Gefährlichkeit von Radon

Begonnen von opengeiger.de, 14. November 2024, 17:13

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opengeiger.de

Also nun ist die Zahl der attributierten Totesfälle doch irgendwie um den Faktor 1.5 hochgeschnellt: Wir sind jetzt bei 2800. Bisher waren es immer 1900.

https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/radon-lungenkrebs-100.html

Ob das ein Zeichen dafür ist, dass die Dosiskoeffizienten auch bald hochgehen?

Edited: Faktor 1.5 nicht 2

opengeiger.de

So, nun bin ich doch dahintergekommen, wieso wir seit gestern plötzlich 2800 Radon-Tote in Deutschland pro Jahr haben, wo es doch bis gestern nur 1900 waren. Der Hintergrund ist diese Studie des BfS, die gestern rauskam:

Heinzl, Schnelzer, Scholz-Kreisel; Lung cancer mortality attributable to residential radon in Germany; BfS 13. November 2024

https://link.springer.com/article/10.1007/s00411-024-01095-y

Man war ja auch bei den Klagen von Gemeinden gegen die ,,Zuteilung" des Status ,,Radonvorsorge-Gebiet" immer wieder damit konfrontiert, dass die Kläger die alten Daten moniert hatten. Auch der Vorwurf, dass es vor allem Raucher sind, die Lungenkrebs bekommen, wenn sie auch dem Radon ausgesetzt sind und eigentlich niemand rauchen müsse, stand oft im Raum. Man hat sich beim BfS also kräftig Zeug gelegt und neue Daten erhoben und sich die Sache mit dem Rauchen nochmal angeschaut. Am Ende waren es dann aber doch 1.5-mal mehr Radon-Tote pro Jahr, die man gegenüber der alten Radon-Studie aus dem Jahre 2008 nun mit den neuen Daten errechnet hat.

Zum Vergleich pro Jahr:
Tote durch Herz-/Kreislauferkrankungen: 348300 (Quelle statistisches Bundesamt)
Tote durch Rauchen: 143000 (Quelle Statista)
Tote durch Covid-19 (2020): 39758 (Quelle bpb.de)
Tote durch Sturz 2020: 17211 (Quelle bpb.de)
Tote durch Alkohol 2020: 14200 (Quelle DKFZ)
Erfolgreiche Suizide 2023: 10300 (Quelle Statistisches Bundesamt)
Tote Im Verkehr 2023: 2893 (Quelle ADAC)
Tote durch Ertrinken 2020: 371 (Quelle bpb.de)
Mordfälle 2023: 214 (Quelle Statista)
Tod beim Bergsteigen: 80 (Quelle wanderforschung.de)
Tote durch Stromschlag 2021: 23 (Quelle Elektrofachkraft.de)

Nach der BfS Radon-Studie zieht also das Radon als Todesursache mit dem Verkehr in etwa gleich.

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Wie bedrohlich Radon doch sein kann, zeigte sich vor Kurzem an dieser Pressemeldung, die von etlichen Medien verbreitet wurden:

Tagesschau: Wegen Radon: Ulmer Behörde evakuiert

Südwestdeutscher Rundfunk: Tests ergaben fünffach überhöhte Werte Belastung mit Radon: Behörde in Ulm seit Monaten gesperrt

Da wurde ernsthaft ein chices Behördengebäude in bester Lage in Ulm in einer Nacht- und Nebel-Aktion wegen des zu hohen Radon-Risikos evakuiert. Als mögliche Ursache wurde eine Nachkriegsdeponie angegeben, auf der das Amt gebaut wurde und dass dort auch Uran-Munition lagern könnte. Es geht aber auch irgendwie darum, ob durch diese Aktion der Stadtkreis Ulm zum Radon-Vorsorgegebiet werden könnte. Alles höchst mysteriös. Nicht nur weil das Gebäude mehrheitlich gar nicht wirklich in den Boden gebaut ist, sondern auf Stelzen steht, so dass man unten hindurch schauen kann...  :o

Ich habe mir das ganze am letzten Wochenende angeschaut und habe die Gamma-ODL der Umgebung bei der Gelegenheit mit dem Radiacode vermessen. Mein Bericht mit Fotos und ein paar mehr Details darüber: 
Nach der Evakuierung: Radiologische Untersuchung des Oberbodens in der Umgebung des Landesamts für Vermögen und Bau in Ulm

PS: Das passt auch ganz gut zum Radon-Radiospot der LUBW, der gerade immer vor den Nachrichten gespielt wird:
Radon-Radiospot der LUBW

Floppyk

Die große Frage wäre, wie sehr kleine Dosen auf Dauer oder kurzfristig hohe Dosen bei Radon bewertet werden müssen.

opengeiger.de

Naja, kurzfristig hohe Dosen hast Du bei einer Radonkur zum Beispiel in Bad Gastein. Du badest da 20min in einem Wasser mit 900 kBq/m^3 und wenn man die Luft misst, die ein Patient ausatmet, dann hat die Atemluft eine Radon-Aktivitäts-Konzentration von 8000 Bq/m^3. Das darf man bei einer Kur ein paar mal machen. Das hat dann eine heilende Wirkung, so sagen die Balneologen. Wenn man dagegen mehr als 300Bq/m^3 mehr als 50 Jahre 70% am Tag in einer Wohnung konsumiert, dann steigt das Risiko für Lungenkrebs, so sagen die Epidemiologen. Beides wird man nur in einer Statistik sehen. Der Einzelfall kann jedoch ganz anders aussehen, das ist das große Problem einer Bewertung. 

Siehe auch:
https://www.gasteiner-heilstollen.com/wp-content/uploads/2018/12/3_2017_exhaled-air-of-patients-in-radon-therapy_radiat-prot-dosimetry.pdf


NoLi

Zitat von: opengeiger.de am Gestern um 19:27...
PS: Das passt auch ganz gut zum Radon-Radiospot der LUBW, der gerade immer vor den Nachrichten gespielt wird:
Radon-Radiospot der LUBW
Na ja, man hat ja bei der LUBW als landesweite Radonmessstelle extra Landes-Stellen dafür geschaffen; diese müssen meiner Meinung u.a. auch genügend "ausgelastet" sein, um sie weiter zu erhalten...

Norbert