Darf es etwas Radon sein? Der Radon-Mess-Thread

Begonnen von katze, 03. Januar 2020, 00:35

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

DL3HRT

Wie versprochen sind hier die Messwerte vom Kinderzimmer. Die Radonkonzentration ist dort extrem abhängig vom Lüftungsverhalten. Dementsprechend sinken die Messwerte im Frühling und Sommer kontinuierlich ab, da das Fenster nachts durchgängig und tagsüber teilweise gekippt ist. Der aktuelle Mittelwert über einen Monat liegt bei 69 Bq/m3. Im Winter lag der Monatsmittelwert bei <150 Bq/m3, war also immer noch tolerierbar.

DL3HRT

Ich habe mich die beiden letzten Tage damit befasst, das RadonEye mit einem ESP-32 Mikrocontroller zu "verheiraten". Das ging tatsächlich einfacher als befürchtet. Das RadonEye bietet eine BLE-Schnittstelle (BLE = Bluetooth Low Energy).

Experimente zur Kommunikation mit dem RadonEye wurden bereits HIER vorgestellt. Wenn man den Thread ausführlich liest weiß man, was zu tun ist.

Das angehängte Foto zeigt den aktuellen Stand meiner Versuche.

       
  • R: aktueller Radon-Messwert (Mittelwert über eine Stunde)
  • I: Impulse im aktuellen 10'-Intervall / Impulse im letzten 10'-Intervall (daraus berechneter Rohwert im letzten 10'-Intervall)
  • D: Tagesmittelwert (im Foto waren noch keine 24 Stunden Laufzeit erreicht)
  • M: Monatsmittelwert
  • L: Laufzeit des RadonEye seit dem Einschalten
Vom Prinzip her bekommt man alle die Daten, die man auch mit der Handy-App sehen kann. Der Vorteil des ESP32 besteht allerdings darin, dass man sich mit dem WLAN verbinden kann. Aktuell sende ich Messwerte zu Thinkspeak: https://thingspeak.com/channels/728645

Ich konnte mir noch nicht alle Datenfelder erschließen. Wenn ich damit fertig bin, werde ich hier alles vorstellen. Für mich besonders wichtig ist, dass man sich den Rohwert der letzten 10 Minuten berechnen kann. Durch die Mittelwertbildung sinkt der vom RadonEye ausgegebene Messwert nur sehr langsam, obwohl man z.B. beim Lüften in den Rohwerten bereits eine deutliche Abnahme beobachten kann.

Da man die Messwerte einfach ins WLAN-Netzwerk bringen kann sind folgende Erweiterungen denkbar:

       
  • Senden der Messwerte zu einem MQTT-Server
  • Modbus-Client zur Kommunikation mit einer SPS
  • Senden einer E-Mail beim Überschreiten eines eingestellten Grenzwertes
  • usw.

Henri

Ist ja spannend!
Aber 1-3 Impulse in 10 Minuten ist ja echt ziemlich wenig, um da schon was draus zu berechnen.
Die Kammer von den Theremino-Leuten schafft ca. 1 CPM bei 16 Bq/m³, ist aber natürlich auch einiges größer und dadurch nicht mehr unbedingt kinderzimmertauglich :-).

Wie sieht die Zählkammer eigentlich von innen aus? Hast Du die mal aufgemacht?

Es gibt hier im Forum noch einen tollen Thread über den Bau einer Vieldrahtkammer. Verwendet das RadonEye auch so eine, oder ist es eine "normale"? Und wie gut werden elektromagnetische Störungen abgefangen? Wird z.B. die Zählimpulsform auch ausgewertet?

Viele Grüße,

Henri

DL3HRT

Zum Sensor gibt es ein recht informatives Datenblatt: DOWNLOAD
Dort ist auch der Aufbau der Kammer gut beschrieben.

Weiter oben wurde erwähnt, dass sich das entstehende Blei-210 in der Kammer anlagert und die Messwerte beeinflusst. Ich habe mir einmal die Energien der Alphazerfälle für Blei-210 und Radon--222 herausgesucht:Da beim Zerfall von Radon-222 Alphateilchen mit deutlich höherer Energie freigesetzt werden gehe ich davon aus, dass man die Komparatorschwelle so wählt, dass Blei-210 Zerfälle ausgeblendet werden.

ZitatDie Kammer von den Theremino-Leuten schafft ca. 1 CPM bei 16 Bq/m³
Da gibt es manchmal einen eklatanten Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Ein User aus diesem Forum hat mir vor einiger Zeit seine Theremino-Kammer für einen Test zur Verfügung gestellt. Er hatte sie vorher zu den Thereminoleuten zur Kalibrierung eingeschickt. Mir sind einige Diskrepanzen aufgefallen:
Ich habe die Impulsraten und den dazugehörigen Messwert untersucht. Man kann die Ergebnisse wie folgt zusammenfassen: 
Gegeben ist eine Rn-222 Aktivität von 100 Bq/m^3.
RadonEye:                     1.35 cpm
Theremino - technische Daten: 5.00 cpm
Theremino - Hompage:          2.58 cpm
Theremino - Messgerät real:   1.04 cmp
Im Klartext: Die mir zur Verfügung gestellte Messkammer war nur unwesentlich empfindlicher als das RadonEye. Bei 5fachem Probevolumen hat mich das schon sehr enttäuscht. Zudem gab es eine Diskrepanz zwischen den technischen Daten der Kammer und anderen Aussagen auf den Theremino-Seiten. Der von dir angegebene Wert würde sogar 6,25 cpm bei 100 Bq/m3 bedeuten.

Als der Forenuser die Thereminoleute daraufhin angeschrieben hat gab es zunächst eine sehr pampige Antwort, die ich hier nicht veröffentlichen möchte. Später hat ein Entwickler eingeräumt, dass vielleicht auch die Kammer nicht so funktioniert wie sie sollte.

Ich möchte hier die Theremino-Kammer auf keinen Fall schlechtreden, im Gegenteil. Bei 5fachem Probevolumen ist sie wesentlich empfindlicher und damit auch schneller, wenn ein möglichst genauer Messwert erwartet wird. Da es sich eigentlich um ein Bastelprojekt handelt gibt es eben auch viele Einflussfaktoren, welche die korrekte Funktion beeinträchtigen können. Das konkrete Gerät wurde allerdings als Fertiggerät von den Theremino-Leuten bezogen und war dazu auch nicht ganz billig. Da hätte ich ein wenig mehr erwartet.

Ich hatte einmal drei RadonEyes nebeneinanderstehen und alle drei zeigten in etwa den gleichen Wert an. 

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 15. August 2020, 18:27
Ich habe mich die beiden letzten Tage damit befasst, das RadonEye mit einem ESP-32 Mikrocontroller zu "verheiraten".

Gibts da eine Security-Function, also in etwa eine gemeinsame PIN oder ein gleichzeitiges Knopfdrücken auf beiden Seiten?

Allein der Radon Sensor RD200M ist im Datenblatt mit 12 V / 60 mA angegeben. Das müsste also beim RadonEye nochn bisschen mehr sein, wegen des Displays. Was verbraucht da soviel Strom? Wird da was warm?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

ZitatGibts da eine Security-Function, also in etwa eine gemeinsame PIN oder ein gleichzeitiges Knopfdrücken auf beiden Seiten?
Nein, man scannt nach BLE-Geräten. Da taucht dann das RadonEye auf. Man kann sich dann einfach damit verbinden. Das Einzige was man wissen muss sind die IDs der entsprechenden Services und der einzelnen Charakteristika.

Es gibt eine schöne kostenfreie Android-App: BLE Analyser
Man bekommt alle BLE-Geräte mit Signalstärke aufgelistet. Ich habe mich zunächst mit dem RadonEye verbunden. Da bekommt man dann alle verfügbaren Services und ihre Charakteristikena aufgelistet. Man kann sogar Daten senden und empfangen und so das entsprechende Gerät "erkunden".
ZitatAllein der Radon Sensor RD200M ist im Datenblatt mit 12 V / 60 mA angegeben. Das müsste also beim RadonEye nochn bisschen mehr sein, wegen des Displays. Was verbraucht da soviel Strom? Wird da was warm?
Das Handbuch gibt auch nur 65 mA an, was sicher etwas zu gering ist. Man muss noch den Stromverbrauch des Mikrocontrollers und des Displays dazurechnen. Je nachdem ob man mit Linearregler oder Schaltregler auf die 3,3 V umsetzt dürfte die Gesamtstromaufnahme zwischen 100 mA und 150 mA liegen.

Henri

Schönes Datenblatt zum Sensor. Also nur eine Eindraht-Kammer, was erklärt, dass bei 3,7 kBq/m3 schon Schluss ist. Immerhin, das mit dem Bewegungssensor ist gut gelöst.

Ich wußte gar nicht, dass Theremino auch Geräte verkauft und sogar Kalibrierungen anbietet. Auf der Seite steht, sie machen nur die Hardwareentwicklung, und manches kann man von Externen kaufen. Die Links für die Kalibrierung habe ich gesehen, aber da stand auch ein Kommentar, dass das nicht so einfach ist. Die cpm-Werte habe ich einem Screenshot entnommen. Aber klar, wenn das Gerät nicht richtig kalibriert ist, haben die wenig Aussagekraft :-)

Ionisationskammern haben halt ihre Tücken. Für ein relativ günstiges Consumer-Gerät wie den RadonEye haben sie es anscheinend geschafft, einige davon zu umschiffen.
Ich hatte mir selbst mal ein einfaches Modell gebaut, das auch funktioniert hat, aber im Dauerbetrieb dann doch zu unzuverlässig gewesen ist. Ich will halt die Strahlung messen und nicht Luftfeuchte, Temperatur, Vibrationen oder die Funken beim Licht einschalten. Und gerade bei der für Radon notwendigen hohen Empfindlichkeit braucht man schon einiges an Know How, um dem allen zu begegnen. Vor dem Hintergrund und der durchgeführten rückführbaren Einzelkalibrierung jedes Sensors ist der vielleicht gar nicht mal so teuer.

Viele Grüße,

Henri

DL3HRT

Ich habe mir die Kommunikation zwischen RadonEye und Android-Handy etwas genauer angeschaut. Das geht relativ einfach, da man im Handy den Datenaustausch mit dem verbundenen Bluetooth-Gerät vollständig protokollieren kann. Die Protokolldatei kann man danach mit Wireshark auswerten.

So schön wie es für mich ist, dass man das RadonEye so einfach steuern und auslesen kann, so schlecht ist der Job, den die Programmierer bei Ftlab gemacht haben. Es gibt keinerlei Authentifizierung. Man kann also auf jedes RadonEye einfach so zugreifen, ohne Paarung mit einem Gerät, ohne Passwort oder ähnliches. Damit kann man die Anzeige zwischen Bq/m3 und pCi/l umschalten, Alarmgrenzen verstellen, aufgezeichnete Messwerte auslesen und oder löschen und vermutlich sogar ein Firmwareupdate durchführen. Ich bin mir nicht sicher ob sich meine Nachbarn darüber freuen würden, wenn sie ein RadonEye hätten.

Auch andere Geräte haben Schwachstellen. Beim Fitnessarmband meines Kollegen lassen sich Firmwareversion und Ladestand des Akkus einfach so auslesen. Wenn der Ladestand morgens fast genausohoch wie am vorangegagenen Nachmittag ist dann weiß ich, dass mein Kollege nicht joggen war  :) . Man sieht, auch aus so belanglosen Informationen wie dem Ladestand kann man Informationen ableiten...



DG0MG

Boah, das ist - heutzutage - unter aller Sau!

Ich meine, eine vierstellige PIN gibts doch schon immer bei Bluetooth? Selbst bei einer Kopplung einer BT-Maus mit dem PC musste man die eingeben.

Mal abgesehen von Böswilligkeiten:
Woher weiß ich denn, mit welchem Radon-Eye ich verbunden bin, wenn ich mehrere habe? (Oder der Nachbar auch eins hat)
Melden die sich mit einem leicht erkennbaren, aber zwischen den Geräten unterschiedlichen Namen, der dann z.B. auch auf einem Label auf der Geräteunterseite steht?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

ZitatWoher weiß ich denn, mit welchem Radon-Eye ich verbunden bin, wenn ich mehrere habe? (Oder der Nachbar auch eins hat)
Melden die sich mit einem leicht erkennbaren, aber zwischen den Geräten unterschiedlichen Namen, der dann z.B. auch auf einem Label auf der Geräteunterseite steht?
In der App werden die letzten 4 Ziffern der Seriennummer angezeigt (siehe Foto). Die Seriennummer selbst ist viel länger und beinhaltet Produktionsjahr usw. Wenn man zwei RadonEyes besitzt besteht daher eine Chance von 1:9999, dass man zwei gleiche Einträge in der App findet  :) .
Auf jeden Fall finde ich es kritisch, dass überhaupt nichts abgesichert ist. Da misst jemand über Wochen und Monate und dann kommt jemand vorbei und löscht den Messwertspeicher...

Prospektor

Hallo zusammen!

Hatte mir ja vor einiger Zeit das RadonEye zugelegt und bin soweit echt zufrieden  :) Messungen ergaben, dass im Keller derzeit so um die 150-200 Bq/m³ vorhanden sind, während in der Wohnung (3. EG, BJ 2000) nur minimale Mengen von 10-20 Bq/m³ nachweisbar sind. Die Werte repräsentieren natürlich nur einen kurzen Zeitraum.

Habe dann auch mal ein paar Experimente mit dem Gerät gestartet. Eines davon bestand im gezielten "Zapfen" von Rn-haltiger Luft am Fledermausschlitz des Stollens im Sauersboschtal bei Baden-Baden. Ein definiertes Probevolumen von 50 mL wurde dann in die "Messkammer" von ca. 10 L Volumen injiziert, in welcher sich auch das RadonEye befindet. Habe nun nach fast 6 Tagen mal die Daten ausgewertet (s. Anhang) und bin leider etwas ratlos, wieso ich mit der HWZ nicht ansatzweise in die richtige Richtung laufe:
T1/2 = ln2/lambda = 61,7 h (Theorie: 91,7 h)

Die Messkammer sollte eigentlich ziemlich Rn-dicht sein 3 mm HD-PE + alles Schraubverschlüsse mit dicken Gummidichtungen. Ich kann mir nur vorstellen, dass eine Menge x an Rn in das PE diffundiert und dort "gelöst" bleibt, ergo der Messung entzogen wird. Ich habe aktuell die Messkammer vollständig und gut belüftet und dann wieder verschlossen. Mal sehen ob da größere Mengen Rn wieder zurück in die Luft diffundieren.
Oder habe ich irgendetwas übersehen?  :unknw:

Btw: Wenn man mal hochrechnet und abzüglich Hintergrund von einer Anfangsaktivität von ca. 900 Bq/m³ ausgeht, dann ergibt sich für die Stollenluft ca. 180.000 Bq/m³, ein stolzer Wert  8) (NoLi hat ja berichtet dort schon 300 kBq/m³ gemessen zu haben).

Henri

Kann schon sein mit der Diffusion... Irgend was scheint Dir da abhanden gekommen zu sein. Ich habe mir zum Radonmessen so einen Blecheimer mit Schnellverschlussbügel gekauft, der auch für Gefahrgüter zugelassen ist. Kostet nicht viel, aber das Dichtband presst den Deckel ziemlich effektiv auf den Behälter. Richtig auf Dichtheit getestet habe ich ihn allerdings nicht, sondern dem Datenblatt vertraut.

Viele Grüße,

Henri

DL3HRT

Vielleicht lagert es sich auch nur an der Oberfläche an. Ist es möglich, den Behälter ein wenig zu erwärmen?

NoLi

Eventuell elektrostatische Aufladung des HD-PE-Behälters?

Gruß
Norbert

Prospektor

Zitat von: DL3HRT am 10. September 2020, 19:41
Vielleicht lagert es sich auch nur an der Oberfläche an. Ist es möglich, den Behälter ein wenig zu erwärmen?

Ja, ich dachte eben auch an Anlagerung/Diffusion, daher habe ich die Messkammer nach kurzem aber vollständigen Belüften wieder verschlossen und sie mit einem Föhn erwärmt. Trotz allem blieben die Messwerte seit Belüften auf der Hintergrundaktivität bzw. sogar darunter.

Zitat von: NoLi am 10. September 2020, 19:52
Eventuell elektrostatische Aufladung des HD-PE-Behälters?

Gruß
Norbert

Spielt das denn für Rn eine Rolle? Als neutrales und inertes Edelgas sollte es sich von sowas ja nicht beeinflussen lassen. Anders sieht es natürlich für die Zerfallsprodukte aus.

Zitat von: Henri am 10. September 2020, 18:53
Kann schon sein mit der Diffusion... Irgend was scheint Dir da abhanden gekommen zu sein. Ich habe mir zum Radonmessen so einen Blecheimer mit Schnellverschlussbügel gekauft, der auch für Gefahrgüter zugelassen ist. Kostet nicht viel, aber das Dichtband presst den Deckel ziemlich effektiv auf den Behälter. Richtig auf Dichtheit getestet habe ich ihn allerdings nicht, sondern dem Datenblatt vertraut.

Viele Grüße,

Henri

Evtl. werde ich auch auf ein anderes Material ausweichen müssen. Ich hätte jetzt zwar echt nicht gedacht, dass mein Aufbau nicht dicht ist, aber es scheint so zu sein (oder der Messaufbau bzw. die Auswertung hat ein Problem, das ich nicht sehe...).
Durch dünne Materialien diffundiert Rn wirklich schnell. Habe mir mit einer Pumpe auch etwas der "guten Luft" in Luftballons gefüllt. Die zeigten in der ersten halben Stunde zwar noch einen deutlichen Anstieg der Aktivität (diesmal mit Pancake Zählrohr gemessen), dieser stagnierte aber schnell und nach 3-4 h, als die Aktivität eigentlich maximal sein sollte, hatte ich nur noch minimal erhöhte Aktivität.