OpenDosimeter Projekt

Begonnen von NuclearPhoenix, 21. August 2024, 11:53

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NuclearPhoenix

Liebe Leute, ich darf euch ein Projekt vorstellen, an dem ich teilweise involviert bin: OpenDosimeter.

Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Ziel des Projektes war es für die Kollegen von der Stanford University ein Dosimeter hauptsächlich für Röntgenstrahlung zu bauen, welches Ablesen der Dosis und Dosisleistung in Echtzeit ermöglicht. Das Gerät soll maximal um die 100 USD kosten und zusammen mit der Veröffentlichung aller Hardware- und Software-Daten quelloffen und leistbar sein. Der Ausgangspunkt war mein Open Gamma Detector, der von den Kollegen in ein Gerät mit spezifischen Anwendungsfall weiterentwickelt wurde.

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Das Dosimeter soll besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern zum Einsatz kommen, da dort die derzeitige Situation im Strahlenschutz mehr als verbesserungswürdig ist. Durch die Veröffentlichung der Daten soll außerdem ein Transfer der Kontrolle und des Know-Hows and die dortigen Zuständigen stattfinden. Dafür wird derzeit vor allem mit Kollegen aus den zuständigen Bereichen in Nairobi und dem Rest Kenias gearbeitet (vor allem eben im medizinischen Sektor und dem Eichamt). Ziel wird es sein die dortigen, nur sehr wenigen TLDs durch diese Echtzeit-Dosimeter für mehr Arbeitssicherheit zu unterstützen. Zur Berechnung der Dosis(-Leistung) soll bald ein Paper veröffentlicht werden. Erste Tests haben auf jeden Fall schon recht gute Ergebnisse geliefert.

Das ganze Projekt ist schon seit einigen Monaten im Gange und ist jetzt bereit für die Veröffentlichung. Der Großteil der vorläufigen Dokumentation, Daten und weiteren Infos ist schon auf GitHub verfügbar: https://github.com/OpenDosimeter/OpenDosimeter
Die Webseite ist gerade noch im Aufbau, da wird sich also in nächster Zeit noch einiges tun. Wissenschaftliche Papers und weitere Infos zu Tests vor Ort werden folgen. Ich bin sehr gespannt wie sich das Projekt weiterentwickelt, aber bisher haben die Kollegen wirklich eine super Arbeit gemacht!

https://opendosimeter.org/

opengeiger.de

Wer ist da die Anwender-Zielgruppe?

NuclearPhoenix

Derzeit wird großteils mit Partnern im klinischen und technischen Bereich in Kenia zusammengearbeitet, das ist aktuell also der Fokus. Im Endeffekt kann sich das aber natürlich jeder zusammenbauen, das ist das schöne an open-source.

stoppi

Super Projekt, Gratulation und alles Gute bei der Umsetzung  ;)

opengeiger.de

Zitat von: NuclearPhoenix am 21. August 2024, 12:28Derzeit wird großteils mit Partnern im klinischen und technischen Bereich in Kenia zusammengearbeitet, das ist aktuell also der Fokus. Im Endeffekt kann sich das aber natürlich jeder zusammenbauen, das ist das schöne an open-source.

Und was nimmt Hinz und Kunz als Quelle, damit das Gerät was anzeigt?  :o

Reicht da eine alter Fernseher mit Kathodenstrahlröhre?

Oder geht der Energiebereich des Geräts für einigermaßen genaue Messungen auch deutlich über 70keV?

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 21. August 2024, 16:10...
Reicht da eine alter Fernseher mit Kathodenstrahlröhre?
...
Das würde funktionieren, wenn man die HV-Beschleunigungsspannung (nominal ~30 kV) um den Faktor 2 bis 3 "hochkitzeln" würde. ;)
Dies hatte ein amerikanischer TV-Hersteller in den 1960er Jahren mit seinem ersten Farbfernsehermodell geschafft: 24,5 kV Beschleunigungsspannung und zu dünne Abschirmung der Gleichrichterröhre. Quintessenz waren 150 mSv/h (15 R/h) in ca. 30 cm Abstand...!

Norbert

NoLi

Zitat von: NuclearPhoenix am 21. August 2024, 11:53...
Erste Tests haben auf jeden Fall schon recht gute Ergebnisse geliefert.
...
Was für eine Detektorart wird dafür verwendet...Halbleiter (Photodioden)?

Norbert

DL3HRT

Das steht im ersten Post unter "Key Features": LYSO-Kristall und SiPM

NuclearPhoenix

Die offizielle Webseite ist jetzt online, da steht ein wenig mehr zur Motivation und den Partnern des Projekts.

https://opendosimeter.org/

NoLi

#9
Zitat von: NuclearPhoenix am 28. August 2024, 13:28Die offizielle Webseite ist jetzt online, da steht ein wenig mehr zur Motivation und den Partnern des Projekts.

https://opendosimeter.org/
Zitat:
"Calibratable: Using Am-241 from any household ionization smoke detector for spectral/dose calibration"

Spectral calibration: ok.
Dose calibration: wie soll das denn erfolgen? Haus-Ionisationsrauchmelder enthalten modellbezogene unterschiedliche Am-241 Aktivitäten und bestehen aus bauart- und designbedingten unterschiedlichen Gehäusen mit entsprechenden unterschiedlichen Messwerten am äußeren Gehäuse. Auch in zerlegten (was nicht zu empfehlen ist !!) Ionisationsrauchmeldern befindet sich die Am-241 Quelle an modell- und bauartabhängig unterschiedlichen Stellen.

>:(

Norbert

NuclearPhoenix

Zitat von: NoLi am 28. August 2024, 14:59Dose calibration: wie soll das denn erfolgen? Haus-Ionisationsrauchmelder enthalten modellbezogene unterschiedliche Am-241 Aktivitäten und bestehen aus bauart- und designbedingten unterschiedlichen Gehäusen mit entsprechenden unterschiedlichen Messwerten am äußeren Gehäuse. Auch in zerlegten (was nicht zu empfehlen ist !!) Ionisationsrauchmeldern befindet sich die Am-241 Quelle an modell- und bauartabhängig unterschiedlichen Stellen.
Die Kalibrierung ist nur dafür da, den ADC Kanälen eine Energie zuzuweisen. Ist also nur die Energiekalibrierung für das Spektrum. Daher bin ich mir auch sehr sicher, dass es auch ohne Ausbau funktioniert. Empfehlen würde ich das dem "Ottonormalverbraucher" sicher ebenfalls nicht.

Die eigentliche Umrechnung von Spektrum auf Dosis lässt sich mittels Daten errechnen, die im ICRP 116, Table A.1 stehen. Wenn die Energie eines Photons bekannt ist lässt sich damit ganz grob gesagt die Dosis (in pSv) ausrechnen, die das Photon deponiert. Das Volumen des LYSO Kristalls ist bekannt und die Effizienz des Materials kennt man ebenfalls. Wie gesagt alles nur ganz grob erklärt und ist natürlich nur eine starke Vereinfachung.

Aber das ist eigentlich der nette Trick an dem ganzen. Du brauchst keine quantitative Kalibrierung, sondern das Spektrum reicht aus um aus den tabellierten Werten dann eine Dosis abzuschätzen. Laut eigener Aussage kommen sie dadurch auf 20% an kommerzielle Strahlungsmessgeräte hin. Das ist mit so einem günstigen und einfachen Gerät schon sehr beachtlich, wenn du micht fragst. Und jetzt geht es ja erst so richtig los mit dem Projekt.

Mehr dazu wird es in dem Paper geben, was im September kommt.

NoLi

#11
Ok, um aus der Zählrate eines Spektrumpeaks die Dosis zu errechnen und dann mit der vom Gerät angezeigten Dosis zu vergleichen, ist eine Möglichkeit, die Dosismessgenauigkeit zu überprüfen.
Dann braucht man auch keine bestimmten Vorgaben eines Ionisationsrauchmelders, nur jedes mal die entsprechende Umrechnung mit Vergleich Impulsanzahl vs Anzeige sowie die Ermittlung und Konstanzprüfung der Efficiency.

Und Ionisations(haushalts)rauchmelder mit Am-241 sind außerhalb der EU so gut wie überall weltweit in Geschäften und Einkaufszentren legal für "n Appel und n Ei" zu erwerben.

Norbert

NuclearPhoenix

Das Paper wurde jetzt wie angekündigt auf Arxiv veröffentlicht! Ich habe es hier auch noch als PDF mithochgeladen, für alle die es interessiert. (Link: https://arxiv.org/abs/2409.09993)

Da wird nochmal genau erklärt wie das ganze aufgebaut ist und vor allem der Prozess zum Kalibrieren und der Dosis-Umrechnung um den es ja eigentlich geht :)