Atomar/Chemisches Warngerät für Einsatzkräfte.

Begonnen von NoLi, 07. März 2023, 20:53

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NoLi

" Forschungsprojekt ausgezeichnet: Warngerät schützt vor giftigen Gasen

Beim Brand eines Chemiewerks oder bei Gefahrgut-Unfällen können gefährliche Giftstoffe freigesetzt werden – eine besondere Herausforderung für Einsatzkräfte. Ein neuer kompakter Sensor (ACDC) erkennt radioaktive und chemische Gefahren und schlägt rechtzeitig Alarm.

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Frau steht neben einer Feuerwehrpuppe in Einsatzkleidung und erklärt, wie der kleine kompakte Sensor funktioniert und an der Schutzkleidung befestigt wird.

Tanja Stimpel-Lindner erläutert, wie der kompakte AC-Sensor funktioniert und an der Schutzkleidung der Einsatzkräfte befestigt wird.

Foto: VDI Technologiezentrum GmbH

Einsatzkräfte, die zu einem Unfall mit Gefahrstoffen gerufen werden, können nicht immer auf den ersten Blick erkennen, ob dabei radioaktive Strahlung oder giftige Gase freigesetzt werden. Ein Warngerät, ähnlich wie bereits weit verbreitete Kohlenmonoxid-Warner (CO-Warner), das aber noch zusätzlich bei radioaktiver Strahlung und einer definierten Auswahl an chemischen Gefahrstoffen anschlägt, wäre für viele Feuerwehren und andere Rettungskräfte eine große Hilfe. Im Extremfall könnte so das Leben der Helferinnen und Helfer gerettet werden.

Der Markt für solche lebensrettenden Geräte ist sehr groß. Allein in Deutschland gibt es mehr als 22.000 Freiwillige Feuerwehren. Sie haben oftmals nicht das Geld für große und teure Anschaffungen. Wenn bei einem Einsatz unsichtbare Gefahren wie Radioaktivität oder giftige Gase austreten, wären Einsatzkräfte oft so gut wie ungeschützt.
Detektorchip schützt Einsatzkräfte

Das Forschungsprojekt ,,ACDC" soll jetzt die Lösung bringen. Gestartet hat dies der ABC-Zug München-Land, gemeinsam mit der Universität der Bundeswehr München, Neubiberg, und einem Halbleiterhersteller. Oberste Priorität dabei ist für Projektleiterin Tanja Stimpel-Lindner von der Bundeswehr-Universität der Eigenschutz der Einsatzkräfte bei gleichzeitig ablaufenden Rettungsmaßnahmen.

,,Für die Führungskraft ist dies oft ein Spagat", so Tanja Stimpel-Lindner. ,,Ein einfaches Messgerät als Alarmgeber, das unsichtbare Gefahren wie ionisierende Strahlung oder gefährliche Gase detektieren kann, wäre hier gerade bei kleineren Einheiten ohne jegliche Gefahrgut-Ausrüstung eine gute Entscheidungshilfe." So entwickelte das ACDC-Team eine kostengünstige und zugleich robuste Sensoreinheit, die sowohl schon kleinste Mengen der gängigsten und gefährlichsten Gase bzw. Säuregase (,,C") als auch radioaktive Teilchen (,,A") detektieren kann.

Das Bundesforschungsministerium hat das Projekt mit rund 840.000 Euro gefördert. Projektpartner sind das Landratsamt München (ABC-Zug München-Land), die Universität der Bundeswehr München sowie die KETEK GmbH Halbleiter- und Reinraumtechnik.
Eine persönliche Herzensangelegenheit

Das Projekt ist für Tanja-Stimpel-Lindner, die ,,am liebsten die ganze Welt retten würde", persönlich eine Herzensangelegenheit: Als langjährige Helferin im Katastrophenschutz und als Führungskraft hat sie bereits viele Einsatzszenarien hautnah miterlebt. Dabei stand sie selbst vor der Entscheidung, Personal in gefährliche Situationen schicken zu müssen.

,,Durch meine Zusatzqualifikation zur Sicherheitsingenieurin hatte ich ohnehin bereits eine große Affinität zum Arbeitsschutz. So wurde meine Idee zu diesem Projekt geboren, dessen erfolgreiche Umsetzung durch die Konstellation der Projektpartner von Anfang an in greifbarer Nahe zu sein schien, was sich am Ende auch bewahrheitet hat", so Stimpel-Lindner.
Nicht größer als eine Zigarettenschachtel

Der Sensor ist etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel und kann einfach und schnell mit einem Karabiner an der Schutzausrüstung von Einsatzkräften befestigt werden. Detektiert der Sensor im Einsatz eine AC-Gefahr, löst er Alarm aus – sowohl optisch durch ein Blinken als auch akustisch durch einen Piepton.

Dazu erklärt Tanja-Stimpel-Lindner: ,,Die entwickelten Gassensoren basieren auf zweidimensionalen Materialien, also hauchdünnen Schichten. Dadurch reagieren sie wesentlich schneller als die üblichen kommerziell erhältlichen Gassensoren. Zudem sind sie sehr günstig herzustellen." Auch der Strahlungsdetektor könne in Silizium-Technologie hergestellt werden – so wie weltweit fast jeder Computerchip gefertigt wird. Die ,,ACDC"-Leiterin zeigt sich daher optimistisch: ,,Damit wird die Technologie hoffentlich für jede Einheit erschwinglich."
Auf dem Weg zur Markt- und Serienreife

Durch die breite Einsatzfähigkeit und seine kostengünstige Herstellung soll der Sensor künftig auch von den vielen freiwilligen Einheiten der Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerks (THW) genutzt werden können, die bislang über keinerlei Messtechniken verfügen. Deshalb will das ACDC-Team die Sensoreinheit weiter verbessern und leistungsfähiger machen. ,,Wir wollen binnen zwei Jahren vom derzeit vorliegenden Demonstrator zum funktionierenden Prototypen kommen", so Tanja Stimpel-Lindner. Kurz danach soll der lebensrettende Sensor überall Rettungskräften zur Verfügung stehen. 

Das ACDC-Projekt hat im Dezember 2022 eine besondere Auszeichnung erhalten: den fünften Platz beim ist beim Förderpreis ,,Helfende Hand" in der Kategorie ,,Innovative Konzepte". Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Preis vergeben. Der Förderpreis ,,Helfende Hand" wird vom Bundesinnenministerium gemeinsam mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für herausragende Leistungen zur Förderung des Ehrenamts im Bevölkerungsschutz verliehen.
Donnerstag, 19. Januar 2023 "

(https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/warngeraet-fuer-einsatzkraefte-2158406)






" ACDC: damit der Gefahrstoffeinsatz nicht zum Highway to Hell wird

9 Februar 2021

Einsatzkräfte, die nach einem Unfall mit Gefahrstoffen als erste an der Einsatzstelle eintreffen, stehen oft vor der Herausforderung, eine mögliche Freisetzung dieser Gefahrstoffe zu erkennen und ihren Eigenschutz im Falle eines Stoffaustritts sicherzustellen. Um derartigen Gefahren frühzeitig entgegentreten zu können, entwickeln Dr. Tanja Stimpel-Lindner und Prof. Georg Düsberg am Institut für Physik der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik eine Sensorplattform zur Detektion von atomaren und chemischen Gefahren.

Bei Industrieunfällen wie dem Brand eines Chemiewerks oder auch bei Verkehrsunfällen mit Gefahrguttransportern können radioaktive oder chemische Gefahrstoffe freigesetzt werden. Aber auch bei gewöhnlichen Bränden entsteht bereits eine ganze Palette von gefährlichen Brandgasen. Dies stellt Einsatzkräfte vor besondere Herausforderungen, da zunächst festgestellt werden muss, welche Gefahrstoffe vorhanden sind, um Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Häufig verfügen Rettungskräfte, die als erstes bei einem Unglück eintreffen, nicht über die erforderliche spezielle Messtechnik. Um derartige Gefahren künftig frühzeitig zu erkennen und adäquat darauf reagieren zu können, entwickelt das Institut für Physik der Universität der Bundeswehr München im Forschungsverbund mit dem ABC-Zug München-Land und der Münchner Firma Ketek GmbH eine Plattform für einen "integrierten AC-Detektorchip (ACDC)". Diese Plattform soll die Basis für mobile Chips bilden, die etwa an der Schutzkleidung von Einsatzkräften befestigt werden können - und die sowohl radioaktive Strahlung als auch eine definierte Sammlung chemischer Gefahrstoffe erkennen sollen. Das Ziel der Projektpartner ist es, mobile Sensoren zu entwickeln, die zukünftig die Arbeit von berufsmäßigen und ehrenamtlichen Einsatzkräften sicherer und effizienter machen.
Multisensor-Plattform kann auch bei Terrorlagen eingesetzt werden

Ein kleines und tragbares Sensorsystem mit sehr niedrigem Stromverbrauch, möglichst langer Lebensdauer, günstigem Anschaffungspreis sowie geringer Anfälligkeit für Umwelteinflüsse soll durch das Einbringen innovativer Materialien entstehen. Eine derartige "Multisensor-Plattform" wird aufgrund unterschiedlicher Kombinations�möglichkeiten der integrierten Sensoren sowohl für Terrorlagen als auch in gewöhnlichen Havariefällen mit Gefahrstoffaustritt oder bei Brandeinsätzen zum Einsatz kommen können.

Neben den drei Verbundpartnern sind am Projekt noch weitere Partner beteiligt. So entwickelt etwa die Universität Flensburg ein Schulungskonzept um den Einsatzkräften den Umgang mit der neuen Technologie zu vermitteln und die Bundeswehr-Feuerwehr am Standort Neubiberg wird sich an den Tests unter realen Einsatzbedingungen beteiligen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm "Forschung für die zivile Sicherheit" geförderte Projekt (Laufzeit bis Ende September 2021) kann zum jetzigen Zeitpunkt durchweg positive Ergebnisse vorweisen.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projektseite auf www.sifo.de >>

Weitere Informationen zum Institut finden Sie hier >>

Titelbild: Einsatzkräfte werden nach dem Umgang mit atomaren, biologischen oder chemischen Gefahrstoffen gründlich dekontaminiert (© Stimpel-Lindner / Universität der Bundeswehr München)"


Norbert

Henri

Wo ist da die Innovation? Dass man beides in ein gemeinsames Gehäuse packt? :unknw:

Gas-Multiwarner als Einwegartikel gibt es doch schon. Alle 2-3 Jahre ist der Sensor verbraucht, dann wird gleich das ganze Gerät entsorgt. Und ich bezweifle, dass so ein Halbleiterdetektor bei einem Laborbrand freigesetztes Ni-63 detektieren kann. Oder Americium aus Rauchmeldern. Dosis(leistungs)warner für die Feuerwehr gibt es ebenfalls schon eine halbe Ewigkeit.

Und der günstige Preis: am Ende muss es ein Unternehmen herstellen und tut dies natürlich nicht ausschließlich aus Altruismus. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es billiger wird als vorher.

NoLi

Na ja, die Lebensdauer eines Mehrgaswarngerätes liegt derzeit zwischen 2 Jahren (Sauerstoffsensor) und 3 Jahren (andere Sensoren), der Sensor für ionisierende Strahlung wird hoffentlich länger halten.
Nach Ablauf der "Gaswarnphase" würde das Gerät dann zu einem normalen akustisch/optischen Signalgerät für ionisierende (Gamma)Strahlung, ohne Messwertdarstellung...

Dazu erklärt Tanja-Stimpel-Lindner: ,,Die entwickelten Gassensoren basieren auf zweidimensionalen Materialien, also hauchdünnen Schichten. Dadurch reagieren sie wesentlich schneller als die üblichen kommerziell erhältlichen Gassensoren. Zudem sind sie sehr günstig herzustellen." Auch der Strahlungsdetektor könne in Silizium-Technologie hergestellt werden – so wie weltweit fast jeder Computerchip gefertigt wird. Die ,,ACDC"-Leiterin zeigt sich daher optimistisch: ,,Damit wird die Technologie hoffentlich für jede Einheit erschwinglich."
Vielleicht werden die zweidimensionalen Gas-Sensoren zumindest länger halt- und einsetzbar...

Hier noch ein paar Infos (mit Video):
https://www.sifo.de/sifo/de/projekte/querschnittsthemen-und-aktivitaeten/praxistransfer-und-kompetenzaufbau/anwender-innovativ/acdc/acdc-ac-detektorchip-zum-schutz-von-einsatzkraeften.html

https://www.helfende-hand-foerderpreis.de/die-projekte/2022/ac-detektorchip-zum-schutz-von-einsatzkraeften

https://idw-online.de/de/news809734

Norbert

Henri

Schade, dass es nirgendwo Details zur Technik gibt. Ich kann mir schwer vorstellen, dass die Gasnachweismethode völlig neue Wege geht. Und da gibt es halt Faktoren wie Alterung und Verbrauch der Reagenzien im Sensor,  Messgenauigkeit, Zuverlässigkeit, Spezifität für die nachzuweisende Substanz...  Löst der neue Sensor nur einmalig aus (wie feuchtes pH-Papier), oder ist er wiederverwendbar? Wenn ja, wie oft bei hohen Einsatzkonzentrationen? Wie wird das überwacht, wie "verbraucht" der Sensor bereits ist?

Wenn das Gehäuse durch Brandrauch kontaminiert wurde, wie bekommt man es wieder gereinigt? Wie kommt der Sensor mit hohen Temperaturen klar? Mit tiefen Temperaturen? Mit Nässe? Korrosiven Dämpfen?


Heute übliche Gaswarner müssen regelmäßig vor dem Einsatz auf Funktionsfähigkeit getestet werden. Allein das ist schon teuer und aufwändig wegen der notwendigen Apparaturen und Testgase. Das wird man diesem neuen Gerät wohl kaum ersparen können... Man muss dafür also in der Feuerwache eine ganz neue Infrastruktur schaffen und Wartungsprozesse etablieren. Und am Ende ist man dann vielleicht wieder bei einem Preis, den man sich genau so wenig leisten kann wie bei den bislang erhältlichen Geräten.   :unknw: