Radioaktive Gegenstände - was ist erlaubt?

Begonnen von Floppyk, 11. Oktober 2019, 17:15

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Floppyk

Mich würde mal interessieren, welche radioaktiven Gegenstände bis zu welchen Aktivitätsgrenzen für Privatpersonen frei sind?
Alte Gegenstände aus Uranglas oder Urankeramik oder auch alte Gasglühstrümpfe sind sicherlich frei. Aber wie sieht das mit Prüfstrahlern aus? Zumindest früher waren die mal frei und lagen auch einigen Messgeräten bei.

emanator

Früher nach alter StrSchVO (89) gab es anzeigpflichtige Prüfstrahler (stets mit Bauartzulassung). Kaufen, Anzeige wegschicken und das war es...

In der Novelle der StrSchVo (2001) fielen die weg und die Freigrenzen wurden so gesenkt, das es de facto keine (gut messbaren) Prüfstrahler ohne Genehmigungspflicht gibt :-(.

Wer noch einen alten damals snzeigepflichtigen hat darf Ihn (solange er nicht weiter gegeben wird !) ohne Genehmigung weiter benutzen.

Was heute genehmigungsfrei ist, kann man in der Anlage 4 zur neuen StrSchVO 2018 anhand der Freigrenzen leicht nachschauen.


NoLi

Hallo Floppyk.

Zieh mal Eu-152 und/oder Ba-133 in Betracht: hier beträgt die Freigrenze auch nach StrlSchVO 2018 jeweils 1 MBq.
https://www.automess.de/Strahler_D.htm (letzter Absatz).

Gruß
Norbert

Lutathera-177

Wie ist eigentlich die Rechtslage bei alten Radiumuhren? Manche überschreiten sicher die Freigrenze von 10kBq, mehrere ohnehin.

Gilt für meine in den 60er Jahren gekauften Uhren ein Bestandsschutz ähnlich wie bei den Prüfstrahlern? Wie sieht es aus wenn solche Uhren auf dem Flohmarkt verkauft werden?

NoLi

Solange die Uhren im Originalzustand sind, ist Besitz und Verwendung legal, nur Handel und Entsorgung sind u.U. eingeschränkt. Gebrauchsgegenstände wie Uhren haben also eine Art "Besitz-Bestandsschutz", im Gegensatz zu Prüfstrahlern!! Bei letzteren zählt ausschliesslich die Freigrenze (auch Summenformel!) gemäß der gültigen Strahlenschutzverordnung, egal wann sie hergestellt/erworben wurden und die zu dieser Zeit gültigen Freigrenzen lagen! Die Bauartzulassung füherer Strahler >Freigrenze wurde schon mit der Strahlenschutzverordnung 2001 widerrufen und abgeschafft (Übergangsfrist war bis zum Jahr 2007, danach Umgangsgenehmigung auch für diese Strahler erforderlich).
Was den Flohmarkt angeht ;): sollte man Kenntnis über die Aktivität der Uhr(en) haben und diese über der Freigrenze liegen, ist der Handel untersagt.

Gruß
Norbert

DL8BCN

Moin, wie sieht es eigentlich mit Am241 aus Rauchmeldern aus?
Da steht glaube ich 0,8µCi drauf.
Wäre das erlaubt?


DG0MG

Nein!

0,8 µCi = 29,6 kBq

Die Freigrenze für Am-241 ist (in Deutschland) 10 kBq, siehe StrSchV Anlage 4: https://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/anlage_4.html. Der oft ins Feld geführte Passus, dass für Rauchmelder die zehnfache Freigrenze gelte, bezieht sich aber auf die BAUARTZULASSUNG und damit auf einen unveränderten, nicht zerlegten Ionisationsmelder. Ein chinesischer oder englischer Rauchmelder oder nur eine Ionisationskammer hat die deutsche Bauartzulassung nicht und deswegen fällt dieser Satz als Rechtfertigung auch aus.

Eine ähnliche Frage mit gleicher Intention ist hier zu finden: https://www.komnet.nrw.de/_sitetools/dialog/23580
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am 30. März 2022, 09:23
Nein!

0,8 µCi = 29,6 kBq

Die Freigrenze für Am-241 ist (in Deutschland) 10 kBq, siehe StrSchV Anlage 4: https://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/anlage_4.html. Der oft ins Feld geführte Passus, dass für Rauchmelder die zehnfache Freigrenze gelte, bezieht sich aber auf die BAUARTZULASSUNG und damit auf einen unveränderten, nicht zerlegten Ionisationsmelder.
...
Und diese Umgangsregelungen gelten ausschließlich für den GEWERBLICHEN und ÖFFENTLICHEN (Behörden, Institutionen,...) Bereich, NICHT für den privaten Bereich!! Hier gilt ein absolutes Umgangsverbot, wenn die Aktivität 10 kBq überschreitet (auch in der Summe!).
Die Installation, Verwendung und auch Entfernung von Ionisationsrauchmelder muß vom Betreiber und Installateur vorher der Aufsichtsbehörde gemeldet werden, diese erteilt dann, je nach dem, eine Umgangsgenehmigung zum Betrieb. Der installierende Betrieb braucht mindestens einen behördlich benannten fachkundigen Strahlenschutzbeauftragten (Prüfungslehrgang!) und muß seine mit der Installation beauftragten Mitarbeiter regelmäßig gemäß Strahlenschutzverordnung unterweisen.

Norbert


Oliver

Gebrauchsgegenstände dürfen ja bekanntlich gemäß ihres Verwendungszweckes weiter genutzt und gehandhabt werden. Was ist mit Geigerzählern mit eingebauten Prüfstrahlern? Ist dies auch als Gebrauchsgegenstand anzusehen oder nur als Strahler über der Freigrenze? Der eingebaute Strahler dient ja dazu, das Gerät zu prüfen. Demnach müsste die Verwendung im eingebauten Zustand dazu doch eigentlich erlaubt sein.

NoLi

Hier zählt eindeutig die Freigrenzenregelung der gültigen Strahlenschutzverordnung, egal, ob der eingebaute Prüfstrahler in vergangenen Jahren genehmigungfrei oder nur anzeigebedürftig war!

Bestes Beispiel dazu ist Cs-137, weil die Freigrenze mit der letzten Strahlenschutzverordnung 2001 von 370 kBq auf 10 kBq herabgesetzt wurde. Alle Prüfstrahler mit 333 kBq wurden damit schlagartig genehmigungs- und dichtheitsprüfpflichtig, der Nutzer musste einen zertifizierten Prüfungslehrgang zum Sachkundenachweis absolvieren und bei der Aufsichtsbehörde sich damit die Fachkunde bescheinigen lassen, um anschliessend als Strahlenschutzbeauftragter benannt zu werden. Falls nicht, dann musste der Strahler ausgebaut und (oder das ganze Gerät) entsprechend kostenpflichtig entsorgt werden.

Daher Finger weg von alten Strahlenmessgeräten mit Prüfstrahlern größer Freigrenze!!

Norbert

DG0MG

Zitat von: Oliver am 07. Oktober 2023, 21:46Gebrauchsgegenstände dürfen ja bekanntlich gemäß ihres Verwendungszweckes weiter genutzt und gehandhabt werden.

Dass das nicht auf Prüfstrahler in oder zu Geräten zutreffen kann, sagt auch der unterschlagene Passus über die Eigenart der Gebrauchsgegenstände aus: Man darf sie nicht wegen ihrer Radioktivität gebrauchen wollen. Die gängigen Beispiele: Uhr, Kompass, WIG-Elektroden, Glühstrumpf, Uranglas, Mineralien: Alles das hat man (normalerweise) nicht wegen der Radioaktivität, diese ist nur "Beifang". Einen Prüfstrahler zu Geräten gehörig hat man dagegen ausschließlich wegen seiner Radioaktivität.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Oliver

Zitat von: DG0MG am 08. Oktober 2023, 08:22
Zitat von: Oliver am 07. Oktober 2023, 21:46Gebrauchsgegenstände dürfen ja bekanntlich gemäß ihres Verwendungszweckes weiter genutzt und gehandhabt werden.

Dass das nicht auf Prüfstrahler in oder zu Geräten zutreffen kann, sagt auch der unterschlagene Passus über die Eigenart der Gebrauchsgegenstände aus: Man darf sie nicht wegen ihrer Radioktivität gebrauchen wollen. Die gängigen Beispiele: Uhr, Kompass, WIG-Elektroden, Glühstrumpf, Uranglas, Mineralien: Alles das hat man (normalerweise) nicht wegen der Radioaktivität, diese ist nur "Beifang". Einen Prüfstrahler zu Geräten gehörig hat man dagegen ausschließlich wegen seiner Radioaktivität.

Aber den Geigerzähler mit eingebautem Prüfstrahler habe ich ja vielleicht auch nicht wegen seiner eigenen Radioaktivität, sondern nur, um die Hintergrundstrahlung zu messen. Demnach würde ich das Gerät inklusive dem verbauten Strahler ebenfalls nicht aufgrund seiner Radioaktivität handhaben. Ich will es ja schließlich nicht als Prüfstrahler für andere Geräte verwenden. Der Zweck des Bauteils "Prüfstrahler" liegt zwar ausschließlich darin, ionisierende Strahlung zu emittieren, dies trifft auf das Radium in den Uhrzeigern aber auch zu. Der einzige Unterschied ist, dass es dort einen Phosphor anregt, während es im Geigerzähler einen Zeigerausschlag produziert. In beiden Fällen handhabe ich den Gegenstand nicht, um eine Strahlenquelle zu haben.

Radium

Zitat von: NoLi am 07. Oktober 2023, 23:04Bestes Beispiel dazu ist Cs-137, weil die Freigrenze mit der letzten Strahlenschutzverordnung 2001 von 370 kBq auf 10 kBq herabgesetzt wurde. Alle Prüfstrahler mit 333 kBq wurden damit schlagartig genehmigungs- und dichtheitsprüfpflichtig, der Nutzer musste einen zertifizierten Prüfungslehrgang zum Sachkundenachweis absolvieren und bei der Aufsichtsbehörde sich damit die Fachkunde bescheinigen lassen, um anschliessend als Strahlenschutzbeauftragter benannt zu werden.
:dash2:  :bad: Wer hat sich dass den ausgedacht? Einfach alle Freigrenzen von den häufigeren auf 10 oder noch weniger kBq zu senken  >:( So etwas sollte man doch lieber an der Radiotoxizität der Isotope festlegen und nicht einfach pauschal fast alles auf unter 10 kBq zu senken. Ich verstehe das echt nicht, we hat sich das denn überlegt?
Geigerzähler: DP-66, FH 40 TV, IT-65, Szintillationszähler: RAM-63

NoLi

Zitat von: Radium am 02. November 2023, 19:57:dash2:  :bad: Wer hat sich dass den ausgedacht? Einfach alle Freigrenzen von den häufigeren auf 10 oder noch weniger kBq zu senken  >:( So etwas sollte man doch lieber an der Radiotoxizität der Isotope festlegen und nicht einfach pauschal fast alles auf unter 10 kBq zu senken. Ich verstehe das echt nicht, we hat sich das denn überlegt?
Das war die ICRP, Umsetzung durch EU-Verordnung, verpflichtende Einführung in den Mitgliedsländern!

Norbert

Radium

So was beklopptes... Und wieso 10 kBq für fast alles? Woran hat man das festgelegt oder haben die Verantwortlichen das ausgewürfelt  ;D
Geigerzähler: DP-66, FH 40 TV, IT-65, Szintillationszähler: RAM-63