Szintillationsdetektor - jede Menge Verständnisfragen

Begonnen von axelroro, 25. März 2023, 19:10

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axelroro

Hallo zusammen,
vorweg, ich vermute, dass die Antworten zu diesen Fragen irgendwo im Forum oder Netz stehen, aber hab inzwischen so viel vor und zurück gelesen, dass ich ganz wirr bin.

Also mal die ersten Fragen:
1) Habe meinen Detektor (siehe: hier) z.Z. noch am Oszi und Eventzähler hängen. Nun lese ich mich in die Auswerteelektronik ein. Die verstärkt ja irgendwo Faktor 100 - stimmt das so ungefähr?
2) Jetzt seh ich aber am Oszi Werte von mehreren Volt minus, auch Extremwerte mal über -10V. Wieso da noch Verstärkung in der Elektronik, das muss doch eigentlich verringert werden?
3) Ich lese auch, die Impulse werden verbreitert, um sie mit günstigen ADCs besser auswerten zu können. Das verstehe ich zwar, aber verpasst man da nicht eventuell Pulse?
4) Sind die Pulshöhen ca linear, sprich die ganz kleinen sind im Bereich wenige keV, die grösseren dann hunderte keV und die ganz grossen extremen > 10V im MeV Bereich? Müsste man dann nicht mit einem logarithmischem ADC ran oder ist das nicht wichtig, weil nur ein Teilbereich interessiert? Welcher wäre das?
6) Auf dem Oszi sehe ich Impulse so Full width mid height von ca 750 ns be fliegendem Aufbau. Ist das was man erwarten würde?
7) zu der Pulsverbreiterung, gehe ich recht in der Annahme, dass man die nicht bräuchte, wenn man schnellere ADCs hätte?

Vielleicht mag ja jemand zwischen meinen Zeilen kommentieren, würde mich freuen.

Danke!



PS: Draussen tobt gerade ein Gewitter, hoffe bei Euch ist es ruhig



axelroro

Nanu, hab ich böde Fragen gestellt?

Vielleicht ja, wobei Frage 2 mich eigentlich am meistem umtreibt. Alles andere kann ich mir denken, wobei eine Bestätigung schön wäre. Nur warum ich mehrere Volt Ausschläge bei Impulsen sehe, wo ansonsten von mV und nötiger Verstärkung gesprochen wird, ist mir immer noch nicht klar.

Vielleicht kann da ja jemand Erfahrungen teilen.

Danke

Henri

Hallo Axel,

der Vorverstärker dient nicht nur der Verstärkung, sondern auch der Impedanzanpassung, je nachdem was Du für eine Elektronik zur Weiterverarbeitung verwendest. Manchmal hat man ja mehrere Meter Koax-Kabel zwischen PMT und MCA, da bekommt man sonst Probleme.

Die vom Kristall detektierten Energien gehen von wenigen keV der Röntgenfluoreszenz bis zu etlichen MeV der kosmischen Myonen. So ein PMT arbeitet aber im Prinzip (zumindest wünscht man sich das) linear. Die niedrigen Energien gehen irgendwann ins thermische Rauschen des PMT und Rauschen der Elektronik über. Die hohen Energien übersteigen möglicherweise die oberste Schwelle, die die Elektronik noch auswerten kann.

Deshalb sucht man sich mit der Einstellung des Verstärkers und der HV einen Arbeitspunkt, bei dem das Setup möglichst linear ist (in der Regel bei niedrigerer HV) und die unterste Energie, die man noch abbilden möchte, sich noch gut vom Rauschen abhebt. Natürlich fällt dann oben was drüber. Wenn Du genau diese hohen Energien messen möchtest, stellst Du Deinen Arbeitsbereich halt entsprechend darauf ein.

Eine logarithmische Skala macht keinen Sinn, weil man dann zu den höheren Energien hin Informationen (Auflösung) verlieren würde. Man lässt also die X-Achse (Energie-Skala) linear und kann bei Bedarf lediglich die Y-Achse logarithmisch verarbeiten, um die geringere Empfindlichkeit bei höheren Energien auszugleichen.

Zur Verbreiterung der Impulse: vielleicht macht man das bei Theremino so??  :unknw:  "Normalerweise" bzw. "früher" hatte man einen Peak-Detektor, der den Spitzenwert so lange eingefroren hat, bis der ADC  mit der Konversion fertig war. Heutzutage sind die ADC sicher so schnell, dass man sich das sparen kann. Klar hat man früher Impulse verloren, aber halt im Verhältnis der unterschiedlichen Energien - häufig vorkommende Energie hat man häufiger verpasst als seltene. Letztendlich ist das aber auch nicht relevant, da man eh eine Effzizenzkalibrierung für das gewünschte Nuklid mit einer bekannten Aktivität und Geometrie machen muss, wenn man quantitativ messen möchte.

Viele Grüße!

Henri

axelroro

Hallo Henry, danke, ich glaube, ich habs ansatzweise kapiert.

Ich hatte meine Messungen ja mit  10 MOhm Tastkopf direkt am Pin des Detektorkopf-Outputs, nur mit einem 1nF Kondensator dazwischen, abgegriffen. Da sieht man dann natürlich die Spannung am 475k Anodenwiderstand abfallen, und die ist tatsächlich bis zu -15V, wenn etwas detektiert wird.

Jetzt habe ich einmal über BNC Koaxkabel in 50 Ohm terminiert, und siehe da, nun bin ich auch bei den 50-100 milliVolt, die man so liest. Da macht nun tatsächlich Verstärkung wieder Sinn.

Dann kanns ja weitergehen. Transimpedanzverstärker, Differenzierer, Integrierer, Diskriminator, MCA, da hab ich noch ein wenig zu knabbern dran.

Hab ein par nette Ideen:

Low cost MCA:
Mit TTGO ESP32 S3 T Display. 200ksamples/12bit mitDMA. Sagen wir 11 bit ohne LSB.

Anspruchsvoller:
Mit TI Launchpad F280049. Mit 49,- Eur noch günstig. 3 echte 12bit ADCs mit je 3,45Msamples/s, Comparatoren, PGA. Super Beispiele und Doku, auch wenn das 3000 Seiten Datenblatt  anfänglich etwas abschreckt.

Gut, Soundkarte geht auch, aber obiges wäre mal was neues.

Zugpferd

Du steigst ja gleich voll in die Elektronik ein, Respekt...

axelroro

Na ja, eher nachmachen, was andere vorgemacht haben. Und alles dauert ewig, wegen Job und Familie.

Aber ja, anstelle einfach ein Theremino Board zu bestellen, reizt es mich schon, irgendwo fortgeschrittenere Schaltungen auszustöbern, auch wenns mal ein ,,Fail" wird. Das soll jetzt aber in keinster Weise die Theremino Lösung schmällern!