Pottasche: Katastrophenschutz-Kalibrierung

Begonnen von NoLi, 26. November 2019, 23:17

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NoLi

Gerade gelesen:
weltweit größter Produzent von Pottasche ist Russland...und unterliegt dem europäischen Handelsembargo. Kein Wunder, dass es dieses Jahr kaum Angebote gab.
SHIT!

Norbert

Henri

Zitat von: NoLi am 14. Januar 2023, 17:51Gerade gelesen:
weltweit größter Produzent von Pottasche ist Russland...und unterliegt dem europäischen Handelsembargo. Kein Wunder, dass es dieses Jahr kaum Angebote gab.
SHIT!

Norbert

:o  UND WAS WIRD NUN AUS UNSEREN NÜRNBERGER LEBKUCHEN???   :'(

Raddet

Zitat von: NoLi am 14. Januar 2023, 17:51SHIT!

Ich habe mir angesehen, was es in unserer Gegend gibt. Im ersten Geschäft - 2,4 € für 300 Gramm + 1,9 € wird dieser "Kaffee" direkt ans Bett geliefert (Lieferung per Kurier ins Haus).

https://www.ozon.ru/product/kaliy-uglekislyy-karbonat-kaliya-potash-300-gramm-293856764

Im Prinzip kann ich dieses Produkt kaufen und kostenlos an Bedürftige senden, wenn es jemand SEHR braucht. Damit später niemandem etwas Schlimmes vorgeworfen wird.

Zitat von: Henri am 14. Januar 2023, 18:36:o  UND WAS WIRD NUN AUS UNSEREN NÜRNBERGER LEBKUCHEN???   :'(

Übrigens ist dieses Produkt in unseren Geschäften als "Flussmittel zum Löten" positioniert. Mit dem kategorischen Wunsch "nicht essen".

NoLi

Zitat von: Raddet am 14. Januar 2023, 19:15...
Übrigens ist dieses Produkt in unseren Geschäften als "Flussmittel zum Löten" positioniert. Mit dem kategorischen Wunsch "nicht essen".
"Flussmittel"...das könnte auch zu manchem Lebkkuchen passen :bad:

Im Prinzip geht es nicht nur um die Pottasche als Prüfsubstanz an sich, sondern auch um die gleiche Verpackungsgröße, gleiche Verpackungsdicke, gleiche Menge, gleiche Konsistenz, um vergleichende Messungen mit gleichen oder unterschiedlichen Geräten/Sonden durchführen und die Ergebnisse beurteilen zu können.
Offene Pottasche kommt dafür leider nicht in Frage, weil sie hygroskopisch ist und sich relativ schnell verändert.

Norbert

Flipflop

Anfangs Jahr ist die Reformhauskette Müller/Schweiz Konkurs gegangen. An 37 Standorten mit knapp 300 Mitarbeitende. Jetzt wird an ausgewählten Standorten (keine Ahnung ob es mehrere sind)
das restlich Inventar mit 25% Rabatt verkauft. So bin ich zu Pottasche gekommen. Von Vitavegan, Inhalt 20 anstatt 30 Gramm wie bei Müller/Deutschland. Es rieselt schön im Beutel. :)

opengeiger.de

Im Prinzip finde ich die Idee, eine Methode für die grobe Kalibrierung von Strahlungsmessgeräten im Hobbybereich für den Notfallschutz zu entwickeln recht gut  :good2: .  Und genau das Thema kam auch bei der letzten Klausurtagung der Strahlenschutzkommission Ende März hoch, man will nämlich seitens der Bundesregierung mehr partizipative Forschung für die Bürger anbieten. Es war nur die Frage, wie man das im Strahlenschutz umsetzen kann. Ich wurde in dem Zusammenhang auch gefragt, wie man denn im Citizen Science Bereich die Qualität der Messdaten sicherstellen will. Und mehr als die vergleichende Messung fiel mir da spontan nicht ein. Aber ein Herr vom BfS, der über den Notfallschutz vorgetragen hat, der zeigte sich durchaus positiv über meinen Vorschlag, Citizen Scientists oder bzw. freiwillige Professionelle mit profunden Kenntnissen für den Einsatz im Notfall vorzubereiten. Er meinte dann, die meisten Messdaten, die das Lagezentrum derzeit aus der Ukraine bekommt, stammen auch von Hobbyisten mit privaten Messstationen, amtliche Werte seien dagegen sehr schwer zu bekommen. Auch das Safecast Projekt nach Fukushima, meinte er, sei ja durchaus ein Beispiel, wo man sehen kann, dass Bürgerforscher in Notfällen auch was reißen können. 

Zum konkreten Vorschlag hier die Tüte Pottasche zu verwenden, ist das im Hinblick auf die Messgeometrie wirklich sinnvoll? Für so ein Pancake-Rohr, das genau auf die Tüte passt, ist das ja ein fast perfekter Flächenstrahler, für den Radiacode eher nicht, wenn man beide einfach nur auf das Tütchen legt. Und dann haben wir im unmittelbaren Kontakt das Problem, dass die Quelle ja Beta und Gamma erzeugt, der Radiacode aber nur Gamma kann. Heißt das, man sollte sich auf Flächenstrahlung und auf Beta+Gamma-empfindliche Geräte beschränken und auch im Notfall darauf abzielen? Das andere ist, reicht ein Kalibrierpunkt bei 1450keV? Oder sollte man nicht noch einen zweiten, sagen wir bei 200keV anvisieren? Die Detektoreffizienz hat meist eine sehr starke Energieabhängigkeit, auch bei GM-Rohren. Die kleinen Szintillationskristalle haben das Problem noch viel mehr. Mit zwei Punkten könnte man wenigstens eine Gerade als Trendlinie für die Energieabhängigkeit bestimmen. Oder denkt ihr das ist schon Overkill für das, was im Notfall nötig wäre? Ein anderer Vorschlag wäre, eine Referenzfläche in Gonadenhöhe zu vermessen. Zum Beispiel an einer GPS-Koordinate vor der Semperoper (da liegen die berühmten Schlackensteine und sind bestimmt denkmalgeschützt). Das aber bedingt, dass jeder zur Vorbereitung einmal eine Städtereise nach Dresden machen müsste. Man könnte aber auch Profis aus der Community oder gar das BfS fragen, ob sie nicht ein paar Referenzflächen in verschiedenen Städten vermessen könnten, in Weimar gäbe es noch die Frauentorstrasse bestimmt auch denkmalgeschützt, auch mit Schlackesteinen. Fürs Kalium könnte man beispielsweise ins Kaliwerk ,,Glückauf" nach Sondershausen, da kann man sicher auch irgendwo in Gonadenhöhe sehr gut messen. War da schon mal jemand?  :unknw:

Peter-1

Hallo,

Die Pottasche mit ihrem K40 wird mit  17,15 Bq/g  genannt. Zusammen aus Beta- und Gammaanteil. Richtig ?
D.h. wenn ich nur Gamma messen kann, so sind das nur 10% von 17,15 Bq/g.
Da ich aber kaum abschätzen kann welche Anteile mein Detektor denn registriert, kann es doch zu extremen Fehleinschätzungen kommen.
Es müßte also wenigstens das Zählrohr bekannt sein, dann wäre nur noch die Geometrie und die Streuung der Zählrohrempfindlichkeit das Hindernis.
Liege ich mit meiner Betrachtung falsch ?

Peter
Gruß  Peter

opengeiger.de

Hab mal einen Test gemacht mit zwei Tütchen Pottasche von Vitavegan, dem Inspector (5cm Pancake) und dem Radiocode (1cm^3 CsJ Kristall). Ich weiß, ist ziemlich unfair, der RC101 ist nämlich bei 1450keV Gamma ziemlich blind und Beta sieht er eh nicht viel. Aber das sagt in diesem Fall eben nichts über das Messgerät aus und kalibrieren könnte man so nicht.  :unknw:

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NoLi

Die flächenspezifischen Aktivitätsangabe für die Pottaschetütchen gilt nur für eine Kalibrierung auf BETA-OERFLÄCHENKONTAMINATION. Eine Kalibrierung auf GAMMA-DOSISLEISTUNG ist damit leider nicht möglich, BETA-DOSISLEISTUNG scheidet schon mal ganz aus.

Leider ist mir bisher kein legaler (!) genehmigungsfreier Gamma-Strahler bekannt, welcher von der Aktivitätsmenge, der Langzeitkonstanz, der Aktivitätsgleichmäßigkeit und der allgemeinen Verfügbarkeit für die Dosisleistungskalibrierung geeignet wäre.

Norbert

opengeiger.de

OK, dann sind wir uns ja einig! Also wir Kalibrieren nur die Messgeräte, die eine Beta Oberflächenstrahlung messen können mit dem Pottaschetütchen (oder mehreren, wenn die Messfläche des Messgeräts etwas größer als ein Tütchen ist). Den Gammaanteil der Pottasche ignorieren wir. @NoLi: Hast Du schon ausgerechnet was da theoretisch an Bq/m^2 rauskommen müsste? Mit  welcher Schichtdicke rechnen wir da?

opengeiger.de

Also ich komme bei Pottasche auf etwa 17Bq/g. Wenn nun tatsächlich 20g drin wären wären das rund 5Bq/cm^2 nach beiden Seiten und die Hälfte davon nach einer Seite ins Zählrohr. Aber ich hab noch Zweifel, dass da 20g K2CO3 drin sind, mit ner Dichte von 2.48g/cm^3 wären das ja grob 8cm^3. So zwischen Daumen und Zeigefinger kommt mir das weniger vor. Die Küchenwaage zegt 21 g an, das Papier wiegt natürlich auch ein wenig. Aber als Inhaltsangabe steht auf der Tüte Zutaten: Kaliumcarbonat, da kann also auch noch was anderes drin sein.  :unknw: 

opengeiger.de

Glauben wir mal die 20g K2CO3 in dem Vitavegan Päckchen. Mein Inspector zeigt abzüglich Background etwa 5.67cps mittig auf dem Tütchen an und hätte mit seinem 4.5cm Durchmesser Pancake dann etwa eine Effizienz von 0.143 gezählten vs. theoretischen Bq. Berücksichtigt ist, dass man bei einer Messung bestenfalls nur die Hälfte der Quanten, nämlich die oberhalb des Tütchens einsammeln kann.

Wer bietet mehr?

etalon

Wieso kauft man sich für solche Spielereien nicht 50g KCl z.A. in der Apotheke (oder kennt einen, der einen kennt, der in einem Labor arbeitet...) und baut sich einen Kalibrierstrahler ohne Papierabdeckung etc.? Dann weiß man wenigstens, was drin ist...
Da gibt man hunderte von Euros für Messtechnik aus, investiert viel Zeit und hat auch noch den Anspruch, wissenschaftlich Daten zu generieren und dann scheitert es an ein paar Euro in der Apotheke?  :D

opengeiger.de

Sehr gutes Argument!  :good: Ich hätte auch 100g KCl aus der Apotheke. Man könnte eine Schachtel die zum Messgerät passt, z.B. 10x10x0,5cm^3 für den Inspector, aus Karton basteln,die bündig befüllen und dann auf der Küchenwaage abwiegen. Wie wäre das?

etalon

Zitat von: opengeiger.de am 15. April 2023, 10:34Sehr gutes Argument!  :good: Ich hätte auch 100g KCl aus der Apotheke. Man könnte eine Schachtel die zum Messgerät passt, z.B. 10x10x0,5cm^3 für den Inspector, aus Karton basteln,die bündig befüllen und dann auf der Küchenwaage abwiegen. Wie wäre das?

Also ich würde wahrscheinlich ein Metallschälchen (D50x5) verwenden. 5mm Schichtdicke für das KCl halte ich für zu viel, denn dann musst du nämlich die Oberflächenemissionsrate kennen. Diese zu ermitteln ist ziemlich aufwändig (und wird selbst bei professionellen Dünnschichtstrahlern für Teilchenstrahlung vom Hersteller immer mit angegeben). Das ist letztlich auch davon abhängig, was du hinterher messen möchtest. Wenn dein künftiges Messgut auch 5mm Eindringtiefe bei homogener Verteilung hat, dann kann man das näherungsweise so machen, aber das ist nicht der Standard für Oberflächenkontaminationsmessungen.
Daher würde ich die Schichtdicke KCl so gering wie möglich halten, und diese mit einer dünnen Lackschicht fixieren. Dann wirst du aber das Problem haben, dass du nicht mehr genügend Aktivität hast, um noch irgend etwas messen zu können (von ausreichender Zählstatistik wollen wir da noch gar nicht reden). Weiterhin sollten auch die Energien der Betateilchen mit den später zu messenden Nukliden korrespondieren, sonst kommt es auch hier zu Abweichungen bei der Messung (wenn du später eine Cs-137 Kontamination nachweisen willst, sollte das Messgerät auch möglichst damit kalibriert sein). Die Energieabhängigkeit des Zählrohrs ist zwar bei Betateilchen  nicht so ausgeprägt wie bei den Gammaquanten, aber bei der Absorption in der Probe und vorgelagerter Strukturen nicht zu vernachlässigen (abhängig von der zu messenden Schichtdicke). Auch der Messabstand und die Oberflächentextur und -topographie ist bei einer Kalibrierung zu berücksichtigen und ggf mit Korrekturfaktoren anzupassen.

Möglicherweise sind das auch die Gründe, warum man bei professionellen Kalibrierstrahlern eher nicht Kalium verwendet. Mir ist schon klar, dass man frei zugänglich halt mit dem klar kommen muss, was man bekommt, aber möchte auch dafür sensibilisieren, dass die Fehlerbalken der Messungen mit solchen ,,Amateurkalibrierungen" zwangsläufig sehr viel größer sind, als sie auch bei professioneller Kalibrierung durch andere Faktoren schon sind, was dem Anspruch an die statistische Sicherheit und Aussagekraft von wissenschaftlichen Daten doch diametral entgegen steht. Wenn ich dann noch sehe, dass flächenspezifische Aktivitäten ohne Angabe eines Fehlers, am besten noch mit zwei Nachkommastellen angegeben werden, dann habe ich schon erhebliche Zweifel, ob da einer wirklich weiß was er tut, und ob er seinen eigenen Ansprüchen auch nur in Ansätzen gerecht wird (nicht auf dich persönlich bezogen)...  ;)  ;D