabsorption bzw. -schwächung im Niedrigenergiebereich ist im Erz je nach Dichte nicht zu vernachlässigen.

Befindet sich ein nicht unwesentlicher Anteil des Urans auch an der Oberfläche, so findet eine vermehrte Abgasung von Radon-222 statt, so dass dessen gammastrahlende Folgeprodukte Bi-214 und Pb-214 verringert vorhanden, also nicht im Gleichgewicht, sind.

Je nachdem, wie der Detektor bzw. das Strahlungsmessgerät die Dosisleistung vs Gammaenergie ("Energiekompensation") bewertet, kann es durch gestörte Folgeproduktaktivitäten der Zerfallsreihe zu unterschiedlichen Dosisleistungsanzeigen kommen.

Norbert




Floppyk

Sehr interessant. Aus dem Bauch heraus hätte ich vermutet, dass in diesem Fall zwar die Aktivität unterschiedlich hoch sein wird, jedoch das Gammaspec weitgehend identisch ist.

NoLi

Zitat von: Floppyk am 07. Februar 2025, 11:25Sehr interessant. Aus dem Bauch heraus hätte ich vermutet, dass in diesem Fall zwar die Aktivität unterschiedlich hoch sein wird, jedoch das Gammaspec weitgehend identisch ist.
Das natürliche Gammaspektrum von Uran- und Thoriummineralien unterschiedlicher Aktivitäten ist dann in der Peakhöhe identisch, wenn es bei ihnen nur sehr wenig Radonemanation auftritt. Dies ist in der Regel bei Mineralien mit hoher Dichte (Granit, Gneis, ...) und höherer Uran-/Thoriumdurcherzung der Fall.

Norbert

Banev

Zitat von: NoLi am 07. Februar 2025, 10:44Befindet sich ein nicht unwesentlicher Anteil des Urans auch an der Oberfläche, so findet eine vermehrte Abgasung von Radon-222 statt, so dass dessen gammastrahlende Folgeprodukte Bi-214 und Pb-214 verringert vorhanden, also nicht im Gleichgewicht, sind.

Ich denke, dass das wohl die Hauptursache für die geringere DL des Brandschiefers sein könnte, denn der hat wirklich die Konsistenz von Blätterteiggebäck und lag außerdem über Jahrzehnte – der Schacht wurde 1886 dicht gemacht – an der Erdoberfläche oder doch zumindest oberflächennah, so dass wohl ein Großteil des Radons entwichen ist.

Ich werde beide Spektren nochmal mit »Betablocker« aufnehmen; mal sehen, ob und wie sich der Unterschied im Vergleich bemerkbar macht – auch wenn der RC mit seinem kleinen Kristall dafür sicher nicht die beste Wahl ist.

Floppyk

Das Radon(gas) wird als Zerfallsprodukt vom Radium stetig neu produziert. Da Radon eine Halbwertszeit von nur knapp 4 Tagen hat, dürfte das auch relativ konstant nachweisbar sein.

NoLi

Die Ausgasungsrate aus dem Mineral bzw. hier des Brandschiefers ist maßgeblich. Wenn dieses Material die Konsistenz von Blätterteig hat, gast ein erheblicher Teil des Radons (= Edelgas) aus, bevor sich daraus im Schiefer seßhafte Folgeprodukte (= Schwermetalle) signifikant aufbauen können. Somit sind diese auch gammastrahlenden Folgeprodukte (und damit die Dosisleistung) in diesem Mineral unterrepräsentiert.

Norbert

Banev

Richtig, aber je leichter das Radon aufgrund der Eigenschaften des uranhaltigen Gesteins ausgasen kann, umso weniger nichtflüchtige Radon-Zerfallsprodukte enthält das Gestein. Je länger das der Fall ist, umso mehr verschiebt sich, wie @NoLi schon schrieb, das Isotopengleichgewicht im Gestein zuungunsten der Radon-Töchter.

Ups – ich war zu langsam :)

Radiohörer

Zitat von: Floppyk am 07. Februar 2025, 17:38Das Radon(gas) wird als Zerfallsprodukt vom Radium stetig neu produziert. Da Radon eine Halbwertszeit von nur knapp 4 Tagen hat, dürfte das auch relativ konstant nachweisbar sein.
...wie könnte man dann diese Werte interpretieren:
Radiumwecker in einer 25 Liter Kühlbox mit Gummilippe zusammen mit aranetRn+, RadonEye und 2x, Radon Scout Professional (ganz links der Wecker)?