RAYdector/RAYtronic - "Geigerzähler für jedermann" aus den 1980ern

Begonnen von DL3HRT, 24. März 2019, 15:21

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DL3HRT

Im Nachgang von Tschernobyl gab es eine Reihe von bemerkenswerten Geräten auf dem Markt. Hier ist eines davon. Es wurde offensichtlich in aller Eile entwickelt, um möglichst schnell an der Nachfrage nach Geigerzählern zu partizipieren. Nur so lässt sich erklären, dass zum Zählen der Impulse ein modifizierter handelsüblicher Taschenrechner zum Einsatz kommt.

Hersteller des Geräts war die Firma Innova GmbH aus Dietzenbach. Die Geräte wurden unter der Bezeichnung "RAYdector" bzw. "RAYtronic" vertrieben. Während im "RAYdetctor" ein fest verbautes Zählrohr vom Typ ZP1320 werkelt, verfügt der "RAYtronic" über eine Cinch-Buchse und erlaubt darüber den Anschluss verschiedener Zählrohrtypen.

Laut Prospekt ist der "RAYdetctor" für den "wissenschaftlichen" Anwender gedacht. Genau so ein Gerät hatte ich auf dem Tisch. In der vorliegenden Ausführung werden neben dem Grundgerät, welches kein eingebautes Zählrohr hat, zwei externe Zählrohre zum Aufstecken mitgeliefert. Zum einen ist das Zählrohr "TYP C" beigelegt, bei dem es sich um ein ZP1320 handelt. Zusätzlich liegt ein Fensterzählrohr mit Glimmerfenster bei. Da der Aufkleber nicht mehr vorhanden ist kann per Augenschein nicht festgestellt werden, ob es ein Zählrohr vom "TYP A" (ZP1400) oder vom "TYP B" (ZP1401) ist. Letzteres ist nicht für Alpha-Strahlung geeignet.

Neben der Cinch-Buchse für den Zählrohranschluss befindet sich eine rote LED, welche bei einem Zählrohrimpuls kurz aufblitzt. Daneben befindet sich der Einschalter. Zusätzlich zur optischen Signalisierung werden Zählrohrimpulse durch einen Piezogeber als lauter Piepton signalisiert. Die akustische Ausgabe kann nicht abgeschaltet werden.

Das Gerät wird über eine 9 V Blockbatterie mit Energie versorgt. Diese soll laut Prospekt eine Betriebszeit von 500 Stunden gerantieren.

Über zwei seitlich angebrachte Klinkenbuchsen kann ein modifizierter Taschenrechner zur Impulszählung angeschlossen werden. Die mit 10 gekennzeichnete Buchse liefert nur jeden 10ten Impuls. Sie wird bei aktiven Quellen empfohlen, da die Impulszählung per Taschenrechner nur eine langsame Impulsfolge erlaubt.

Das letzte Foto zeigt den komplett verkabelten Gerätesatz.


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Die Hochspannungserzeugung bietet keine Besonderheiten. Es liegt die klassische Variante Oszillator -> Schalttransistor -> Induktivität vor. Die 1:10 Teilung der Impulse wird über einen CD4017 realisiert. Der Blick auf die Lötseite der Platine ist etwas ernüchternd. Hier wurde offensichtlich noch mit Hand bestückt und dabei nicht mit Kolophonium gegeizt. Die Geräte wurden vermutlich nicht in größerer Stückzahl gebaut.

DL3HRT

Der Taschenrechner vom Typ TI-21 wurde so modifiziert, das sich damit Impulse zählen lassen. Die Modifikation beschränkt sich darauf, dass bei jedem Impulse das Drücken der Taste "=" simuliert wird. Ich habe den Taschenrechner nicht geöffnet gehe aber davon aus, dass die Buchsenkontakte einfach parallel zur "="-Taste geklemmt wurde. Bevor gezählt werden kann muss man den Taschenrechner erst in den Konstanten-Additionsmodus bringen. Dazu gibt man ein "1 + =" ein. Nach jedem erneuten Betätigen von "=" wird um 1 nach oben gezählt.

Der Taschenrechner wird über 2 Stück 1.5 Volt Alkalibatterien vom Typ AA betrieben. Es handelt sich um das erste Texas Instruments Modell, welches ab 1982 in Taiwan produziert wurde.


DL3HRT

Die Bedienungsanleitung ist sehr kurz gehalten und passt auf eine Seite.

DL3HRT

Hier noch die Scans des Prospektes. Man beachte die Preise der verschiedenen Gerätevarianten.

DG0MG

Feine Sache!

Joa, der Preis .. heutzutage kostet ja ein GammaScout dasselbe in Euro ..

Zitat von: DL3HRT am 24. März 2019, 16:04
Konstanten-Additionsmodus .. Dazu gibt man ein "1 + =" ein.

Das ist eigentlich eine Lösung, die mehr in die DDR gepasst hätte. So wie eine Multimax-Bohrmaschine und dann damit Heckenschere, Schlagbohrvorsatz, Handkreissäge und Drechselbank betreiben. Irgendwann war diese Taschenrechner-Zähllösung mal im Funkbummi oder in einem der gängigen Elektronikbastelbücher der 80er Jahre als Idee veröffentrlicht. Mal sehen, ob mir das irgendwann mal wieder unterkommt.

Ich denke, da ist noch ein Transistor drin, der die '='-Taste drückt. Die MOS-Schaltkreise haben keine langen Strippen vertragen.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Zitat von: DG0MG am 24. März 2019, 18:34
Feine Sache!

Joa, der Preis .. heutzutage kostet ja ein GammaScout dasselbe in Euro ..

Zitat von: DL3HRT am 24. März 2019, 16:04
Konstanten-Additionsmodus .. Dazu gibt man ein "1 + =" ein.

Das ist eigentlich eine Lösung, die mehr in die DDR gepasst hätte. So wie eine Multimax-Bohrmaschine und dann damit Heckenschere, Schlagbohrvorsatz, Handkreissäge und Drechselbank betreiben. Irgendwann war diese Taschenrechner-Zähllösung mal im Funkbummi oder in einem der gängigen Elektronikbastelbücher der 80er Jahre als Idee veröffentrlicht. Mal sehen, ob mir das irgendwann mal wieder unterkommt.

Ich denke, da ist noch ein Transistor drin, der die '='-Taste drückt. Die MOS-Schaltkreise haben keine langen Strippen vertragen.

Da gebe ich dir vollkommen Recht. Mir sind solche Lösungen auch noch aus "alten Zeiten" in Erinnerung. Leider lässt sich der Taschenrechner nicht öffnen. Es scheint, dass man die Gehäusehälften in der Nähe der eingebauten Buchse miteinander verklebt hat.

DG0MG

Zitat von: DG0MG am 24. März 2019, 18:34
Ich denke, da ist noch ein Transistor drin, der die '='-Taste drückt.

Teste doch mal Folgendes: Kabel nur am Taschenrechner angesteckt, Konstanten-Additionsmodus und dann die Kontakte am offenen Stecker kurzschließen. Wenn der TR zählt, ist kein Transistor drin.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

Ich habe es gerade ausprobiert. Der Taschenrechner zählt, sobald die beiden Steckerkontakte kurzgeschlossen werden.

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 25. März 2019, 17:21
Der Taschenrechner zählt, sobald die beiden Steckerkontakte kurzgeschlossen werden.

Auweia! :o

Na vielleicht reagieren die Taschenrechner-ICs aus dem NSW weniger allergisch auf statische Aufladungen ..
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Wolfgang

Ich möchte mich herzlich bedanken für diese genaue Zusammenstellung. Ich habe das Gerät von meinem Vater, der dies 1986 gekauft hat. Leider ist die Bedienungsanleitung nicht mehr dabei gewesen. Aber mit der Hilfe dieses Forums habe ich das Gerät wieder in Betrieb setzen können.
Danke und liebe Grüße aus Wien

Wolfgang

PS: Es ist das Raytronic mit Typ A GMZ 1401

DL3HRT

Das freut mich sehr, da es eines der Ziele dieses Forums ist, Unterstützung zu geben.

Butterfly

Da kann ich auch noch was hinzufügen...Als "Beifang" zu meiner Nebelkammer erhielt ich vom freundlichen
Verkäufer auch so einen ähnlichen GZ als Zugabe.

Meiner heist jedoch nicht Raydector sondern Rayset, scheint ziemlich baugleich zu sein nur daß meiner noch ein zweites rotes Knöpfchen hat an dem man den Ton (das Ticken) aus oder einschalten kann.

Als Zählgerät war kein modifizierter Taschenrechner anbei sondern ein externer Zähler namens "CounStar".
Dieser wiederum scheint baugleich mit meinem Zählgerät "Begacount" das ich schon ende der 80-er Jahre zusammen mit meinem ersten Geigerzähler "Bega 10" kaufte...Als Hersteller war bei diesem dei Firma LC-Elektronic aufgedruckt, an dem "CounStar" die Firma Innova.

LG Peter

Flipflop

Geigerzähler mit Koffer:

Sollte es noch Funktionieren könnte man es als Dank Kabel als Suchgerät verwenden?

https://www.ricardo.ch/de/a/geigerzaehler-mit-koffer-1248367764/