Darf es etwas Radon sein? Der Radon-Mess-Thread

Begonnen von katze, 03. Januar 2020, 00:35

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DL8BCN


DL3HRT

Ich habe mir mal diese Beschreibung von SARAD durchgelesen.
ZitatMittels Markov Methode kann die Potentielle Alpha Energie Konzentration (PAEC) einer Luftprobe
innerhalb weniger Minuten bestimmt werden. Die Filterbeaufschlagung mittels Pumpe dauert fünf
Minuten, danach werden weitere zehn Minuten zur Analyse benötigt. Während dieser Zeit kann
bereits der Messort gewechselt werden.

Es wird also bereits nach 5 Minuten gemessen, folglich geht es um die Messung der Alphastrahlung des bei Rn-222 Zerfall entstehenden Po-218. Das hat eine Halbwertszeit von 3,05 Minuten. Wie ich es verstanden habe, wird die Gesamtimpulsanzahl gezählt. 10 Minuten entsprechen immerhin schon mehr als 3 Halbwertszeiten!

Da der AlphaHound Alpha- und Betastrahlung unterscheiden kann war meine Idee, ob man das Verfahren nicht mit diesem Gerät testen kann. Dazu muss man allerdings unmittelbar nach der Probenahme mit der Messung beginnen. Zusätzlich zum Po-218 spielt auch noch Po-214 eine Rolle, welches aus Bi-214 entsteht. Dessen Einfluss lässt sich aber mathematisch "rausrechnen".

Was meint ihr?

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 10. April 2025, 19:1440 Minuten lang Kellerluft durch ein Wattepad

Das MARKOV-Verfahren macht aber nicht (nur) das Saugen der Messluft durch einen Filter, sondern insbesondere den zeitlichen Rhythmus, in dem gesammelt und gemessen wird, aus.

Beim  Alpha-Zähler AZ-2 ist im "schnellsten" Modus von 4 Minuten Sammeln, 4 Minuten Pause, 4 Minuten Messen die Rede. Im SARAD-Dokument MARKOV-PAEC.pdf ist von 15 Minuten die Rede, also ein 3* 5 Minuten-Zyklus.

Eine nähere Beschreibung steht hier: https://sarad.de/application-detail.php?p_ID=93&cat_ID=7

"Dabei wird die Luftprobe durch ein fünfminütiges Pumpintervall zu Beginn der Messung entnommen. Anschließend wird die Gesamt-Alpha-Aktivität des Filters innerhalb eines bestimmten Zählintervalls gemessen. Startzeitpunkt und Länge des Zählintervalls sind so definiert, dass die gemessene Aktivität der Konzentration der Radonfolgeprodukte proportional ist."

Daraus würde ich lesen, dass das Zählen nicht sofort nach dem Abschalten der Pumpe beginnt.

In https://www.fs-ev.org/fileadmin/user_upload/90_Archiv/FS-Pub-Archiv-final/FS-94-75-AKURA.pdf ist dieses Zeitabfolgediagramm gezeigt:

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Was ist nun von Minute 6 bis 9? Pumpen oder Messen?
Der links stehenden Formel nach ist das Messergebnis proportional dem Zählergebnis in N2.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

SARAD bezeichnet ihr Verfahren als modifiziertes Markov-Verfahren. Wenn man nur 5 Minuten sammelt, dann ist die Aktivität im Filter sicher nicht sehr hoch. Da das aus dem Radon-222 entstehende Polonium-218 nur eine HWZ von ca. 3 Minuten hat, beginnen die SARAD-Geräte sofort mit der Messung.

Ich sehe das so: Im Filter hat man eine Menge x an Polonium-218 und eine Menge y an Polonium-214, welches aus dem Zerfall von Bismut-214 entsteht. Nach ca. 9 Minuten Messzeit hat sich die Aktivität des Polonium-218 auf ein Achtel reduziert. Da Bismut-214 eine HWZ von 19,9 Minuten hat, ist die Reduzierung der Polonium-214 Aktivität entsprechend geringer.

Aus der Anfangs- und Endaktivität kann man den Gehalt an Polonium-218 berechnen und daraus auf die Radonkonzentration schließen.

Als kritischen Punkt des Verfahrens sehe ich das Sammeln der Probe. Alle Parameter müssen reproduzierbar sein, also Luftdurchsatz, Zeit, Filtermaterial etc.

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am Gestern um 10:10beginnen die SARAD-Geräte sofort mit der Messung.

Wo nimmst Du diese Information her? Ich denke schon, dass die auch eine Minute warten.

Zitat von: DL3HRT am Gestern um 10:10Anfangs- und Endaktivität

Das wäre zumindest sehr einleuchtend, dass eben nicht EIN Zählwert das Messergebnis ist, sondern die Differenz aus zwei Messungen, zwischen denen ein Teil schon wieder zerfallen ist. Dann wäre aber die Formel und das Zeitschema aus dem AKURA-Dokument oben falsch oder unvollständig. In die Formel würden in die Klammer zwei Messwerte gehören und über die Aktion zwischen Minute 6 und 9 die Beschriftung "N1".

Aber hier wird es klarer:

Zitat von: DL3HRT am Gestern um 10:10modifiziertes Markov-Verfahren

Ich habe jetzt dieses Dokument gefunden, "A Rapid Method for Radon Determination": https://www.kns.org/files/pre_paper/33/15S-279NorovEnkhbat.pdf


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Es kommt darauf an, WAS man messen will: Po-218, Pb-214, Bi-214 oder alles zusammen (was dann die Gesamt-Alpha-Aktivität ist). Aus den 3 Einzelwerten kann auch die Radonkonzentration ermittelt werden. Die obige AKURA-Formel, die nur N2 enthält, liefert also die Pb-214 Aktivität.

Der Rhythmus ist beschrieben mit: 5min Sammeln - 1min Pause - 3min messen: N1 - 3min Pause - 3min messen: N2. Das ergibt genau den 15-Minuten-Zyklus, den SARAD beschreibt und der auch in dem AKURA-Diagramm dargestellt ist.

Allerdings finde ich, dass diese beiden Sätze sich widersprechen:
"air sample is taken for 5 min on a filter at a rate of 2.25 L/ min and two times counting of filter activity for 3 min after 1 and 5 min since sampling,"

"1N- the giving counts per 3 min in alpha counter after 1 min delay since sampling, 2N - the giving counts per 3 min in alpha counter after 7 min delay since sampling"

Ja, wie nun - die zweite Messung einmal 5 Minuten nach Sammel-Ende oder 7 Minuten?


Hier mal noch ein Beispiel für ein "altmodisches" Radon-Messgerät: Ein polnisches "Grubenradiometer RGR-11", das offenbar auch nach der (modifizierten?) MARKOV-Methode arbeitet, denn die LEDs oder Lämpchen geben den Fortschritt der Messung bis zur 15. Minute an und die Farben stimmen mit o.a. Rhythmus überein: 5min samplen, 1 min Pause, 3min messen ... usw.

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Fotografiert im Schaubergwerk "Glöckl" (https://www.frisch-glueck.de/) Johanngeorgenstadt.
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DG0MG

Zitat von: opengeiger.de am 03. April 2025, 15:48Das Original für den Markov Algorithmus gibts jedoch aus sowjetischen Zeiten hier noch (kostet auch wieder Geld): https://link.springer.com/article/10.1007/BF01683245

A rapid method for estimating the radiation hazard associated with the presence of radon daughter products in air
    The Soviet Journal of Atomic Energy
    Published: September 1962
    Volume 12, pages 333–337, (1962)
    K. P. Markov, N. V. Ryabov & K. N. Stas'


Obwohl die CIA in ihrer Bibliothek eine Reihe von Ausgaben des Sowjetischen Atomenergiejournals zugänglich hat, ist die Ausgabe 12 von 1962 nicht dabei. Archive.org hat nur die Inhaltsverzeichnisse. Dort wäre der Artikel aber in einer englischen Übersetzung gewesen. Also müssen wir die Reste der Russischkenntnisse wieder rauskramen und finden tatsächlich den kyrillischen Originalartikel in der Bibliothek von ROSATOM:


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Im Anhang ein PDF, das alle 5 Seiten und eine (schlechte) Google-Übersetzung ins Deutsche enthält. Vielleicht kann jemand das mal bei Deepl oder so versuchen, zu übersetzen.
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DL3HRT

Zitatair sample is taken for 5 min on a filter at a rate of 2.25 L/ min

Bei einer Pumpdauer von 5 Minuten ergeben sich 11,25 l Luft, die durch den Filter gegangen sind. Nehmen wir eine Radonkonzentration von 300 Bq/m3 an. Dann hat man im Probevolumen 3,375 Bq Zerfall von Radon-222. Gehen wir von 5 Minuten = 300 Sekunden aus, so ergibt das insgesamt 1012 Zerfälle. Das nur sind die Zerfälle des Radons. Dazu addieren sich die Zerfälle des Polonium-218.

Was ich damit sagen will: Ich habe keine Vorstellung, welche Aktivität man tatsächlich nach 5 Minuten Pumpzeit messen kann :D. Natürlich ist das auch abhängig vom Detektor.

Mit dem Staubsauger zieht man man sicherlich deutlich mehr Luft durch ein Wattepad. Da hilft nur der Versuch.

Steht eigentlich irgendwo, ab welcher Radonkonzentration das Markov-Verfahren einsetzbar ist?

NoLi

Zitat von: DL3HRT am Heute um 14:17Bei einer Pumpdauer von 5 Minuten ergeben sich 11,25 l Luft, die durch den Filter gegangen sind. Nehmen wir eine Radonkonzentration von 300 Bq/m3 an. Dann hat man im Probevolumen 3,375 Bq Zerfall von Radon-222. Gehen wir von 5 Minuten = 300 Sekunden aus, so ergibt das insgesamt 1012 Zerfälle. Das nur sind die Zerfälle des Radons. Dazu addieren sich die Zerfälle des Polonium-218.
...
Und wie groß ist der Abscheidegrad und die Selbstabsorption des Wattepads?

Norbert

DL3HRT

Ich liebe Überraschungen und das war eine :).

Nach dem gestrigen schnellen Versuch wollte ich heute etwas systematischer vorgehen. Der Probesammler bestand wieder aus Staubsauger, Socke und Wattepad.
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Ich habe gestern Abend die Belüftung des Kellers reduziert, damit auch etwas Radon zum Messen in der Luft ist. Zwei RadonEyes zeigten sehr ähnliche Messwerte knapp unterhalb 700 Bq/m3.
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Ich habe mich strikt an folgendes Zeitschema gehalten:
5' saugen -> 1' warten -> 3' messen -> 3' warten -> 3'messen usw.

Die Minute zwischen dem Ende der Probenahme und dem Beginn der Messung hat ausgereicht, vom Keller ins Arbeitszimmer zu sprinten :). Zur Messung habe ich den AlphaHound AB+ verwendet. Die Messwerte habe ich über die dazugehörige Windows-Software AlphaView auf dem PC visualisiert. AlphaView kann die Impulse innerhalb eines ausgewählten Zeitintervalls zählen. Da 180 Sekunden nicht als einstellbares Intervall vorhanden sind, habe ich auf 300 Sekunden eingestellt und die Messung nach exakt 180 Sekunden abgebrochen. Vor Beginn der Messreihe habe ich die Nullrate bestimmt. Es wurden nur 3 Alpha-Impulse in 3 Minuten gezählt.

Hier die Ergebnisse der Alpha-Zählungen der einzelnen Messungen:

Messung Alpha-Ereignisse
  N1          5301
  N2          3690
  N3          3218
  N4          3044
  N5          2998
  N6          2848


Hier das Ganze im Diagramm:
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Ich hatte vor dem Versuch keine großen Erwartungen. Was soll sich schon in fünf Minuten im Wattepad sammeln?  :-\ Deshalb waren die Messwerte auch die Überraschung, von der ich anfangs geschrieben habe. 5301 Impulse in 3 Minuten, das sind 29,5 Impulse pro Sekunde!

Jetzt erklärt sich auch, warum beim Markov-Verfahren nur bis N2 gemessen wird. Anfangs dominiert das Po-218, welches direkt aus dem Zerfall von Rn-222 hervorgeht. Aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit von 3,05 Minuten verschwindet es sehr schnell aus der Probe. Die Messung N2 wird zwischen Minute 7 und Minute 10 nach dem Probesammeln durchgeführt. Zu Beginn der Messung sind bereits mehr als 2 Halbwertszeiten vergangen und am Ende der Messung mehr als 3 Halbwertszeiten. Ab Messung N3 ist das Po-218 schon so weit zerfallen, dass es keine große Rolle mehr spielt. Es dominiert dann das Po-214 aus dem Bi-214 Zerfall. Das Po-214 zerfällt nahezu augenblicklich, wird aber durch die längeren Halbwertszeitn von Pb-214 und Bi-214 noch eine ganze Weile nachgebildet.

Ich bin auf jeden Fall mehr als positiv überrascht. Die "tragende" Rolle spielt hier das Messgerät, denn mit vielen gängigen Geräten kann man nicht "nur Alpha"  messen.

Zitat von: NoLi am Heute um 19:10Und wie groß ist der Abscheidegrad und die Selbstabsorption des Wattepads?
Eine gute Frage die auf einen wichtigen Punkt hinweist, nämlich die Reproduzierbarkeit. Die ist mit einem Wattepad auf keinen Fall gegeben. Man sollte auf jeden Fall einen möglichst "glatten" und dichten Glasfaserfilter verwenden. Dann braucht es viele Messreihen mit Referenzinstrumenten, um aus den Messwerten eine Radonkonzentration ableiten zu können.

Mir ging es bei dem Experiment vor allem darum die Dynamik des Prozesses zu sehen und ich denke, dass das gut gelungen ist.








 

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am Heute um 20:395' saugen -> 1' warten -> 3' messen -> 3' warten -> 3'messen usw.

Kannst Du abschätzen, wieviel Luft in den 5 Minuten durch das Wattepad gelaufen ist? Vielleicht, indem Du einen großen Plastiksack (Müllsack) aufbläst und schaust, wie lang es dauert, bis er leergesaugt ist?
Es werden ja ERHEBLICH mehr, als die 2,5 Liter/min sein.

Letztendlich könnte es ja Ziel sein, die Probe mit einer batteriebetriebenen Pumpe zu ziehen.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am Heute um 20:51...
Letztendlich könnte es ja Ziel sein, die Probe mit einer batteriebetriebenen Pumpe zu ziehen.
Hier ein Beispiel von Prof. Henning von Philipsborn:



Norbert

DL3HRT

Zitat von: DG0MG am Heute um 20:51Kannst Du abschätzen, wieviel Luft in den 5 Minuten durch das Wattepad gelaufen ist? Vielleicht, indem Du einen großen Plastiksack (Müllsack) aufbläst und schaust, wie lang es dauert, bis er leergesaugt ist?
Es werden ja ERHEBLICH mehr, als die 2,5 Liter/min sein.
Ja, erheblich mehr als 2,5 l/min mit Sicherheit. Allerdings ist der Staubsauger so aufgebaut, dass die Luft quasi überall herausgedrückt wird. Frühere Modelle hatten ein Luftaustrittsrohr...


DL3HRT

Prof. Philipsborn misst aber alle Radon-Zerfallsprodukte über die Gammastrahlung. Das führt aber zu einer sehr langen Messzeit. Wir waren beim Markov-Verfahren und da geht es um die Radonmessung in kurzer Zeit (15 Minuten) durch die Messung der Alpha-Aktivität und ihrer Dynamik im Filter.

NoLi

Er schreibt aber was von einer Nachweisgrenze von 50 Bq/m³ bei 300 Sek, also 5 Minuten, Messzeit.

Norbert