Heeresversuchsanstalt Kummersdorf, Gottow: "Uranmaschine"

Begonnen von wrdmstr inc., 20. September 2019, 23:41

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NoLi

Ab einem Urangehalt von 0,1% spricht man von einem abbauwürdigem Vorkommen.

Gruß
Norbert

DL3HRT

ZitatAb einem Urangehalt von 0,1% spricht man von einem abbauwürdigem Vorkommen.
In der Praxis sah das in der DDR anders aus. Da musste um jeden Preis Uran gewonnen werden,koste es was es wolle.
Hier ein Zitat aus der "Chronik der Wismut":

Im Jahre 1989, dem letzten vollständigen Jahr des Bestehens des Bergbaubetriebes Beerwalde, wurden
561.800 kg Uran im Erz an die Aufbereitungsbetriebe geliefert. Damit nahm der Bergbaubetrieb
Beerwalde den 5. Platz unter den sieben Bergbaubetrieben ein. Der Anteil an der Uranlieferung aller
Bergbaubetriebe betrug 13,5 %.
Für diese Uranmenge mußten 674.500 t Erz mit einem Urangehalt von 0,0795 % gewonnen werden.
Um die Abbaufreiheit zu sichern, mußten insgesamt 13.964 m Vortrieb aufgefahren werden. Davon
waren 10.713 m Vorrichtung, 2.251 m geologische Auffahrungen und 1.000 m Ausrichtung.
Für die Erzgewinnung und den Vortrieb wurden 488.131 m³ Bergemasse hereingewonnen. Im einzelnen
waren das 390.945 m³ Abbau, 68.885 m³ Vorrichtung, 18.027 m³ für geologische Erkundung und
10.274 m³ in der Ausrichtung.


Daran sieht man den Aufwand der getrieben werden musste, da der Urangehalt ziemlich niedrig lag.

DL3HRT

Die ARD drehte 1991 den zweiteiligen Film "Ende der Unschuld", der sich mit der Arbeit des Uranvereins im Zweiten Weltkrieg befasst. Natürlich sind in den letzten 29 Jahren einige neue Erkenntnisse dazugekommen. Beispielsweise wurden der Gottower Reaktor im Film in eine große Halle verortet. Man wusste das einfach nicht besser.

Teil 1:

Teil 2:

DG0MG

Tatsächlich recht sehenswerter Film. Man kann sich die damaligen Ereignisse jedenfalls besser vorstellen, auch wenn vielleicht nicht alles 100% authentisch ist.

Zitat von: DL3HRT am 08. Juni 2020, 07:38
Natürlich sind in den letzten 29 Jahren einige neue Erkenntnisse dazugekommen. Beispielsweise wurden der Gottower Reaktor im Film in eine große Halle verortet. Man wusste das einfach nicht besser.

1991 waren in Gottow im Munitionslager sicher noch die 'Russen', da war (noch) kein rankommen. Dass aber der Keller der Schule in Stadtilm noch nicht bekannt war und man die Ereignisse in eine große Industriehalle verlegte?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Zitat1991 waren in Gottow im Munitionslager sicher noch die 'Russen', da war (noch) kein rankommen. Dass aber der Keller der Schule in Stadtilm noch nicht bekannt war und man die Ereignisse in eine große Industriehalle verlegte?
Vielleicht waren die Drehbuchautoren der Meinung, dass ein Rekatorversuch in einem Schulkeller nicht richtig ernst genommen wird?  :)



DG0MG

Naja, die Macher haben schon penibel auf fachliche Details geachtet, z.B. zu sehen an dem mit Zwinge und Draht geerdeten Metalllöffel in Leipzig. Und in Haigerloch war es ja richtigerweise auch die Anmutung des Felsenkellers. Dass man da andernorts plötzlich so viel künstlerische Freiheit hat walten lassen, wäre immerhin ungewöhnlich.

Vielleicht war das 1991 wirklich ebenfalls noch nicht bekannt.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Hier ein Bericht der Physikalisch Technischen Bundesanstalt PTB aus dem Jahr 2013 über die Physikalisch Technische Reichsanstalt PTR in Thüringen. Auf den Seiten 73 bis 81 wird über die Abteilung Atomphysik Ronneburg und dem deutschen Uranprojekt berichtet. Auf Seite 76 befindet ein Foto von Diebner`s Räumung der Ausweichstelle Stadtilm im April 1945.

https://oar.ptb.de/files/download/56d6a9c2ab9f3f76468b45ab

Gruß
Norbert

DL3HRT

Diese Broschüre habe ich vor ein paar Tagen auch gefunden. Da ich in Ronneburg arbeite, habe ich auch einen direkten Bezug zu den Berichten. Leider gibt es das Gebäude nicht mehr, in dem sich die Ausweichstelle der PTR befand.

Wesentlich bemerkenswerter finde ich folgende Aussage von Rainer Karlsch auf S. 74:
"Meine Vermutung, dass die Diebner-Gruppe ihren letzten Versuch mit einem zweistufigen Reaktordesign durchführte, fand hingegen keine Bestätigung [20]. Die Idee für einen zweistufigen Reaktor mag Diebner schon während des Krieges gehabt haben, doch das dafür nötige Material nicht."

Damit beerdigt er seine Vermutung zu Verwendung angereicherten Urans beim letzten Reaktorversuch in Gottow. Genau das haben unsere Messungen ja auch ergeben: Es wurde kein angereichertes Uran verwendet.


DL3HRT

Heute kam die Bodenprobe aus Gottow zurück. Um zu erklären, warum viele "Besucher" der Uranmaschine von sehr hohen Dosisleistungen schreiben, habe ich vorhin mit dem AATiS-Geigerzähler mit einem SBM-20 Zählrohr gemessen. Díe Bodenprobe befand sich dabei in einem Marinellibecher. Dieser hat einen Durchmesser von 120 mm, so dass das SBM-20 Zählrohr vollständig Probe "sieht". Vor dem Zählrohr befindet sich eine Kunststofffolie, um vor Kontamination zu schützen. Es hat damit nahezu seine volle Betaempfindlichkeit.

Messwert in 1cm Abstand von der Probe: 45 Impulse pro Sekunde = 2700 Impulse pro Minute!!!

Die Mehrzahl der Impulse wird natürlich durch Betastrahlung verursacht. Nun sind aber viele Geräte mit SBM-20 Zählrohren auf dem Markt, die eine Dosisleistung anzeigen. Bei den üblichen Umrechnungsfaktoren ergibt sich dann ein Messwert zwischen 10 µSv/h und 20 µSv/h. Der ist zwar kompletter Unfug aber das wissen die meisten Leute nicht.



DG0MG

Zitat von: DG0MG am 31. Mai 2020, 18:47
Das BfS hat in Gottow am 16. Februar und 21. März 2000 gemessen. Der Bericht muss in dem Buch "Atomversuche in Deutschland" abgedruckt sein. Findet jemand den Bericht als PDF?

Hier der Bericht des BfS aus dem Buch.
Es wird empfohlen, das kontaminierte Erdreich abzutragen und "geeignet zu entsorgen".
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Eigentlich gehört die Anlage konservatorisch aufgearbeitet, um sie als Zeitdokument für die Nachwelt zu erhalten, so wie das mit dem Atomkeller Haigerloch geschehen ist. Einschliesslich der Uran-Kontamination (diesen Bereich könnte man ja mit Zutrittsbeschränkung eingrenzen). Und mit nem Info-Pavillion.

Die Amis machen es mit ihrer Trinity-Test-Side Nevada, dem National Atomic Testing Museum und ihren Hanford-Graphitreaktoren ja auch so.

https://www.dieweltenbummler.de/reisen/usa-reisebericht/besuch-an-der-trinity-test-site-wo-die-erste-atombombe-explodierte/






Gruß
Norbert

NoLi

Spurensuche im Uran-Archiv (Deutsches Museum München):


Uranmaschine / Fundamente des Versuchsreaktors - Lost Places - ,,Wa Prüf 11 – Abteilung Sondergerät":


Hitlers geheime Waffen Der Wettlauf um die Atombombe:


Cman im Atomkeller & andere Themen Kanal Update (mit Dosisleistungsmessung an Uranwürfel-Vitrine):


Gruß
Norbert

NoLi

Und noch ein Artikel aus dem SPIEGEL vom 19.03.2009 über die nukleare Forensik des Inst. für Transurane Karlsruhe an einem Uranwürfel und einer Uranplatte:

https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/nuklear-forensik-heisenberg-wuerfel-verraet-details-ueber-hitlers-atomprogramm-a-614227.html

Gruß
Norbert

Peter-1

Auch ich habe eine kleine Probe vom Boden der Versuchsanstalt.
Gruß Peter
Gruß  Peter