Crowdsourced Data mit dem Geigerzähler

Begonnen von opengeiger.de, 06. Oktober 2023, 15:31

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Wie ihr sicher wisst, bin ich ein Freund von Citizen Science, und damit untrennbar verbunden, auch von Crowdsourced Data. Wenn man das Thema googelt, stellt man schnell fest, wieviel es da schon gibt und ich denke Openstreetmap und Wikipedia sind die besten Vorzeigebeispiele, wo die Leistung vieler Leute die der großen Firmen übertreffen kann. Und kürzlich bin ich auch noch über ein interessantes Dokument der UN gestolpert, da ist man also auch schon bei diesem Thema angekommen und listet da z.B. etliche Ideen und unterstützende Plattformen (siehe Anhang). Da taucht das spannende Thema ,,The Crowd as a Sensor" auf. Klingt doch interessant, oder?

Nun gäbs ja auch im Bereich der Strahlungsmessung und der Geigerzähler einiges Sinnvolles, wie man als "Crowd der Radiophilen" mit einer Sammlung und Auswertung von Daten dem Interesse der Gesellschaft dienen könnte. Etliches Hilfreiches gibt es in diesem Forum schon. Neulich zum Beispiel habe ich nach einem günstigen chinesischen Geigerzähler gesucht. Wo, wenn nicht hier, schaut man da nach? Nur ist das durchkämpfen durch die Posts etwas mühsam. Aber das könnte man ja ändern. Man könnte zum Beispiel eine einfache Liste extrahieren und auch mit Daten zu den hier besprochenen Geräten versehen.

Eine Größe zum Beispiel wäre die Gamma-bedingte Zählrate für 1uSv/h aus dem Unat eines ,,guten" Uranmineral-Stücks, das man irgendwo in der Natur gefunden hat, und welches man dann auch besitzen darf. Dieses gute Stück justiert man solange im Abstand zum Geigerzähler, mit einer 1cm dicken Kerzenwachs-Scheibe als ,,Betablocker" dazwischen, bis dieser etwa 1uSv/h anzeigt. Dann liest man die schön gemittelte Dosisrate und die Zählrate des Geräts ab und berechnet diesen Wert den man als Ansprechempfindlichkeit in cps pro uSv/h verstehen kann. Dies ist doch eine interessante Größe, die schon viel über das Gerät sagt, auch wenn jetzt bei den unterschiedlichen Formen von Uranmineralien die Strahlungsgeometrien und mögliche andere Effekte nicht so ganz perfekt definiert sind. Man wird aber sicher den Unterschied in der Detektor-Technologie z.B. zwischen einem Szintillationszähler und einem Zählrohr basierten Zähler sehr deutlich erkennen können.

Ich habe das mal für den Radiacode hier demonstriert. Das Stückchen Uranerz kommt, wie in meinem Fall nicht anders zu erwarten war, aus Menzenschwand und ist ein pechblendehaltiger Bärhaldegranit. Wenn ich das Stück in etwa 8cm vor der Stirnfläche des RC-101 positioniere mit der 1cm dicken Scheibe aus Kerzenwachs dazwischen (Durchmesser 10cm), dann zeigt das Gerät mit etwas statistischer Schwankung 1uSv/h bei 15% Genauigkeit an. Im Chart schwankt das ein bisschen und kommt auch nicht ganz genau mit 1uSv/h raus. Dividiert man aber den Mittelwert der Zählrate aber nun durch den Mittelwert der Dosisleistung, dann kommt der gesuchte Wert in cps pro uSv/h für die Gammastrahlung des historisch alten Unat ziemlich robust raus. Bei mir ergibt sich so ein Wert von 54cps pro uSv/h. Das kann man nun versuchen mit anderen Geräten mit einer ähnlich Strahlungsgeometrie, ebenfalls zu ermitteln. Ganz präzise wird das bestimmt nicht sein, aber es sagt schon was aus, was man im Verkaufsprospekt eben meist nicht findet.

Ich habe das deswegen auch noch für den Gammascout gemacht, weil ich dazu am Versuchsaufbau fast nichts ändern musste. Die Fensterklappe steht auf ,,Gamma" und ich habe die Messwerterfassung auf 2 Minuten Mittelungszeit gestellt und das Instrument so eine halbe Stunde in den Messwertspeicher loggen lassen. Liest man den Messwertspeicher aus, dann bekommt man sowohl die Zählrate wie die Dosisleistung über 2 Minuten gemittelt und alle 2 Minuten geloggt. Das Problem beim Gammascout ist ja der stark Schwankende Displaywert, daher ist es nicht ganz einfach abzuschätzen, was nach der Mittelung im Messwertspeicher rauskommt. Bei mir war das ein Mittelwert von 0.879uSv/h für die Dosisleistung, und eine Zählrate von 1.538cps. Da kommt nun doch eine erheblich andere Zahl als Quotient aus Zählrate und Dosisleistung raus. Bei mir ergeben sich nun 1.750cps pro uSv/h für den Gammascout. Das ist der Tatsache geschuldet, dass der Gammascout eben ein kleines, relativ kostengünstiges Endfenster-Zählrohr verwendet. Da ist der Wert von 54cps pro uSv/h des RC-101 schon eine andere Nummer, obwohl der ja noch einen sehr kleinen Kristall hat. 

Wenn wir nun versuchen würden, eine solche vergleichbare Messung mit möglichst vielen Geräten zu machen, ohne dabei päpstlicher als der Papst zu sein, was die Präzision des Versuchsaufbaus und die genaue Zusammensetzung des Uranerz-Stücks anbelangt, dann hätte das schon was. Zumindest wäre es eine wertvolle Info für den, der für einfache Zwecke ein günstiges Gerät sucht. Oder meint ihr nicht auch?

Ich habe auch mal eine Liste an Geräten aus der Kategorie ,,geigerzaehlerforum.de >Messtechnik, Technik >Kommerziell" extrahiert und angehängt.  Da sind ja schon auch etliche Messgeräte zusammengekommen. Wenn wir den Wert für die cps pro uSv/h für jedes hätten, dann wäre das schon keine sooo schlechte Vergleichsmöglichkeit. Was denkt ihr dazu?  :)


Henri

Hallo Bernd,

für mich ist die Empfindlichkeit des Geräts nur einer von vielen Faktoren. Es hängt so viel davon ab, was und wie ich messen möchte, ob es Betastrahlen nachweisen können soll (oder gar Alpha) oder gerade nicht (wenn ich in gemischten Strahlenfeldern eine genaue Gamma-ODL ablesen möchte), und wie es intern mit der Meßstatistik gehandhabt wird (also mit welchem Fehler die Firmware rechnet - ob dieser fest ist oder variabel). Denn ein Handgerät muss immer einen Kompromiss finden aus Ansprechgeschwindigkeit und Genauigkeit. Wenn es verschiedene Mess-Modi gibt (so wie beim automess der Durchschnittswert seit Anschalten), spielt das auch eine Rolle.

Deshalb wäre noch interessant

1. Empfindlichkeit für Beta-Strahlung (testbar mit Pottasche-Tütchen)
2. Erzielbare Messgenauigkeit


Für die "Citizen Science" finde ich geeignete Plattformen zum Zugänglichmachen der Messdaten entscheidend. Also z.B. für Messungen in Bewegung die RaysID Karte, oder (vom Prinzip her) so etwas wie die Pilzkarte des Umweltinstituts München. Oder für stationäre ODL die Multigeiger-Karte. Es wird vielleicht viel im Hobbybereich gemessen, aber die Daten müssen ja auch zusammengeführt werden. 

Und dann hat man das "Safecast-Problem", dass man irgendwie standardisieren muss, um die Daten vergleichbar zu machen. Und dann kommen wir zu dem von Dir hier angesprochenen Punkt, nämlich der Charakterisierung der Messgeräte (und der Messbedingungen).

Ich denke ebenfalls, dass so ein Forum wie dieses von seiner Struktur her schnell an seine Grenzen kommt, wenn es darum geht, solche Daten zugänglich zu machen. Ohne die Suchfunktion wäre man hier mittlerweile ziemlich aufgeschmissen  :D

Die Verwendung von Uranmineralien sehe ich eher kritisch. Denn jede/r, der/die mitmachen und Daten liefern möchte, müsste sich davon etwas besorgen. Hierbei besteht immer das Problem, sich auf den Halden beim Suchen oder auch beim Umgang damit zu kontaminieren oder etwas zu inkorporieren, außerdem muss man auf das Radon acht geben und an eine spätere Entsorgung denken. Warum nicht Kupferschlackestrassen nehmen? Auf die genaue DL kommt es ja nicht an, und Totzeiteffekte spielen bei diesen geringen DL eh noch keine Rolle.

Viele Grüße!

Henri

NoLi

Zitat von: Henri am 06. Oktober 2023, 16:40...
Warum nicht Kupferschlackestrassen nehmen? Auf die genaue DL kommt es ja nicht an, und Totzeiteffekte spielen bei diesen geringen DL eh noch keine Rolle.

Viele Grüße!

Henri
Hmm, nicht jeder hat eine Kupferschlackenstrasse zu Hause oder kann sie sich irgendwie besorgen... :(

Um die Detektorempfindlichkeiten zur Ermittlung der Impulse -> Dosisleistung und umgekehrt (also den "Kalibrierfaktor") zu vergleichen, braucht es schon eine konstante Größe...und da würde ich Bernds Vorschlag mit 1 µSv/h begrüßen.

Norbert

DL8BCN

Hallo, wie wichtig ist denn die genaue Dicke der Parafinscheibe. Es sollen ja 10 mm sein.
10mm Plexiglas würden vermutlich ähnlich wirken, zur Abschirmung der Betastrahlung, oder?
Ich hatte nämlich eben meine beiden RC101 und RC102 getestet mit deinem beschriebenen Versuchsaufbau. Allerdings mit  einer 8,5 mm dicken Plexiplatte.
Da ergaben sich Zählraten von 51 bis 52 cps pro μSv/h. Von einem Stein aus der Schmiedestollenhalde in Wittichen.
Bei beiden Geräten sehr ähnlich.
Ich habe gerade Parafin geschmolzen und eine Platte gegossen. Die steht gerade im Kühlschrank zum erkalten.
Damit kann ich am Wochenende nochmal neu testen.

Lennart

Zitat von: DL8BCN am 06. Oktober 2023, 22:58Hallo, wie wichtig ist denn die genaue Dicke der Parafinscheibe. Es sollen ja 10 mm sein.
10mm Plexiglas würden vermutlich ähnlich wirken, zur Abschirmung der Betastrahlung, oder?

10 mm Plexiglas bzw. Acrylglas sind besser, da man Kerzenwachs oder Paraffin mit Sicherheit nicht ohne Lufteinschlüsse in reproduzierbarer Qualität gießen kann. Im Baumarkt gibt es Acrylglas z.B. in den Stärken 4 und 2 mm. Die Platten sind im Format 500 x 250 mm. So kann man sich jede benötigte Stärke zusammenkleben und kann durch die Abschirmung noch hindurchschauen.

DL8BCN

Ich habe 8,5 mm dicke und 10mm dicke Plexiglasplatten verfügbar.
Meine Parafinscheibe ist etwas dick geworden, ca. 18 mm.
Da kann ich aber noch was abhobeln.
Lufteinschlüsse scheinen aber kein Problem zu sein.
Ich habe keine Bläschen gesehen.

Henri

Zitat von: NoLi am 06. Oktober 2023, 16:58Um die Detektorempfindlichkeiten zur Ermittlung der Impulse -> Dosisleistung und umgekehrt (also den "Kalibrierfaktor") zu vergleichen, braucht es schon eine konstante Größe...und da würde ich Bernds Vorschlag mit 1 µSv/h begrüßen.

Die ist doch von der Dosisleistung unabhängig. Hier spielt nur die Energie des Strahlers und ggf., bei sehr hohen Zählraten, Totzeiteffekte eine Rolle.

Und da man die echte Dosisleistung gar nicht kennt, sondern annimmt, die 1 µSv/h, die das Gerät anzeigt, seien tatsächlich 1 µSv/h (was sie, gerade bei nicht energiekompensierten Geräten, nicht sind, da das Gerät in der Regel nicht auf die Uran-Zerfallsreihe kalibriert sein wird), ist die Zuordnung von angezeigter Dosisleistung zu angezeigter Zählrate sogar komplett vom Strahlenfeld unabhängig. Eine Ausnahme bilden nur Geräte wie RaysID und RadiaCode mit "aktiver" Energiekompensation, die nicht auf Absorbern zur Energieangleichung beruhen.

Eine (zugegebenermaßen selten anzutreffende) Besonderheit bilden Geräte, die nicht die Impulse zählen, sondern den Abstand zwischen den Impulsen statistisch auswerten und damit die Dosisleistung bestimmen, wodurch sie schneller zu verlässlichen Werten kommen.

Und bei Natururan hängt es von der Lagerung ab, in welchem Ausmaß Radon-Folgeprodukte zur Dosisleistung beitragen. Da die Schlackensteine weitgehend diffusionsdicht sind, müsste man hier eigentlich ein von der Energieverteilung her gleichmäßigeres Strahlenfeld vorfinden.

Ich würde auch behaupten, nicht jeder hat eine Uranbergbau-Halde bei sich in der Nähe  :) . Man kann natürlich solche Mineralien auch im Handel kaufen. Dort gibt es aber in der Regel optisch ansprechende Stücke, die dann auch eine hohe Dosisleistung haben, die man vielleicht gar nicht möchte.

Henri

Eine interessante Gegebenheit ist mir vor kurzem aufgefallen, die vielleicht auch zu diesem Thema passt: eine Sekunde ist nicht immer eine Sekunde!

Ich komme jetzt nicht mit Einstein, sondern mit Quarzen, mit denen normale Mikrocontroller getaktet sind. Während Uhrenquarze nämlich eine "krumme" Schwingungszahl haben, damit die Uhr genau läuft, sind Mikrocontroller üblicherweise "gerade" getaktet, z.B. mit 4, 8 oder 16 MHz.

Mit einem meiner Bastelgeräte habe ich eine Messung über 24 Stunden gemacht und mit anfänglicher Verwunderung festgestellt, dass das Gerät nach 24 Stunden noch nicht fertig war, sondern erst eine gute Viertelstunde später. Die "Sekunden" meines Geräts sind also ein wenig zu lang. Natürlich werden in dieser Zeit sämtliche Impulse registriert, aber in einer etwas zu langen Zeitspanne. Der daraus errechnete Messwert "cpm", aus dem dann vielleicht "µSv/h" errechnet werden, ist deshalb zu hoch.

Der Fehler beträgt in diesem Fall gerade mal 1,1%, aber es ist immerhin ein Fehler.

Es wäre spannend, mal herauszufinden, ob das "Problem" auch bei anderen Geräten auftritt. Das wird aber nur auffallen, wenn Langzeitmessungen möglich sind.

Viele Grüße!

Henri

opengeiger.de

Zitat von: Henri am 07. Oktober 2023, 02:29Ich komme jetzt nicht mit Einstein, sondern mit Quarzen, mit denen normale Mikrocontroller getaktet sind. Während Uhrenquarze nämlich eine "krumme" Schwingungszahl haben, damit die Uhr genau läuft, sind Mikrocontroller üblicherweise "gerade" getaktet, z.B. mit 4, 8 oder 16 MHz.

Mit einem meiner Bastelgeräte habe ich eine Messung über 24 Stunden gemacht und mit anfänglicher Verwunderung festgestellt, dass das Gerät nach 24 Stunden noch nicht fertig war, sondern erst eine gute Viertelstunde später. Die "Sekunden" meines Geräts sind also ein wenig zu lang. Natürlich werden in dieser Zeit sämtliche Impulse registriert, aber in einer etwas zu langen Zeitspanne. Der daraus errechnete Messwert "cpm", aus dem dann vielleicht "µSv/h" errechnet werden, ist deshalb zu hoch.

Ich hab mal als Student bei ner Halbleiterfirma in der Schweiz gearbeitet, welche die Uhren ICs für die Schweizer Uhren baut, und die gelten bekanntlich auch als genau  ;D . Daher kann ich diese Frage schnell und kompetent beantworten. Der bekannteste Typ von Uhrenqarz ist so geschliffen, dass er bei 32768Hz seine Resonanz hat. Binär ausgedrückt sind das 2^15Hz. (Es gab aber auch höhere Potenzen von 2 z.B. 16384Hz=2^14Hz und 4194304Hz=2^22Hz). Nun war früher die einfachste Art die Taktgenerierung für die Sekundenanzeige in einen Uhren-IC zu integrieren, indem man den externen Quarz mit nem rückgekoppelten Verstärker zum Schwingen bringt und damit 15 Toggle Flip-Flops, die hintereinander geschaltet sind zu takten. Das erzeugt  dann eine Rechteckschwingung mit 1Hz, mit der man z.B. den Schrittmotor für den Sekundenzeiger antreiben kann. Jedes Toggle Flip-Flop teilt dabei den Takt durch zwei. So einen historischen Chip bekommt man sogar heute noch z.B. von nexperia (https://assets.nexperia.com/documents/data-sheet/HEF4521B.pdf). Das war aber zu einer Zeit üblich, als die CMOS Technologie noch MosFETs mit 1um Gatebreite hatte und man auf die durch Transistoren verbrauchte IC-Fläche achten achten musste, sowie auf deren Stromverbrauch usw. weil das den Preis des ICs bestimmt hat.

Heutzutage, wo die Transistor-Fläche in einem Nanometer-CMOS Prozess vernachlässigbar ist (wir sind grade in der Gegend von 5 Nanometer Strukturbreite bei den MosFETs) und quais nix mehr kostet, macht man eine Takt-Generierung ganz anders, insbesondere für Prozessoren. Sofern die Quarz-basiert läuft (das tun viele) dann kann man ohne Probleme was "Gerades" als Frequenz nehmen, weil dann der Takt meist mit einer Phasenregelschleife (PLL, Phase locked loop) erstmal hochgesetzt werden muss, weil so ein moderner Prozessor deutlich schneller taktet, als die Frequenzen, wo man Quarze präzise schleifen kann. Wenn also ein Prozessor auf ein paar GHz läuft, dann täte man sich schwer ein Quarz (ohne integrierte PLL) bei dieser Frequenz zu finden. So eine PLL kann man dann als "fractional PLL" auslegen, das heisst die nimmt den Takt mal N und dividiert ihn dann durch M, wobei N und M ganzzahlige Teiler sind, so dass man damit praktisch jede krumme Taktrate hinbekommt, die einem einfällt. Diese Regelschleifen sind zeitlich super genau heute, man liegt da bei einem Phasenfehler im femto-Sekunden Bereich und dementsprechend sind die Ausgangs-Takte dann auch genau im Vergleich zu den Eingangstakten. So und nun arbeitet der Prozessor dann eben seine Instruktionen in sehr präzise bestimmten Zeitintervallen ab, und wenn Du dann ne Uhr programmieren willst, dann ruftst Du halt ne Routine auf, die entsprechend viele Prozessortakte abwartet, und danach ne IO-Rotine, die den Schrittmotor ein Winkelinkrement weiterstellt. So ein Takt-IC kostet dann heute auch nicht mehr und ist auch nicht größer als das Uhren-IC von damals. Solche PLL basierte Takt-Generierungs-ICs gibts heute auch in viel mehr Schattierungen als damals. Damals heißt übrigens etwa 1970. Wenn ich nun Deinen Fehler einschätzen müsste, dann würde ich sagen, da war eher was in der Softwäre falsch als in der Hardwäre (um das mal in der Sprache von "The Länd" auszudrücken :D)           

Henri

Zitat von: opengeiger.de am 07. Oktober 2023, 07:13Wenn ich nun Deinen Fehler einschätzen müsste, dann würde ich sagen, da war eher was in der Softwäre falsch als in der Hardwäre (um das mal in der Sprache von "The Länd" auszudrücken :D)           

Hallo Bernd,

super spannend, Danke für die Erklärung!

Ich weiß nicht mehr genau, wie ich das programmiert habe, weil ich aktuell noch am Suchen des Sketches bin  :blush:  Aber ich habe das über die Arduino IDE mit den Arduino-Makros gemacht und bin mir ziemlich sicher, die millis() Funktion verwendet zu haben. Ein "Fallstrick" wäre z.B. das Verwechseln von ">" und ">=" in der ms-Zählschleife. Das würde dann aber 0,1% Fehler verursachen, nicht 1,1%.

Trotzdem ist es doch so, dass auch heutzutage niemand nur einen atmega verwendet, wenn es um präzise Uhrzeiten geht, sondern immer einen externen Uhren-Chip. Die sind ja z.B. temperaturkompensiert, was so ein atmega nicht ist. Auch da gibt es verschiedene Modelle. Ich habe billige RTC-Chips, die mehrere Minuten im Jahr falsch laufen, und dann die besseren, bei denen der Fehler vielleicht 2-3 Sekunden im Jahr beträgt.

Und dann kann man sich ja auch aussuchen, ob man den atmega-internen Taktgenerator nimmt (ungenau) oder extern einen Quarz beschaltet.

Jedenfalls, wenn das bei mir passiert, dann vielleicht auch bei dem, der die Firmware für die chinesischen Geigerzähler schreibt?  :unknw:

Viele Grüße!

Henri

opengeiger.de

Der Arduino Uno hat zwar einen 16MHz Quarz, aber wie er intern zu den Millis kommt ist mir unklar, das ist nirgenwo brauchbar dokumentiert und so ganz genau ist das nicht. Aber es reicht sicher dicke um Zählraten für nen Geigerzähler zu bestimmen. Ich hatte aber mal ne Studienarbeit laufen, wo ein Student die Eigenschaften der Arduinos für Analog-Anwendungen, wie z.B. zeitdiskrete Filter oder die AD/DA Wandlung spektral reiner Sinussignale untersucht hat. Dabei hat sich auch gezeigt, dass die ATMega Chipse wie der 328 relativ unbrauchbar sind, weil man zumindest mit der High-Level C++  Programmierung keine stabilen Takte hinbekommt. Mit den ARM basierten Prozessoren war das aber ganz anders, da ging das gut und die haben alle PLL geregelte Takte. Für Geigerzähler etc. ist das aber sicher Overkill an zeitlicher Genauigkeit. Die klassischen RTCs wie der PFC8523 und DS3231 haben aber immer noch die klassische Architektur mit Clock-Teilern, das ist richtig, und die sind dann eben so genau wie die 2^n Hz Quarze. Wenn man Datalogging machen möchte oder gar ne ODL-Sonde selber bauen will,  und die Uhr nicht ständig neu stellen will, sind so RTC-Shields für den Arduino meiner Meinung nach ganz sinnvoll. :good:

Lennart

Zitat von: DL8BCN am 06. Oktober 2023, 23:08Ich habe 8,5 mm dicke und 10mm dicke Plexiglasplatten verfügbar.
Meine Parafinscheibe ist etwas dick geworden, ca. 18 mm.

Das meine ich ja: nicht in reproduzierbarer Qualität gießbar... Der Aufwand lohnt sich nicht. 8,5 mm Plexiglas + 1,5 mm Gehäusewandung des RadiaCode ergeben doch auch die besagten 10 mm.

NoLi

8 mm Plexi reichen aus, um auch hochenergetische Elektronen (Betas) aus den radioaktiven Zerfall vollständig zu absorbieren.
Und wenn man ganz sicher gehen will, dann eben handelsübliche 10 mm.

Norbert

Dsl71

Zitat von: Henri am 07. Oktober 2023, 01:00Eine (zugegebenermaßen selten anzutreffende) Besonderheit bilden Geräte, die nicht die Impulse zählen, sondern den Abstand zwischen den Impulsen statistisch auswerten und damit die Dosisleistung bestimmen, wodurch sie schneller zu verlässlichen Werten kommen.


Weisst Du wie die diese Info in Resultate umsetzen? Gibts da ne Formel dazu?
Hintergrund ist, ich hab angefangen einen eigenen Geigerzähler zu basteln, mit ESP 32 etc.

PS: wegen den Zeiten: Ich werde da einen https://www.amazon.de/dp/B077XN4LL4?smid=A1X7QLRQH87QA3&ref_=chk_typ_imgToDp&th=1 DS3231 Chip verwenden, der auch einen 32 kHz Output besitzt. Damit kann ich per Interrupt wenigstens in 30µS messen. Leider sind alle internen Zeiten des ESP 32 nicht stabil, aber der Funktionsumfang sonst ist halt gewaltig... und der Preis.

opengeiger.de

Wenn Du mit nem Mikrocontroller nen Strahlungsdetektor bauen willst und dafür eine zählende Messung der Pulse des Detektors implementierst, hast Du ja grundsätzlich zwei Möglichkeiten die Zählrate zu bestimmen, die Pulsvorwahl und die Zeitvorwahl. Die Pulse erfasst Du zunächst mit einer möglichst kurzen Interruptroutine, die den Pulszähler inkrementiert.

Die Methode der Zeitvorwahl lernt man noch in einer höheren Schule, da gibst Du eine fixe Messzeit vor und lässt den Pulszähler so lange inkrementieren bis die Messzeit erreicht ist. Dann berechnest Du die Zählrate durch Division des Stands des Pulszählers und der vorgegebenen Messzeit. Das lernt man in der höheren Schule meist als Herleitung der Poisson-Verteilung, denn so ist das dann immer noch zufällige Ergebnis verteilt. Und das haben auch die meisten Messgeräte implementiert.

Ich favorisiere aber die Methode der Pulsvorwahl und nur wenige Messgeräte-Hersteller tun das auch oder sie machen das sogar einstellbar, ob die Zeit- oder Pulsvorwahl gewünscht ist. Bei der Zeitvorwahl gibst Du die Anzahl der Pulse vor, aus denen Du die Zählrate bestimmen willst. Dann startest Du Deine Zeitmessung und lässt die Interruptroutine solange den Zähler inkrementieren bis die gewünschte Pulszahl erreicht ist und stoppst dann die Zeitmessung wieder. Jetzt kannst Du die Zählrate durch Division der gewünschten Anzahl Pulse und der gemessenen Zeitdifferenz (=Messzeit) ermitteln. Das Ergebnis hat eine klein wenig andere Verteilung, sie ist Erlang-verteilt. Diese Verteilung lernt man in der Regel nur dann freiwillig, wenn man Prüfungen zu Vorlesungen wie ,,Die Wartezeit in der Nachrichten- und Verkehrstheorie" oder ähnlich Grausames an Hochschulen absolvieren muss. Man kann an dieser Stelle aber beruhigend sagen, der Mittelwert und die Streuung kommen im Fall der zählenden Messung ganz gleich raus, wie bei der Poisson-Verteilung und bei 100 Pulsen lässt sich die Erlang-Verteilung genau wie die Poisson-Verteilung schon perfekt durch die Gauß-Verteilung approximieren.

Allerdings hat die Pulsvorwahl einen gigantischen Vorteil, Deine Streuung bleibt nun konstant, ob Du auf der berühmten grünen Wiese oder in einem alten Wismut-Stollen misst. Auf der grünen Wiese musst Du lange auf eine Ergebnis warten und im Wismut-Stollen geht das ratz fatz, dass Du das Ergebnis hast. Und das genau ist auch der von Henri erwähnte Zeitvorteil. Deine Messzeit passt sich nämlich automatisch den Bedingungen an und bei z.B. 100 vorgewählten Pulsen weißt Du eben ganz genau, dass der statistische Messfehler der zählenden Messung 10% (nämlich Wurzel aus der vorgewählten Pulszahl) ist. Unterm Strich optimierst Du also die Messzeit auf das Nötige und kennst immer den statistischen Fehler, das heißt Du kannst in der Regel früher und selbstbewusster in die Kaffeepause gehen als die Kollegen mit den Instrumenten mit Zeitvorwahl. :yahoo:
 
Wenn Du die Formeln wirklich wissen willst :umnik2: , ich hab mal vor vielen Jahren versucht das zusammenzuschreiben, siehe http://www.opengeiger.de/StatistikDesZerfalls.pdf  :vava:

Viel Spaß beim Programmieren!