Erhöhte Werte an Granit-Florwand

Begonnen von Bw0815, 11. Mai 2024, 23:35

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Bw0815

Servus,
mit meinem Messgerät GMC-800, ein Geiger-Zähler mit Beta/Gammadetektion habe ich heute Messungen an einer Granit-Florwand vorgenommen. Zeigt das Gerät in normalerweise circa 15 bis 20 CPM, gibt an der Flor-Wand Werte bis 42 CPM. Als Dosisleistung wurde circa 0,25 μSv/h an der Wand ausgegeben.
Wie beurteilt ihr das? Ich denke, es zeigt, dass das Gerät sehr genau misst. Die Werte sollten sich ja im üblichen Rahmen für Granit bewegen? Danke für euer FeedbCk.

Viele Grüße


opengeiger.de

Ich denke das ist völlig normal für einen Granit und liegt mit großer Wahrscheinlichkeit am schwachen Urangehalt des plutonitischen Gesteins. Erhöhte Thoriumgehalte sind eher selten. Weisst Du wo der Granit her ist? Die Spannbreite im Urangehalt ist sehr groß, je nach Herkunftsort. Es hiess mal chinesische Granite aus dem Baumarkt wären wegen eines hohen Urangehalts besonders schlecht. Das kann ich nicht bestätigen. Ich habe Granitfliesen aus chinesischem Granit untersucht, da konnte ich nur sehr wenig feststellen. Im Gegensatz habe ich an Granit aus Flossenbürg in  Bayern gemessen, der ist optisch sehr schön, frostbeständig, aber er zeigt einen deutlichen Urangehalt, der auf Stuttgarts Königstraße die Ortsdosisleistung um grob einen Faktor 3 erhöht. Im Südschwarzwald bei Menzenschwand gibt es den Bärhalde-Granit, der hat sichtbar deutliche Einschlüsse von Pechblende und tickt dem entsprechend ordentlich. Also es kommt immer darauf an, wo der Granit her ist. Aber alle Granite sind ja Natursteine, von daher völlig "bio" und per se "gesund" (Achtung Ironie  ;)  ). Auf Anfrage muss der Natursteinhersteller den Radionuklidgehalt angeben können, wenn er das als Baustoff verkauft. Da gibt es eine Verordnung soviel ich das weiss.

Wenn Du nun eine große Fläche in einem Wohnraum ausgelegt hast und das Haus möglicherweise auch noch energiesaniert ist oder nach neuesten Energiestandards gebaut ist, dann lohnt sich auch immer mal die Radonaktivitätskonzentration zu prüfen z.B. mit einem RadonEye. Denn der eine oder andere großflächig ausgelegte Granit exhaliert dann auch ganz gut Radon, wenn er einen deutlichen Urangehalt hat. Das halte ich für etwas kritischer als die reine Exposition gegenüber der äußeren Bestrahlung. Aber eine Florwand hat man ja normalerweise nur im Garten, oder? Da verbläst es das Radon sofort durch die Luftbewegung. Ich habe aber mal bei jemand gemessen, der hatte sein ganzes Erdgeschoß im neugebauten Haus mit Granitboden ausgelegt, einschließlich Schlafzimmer  :o . Da muss man dann mit den Nerven sehr stark sein ...

DG0MG

@Bw0815 Bitte auch mal ein Foto des Messobjektes posten! Ich musste erstmal googeln, was eine "Florwand" ist  :)

Höchstwahrscheinlich ist die wirkliche Dosisleistung noch erheblich geringer als 0,25 µSv/h.

Warum?
Weil das im Gerät verbaute Glaszählrohr nicht energiekompensiert und deshalb nur auf Cs-137 (662 keV) kalibriert ist. Die Anzeige stimmt also nur, wenn Du Cs-137 misst. Die Aktivität im Granit kommt aber von Uran und damit vom Radium, das hat niedrigere Energien und das Zählrohr ist dort empfindlicher, als für Cs-137, produziert also mehr Impulse. Das bedeutet, das Gerät zeigt "zu viel" an. Das ist aber bei fast allen Consumergeräten so.

Insgesamt also überhaupt kein Grund zur Beunruhigung.

Zitat von: opengeiger.de am 12. Mai 2024, 07:30Auf Anfrage muss der Natursteinhersteller den Radionuklidgehalt angeben können, wenn er das als Baustoff verkauft. Da gibt es eine Verordnung soviel ich das weiss.

Richtig, das gilt aber nur für Baustoffe im INNENRÄUMEN - Florwände, Pflastersteine und  Fassadenelemente sind davon nicht erfasst, siehe hier: https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,1917.0.html
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

opengeiger.de

Habe noch mal nachgeschaut wie die Gesetzeslage dazu aussieht:

Geregelt ist das Thema Baustoffe heute direkt im Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) Teil 4, Kapitel 3
"Schutz vor Radioaktivität in Bauprodukten".

Geregelt ist da in §133 die "die effektive Dosis aus äußerer Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung in Aufenthaltsräumen durch Gammastrahlung aus Bauprodukten".

Aber es gibt auch noch den Paragraphen:

§ 134 Bestimmung der spezifischen Aktivität
(1) Wer Bauprodukte, die die in Anlage 9 genannten mineralischen Primärrohstoffe oder Rückstände enthalten, herstellt oder ins Inland verbringt, muss vor dem Inverkehrbringen der Bauprodukte die spezifische Aktivität der Radionuklide Radium-226, Thorium-232 oder seines Zerfallsprodukts Radium-228 und Kalium-40 bestimmen.

Dabei ist m. E. völlig wurscht, wo das Bauprodukt eingesetzt wird im Garten oder in der Wohnung, der Inverkehrbringer ist auskunftspflichtig. D.h. fragen kann man immer und der Inverkehrbringer muss dann auch die Daten liefern. Granit wird dabei in Anlage 9 erfasst und zwar unter Abs 1. Saure magmatische Gesteine sowie daraus entstandene metamorphe und sedimentäre Gesteine

Siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/strlschg/BJNR196610017.html

Bw0815


Habt herzlichen Dank für euren schnellen und kompetenten Antworten. Ich bin neu im Forum und denke, dass kann eine interessante Freizeitbeschäftigung werden. Viele Grüße

Zitat von: opengeiger.de am 12. Mai 2024, 10:14Habe noch mal nachgeschaut wie die Gesetzeslage dazu aussieht:

Geregelt ist das Thema Baustoffe heute direkt im Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) Teil 4, Kapitel 3
"Schutz vor Radioaktivität in Bauprodukten".

Geregelt ist da in §133 die "die effektive Dosis aus äußerer Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung in Aufenthaltsräumen durch Gammastrahlung aus Bauprodukten".

Aber es gibt auch noch den Paragraphen:

§ 134 Bestimmung der spezifischen Aktivität
(1) Wer Bauprodukte, die die in Anlage 9 genannten mineralischen Primärrohstoffe oder Rückstände enthalten, herstellt oder ins Inland verbringt, muss vor dem Inverkehrbringen der Bauprodukte die spezifische Aktivität der Radionuklide Radium-226, Thorium-232 oder seines Zerfallsprodukts Radium-228 und Kalium-40 bestimmen.

Dabei ist m. E. völlig wurscht, wo das Bauprodukt eingesetzt wird im Garten oder in der Wohnung, der Inverkehrbringer ist auskunftspflichtig. D.h. fragen kann man immer und der Inverkehrbringer muss dann auch die Daten liefern. Granit wird dabei in Anlage 9 erfasst und zwar unter Abs 1. Saure magmatische Gesteine sowie daraus entstandene metamorphe und sedimentäre Gesteine

Siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/strlschg/BJNR196610017.html

DG0MG

Zitat von: opengeiger.de am 12. Mai 2024, 10:14Aber es gibt auch noch den Paragraphen:

§ 134 Bestimmung der spezifischen Aktivität
(1) Wer Bauprodukte, die die in Anlage 9 genannten mineralischen Primärrohstoffe

Wenn man in die verweisende "Anlage 9" schaut, dann steht da wieder "Gebäude mit Aufenthaltsräumen":

"Radiologisch relevante mineralische Primärrohstoffe für die Herstellung von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen
(Fundstelle: BGBl. I 2017, 2057)

1.  Saure magmatische Gesteine sowie daraus entstandene metamorphe und sedimentäre Gesteine,
2.  Sedimentgestein mit hohem organischem Anteil wie Öl-, Kupfer- und Alaunschiefer,
3.  Travertin.
"

Zählt Granit zu Punkt 1? Das kann ich nicht beurteilen.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

opengeiger.de

Ja, das ist richtig. Vermutlich geht es darum, Baustoffe, die für Straßen- bzw. den Tiefbau vom Gebäude- bzw. Hochbau abzugrenzen. Demnach dürfte man also nach wie vor Pflastersteine aus Mansfelder Kupferschlacke in Verkehr bringen, wenn der bestimmungsgemäße Gebrauch die Straßenpflasterung ist. Das ist vorstellbar. Nun bleibt aber die Frage, wie wäre die rechtliche Situation für ein Granitwerk in Flossenbürg, das Fliesen aus Flossenbürger Granit herstellt, die sowohl für den Wegebau (Straße, Garten etc.) wie für die Verwendung in einem Gebäude benutzt werden können. In dem Fall müsste das Granitwerk den bestimmungsgemäßen Gebrauch klar kennzeichnen, nämlich als für die Nutzung in Gebäuden geeignet. Ab da würde dann aber die Nachweispflicht für den Radionuklidgehalt gelten. Zu genau diesem Fall: Eine Gesundheitskasse in Bad Hersfeld hat auf den Fluren ihres Gebäudes Fliesen aus Flossenbürger Granit verlegen lassen. War sicher nicht ganz billig. Sowohl Mitarbeiter, wie Besucher konnten sich in den Fluren aufhalten. Das war ein vergleichbarer Granit zu dem auf der Königstraße in Stuttgart mit dem vergleichbaren Urangehalt. Die Fliesen sind allerdings etwas dünner im Vergleich zu denen auf der Königstrasse. Aber für den Garten wären sie alle mal gut genug. Also ,,Dual Use" quasi. Ob das mSv/a für Mitarbeiter gerissen war, weiß ich jetzt nicht. Aber der Radionuklidgehalt müsste dann vom Granitwerk nach heutiger Gesetzgebung bestimmt worden sein.   

Zu Punkt  1. :

Granit ist ein magmatisches Gestein mit richtungslos-körniger Struktur. Er besteht im wesentlichen aus Alkali-Feldspat und Plagioklas, Quarz sowie unterschiedlich großen Anteilen an Hornblende und/oder Biotit. Granit ist wegen seines Kieselsäuregehaltes ein saures Tiefengestein. (siehe https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/RockData?rockid=24)