Thorium 234 in Uranglasur ?

Begonnen von DL8BCN, 04. März 2023, 16:12

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DL8BCN

Hallo, ich habe einen schönen Teller mit Uranglasur bekommen.
Es ist mein drittes Objekt mit wunderschön orangefarbener Glasur 8)
Zugleich zeigt es die höchste Zählrate bisher, war aber am billigsten :P
Ich sehe im Gammaspektrum die bekannte Uran 235 Linie bei 185,7 keV.
Außerdem eine sehr starke Linie bei 92,4 keV die ich dem Thorium 234 zuschreibe.
Bei meinen früheren Messungen an anderen Uranglasuren gab es die Linie auch, aber bei weitem nicht so deutlich sichtbar.
Ich dachte sogar, das es ein Röntgenfluoreszenz-Peak bei 85 keV sei.
Die Kalibrierung meiner Anlage scheint aber ziemlich gut zu stimmen.
Das SI8B zählt in 5mm Abstand ca. 7560 Imp./min also 125 Imp./s.
Der NaI(TI) Kristall über 500/s.
Kann es ein, das tatsächlich auch Thorium in der Glasur ist?
Der Opengeiger Bernd hat ja in einem seiner PDF´s im Internet hier: http://www.opengeiger.de/GammaSpectEinstieg.pdf
Folgendes geschrieben:
Bei der Uranglasur dieser Art von Majoliken und Keramiken sieht man ganz offensichtlich, dass
bei Verarbeitung bzw. Gewinnung der Glasurfarben das Radium mit seinen Zerfallsprodukten
abgetrennt wurden und in der Glasur in dem Umfang nicht wieder entstehen konnten, so dass
sie sichtbar werden würden. Daher sieht man nur neben einem starken Th234-Peak, der mit
dem Röntgenfluoreszenz-Peak des Blei aus der Abschirmung vermischt ist (ohne Marker), nur
die U-235-Linie bei 186keV.
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DL3HRT

Zitat von: DL8BCN am 04. März 2023, 16:12Kann es ein, das tatsächlich auch Thorium in der Glasur ist?
Natürlich. Thorium-234 entsteht beim Alpha-Zerfall des Uran-238.
https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-Radium-Reihe

DL8BCN

Vielen Dank für die Info.
Hatte ich so nicht "auf dem Zettel".
Kann man dann Rückschlüsse auf das Alter des Objekts daraus ziehen?
Nach dem Motto, je stärker die Thorium Linie ist, um so älter ist die Scherbe?

DG0MG

Es wäre schön, wenn zu einem Spektrum auch immer noch ein Foto des gemessenen Objektes gezeigt wird.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL8BCN

Kein Problem.
Wollte ich sowieso noch nachliefern :)
Auf der Rückseite steht 950/9 Elsterwerda.

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etalon

Naja, in einer Uranglasur sollte es zu erwarten sein, mindestens die Ka-Linien des Urans zu finden. Diese liegen bei rund 98 keV und 94 keV und werden von deinem Detektor sicher nicht aufgelöst.
Auch wenn sich Thorium im Rahmen der Zerfallskette bildet, so ist dessen Stoffmenge im Vergleich zum Uran doch unbedeutend gering, so dass das sehr sicher die nicht aufgelösten Uranröntgenlinien sind, und nicht die des Thoriums...

DL8BCN

Mein Graetz X5C Plus meint 0,4 μSv/h.
Wobei der eichfähige Bereich des Gerätes erst bei 1 μSv/h beginnt.
Der RC101 ohne das letzte Firmwareupdate und ohne Beta Abschirmung direkt im Teller liegend zeigt 1,01 μSv/h.
Und der Radex RD1008 meint ebenfalls 0,40μSv/h Gamma und 2580 Beta.
Diese komische Teilchenflussdichte Beta Flux Density in 1/(min*cm2).Was wohl CPM/cm2 entspricht.

DG0MG

Guck mal diese Kanne: https://www.ebay.de/itm/266128313922
Da steht auch Elsterwerda drauf. Ist mir zwar jetzt nicht bekannt, aber dort scheint Keramikindustrie gewesen zu sein.

https://www.mil-airfields.de/ddr/orte/elsterwerda.html

VEB Steingutwerk Elsterwerda
Saathainer Straße 5

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Curium

Man kann bei einer Uranglasur sehr wohl TH234 gammaspektroskopisch nachweisen, sowohl die 63 als auch die 92kev Linie sind klar sichtbar im richtigen Verhältnis. @etalon: Substanzmengen (Masse)sind hier nicht der richtige Ansatz, es besteht bei kurzlebigiger Tochter ein säkulares Equilibrium zwischen U238 und Th234, dh die Aktivitäten (Bq) sind genau gleich!
Säkulares Gleichgewicht: Die Halbwertszeit des Mutternuklids U238(4,5x10E9)ist wesentlich länger als die der TochterTh234. Nach etwa zehn Halbwertszeiten des Tochternuklids (24Tage) stellt sich der Gleichgewichtszustand ein.
https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4kulares_Gleichgewicht
https://physicsopenlab.org/2017/06/30/gamma-activity-measures/
Ein schöner Artikel auch zum rechnen des Alters einer Glasur an Hand Th234, funktioniert astrein!
@DL8CN: man sieht auch die 63!

Prospektor

Also das Th-234 kann man ganz gut über die Emission bei 63 keV messen - und die Linie ist, sofern das U nicht gerade erst ein paar Stunden oder Tage alt ist, sehr kräftig.
Der Bereich von 80-100 keV sieht zwar mit NaI(Tl) nach einem Peak aus, wenn man genauer hinschaut, dann verbirgt sich darunter aber leider in der Tat einiges mehr, wie etalon schon geschrieben hat (selbst wenn man keine nennenswerte Pb-XRF aus der Schirmung hat). Kann man ganz gut hier sehen:

https://www.amptek.com/internal-products/app-notes/uranium-and-plutonium-spectra   (4. Bild von oben mit UO3 CRM)

oder hier:

https://www.researchgate.net/figure/Gamma-spectra-of-a-10-g-solid-UO2-sample-counted-for-one-day-The-spectrum-was-collected_fig1_233926110

DL8BCN

Vielen Dank für die vielen Infos.
Dies ist wirklich ein tolles Forum.
So viele kompetente Leute😎
Eine Frage habe ich noch:
Warum ist in der Uranglasur U235 und nicht U238?
In der Natur findet man doch fast nur U238 mit ca. 0,72 % U235 Anteil.
Da muss man sich ja die Mühe gemacht haben, das U235 vom U238 abzutrennen.
Wie man weiß ist das ja ein erheblicher Aufwand.

Curium

Die Uranglasur besteht natürlich aus 99,3% (Vorkrieg) U238, Nachkrieg noch mehr (abgereichert), aber U238 ist ein alphastrahler, dessen gamma emissionen nur (113kev 0,0102%, 49,55kev 0,064%)ausmachen, und daher mit Hobbymitteln schwer nachweisbar sind. Die Gammaspektroskopie ist halt darauf angewiesen, dass bei alpha und BetaZerfällen auch Gammas freiwerden, was nicht immer ausreichend der Fall ist.
z.B. https://www.ezag.com/fileadmin/ezag/user-uploads/isotopes/isotopes/Isotrak/isotrak-pdf/Decay_Schema_Data/U-238.pdf

DL8BCN

Hallo, ich habe meine Bleiburg etwas umgebaut damit ich den Teller dort messen kann.
Das erste Spektrum war außerhalb der Bleiburg aufgenommen.
Außerdem habe ich den IIR-Filter auf 0 gestellt, um mehr Details sehen zu können.
Nun sehe ich auch den 63 keV Peak, einen 75er vom Blei und den 93 vom Thorium.
Ich hoffe das ist so nun realistisch.
Man kann das Theremino natürlich auch so hindrehen, dass es passt :D Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Curium

Im 94kev sind natürlich das Thorium und die k alphas von Uran mit unseren Mitteln kaum trennbar aufsummiert, man kann aber mit der Area under the curve in Beqmoni erfolgreich rechnen, so dass die kalphas da nicht wirklich quantitativ stören.

etalon

Zitat von: Curium am 05. März 2023, 10:18Man kann bei einer Uranglasur sehr wohl TH234 gammaspektroskopisch nachweisen, sowohl die 63 als auch die 92kev Linie sind klar sichtbar im richtigen Verhältnis. @etalon: Substanzmengen (Masse)sind hier nicht der richtige Ansatz, es besteht bei kurzlebigiger Tochter ein säkulares Equilibrium zwischen U238 und Th234, dh die Aktivitäten (Bq) sind genau gleich!
Säkulares Gleichgewicht: Die Halbwertszeit des Mutternuklids U238(4,5x10E9)ist wesentlich länger als die der TochterTh234. Nach etwa zehn Halbwertszeiten des Tochternuklids (24Tage) stellt sich der Gleichgewichtszustand ein.
https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4kulares_Gleichgewicht
https://physicsopenlab.org/2017/06/30/gamma-activity-measures/
Ein schöner Artikel auch zum rechnen des Alters einer Glasur an Hand Th234, funktioniert astrein!
@DL8CN: man sieht auch die 63!

Ja sicher, natürlich kann man das. Man findet sogar auch den 766 keV und den 1001 keV Peak, so wie man es bei einem Uranspektrum erwarten würde. Meine Aussage bezog sich rein auf die Röntgenemissionen und da sind die Stoffmengenverhältnisse das Hauptausschlaggebende. Das sekuläre Gleichgewicht hat damit gar nichts zu tun, außer dass dann die Stoffmengen im Verhältnis ihrer Halbwertszeiten vorliegen. Wahrscheinlich habe ich mich mal wieder zu missverständlich ausgedrückt...  :unknw:

Allerdings frage ich mich schon, wie du an dieser Messung die richtigen Verhältnisse erkennen willst, ohne nicht mal annähernd die Efficiency der Messanordnung zu kennen...  :-\
Das halte ich für äußerst gewagt...

Zitat von: Curium am 05. März 2023, 13:13Im 94kev sind natürlich das Thorium und die k alphas von Uran mit unseren Mitteln kaum trennbar aufsummiert, man kann aber mit der Area under the curve in Beqmoni erfolgreich rechnen, so dass die kalphas da nicht wirklich quantitativ stören.

Siehe einen Absatz weiter oben...


Zitat von: DL8BCN am 05. März 2023, 12:15...
Eine Frage habe ich noch:
Warum ist in der Uranglasur U235 und nicht U238?
In der Natur findet man doch fast nur U238 mit ca. 0,72 % U235 Anteil.

Na, da ist schon beides drin. Allerdings hat die 185 keV Linie des U-235 mit Abstand die höchste Übergangswahrscheinlichkeit der Uranemissionen und liegt in einem Bereich, in dem die meisten Gammaspektrometer ihre höchste Nachweiswahrscheinlichkeit haben. Auch ist die Linie fast nicht gestört, daher sieht man diese Linie besonders gut.