Spinthariskop vom VEB Feinwerktechnik Leipzig

Begonnen von DL3HRT, 31. Juli 2019, 20:12

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DL3HRT

Wikipedia schreibt zum Spinthariskop:
"Ein Spinthariskop ist ein Gerät zur Sichtbarmachung von ionisierender Strahlung mittels der Szintillationsmethode. Es wurde 1903 von William Crookes entwickelt."

Ein solches Gerät möchte ich hier vorstellen. Es wurde 1975 vom VEB Feinwerktechnik Leipzig gebaut. Kernstück ist ein mit Zinksulfid beschichteter Leuchtschirm über dem sich eine schwache radioaktive Quelle befindet. Der Leuchtschirm kann über eine fokussierbare Okularlinse vergrößert betrachtet werden.

Das Gerät verwendet Blei-210 als Strahler verwendet. Blei-210 hat eine Halbwertszeit von 22.3 Jahren und zerfällt unter Abgabe von Betastrahlung zu Bismut-210, welches wiederum unter Abgabe von Betastrahlung zu Polonium-210 zerfällt. Polonium-210 ist ein Alphastrahler. Trifft eines der beim Zerfall des Polonium-210 emittierten Alphateilchen auf den Leuchtschirm, so wird ein kurzer Lichtblitz erzeugt. Diesen Lichtblitz kann man dann im Okular sehen.

Als das Gerät 1975 gebaut wurde, hatte der Strahler eine Aktivität von 0.5 µCi = 18.5 kBq. Seitdem sind 2 Halbwertszeiten vergangen und die Aktivität ist auf 4.6 kBq abgesunken, was weit unter der Freigrenze von 10 kBq liegt. Dennoch kann man die Lichtblitze auf dem Leuchtschirm reichlich und deutlich sehen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Beobachtung in einem abgedunkelten Zimmer durchgeführt wird und sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben.

Im Gammaspektrum sieht man sehr schön die dominante Linie von Blei-210 bei ca. 46 keV. Bei dem schwächeren Peak bei noch niedrigerer Energie handelt es sich um Röntgenfluoreszenzstrahlung des Bleis bei ca. 12 keV. Der große 63mm x 63mm Detektor ist bei so niedrigen Energien nicht exakt kalibriert. Daher habe ich ein zweites Spektrum mit der RAP47 Sonde aufgenommen.

Die anhängenden Fotos sollten eine gute Vorstellung vom Aufbau des Geräts vermitteln.

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 31. Juli 2019, 20:12
so wird ein kurzer Lichtblitz erzeugt. Diesen Lichtblitz kann man dann im Okular sehen.

Ich hab das ja noch nie gesehen, stelle es mir aber vor, wie bei der nervigen Sehfeldmessung beim Augenarzt :)
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DL3HRT

ZitatIch hab das ja noch nie gesehen, stelle es mir aber vor, wie bei der nervigen Sehfeldmessung beim Augenarzt :)

Eigentlich ist es ganz anders, denn man sieht sehr viele Lichtblitze gleichzeitig. Ich schätze mal, dass es mindestens 30 .. 40 sind. Durch Drücken des Knopfes auf der Rückseite des Spinthariskops kann man den Abstand zwischen Quelle und Leuchtschirm stetig zwischen 2 mm und 15 mm verändern. Bei 15 mm Abstand hat man dann noch geschätzte 5 gleichzeitige Lichtblitze.

Mal sehen, ob ich das irgendwie in einem Video einfangen kann. Da die Blitze sehr lichtschwach sind, ist das nicht so einfach. Durch die Okularlinse funktioniert es leider nicht, da diese versenkt montiert ist. Meine Idee: Ich schraube das Okular ab und nehme das 50/2.8 Macrobjektiv um die Lichtblitze direkt aufzuzeichnen. Um Objektiv und Spinthariskop muss natürlich eine lichtdichte Abdeckung angebracht werden. Es gibt also einige Hürden.

Bei YouTube habe ich das nachfolgende Video gefunden. Es handelt sich aber nur um eine Simulation.

DL3HRT

Hier noch einige bessere Scans der Dokumente.

DL3HRT

Wer sich selbst ein Spinthariskop basteln möchte, dem sei dieser sehr preiswerte Leuchtschirm aus den USA empfohlen, den man bei Ebay kaufen kann: Link
Man benötigt dann natürlich noch eine Alphaquelle und eine Lupe zum Betrachten des Leuchtschirms.

DG0MG

In der Zeitschrift "Strahlenschutzpraxis" Heft 3/2003 findet sich ein Artikel über das Spinthariskop, abgebildet ist neben einer historischen Ausführung von Crookes ein ebensolches wie oben gezeigtes aus der damals noch "PGH Feinwerktechnik Leipzig" vom November 1970. Interessant der Preis: 28,85 M der DDR.


Bei Radiomuseum.org gibt es eine kurze Info zur Firmengeschichte. Der Unterschied PGH/VEB in der Herstellerbezeichnung zeigt also schon das ungefähre Alter an:
Vor 1971: PGH, nach 1971: VEB.

Wer also soetwas erwerben möchte, und die Wahl zwischen einem Exemplar aus der "PGH Feinwerktechnik" und einem aus dem "VEB Feinwerktechnik" hat, nimmt also besser letzteres, da sind weniger Halbwertszeiten vergangen.
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